Jedes Jahr an Pfingsten und rund um Ibbenbüren finden sich Oldtimer dort, wo sie hingehören: Über 400 Vorkriegsveteranen knattern, schnurren, poltern oder donnern dann über beschwingte Landstraßen.
Jedes Jahr an Pfingsten und rund um Ibbenbüren finden sich Oldtimer dort, wo sie hingehören: Über 400 Vorkriegsveteranen knattern, schnurren, poltern oder donnern dann über beschwingte Landstraßen.
Es soll hier sicher nicht am Sinn und Nutzen stationärer Museen gezweifelt werden. Ganz aus der Nähe kann man dort 50, 60, 100 Maschinen bewundern, drunter her kriechen, alle Details erfassen. Eine Tafel nennt Marke, Modell und Baujahr, mit etwas Phantasie setzt sich das Ding in Bewegung: Dann werden komplizierte Startvorbereitungen getroffen und geheimnisvolle, befremdend positionierte Hebel betätigt, dann weht der Wind ins Gesicht auf einer imaginären Fahrt durch vergangene Jahrzehnte.
An Pfingsten rund um Ibbenbüren funktioniert die Sache anders rum. Da braucht jeder seinen klaren Verstand, um das aktuelle Datum nicht zu vergessen. Sanfte Hügel, satte Wiesen und lichtgrüne Wälder prägen die Ausläufer von Wiehengebirge und Teutoburger Wald, malerische Gehöfte und Dörfer künden vom Reichtum dieser Region. Wer sich Biogasanlagen und Einkaufszentren wegdenkt, springt locker 20 Jahre zurück.
Und wenn einem dann noch auf kleinen und kleinsten Straßen massenhaft Vorkriegsmotorräder begegnen, kann das Zeitgefühl schwer durcheinander geraten. Rollendes Museum, so bewirbt sich die seit 33 Jahren durchgeführte Rallye, aber das ist längst maßlos untertrieben. Mindestens vier, fünf Museen haben sich 2013 auf die Räder gemacht. Die Zahl der vertretenen Marken, die Vielfalt der Modelle prägen diesen bei Teilnehmern wie Zuschauern äußerst beliebten Geschichtsunterricht.
Jedes Jahr wählen die Organisatoren eine andere Strecke, stets winken beglückte Anwohner von ihren Gartenstühlen, rufen Kinder ihre Begeisterung heraus. Interessierte Freunde alter Eisen besetzen strategisch günstige Plätze - das freundlich gestaltete Innere eines Kreisverkehrs etwa bietet nicht nur Sitzmöglichkeiten, sondern herrliche Klang- und Stilproben: Aus der Ferne bollern mächtige V-Motoren herbei, historisch gewandete Fahrer zeigen die Fahrtrichtung an, treten aufs Kupplungspedal, schalten per Hand runter, biegen ein, winken im Vorbeifahren, beschleunigen machtvoll aus der Kurve heraus. Der eine - auf Indian - gibt links, der andere - auf Harley - rechts Gas.
Die Spitzkehre eines Wirtschaftsweges führt hoch zur Brücke über den Mittellandkanal. Emsig pöttern drei kleine Zweitakter darauf zu, einmal runterschalten, Gas anlegen - hoch wie nix. Ach ja, damals hatten die Dinger unten noch richtig was drin. Eine Triumph Speedtwin oder eine BMW R 5 bilden die konstruktive Brücke zur Nachkriegszeit, so schlank und klar. Aber verdammt, diese Sunbeam B24, die sieht auch lecker aus. 350er-Single mit halbhoch liegender Nockenwelle und riesigem poliertem Deckel auf der Steuerseite. Oder die Universal aus der Schweiz mit dem schönen JAP-V2. Beide zeigen Linien, die auch aus den 50er-Jahren stammen könnten. Wieder was gelernt.
Und wieder was entdeckt, als nach der Ausfahrt, schon im Fahrerlager, eine Satorius auf den Ständer gelupft wird. Satorius?! Der Besitzer gibt bereitwillig Auskunft, auch das gehört zu Ibbenbüren: kleiner Hersteller aus dem schlesischen Bunzlau mit sehr eigenwilligen Ideen. Es folgt die Beschreibung des Vergasers, der das Gemisch nicht mittels Schieber dosiert, sondern per Walze. Der helle Wahnsinn. Man muss das nicht haben, man muss es auch nicht restaurieren. Aber jedes Jahr bestaunen.