Rückblick auf den 26. Classic-Grand Prix in Schotten

Rückblick auf den 26. Classic-Grand Prix in Schotten Packendes Spektakel mit klassischen Rennmaschinen

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Trotz Land unter im Fahrerlager und Regengüssen am ersten Renntag bot der 26. Classic-Grand Prix in Schotten im vergangenen Sommer wieder hautnah ein packendes Spektakel mit klassischen Rennmaschinen aus sieben Jahrzehnten.

Packendes Spektakel mit klassischen Rennmaschinen Streblow
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Freitag, 11 Uhr: Die Strecke wird geschlossen. Knapp eineinhalb Kilometer öffentliche Straßen in Schotten werden bis Sonntagabend zur temporären Rennstrecke Schottenring, abgesperrt nach den Sicherheitsstandards des DMSB (Deutscher Motor Sport Bund) für Gleichmäßigkeitsfahrten.

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Bereits seit Montag sind die ersten Helfer im Einsatz, etwa 70 sind es schließlich, die am Aufbau arbeiten. Sie installieren 3800 Strohballen, schön in Plastik­säcke eingewickelt, ziehen 800 Meter Bauzaun und 400 Meter Absperrgitter. Sie bauen Laufstege und eine hölzerne Überführung unter der Brücke über den Bach,  damit die Zuschauer eine Chance haben, die Strecke zu queren. Auch die Fußgängerbrücke nahe dem Eingang zum Fahrer­lager gibt es nur während des GP. Die im letzten Jahr neu eingeführte Schikane auf der Gegengeraden wird aus Reifenstapeln vorher zusammengeschraubt und beim  Präparieren der Strecke positioniert. Diesmal fiel sie auf Wunsch der Fahrer niedriger aus, damit die Piloten sehen können, was dahinter geschieht. 

Der Lumpensammler

Jürgen Schneider ist seit 40 Jahren im MSC Schotten aktiv, mittlerweile im Vorstand. Fahrerlager und Vorstart sind sein Wirkungskreis, er ist an beiden Tagen der Lumpensammler. Nach jedem Lauf, egal ob Training oder Rennen, fährt Schneider mit einem Anhänger im Schlepptau die Strecke ab und sammelt – falls nötig – liegengebliebene Rennmaschinen ein. Bis Sonntagabend hilft er 40 Pechvögeln.

„Das sind viel weniger als früher,“ bemerkt der Endfünfziger, „am Anfang sind wir manchmal nach einem Lauf bis zu vier Mal rausgefahren, bis wir alle wieder im Fahrerlager hatten. Aber viele Teil­nehmer sind schon so oft dabei gewesen, die haben ihre Technik im Griff.“ Eine kaputte Kerze, eine herausgefallene Düse, eine streikende Zündung oder in diesem Jahr auch die ungewohnte Nässe führen trotzdem schon mal zum kurzfristigen Ausfall, manchmal auch einfach das Alter. Was nach Jahrzehnten noch original ist, verabschiedet sich bisweilen eben aufgrund von Materialermüdung. Schneiders Runde endet beim Vorstart am Ausgang des Fahrerlagers. Von dort muss er sich mit dem von einem örtlichen Autohaus zur Verfügung gestellten BMW samt Anhänger durch einen Teil des Fahrerlagers kämpfen. Zum Glück durch den asphaltierten Bereich. Denn neben den Wegen würde die schwere Fuhre trotz Allradantrieb sofort im Schlamm stecken bleiben.

Regen ohne Ende

Während der vorangegangenen Woche hatte es jeden Tag geregnet, zeitweise sintflutartig. Glücklich ist, wer einen Platz auf asphaltiertem Grund bekommen hat, dann bleibt die Maschine sauber. Wer in der Wiese parkt, schiebt jedoch Renner an den Start, die eher an Enduros erinnern. Die braunen Ränder an den Reifen sind in den Läufen nicht zu übersehen, ebenso  die Schlammspuren am Rücken der Fahrer. Da mangels Grip nur große Traktoren die Wohnwagengespanne ins Fahrerlager hin­ein und wieder hinaus schleppen ­können, werden die Wege im Camp zu­sehends unpassierbar.

Aber die meisten Teilnehmer tragen diese Wetterkapriolen mit Fassung, zumal es am Sonntag dann tatsächlich trocken bleibt. Fast 15.000 Zuschauer applaudieren an den beiden Renntagen den vielen Enthusiasten auf ihren bis zu 80 Jahre alten Maschinen. Und natürlich den Helden von einst, wie Dieter Braun oder Helmut Dähne, die sogar ihre früheren Original-Renner fahren.

PDF: Rund um Schotten (Heft 16/1951)

Das Thema Seitenwagen hat in Schotten traditionell eine große Bedeutung. Dieses Mal waren frühere Gespannweltmeister wie Werner Schwärzel und Rolf Steinhausen oder Ralph Bohnhorst mit (dem noch amtierenden Weltmeister) Adolf Hänni im Boot in Aktion zu sehen.

Kawasaki brachte den fünffachen Weltmeister Toni Mang und mit Tom Sykes den aktuellen Titelträger der Superbike-WM mit nach Schotten. Im Rahmen der Kawasaki Days zelebrierte der japanische Hersteller bei dieser Traditionsveranstaltung den 30. Geburtstag der GPZ 900 R, der Stammmutter der Ninja-Baureihe. Sie war auf der Ehrenrunde ebenso zu sehen wie Champion Tom Sykes, der eine aktuelle 1000er-Ninja pilotierte.

Erinnerung an Friedel Münch

Eine Ehrenrunde gab es in Schotten auch für den im April 2014 verstorbenen Friedel Münch. Der mit 25 „Mammuts“, darunter auch zwei modernen „Mammut 2000“ angereiste Münch-Club Deutschland brummt mit diesem Gegenentwurf eines Rennmotorrads um den Kurs, um an den umtriebigen Konstrukteur zu erinnern. So viele Münch auf einmal wird man wohl so bald nicht wieder sehen.

Kern der Traditionsveranstaltung bleiben allerdings auch in diesem Jahr die Läufe zur Deutschen Historischen Meisterschaft. Der Schottenring ist eine von acht Strecken. Eingeteilt in Klassen wie Vintage, Baujahre bis 1948 und bis 350 Kubikzentimeter, oder Classic, gebaut von 1960 bis 1967 und über 350 ­Kubik, absolvieren die Renner Gleich­mäßigkeitsläufe.

Dabei gewinnt nicht der Schnellste, sondern derjenige, der die eigene Zeit aus der zweiten Runde möglichst genau trifft – ­also gleichmäßig schnell unterwegs ist. Dieses Unterfangen wird umso schwieriger, je mehr langsame Fahrer überrundet werden müssen, weil ja nicht immer sofort Platz zum Überholen ist. Damit das leichter gelingt, bekommen die zu Überrundenden von den Streckenposten die blaue Flagge gezeigt: überholen lassen!

Sonntagabend, 23 Uhr. Die Strohballen sind beiseite geräumt, die Absperrgitter abtransportiert. Die Strecke ist gereinigt und wieder für den Straßenverkehr freigegeben. Nur ein paar schwarze Striche  auf dem Asphalt erinnern an ein trotz kühlen Regens heißes Wochenende. Keine 24 Stunden später trifft sich der MSC Schotten wieder zur nächsten Sitzung. Denn nach dem GP ist vor dem GP.

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