Zu den erlesensten Aufbewahrungsorten für einen Königswellen-V2 zählt ganz gewiss Fritz W. Eglis funktionaler und vorbildlich verarbeiteter Zentralrohrrahmen. Kult trifft Kult – Mechanik in Vollendung.
Zu den erlesensten Aufbewahrungsorten für einen Königswellen-V2 zählt ganz gewiss Fritz W. Eglis funktionaler und vorbildlich verarbeiteter Zentralrohrrahmen. Kult trifft Kult – Mechanik in Vollendung.
Obwohl die knurrigen V2-Vincent um 1965 noch immer zu den leistungsstärksten Motorrädern zählten, vereitelte ihr Fahrwerk jeden Versuch, diese Kraft auch in Rennsiege umzumünzen. Genau deshalb machte ein ehrgeiziger Racer und Feinmechaniker dem britischen Kraftprotz mal so richtig Beine: Fritz W. Egli baute 1967 seinen ersten eigenen Rahmen und wurde 1968 prompt Schweizer Bergmeister. Statt eines eckigen Zentralrohrs wie bei Vincent hatte er ein rundes von zehn Zentimetern Durchmesser verwendet, alle weiteren Rohre werden nur auf Zug oder Druck beansprucht. Also nicht auf Biegung, und darin liegt eines der Geheimnisse seiner Konstruktion. Hinzu kommen gute Verarbeitung, gelungene Geometrie und beste Materialien. Exakt mit dieser Rezeptur veredelte Egli in den nächsten vier Jahren wohl an die 100 Vincent – und fast zeitgleich spülte der Motorradboom weitere Patienten in seine Werkstatt. Allein einige Hundert Egli mit CB 750-Motor entstanden, sogar über 500 mit diversen großen Kawasaki-Vierzylindern.
Anders sah die Sache natürlich bei Ducati aus, denn Dottore Fabio Taglioni konnte nicht nur Motor, auch in Fahrwerk war er ein Ass. Allerdings hatte er seinem genialen V2 bedingungslosen Geradeauslauf verordnet. Vor allem Alpinisten jedoch wünschten sich mehr Handlichkeit, und so rückten 1973/74 insgesamt zehn 750er-Königswellen ins vernickelte Egli-Rohrwerk ein. Allesamt noch mit rundem Motorgehäuse – heute selten gesichtete und unbezahlbare Träume, weshalb der Modellname Phantome die Sache ganz gut trifft. Wie in seinen Frühwerken üblich, stützt sich Eglis Ovalrohr-Schwinge hier noch mit zwei Federbeinen gegen das Rahmenheck ab. Als man in Bettwil ab 1980 den „eckigen“ Motor verarztete, vertraute Fritz bereits seiner Cantilever-Konstruktion mit einem zentralen Federbein, und auf Wunsch verbaute er auch seine berühmte Racing-Gabel.
Corsaro Rosso nannte sich das Gesamtkunstwerk – mit einem 900er-Twin bestückt, gab es 1986 auch beim MOTORRAD-Tunertreff eine prima Vorstellung: Renn-Ass Ali Grässel befand, die Egli-Duc sei ein Supermotorrad, wesentlich besser als das Serienteil, handlich und zielgenau.
Wer je eines dieser raren Stücke zu sehen bekam, möchte keck entgegnen: Das sieht doch jeder. So mitreißend fügt sich bei diesen mechanischen Skulpturen ein Teil ans andere, dass sie schon stehend Top-Performance versprechen. Die besten Bremsen ihrer Zeit, die Vierkolben-Festsättel von Brembo nämlich, arbeiten sich an mächtigen 300er-Scheiben ab. Über filigrane Campagnolo-Magnesium-Felgen wölben sich maßvoll dimensionierte Reifen. Vorn geführt von der für damalige Verhältnisse stämmigen 38er-Gabel mit ihrem markanten Stabilisator, hinten von der breit gelagerten Ovalrohr-Cantilever-Schwinge mit einem WP-Federbein. Überall nur so viel wie nötig, aber das vom Feinsten. Vollgetankt summieren sich keine 200 Kilogramm, und das sogar mit dem mächtigen, irgendwie an Vincent erinnernden 24-Liter-Corsaro-Tank. Den trägt nicht jede Egli-Duc, denn in Bettwil pflegen sie die ganz hohe Kunst der Eigenbrötlerei und wissen: Perfektion sollte jedes Mal anders aussehen.
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-90°-V-Motor, je eine mittels Königswelle angetriebene, obenliegende Nockenwelle, je zwei desmodromisch gesteuerte Ventile pro Zylinder, 864 cm³, zirka 55 kW (75 PS), seriöses Motorentuning bis 90 PS möglich, Fünfganggetriebe, unten offener Zentralrohrrahmen aus Stahl, Gewicht vollgetankt 197 kg, Reifen vorn 120/80 V 16, hinten 170/60 V 18, Tankinhalt 24 Liter, vmax 201 km/h.
Sehr fotolastig kommt der Prachtband „Egli – The Official Book“ von Jürgen Gassebner daher, der stattliche 55 Euro kostet – eher was für eingeschworene Fans des Hauses. Deutlich billiger kommt da schon „Egli – The Official Film“ für schlappe 12,95 Euro.
Offensichtlich haben die Motorräder des Fritz W. Egli etwas Verbindendes: Die Besitzer seiner Motorräder kennen einander, sind sich in Clubs oder Freundschaften verbunden. Eine sehr rührige und keineswegs elitäre Szene. Dieses Jahr steigt schon die 32. große Egli-Fete – vom 8. bis 10. August direkt in Bettwil/Schweiz, sehr interessant auch für Nicht-Egli-Fahrer. Zur Seele und zum Chef-Logistiker der deutschen Szene hat sich Michael Niemann gemacht. Der begnadete Techniker werkelt in 58644 Iserlohn, Obere Mühle 28, Telefon: 0 23 71/2 52 92.
Über Aktivitäten des Hauses informiert www.egli-racing.ch