Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee
Nie offiziell in Deutschland

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Triumph feierte 1977 das 25-jährige Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. mit dem Sondermodell Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee. Genau 40 Jahre danach trafen sich zwei dieser Maschinen, die es in Deutschland offiziell nie gegeben hat.

Nie offiziell in Deutschland
Foto: r-photography.info

Geschichten, die das Leben schreibt: Rolf Jürgens hat viel erlebt mit seiner Triumph Bonneville 750. Er kaufte sie 2013 in Calgary/Kanada, fuhr damit viereinhalb Wochen durch die Rocky Mountains, stillte sein Fernweh. ­Allein. Klar wurde daraus mehr, eine echte Beziehung zwischen Mensch und Maschine. Rolf holte die englische ­Lady nach Deutschland: „Sie hat einfach Seele.“ Direkt nach der Abholung beim Zoll präsentierte er sie dem Triumph-Spezialisten Trumpet Classics in Stuttgart – stolz über den silbernen Lack mit den Dekors in Blau-Weiß-Rot, der Zierde in den patrio­tischen Farben des Union Jack.

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Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee
Nie offiziell in Deutschland
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Stolz auf Rädern

Denn es ist eine ganz besondere Bonnie, eine Triumph Bonneville 750 T140 J „Silver Jubilee“ von 1977. Anlässlich des 25-jährigen Thronjubiläums von Queen Elizabeth II. baute das Werk in Meriden 1.000 „streng limitierte“ Exemplare des Sondermodells für Großbritannien, weitere 1.000 für die USA, und 400 gingen in Länder des Commonwealth. Nur Kontinental-Europa blieb außen vor, sorry. Im umfangreichen Archiv von MOTORRAD findet sich kein Artikel über die Silver Jubilee, diesen royalen Ausdruck von Stolz auf zwei Rädern. Umso besser ist der Stoff für eine Story, genau 40 Jahre später.

Wenn du rumzickst, bleibst du hier

Rolf hatte seiner Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee auf der Tour in Kanada zugesprochen: „Wenn du rumzickst, bleibst du hier, wenn du dich gut verhältst, nehme ich dich mit nach Hause.“ Sie war brav, durfte mit übern großen Teich. Was Rolf nicht wusste: Nur 15 Kilometer von der heimischen Garage entfernt steht eine zweite Silver Jubilee, die es nie offi­ziell in Deutschland gab. Davon kündete eine Kleinanzeige: „Triumph Bonneville, 1977, Silver Jubilee, erste Hand, elektro­nische Zündung, doppelte Bremsscheiben vorne, hydraulische Kupplung, progressive Federn vorne und Koni hinten: 7.700 Euro, E-Mail: brburrows@freenet.de.“ Was für ein verrückter Zufall.

So ähnlich und doch so anders

Und so stehen heute beide Bonnie-Besitzer zusammen und reden Benzin. Brian Burrows, der Brite, 69 Jahre alter Erstbesitzer, und Rolf, 57, Ingenieur aus dem Rheinland. Beide Triumph-Treiber arbeiteten einst bei Daimler-Benz in der Lkw-Sparte, ohne sich zu kennen. Ihre Motorräder sind so ähnlich und doch ­anders: Rolfs Exemplar ist technisch und ­optisch auf den ersten Blick im viel besseren Zustand. Der Chrom glänzt, der Lack sieht aus wie neu, der Parallel-Twin ist dicht. Der letzte bekannte Vorbesitzer restaurierte die Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee komplett. „Als ich sie beim Händler in Kanada kaufte, zeigte der neu eingesetzte Tacho gerade mal gut 3.000 Meilen seit der Restaurierung an.“

Rossen Gargolov
Blau-Weiß-Rot: Dekor in den Farben des Union Jack – britischer ­Patriotismus auf zwei ­Rädern .

Aktuell stehen 7.033 Meilen auf der Uhr, 11.318 Kilometer. Wie ein Edelstein funkelt die Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee unter süddeutscher Sonne. „Den ersten TÜV-Prüfer störte die fehlende KBA-Prägung auf dem Rücklicht. Vorne gab‘s einen helleren H4-Scheinwerfer statt der trüben Bilux-Lampe“, erzählt Rolf. Auch Brian berichtet von „Theater mit dem TÜV“. Das war bereits vor langer Zeit: Als junger Mann brachte ihn die Army nach Deutschland, nach Ostwestfalen. Danach fand er diverse Jobs in Berlin, zurück in England und schließlich in Stuttgart, „der Partnerstadt von meiner Heimatstadt St. Helens“. Dort fuhr er die Triumph ursprünglich.

"Ich bin kein Putz- und Polierteufel"

Der Kaufvertrag vom Händler in Manchester über 1.159 britische Pfund datiert vom 28. Dezember 1977. „Ich fuhr auch im Winter, in England gab es kaum Schnee.“ Brians Maschine hat in 40 Jahren reichlich ehrliche Pa­tina angesammelt, bis hin zu echtem Rost: „Ich bin kein Putz- und ­Polierteufel.“ Aktueller Kilometerstand: 39.915. Hier leckt ein wenig Öl aus den Zylindern, leichte Inkontinenz gehört eben zu einer alten Engländerin. Ebenso klassische Falten­bälge zum Schutz der schmächtigen 35er-Gabelstandrohre. Aber wohl auch billige Schalter in Lenkerarmaturen aus Metall. Unterm verchromten Primärkasten rotiert in Brians Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee ein Zahnriemen statt serienmäßiger Triplex-Rollenkette. Dieses Exemplar kennzeichnet der kantige, rund 20 Liter fassende Tank mit Knie­kissen: Ihn trug nur die englische Variante der Silver Jubilee. Dagegen hat Rolf die US-Version mit kleinem 12,4-Liter-Tropfen­tank. Das Mini-Spritfass stellte ihn auf der Tour durchs zweitgrößte Land der Erde mitunter vor Probleme, aber liegen geblieben ist er nie. Beide Brit-Bikes tragen den hohen, geschwungenen US-Lenker. Der groß gewachsene Brian rüstete ihn nach: „Er ist für mich bequemer.“ Serie war in England eine flachere Lenkstange.

E-Starter? Fehlanzeige!

„Extras“ sind hier wie dort besser klingende, konische Schalldämpfer im Stil von Norton Roadster-Tüten. „Sie toppen den Motorlauf“, sagt Rolf. Ebenso erhaben wie rückständig wirkt die Startprozedur: Zündschlüssel links im Scheinwerfer drehen und beide Benzinhähne öffnen. Dann die einfachen Amal-Schiebervergaser Typ 930 tupfen wie anno dazumal, bis Sprit ausläuft. Und dann mit einem beherzten Tritt den Twin zum Leben erwecken. E-Starter? Fehlanzeige! Hey, all das noch im Jahr 1977? Damals glaubte Brian noch, die Marke werde überleben. Beide Triumphs kommen auf den ersten Kick. Perlend brabbelt der Twin, klingt kernig-charakteristisch, satt, aber nicht aufdringlich – echter Langhub-Sound! Auch die aufwendige Motormechanik hört man, sie war hinter der Zeit zurück. Immerhin gibt‘s Linksschaltung und Bremspedal rechts. Rolf hat noch eine Honda CB 400 Four von 1979 als Erstbe­sitzer plus aktuelle Bikes. Er nennt seine Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee ­einen „groben Klotz“, in die er sich 1977 kaum verliebt hätte. Heute ist ihm dieser mechanische Anachronismus ans Herz gewachsen. Die 750er wiegt 197 Kilo­, fährt sich sehr handlich: „Ich habe viel Spaß mit der Bonnie. Bei jedem Halt kommen Bewunderer“, freut sich Rolf. „Auch meine Frau liebt sie, die dick gepolsterte Sitzbank ist auch zu zweit sehr bequem.“ Deren Überzug trägt dunkles Blau, mit ­roten Kedern und Silver Jubilee-Schriftzug.

Sitzposition fällt entspannt aus

Jetzt den Lucas-Blinker gesetzt, und los geht‘s. Die parallel laufenden Kolben hämmern ordentlich in ihren Graugussbuchsen. ­Brians Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee zeigt Vibrationsrisse in Metallkotflügeln und H-Kennzeichen. Viel Charakter und hohen Erlebniswert bietet die 750er. Weich und elastisch hängt der Twin am Gas, kommt schön kraftvoll von unten. Er tuckert ruckfrei und völlig relaxed mit 2.000 Touren vor sich hin. Schaltdrehzahl 3.000, und der Tag ist dein Freund. Geboren in den 50er-Jahren als Sportler und Rebell, reifte der Motor in Würde zum Elder Statesman. Sehr entspannt fällt die Sitzposition aus. Alles ist inspirierend. Fröhlich zittern die Zeiger in den verchromten Smiths-Uhren.

Rossen Gargolov
Liebe auf den ersten Kick: Einen E-Starter gibt es nicht. Dafür jede Menge Hinweise auf die streng limitierte Serie von 1977.

Brian rüstete eine zweite Grimeca-Bremsscheibe nach. Das bremst jetzt ­richtig gut. Dafür hat Rolfs Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee eine neue Kupplung. Beide Bikes haben auf ­ihren Speichenrädern statt der einstigen Dunlop TT im Zoll-Format nun metrische Reifen in den Dimensionen 100/90-19 und 110/90-18 auf­ge­zogen: britische Avon ­Venom-X bei Brian, deutsche Continental Classic Attack bei Rolf. Für lange Touren besitzt ­Brian noch eine BMW R 80/7 mit rund 250.000 Kilometern auf der Uhr sowie ­einen Triton Café Racer mit 650er-­Triumph-Twin im 1954er-Norton-Federbettrahmen. Teile besorgen sich beide ­Triumph-Treiber in England – oder bei Trumpet in Stuttgart.

Trotzig, rückständig und Anflüge von Größenwahn

Wie eine Trophäe hütet Brian das „Certificate of ownership“. Diese Urkunde gab‘s 1977 zur Limited Edition dazu. „Bike und Queen gibt es ja immer noch.“ Gerade erst feierte sie 65-jähriges Thronjubiläum. „Ohne Wehmut“ verkauft Brian die Triumph Bonneville 750 T140 J Silver Jubilee aus gesundheitlichen Gründen. Das Schlusswort gebührt nun Hans-Jörg Götzl, Chefredakteur von Motor Klassik, selber Besitzer einer 750er-­Triumph: „Bonneville – kein anderes ­Motorrad verkörpert so sehr das britische Empire wie sie: Sie ist trotzig, rückständig und zeigt Anflüge von Größenwahn. Aber sie ist auch liebenswert, stets bemüht und immer sehr unterhaltsam. Entweder man liebt sie oder man hasst sie.“ Brian und Rolf empfehlen Ersteres! 

Of course.

Technische Daten

Triumph Bonneville 750 Silver Jubilee (US-Version)

  • Motor: Fahrtwindgekühlter, quer eingebauter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, je zwei Ventile pro Brennraum, über zwei untenliegende Nockenwellen, Stoßstangen und Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 76 x 82 mm, Hubraum 744 cm³, Verdichtung 7,9:1, Leistung 48,4 PS bei 6.500/min, 56,7 Nm bei 5.500/min
  • Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb 
  • Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel vorn (Ø 35 mm), ­Gasdruckfederbeine, Federweg vorn/hinten: 155/88 mm, Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen, Reifen vorn/hinten 4.10 H 19/ 4.10 H 18, Scheibenbremse vorn und hinten (Ø je 254 mm), Lenkerbreite 745 mm
  • Maße und Gewichte: Radstand 1.422 mm, Gewicht vollgetankt zirka 197 kg, Tankinhalt 12,4 Liter 
  • Höchstgeschwindigkeit: zirka 177 km/h
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MOTORRAD CLASSIC 10 / 2023

Erscheinungsdatum 01.09.2023