Vorgestellt: Das Film-Motorrad Münch-4 TTS 1200

Vorgestellt: Münch Mammuth Das Film-Motorrad Münch-4 TTS 1200

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Im Oktober kam der Film „Mammuth“ mit dem großen französischen Star-Schauspieler Gérard Depardieu in die Kinos. Der zweite Star war eine Münch-4 TTS 1200, Baujahr 1969.

Das Film-Motorrad Münch-4 TTS 1200 Sdun

Im Frühjahr 2009 erhält Motorradrestaurator und Münch-Spezialist Mike Kron aus Krautheim-Klepsau den Anruf von einer französischen Filmgesellschaft. Sie wollen für ein Filmprojekt eine Münch Mammut im Originalzustand ausleihen und fragen an, ob er eine Maschine zur Verfügung stellen könne. Dann herrscht eine Weile Funkstille. Die Filmgesellschaft recherchiert auch in Frankreich nach Münch-Besitzern und wird dort fündig. Wie sich herausstellt, steht diese jedoch gerade nicht zur Verfügung, ihr Besitzer lässt sie restaurieren – und zwar bei Mike Kron. So führt die Spur wieder zum Restaurator nach Deutschland. Einige Wochen hört er nichts mehr von den Filmleuten und das Thema hat er schon fast vergessen, als das Telefon erneut klingelt. Jetzt soll alles sehr schnell gehen, für den nächsten Tag sei bereits ein Transporter bestellt, um die Münch abzuholen.

Ursprünglich sollte Mike Kron für die Dauer der Dreharbeiten mit nach Südfrankreich kommen oder zumindest auf Abruf bereit stehen, falls mit dem Motorrad Probleme auftreten sollten. Weil das zu aufwändig ist, engagiert der Produzent einen französischen Triumph-Mechaniker, der Spezialist für klassische Engländer ist. Dieser fährt mit dem Transporter die 1200 Kilometer bis nach Klepsau und lässt sich von Mike Kron in die Besonderheiten der Münch Mammut einweisen. Zum Beispiel in die Startprozedur: Die Münch besitzt zwei Zündschlösser, das eine für den Zündkreis und das andere für die Beleuchtung. Die Startvorbereitungen: Nach dem Einschalten der Zündung warten, bis die Benzinpumpe die Schwimmerkammern geflutet hat und ihr Surren verstummt. Dann drei, vier Mal herzhaft den Gasgriff drehen, damit die Beschleunigerpumpe Sprit in die Ansaugtrakte spritzt. Erst dann den Starter betätigen und den Motor mit etwas Gas am Leben halten, bis er rund läuft. Durch die fehlende Schwungmasse würde er sonst schnell wieder absterben. Und vor dem Losfahren natürlich nicht vergessen, über das zweite Zündschloss die Beleuchtung zu aktivieren. Eine Münch ist eben ein besonderes Motorrad und schon gar nicht zu vergleichen mit einem britischen Twin.

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Der 1200er-Motor der Mammuth.

Nach der Pflicht folgt die Kür, und der Mechaniker nimmt die TTS mit nach Frankreich. So kommt es, dass die rote Münch-4 TTS 1200, Baujahr 1969, genannt Mammut, im fast gleichnamigen Film eine Hauptrolle spielen darf – gefahren vom französischen Star-Schauspieler Gérard Depardieu. Oder, um es anderes auszudrücken: Wer besitzt schon eine Münch, auf deren Sitzbank der französische Filmstar höchstpersönlich seinen Abdruck hinterlassen hat? Ebenso wie Depardieu gilt auch die Münch als lebende Legende. 1966, als Friedel Münch sie schuf, überragte sie alles andere mit ihrer Leistung, ihrer wuchtigen Erscheinung und nicht zuletzt auch mit ihrer Masse von 245 Kilogramm. Andere große Motorräder vom Schlag einer Honda CB 750, BMW R 75/5 oder Moto Guzzi V7 waren ihr hilflos unterlegen, schon bevor sie überhaupt auf dem Reißbrett entstanden. In ihrer ersten Version schöpfte die Münch aus dem 1000er-NSU Prinz-Aggregat 55 PS. Ab 1968 verbaute Friedel Münch den 1200er-Motor und 1972/73 – rechtzeitig zur Markteinführung der 82 PS starken Kawasaki Z1 – legte er mit der TTS-E mit mechanischer Einspritzanlage noch ein Pfund nach. Jetzt stemmten 96 Pferde den 300-Kilo-Koloss vorwärts. Allerdings blieb mit dem Wechsel auf die Einspritzanlage das Ansauggeräusch der Weber-Doppelvergaser auf der Strecke, das ebenso markant ist, wie der Fleischfabrikarbeiter Serge im Film.

Ein Mann von mächtiger Statur, gespielt von Depardieu, den sie wegen seines Motorrads oder wegen seiner Erscheinung „Mammuth“ nennen – ganz klar wird das nicht. Mit 60 Jahren zum Frührentner verdammt und von seinen ehemaligen Kollegen zum Abschied mit einem 2000-Teile-Puzzle bedacht, steht der langmähnige Eigenbrötler hilflos da. Er kommt nicht klar mit seinem Leben, kam es vermutlich nie, bis ihn seine Frau (gespielt von Yolande Moreau) anstachelt, die für den Rentenbescheid fehlenden Arbeitsbescheinigungen seiner früheren Jobs zu beschaffen. Das ist der Anlass, seine alte Münch aus der Garage zu ziehen – die rote TTS 1200 – und sich mit ihr auf den Weg in seine Vergangenheit zu begeben. Eine in vielerlei Hinsicht gewaltige Herausforderung. Serge puzzelt seine Vergangenheit zusammen und der große Depardieu versucht sich auf der nicht minder mächtigen Münch-4 TTS.

Dass die Regisseure Benoît Delépine und Gustave Kervern dem Filmhelden das Motorrad aus hessischer Produktion zugestanden, zeugt davon, dass sie sich mit Motorrädern auskennen oder zumindest eingehend mit der Materie beschäftigt haben. Von der Münch-4 mit dem NSU TT-Motor wurden von 1966 bis 1980 nur 478 Exemplare gebaut, und manches musste sich unter den Händen seines Besitzers einem individuellen Umbau unterziehen. Die Filmgesellschaft suchte für die Dreharbeiten eine möglichst originale Münch. Und sie ist dem „Mammuth“ Serge wie auf den Leib geschneidert, möchte man sagen. Beide sind groß, massig, mächtig. Beide strahlen eine latente Aggressivität aus: Serge durch seine permanente Unzufriedenheit, die TTS durch ihre röchelnden Weber-Doppelvergaser.

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Die Super-Dickmanns aus der Frischebox: Depardieu auf der Münch-4 TTS 1200 von Mike Kron. Bei den Dreh- arbeiten legte er über 400 Kilometer damit zurück und hatte Spaß dabei, auch wenn es hier nicht ganz so aussieht.

Vereinbart waren Filmaufnahmen im Stand und rollend, die Filmgesellschaft sprach von „Fahraufnahmen bei Schritttempo“. Nach Abschluss aller Arbeiten hatte die Münch gut und gerne 400 Kilometer mehr auf dem Tacho. Depardieu scheint Gefallen an der dicken Roten gefunden zu haben, vielleicht ist er ihrer Ausstrahlung erlegen, die seiner eigenen nicht unähnlich ist.

Doch hatte er auch seine Schwierigkeiten. Da ist die Schaltung, die zwar links sitzt, aber umgekehrt bedient werden will: den ersten Gang muss er nach oben, die folgenden nach unten einlegen. Depardieu, selbst Motorradfahrer, schaltete vom Leerlauf – wahrscheinlich der Macht der Gewohnheit folgend – nach unten, in den zweiten Gang, und fuhr vermutlich mehrfach mit schleifender Kupplung an.

Solchermaßen malträtiert, erhitzte sich die Trockenkupplung stark, vor allem weil manche Szene wiederholt werden musste, bis sie im Kasten war. Als Folge lief die Druckstange ein, der Mechaniker musste die Kupplung mehrmals nachjustieren. Als das nicht mehr half, forderte er schließlich eine neue Druckstange aus Klepsau an. Schon 1968, als Friedel Münch die Leistung des 1200er-NSU TT-Motors von werksseitigen 65 PS bei 5500/min auf 88 PS bei 6500/min steigerte, zeigte sich die Trockenkupplung überfordert. Münch beseitigte das Problem durch eine größer dimensionierte  Kupplung mit Sinterbelägen.

Im Film wird die Beschaffung der Rentenbelege nach und nach zur Nebensache. Serge, alias Gérard Depardieu, findet auf seiner Reise mit der Münch zu sich selbst. Und auch seine finanziellen Probleme, nicht zuletzt die hohen Kredite für sein Haus, lösen sich am Ende des Streifens doch noch auf. In einer Szene wird er an einer Kreuzung angesprochen und darauf aufmerksam gemacht, dass er ein wertvolles Motorrad besitze. Auf die Frage, ob Serge es verkaufen wolle, antwortet dieser mit einem entschiedenen „Nein“. Doch erkennt er später, dass er quasi auf seiner Rente durch Frankreich rollt. Er besinnt sich schließlich und ruft den Menschen an, der ihm das Angebot gemacht hat. Ihm verkauft er seine Münch und kehrt nach Hause zu seiner Frau zurück.

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Die Münch-4 TTS 1200 ist weder eine Diva noch ein Kurvenstar. Im Film begleitet sie Frührentner Serge auf seiner Zeitreise.

Mike Kron hat mittlerweile einige Erfahrung damit, Motorrad-Klassiker für Filmproduktionen zu verleihen. Zum ersten Mal vermittelte er 1989 für den im Ruhrgebiet spielenden Mehrteiler „Rote Erde II“ mehrere Zweirad-Oldtimer. Meist hat er auch die Besitzer der Maschinen gleich mit vermittelt, da sie ihre eigenen Schätzchen am besten kennen und mit ihnen umzugehen wissen. Depardieu scheint mit der Münch gut zurecht gekommen zu sein. Doch hätte der Restaurator aus Klepsau den Hauptdarsteller gerne persönlich getroffen und sich mit ihm über seine Erfahrungen mit der Münch unterhalten.

Was für Eindrücke hat die Münch bei ihm hinterlassen, hat er das Motorradfahren mit ihr genossen? Fragen, die unbeantwortet bleiben. Zur Premiere lädt man Mike Kron nach Berlin ein. Den Film sieht er in französischer Sprache mit deutschen Untertiteln, den Hauptdarsteller nur abgeschottet von einer dicken Traube Bodyguards. Abends sitzen Crewmitglieder beim Bier zusammen in der Hotel-Lobby und unterhalten sich – auf Französisch. Es ist eben fast wie im richtigen Film.

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Das Filmplakat des Films "Mammuth" mit Gerard Depardieu.

Ein künstlerisches Roadmovie mit Anspruch. Regie und Drehbuch: Benoît Delépine und Gustave Kervern. Darsteller: Gérard Depardieu, Yolande Moreau, Miss Ming, Isabelle Adjani. Im September 2010 in die deutschen Kinos gekommen, erscheint der Film voraussichtlich im März 2011 in deutscher Sprache auf DVD bei XVerleih in Berlin. Empfehlenswert! www.x-verleih.de

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