Seit Juni 2022 gehört die Triumph Speed Triple 1200 RR zum Dauertest-Fuhrpark. Hier lest ihr, was Redaktionsmitgliedern im Rahmen des Tests auffällt.
Seit Juni 2022 gehört die Triumph Speed Triple 1200 RR zum Dauertest-Fuhrpark. Hier lest ihr, was Redaktionsmitgliedern im Rahmen des Tests auffällt.
Anfang Juni 2022 rollte die Triumph Speed Triple 1200 RR mit zarten 731 Kilometern in den MOTORRAD-Dauertest-Fuhrpark. Verplomben sowie die Kompressions- und Druckverlustmessung hat sie bereits hinter sich, genauso die Eingangsmessung auf dem Leistungsprüfstand. Was gleich zu Beginn auf der Suche nach der Laufleistung aufgefallen ist: Die Informationen sind im verschachtelten Menü gut versteckt. Das könnte im Rahmen des 50.000 km-Dauertests noch öfter für Flüche sorgen, wenn einzelne Fahrer und Fahrerinnen zum Zweck der Dokumentation, beispielsweise beim Tanken, auf der Suche nach dem Kilometerstand sind. Trotzdem ist davon auszugehen, dass die positiven Eindrücke bei Weitem überwiegen werden, wie auch schon der Top-Test in MOTORRAD 6/22 zeigte. Kleiner Tipp: Der Weg führt über den Menüpunkt Service.
Das Rätsel um den zickigen Quickshifter ist gelöst. Nicht etwa die im Verdacht stehende Hitze war schuld am regelmäßigen Ausfall, sondern: Der Sensor war schlichtweg hinüber. Laut Triumph kam wohl eine schlechte Charge nach Hinckley. Neuer Sensor, neues Schaltglück. Endlich funktioniert das sehr gut arbeitende System, selbst in der Stadt bis in den ersten Gang hinunter zum Stillstand kann das an sonst etwas teigig wirkenden Getriebe. Beim flotten Feuern arbeitet das QS jetzt immer sicher und schnell, das Zwischengas beim Herunterblippen sorgt hier und da für wohlige Gänsehaut. Für den Herbst und Winter bereits um bereift auf Michelin Power 5 als sportlichem "Winterreifen". Mighty Bib kann selbst bei 5,5 Grad nichts schrecken. Ab Meter eins ist der Reifen da, lässt sich kalt so sauber und sicher in die Kurve werfen, als wäre es 20 Grad wärmer. Auffällig gut: In den Tankstutzen kann der Zapfrüssel einfach eingehängt und selbst die Arretierung des Ventils bleibt fest. Im Vergleich zu vielen anderen Motorräder, vor jeder Tropfen einzeln reingezittert werden muss: großartig. Es sind eben die kleinen Dinge, die ein Krad gut machen.
Kilometerstand: 4.020, 08/2022
Wie jedes Dauertest-Motorrad, das ich in meine Finger bekomme, muss auch der neue Triple-Schönling im Fuhrpark erstmal seine Pendeltauglichkeit beweisen: Stuttgart – Mannheim heißt der bitterharte Prüfstein, den die Speedy aber souverän schultert. Kein Wunder, wie der Name und die rennsportliche Ergonomie es nahelegen, gehört schnell Geradeausfahren zum Kerngeschäft. Stummel und Fußrasten sind fordernd, aber nicht so gnadenlos positioniert wie auf einem 1000er-Supersportler, das Sitzpolster ist erstaunlich bequem, und im Modus "Komfort" bietet das semiaktive Öhlins-Fahrwerk eben genau diesen, ohne auch nur ein bisschen Stabilität einzubüßen. Zusammen mit dem unanständig bärigen Triple-Kraftwerk ergibt das einen exzellenten Autobahnbrenner mit Automatikcharakter von 70 bis 270 Sachen.
Kritik? Wenig, aber essenziell. Störend, wenn auch behebbar: Der sehr flache Windschild macht die Autobahn-Sause bereits bei überschaubaren 1,80 Meter Körpergröße kräftezehrender als nötig. Störend, aber permanent: deftige Vibrationen. Grob und langwellig zwischen 2.000 und 3.000, fein und hochfrequent zwischen 4.000 und 5.000 Touren. Ärgerlich einerseits, weil der mächtige Motor so weit unten bereits voll nutzbar ist und anderseits, weil man bei Autobahnrichtgeschwindigkeit im sechsten Gang bei etwa 4.500 Umdrehungen liegt und dort der Gashand beim Einschlafen zuschauen kann. Da hilft nur eins – und auch das legt der Name nahe: mehr Speed!
Kilometerstand 3.274, 08/22
Einfache Strecke: 78 Kilometer. Über Landstraßen im Kraichgau, kaum Konstantfahrt, viele Kurven. Eigentlich ein Motorradparadies und wohl die beste Möglichkeit einen neuen Dauertester auf Herz, Nieren und die Pendlerqualitäten zu testen. Vorweg: Ans Herz geht die Speedy RR durch ihre atemberaubende Optik und den neuen Triple. Der ist für mich – Jens Kratschmar – der wohl beste Vierzylinder mit drei Töpfen überhaupt. Der neue 1160er-Triple kann alles. Unten drücken, schmalzige Mitte, feurige Spitze. Großartig. Selbst wenn dem bekennenden Speedy-Fan die Eloquenz des zuletzt zur höchsten Fahrbarkeit gereiften alten 1050er-Motors oft fehlt. An die Nieren geht die neue RR ebenfalls. Ihr sehr sportliches, straffes Fahrwerk mit harten Federn verlangt Nehmerqualitäten. Der Autor, mit über 100 Kilogramm Gewicht, bekommt die Federn gut zum Arbeiten, doch die Härte der Speedy RR bleibt jederzeit präsent. Abhilfe schafft das vollständige Öffnen der Dämpfungen per Fingerklick im Menü des semikativen Fahrwerks, selbst wenn man sich dadurch eine leicht unterdämpfte Zugstufe hinten erkauft, die bei langen Wellen leicht nachwippt.
Apropos Menü: Das kleine, feine Display fügt sich zwar unauffällig in die zierliche Verkleidung ein, verlangt für zusätzliche Informationen allerdings immer mehrere Klicks auf den Joystick. Zu Beginn ist die Menüführung eine Katastrophe, die Lernkurve allerdings steil und nach einigen Hundert Kilometern mit gutem Gedächtnis fast intuitiv. Doch wie in der Schule: Das Lernen macht keinen Spaß. Ein weiterer dicker Minuspunkt in der Speedy-Bilanz sind die Rückspiegel. Bei erwähntem Gewicht und 1,88 Meter Körperlänge sieht man nach hinten eigentlich immer nur die eigenen Unterarme. Nur mit argen Verrenkungen der Halswirbelsäule ist der rückwärtige Verkehr zur erahnen. In der Stadt ein Graus, außerorts nicht viel besser. Aktuell ein großer Kritikpunkt ist der teilweise komplett ausfallende Quickshifter. Gerade beim Herunterschalten quittierte der zwischen zwei Gängen den Dienst, was das Anbremsen ziemlich verhagelt. Warum der ansonsten hervorragend arbeitende Automat ausfällt, ist noch nicht klar. Hohe Hitze am Getriebeausgang und die in einer Nische platzierte Position könnten ein Aspekt sein, denn bei niedrigeren Umgebungstemperaturen ist bisher kein Ausfall zu vermelden.