Sie sind das Salz in der Suppe, der Brennstoff unserer Herzen, der Funke unserer Motorrad-Leidenschaft: Kurven. Sie lenken den Vortrieb, geben Begierde eine Richtung, umrunden den Hügel, erklimmen den Berg, stürmen den Himmel. Sie geleiten uns zu Tal, bringen nach Hause und ganz weit weg. Wendungen, die unsere Seelen wärmen. Links, rechts, links und zurück. Wie gemacht für Roadster, Fahrmaschinen reinsten Wassers. Motor, Räder, Tank und Sitz, fertig. Keine Verkleidung, keine Scheibe filtert die klare Empfindung. Die reine Lehre: pure Passion, unverfälschte Freude am Fahren. Starke Roadster sind die in diesem Vergleichstest gegeneinander antretenden BMW R 1200 R, Triumph Speed Triple und Honda CB 1000 R, 125 bis 135 PS stark, keine vor Leistung überbordenden Power-Nakeds.
Drei Konzepte mit langer Historie von den Traditionsmarken BMW, Triumph und Honda. Das Erbe typischer Konstruktionen: Der Zweizylinder-Boxer ist bei BMW seit der R 32 im Jahr 1923 Kern der Marke. Den Dreizylinder entdeckte Triumph 1968 für die Trident, baute ihn nach dem Neuanfang 1991 lange Zeit fast exklusiv. Als 1050er bereits seit 2005. Und Honda weckte ab 1969 gleich mal eben den weltweiten Motorradmarkt durch die epochemachende Vierzylinder-Maschine CB 750 Four aus dem Dornröschenschlaf. „Wrooaaaw“, „rrrooaaarrr“, „whooouum“ – verschwindet unser Trio aus Flat-Twin (BMW R 1200 R), Triple (Triumph Speed Triple) und Reihenvierer (Honda CB 1000 R) hinter der nächsten S-Kurve.
BMW-Boxer stemmt nun volle 125 PS
Motorräder, die nicht nur forttragen, sondern bewegen. Welches Konzept am meisten begeistert? Das wird schnell zur Glaubensfrage. Hier wie dort inhalierst du jede Sekunde, nimmst breitschultrig die Welt in Empfang. Alles ist eins: das Motorrad, die Landschaft, die Straße, die Kurve, du selbst. Beim flotten Dreier über die Landstraßenrunde gebührt dem Zweizylinder als jüngster Konstruktion der Vortritt, der BMW R 1200 R. Kennzeichen M-WC, WC wie watercooled, wassergekühlt.
Bei BMW zählt die Teilwasserkühlung nach gut 90 Jahren luftgekühlter Boxer-Tradition etwas. Nur noch die R nineT hält
stolz luftgekühlte Zylinder in den Wind. Alle anderen R-Modelle tragen nun den einheitlichen Wasser-Boxer mit recht großer Schwungmasse. Also auch die neue BMW R 1200 R. Ihre Brennräume sind strömungsgünstiger von oben nach unten statt früher von hinten nach vorn durchströmt, mit weniger gekrümmten Ansaugwegen. Eine leistungsfördernde Maßnahme: Bei identischer Bohrung und gleichem Hub, also auch exakt gleichem Hubraum von 1170 cm³, stemmt der Boxer nun volle 125 PS statt der 110 PS im luft-/ölgekühlten Vorgänger.
Bei mittleren Drehzahlen drückt der Boxer bis zu 124 Newtonmeter
Mit mächtig Punch schlägt der komplett neue Boxer zu. Wie die Haken der Klitschko-Brüder: hart, trocken, mit viel Wucht. Bei mittleren Drehzahlen drückt der Boxer bis zu 124 Newtonmeter, überflügelt den charakterstarken Triumph-Triple bei locker um 15, den Nippon-Vierzylinder gar um bis zu 25 Newtonmeter. Entsprechend engagiert und erlebnisreich stürmt die BMW R 1200 R voran. Knackig-druckvoll, mit besten Durchzugswerten im sechsten Gang: von Tempo 60 auf 140 in gerade mal 7,3 Sekunden! Das ist mal flott. Doch die 135 PS starke Triumph Speed Triple und die mit optionalem (und recht leisem) Akrapovic-Auspuff 125 PS drückende Honda CB 1000 R lassen sich nicht so leicht abhängen.
Triumph Speed Triple und Honda CB 1000 R wiegen satte 21 bzw. 22 Kilogramm weniger als die mit vielen Extras bestückte 242 Kilogramm schwere BMW R 1200 R. Kleinere Hubräume von 1050 bzw. 998 cm³ relativieren ihr geringeres Drehmoment. Echte 111 (Triumph) und 101 Newtonmeter (Honda) stehen für eine verdammt gute Drehmomentausbeute: über zehn Prozent des Hubraums in Newtonmeter! Sie stehen also prima im Futter. 128,5 PS Literleistung stemmt der Triple, 125 der Vierzylinder und der BMW-Boxer 107. Er baut nach dem Leistungszenit bei 8000 Touren stark ab. Keine Erbsenzählerei, sondern eine Frage des Charakters.
Die beiden Multizylinder bieten potenziell größere Drehfreude
Zwar fährt man auf Landstraßen fast immer in der unteren Hälfte des Drehzahlspektrums, ruft nie mehr als 70 PS ab. Trotzdem bieten die beiden Multizylinder potenziell größere Drehfreude: Die Triumph Speed Triple erreicht volle 135 PS noch mitten im Drehzahlanstieg bei 9300/min. Allein die Honda CB 1000 R entert locker fünfstellige Drehzahlbereiche. Dafür sorgen kleinste Einzelhubräume (je 249,5 statt 350 bzw. 585 cm³), geringste mittlere Kolbengeschwindigkeiten und leichteste Kolben. Dass sie dieses Potenzial nicht ausschöpft, sondern im Sechsten schon bei gut 9900 Umdrehungen abwinkt, zeigt Machart und Wesen des kompakten Kraftpakets.
Denn die Honda CB 1000 R erbte im Jahr 2008 einen Ex-Supersport-Motor aus der 2007er-Fireblade. Stark gedrosselt, mit dem Zylinderkopf der CBF 1000, inklusive neuer Nockenwellen (Steuerzeiten!), geänderter Kanalführung und größerer Airbox. Trotzdem ist es ein technischer Kniff, der den sonor, dumpf und satt klingenden Vierzylinder so stürmisch vorpreschen lässt: seine knackig-kurze Gesamtübersetzung. Der sechste Gang der CB 1000 R ist nur minimal länger als der Vierte von BMW R 1200 R und Triumph Speed Triple, das Drehzahlniveau also viel höher. Bei Tempo 100 im höchsten Gang drehen Triumph und BMW jeweils rund 3800-mal, die Honda bereits fast 4500-mal.
Triumph Speed Triple und Honda CB 1000 R ohne Ganganzeige
Damit kaschiert die weich ans Gas gehende 1000er-Drehorgel erfolgreich ihr Drehmoment-Manko, zieht besser durch als die Triumph Speed Triple! Allerdings sucht man auf der Honda CB 1000 R ständig den siebten Gang. Sportlich eng ist ihr Getriebe gestuft. Und markentypisch schön exakt zu schalten. Wie bei der Triumph fehlt eine Ganganzeige, muss man wie eh und je mitzählen. Leichtgängig und fein dosierbar lässt sich die CB-Kupplung ziehen. Echt bedienerfreundlich. Mehr Handkraft braucht die ebenfalls exakt dosierbare Triumph-Kupplung, die einzige per Seilzug betätigte des Trios. Die Schaltbox dieser Speedy arbeitet weniger knorrig als bei früheren Testexemplaren. Gut so.
Wunderbar direkt hängt der Dreizylinder am Gas. Vielleicht zu spontan. Nach längeren Rollphasen mit geschlossenen Drosselklappen (Schiebebetrieb) springt er bei neuem Zug am Kabel ganz schön harsch nach vorn. Am Kurvenscheitelpunkt geht dann ein Ruck durch die Triumph Speed Triple. Dafür entschädigt der Sound. Der Triple faucht, röhrt und knurrt animalisch aus dem schwerpunktungünstig hoch verlegten Auspuffduo, föhnt die Flimmerhärchen, ohne ordinär laut zu sein. Akustische Ästhetik. Der Dreizylinder ist einfach cooler, abgebrühter als der noch laufruhigere Reihen-Vierer.
Langhubige Triple glänzt mit sehr linearer Leistungsentfaltung
Der recht langhubige Triple glänzt mit sehr linearer Leistungsentfaltung: Speedy Gonzalez legt extrem gleichmäßig und berechenbar an Power zu. Gut für spontane Power-Wheelies und prima Kontrolle. Auf unbeschränkten Autobahnen rennt die Triumph Speed Triple überlegen schnell, geht fast 250. Dank der „Fly Screen“-Scheibe, sie ist Serie wie der Bugspoiler, hält man höhere Tempi sogar aus. Mit Windschutz und Autobahnheizerei haben Honda CB 1000 R und die besonders geradeauslaufstabile BMW R 1200 R trotzdem weniger am Hut. Vmax 230, sollte reichen.
Hier und heute zählt Anderes. Pinien, Platanen und Olivenbäume ziehen vorbei, an der Küste warten Palmen. Frisch geschält stehen knorrige Korkeichen, alt und würdig. Traditionsbruch bei BMW: Sechsganggetriebe und Ölbad-Kupplung sind nun ins Motorgehäuse integriert. Für andere Hersteller ein alter Hut, bei den Bayern nicht. Der Handhebel der hydraulisch betätigten Kupplung der BMW R 1200 R lässt sich butterweich ziehen, doch etwas digital dosieren, an oder aus.
Schaltassistent „Pro“ bei der BMW nur gegen Aufpreis
Eine echte Innovation trägt die BMW R 1200 R gegen Aufpreis: den Schaltassistent „Pro“ fürs Hoch- und Runterschalten ohne Kupplungsbetätigung. Ab dem dritten Gang fährst du bergauf, bergab, ohne kuppeln zu müssen. Das passt bestens zum Naturell der R 1200 R. Beim Hochschalten einfach den Kurzhub-Gasgriff voll geöffnet lassen. Gas zu beim Runterschalten, Fußspitze sanft runterdrücken, fertig. Dies funktioniert selbst mitten in Kurven ruckfrei. Die Elektronik nimmt Lastspitzen aus dem Antriebsstrang, synchronisiert die Wellendrehzahlen, beim Runterschalten per Zwischengas. Dabei hilft die Anti-Hopping-Kupplung, eliminiert das sonst bei Kardan-BMWs übliche Hinterradstempeln bei wildem Runterschalten. Einfach fahren! Konventionell geschaltet, agiert das Getriebe trampeliger, mit langen Schaltwegen und typischem „kalonk“-Geräusch.
Spritzig hängt der Boxer am Gas, reagiert per Ride-by-Wire feinfühlig, doch nicht zu nervös aufs Abklappen der rechten Hand. Zwei Fahrmodi sind bei der BMW R 1200 R Serie: Im Road-Modus ist die Gasannahme direkter als im sanfteren „Rain“. Im Regenmodus greifen ABS und die Basis-Traktionskontrolle ASC früher ein. Für moderate 305 Euro Aufpreis sind zwei zusätzliche Fahrmodi und die höherwertige dynamische Traktionskontrolle DTC mit Schräglagen-Erkennung an Bord.
Ziemlich oft zeigt im Road-Modus die gelbe Warnleuchte beim Rauspfeffern aus den Kurven einen Eingriff des DTC an.
Ohne, dass man es gemerkt hat. Der zusätzliche Dynamik-Modus erlaubt mehr Schlupf, also minimales Auskeilen des Hinterrads. Szenenwechsel, die Sträßchen werden erst feucht, dann nass. Rutschige Bitumenstreifen erfordern Konzentration. Da vermittelt die Traktionskontrolle der BMW R 1200 R viel Sicherheit.
BMW mit dem längsten Radstand
Nun, der sehr sparsame Boxer drückt ja mit Macht aus den engen Kehren nach vorn. Das kickt! Dazu passt der Sound. Der Boxer erwacht bereits bellend, leise war BMW mal. Nix mehr säuseln, kerniger Klang ist angesagt. Und genauso fährt die BMW R 1200 R auch. Die BMW läuft im Landstraßen-Dschungel, im Kurvendickicht zu Topform auf. Glänzt durch hohe Lenkpräzision, leichtes Handling und famose Kurvenstabilität. Echt sportiv!
Enge Korkenzieher-Kurven oder lange schnelle Radien, die 1200er fährt schlafwandlerisch, lenkt spielerisch ein, trifft telepathisch die richtige Linie, bleibt stoisch auf Kurs. Korrekturen in tiefer Schräglage? Kein Problem, jederzeit. Fantastisch, wie die BMW R 1200 R um alle Radien zirkelt. Scharf und direkt. Dabei hat die BMW mit Abstand den längsten Radstand (1515 Millimeter), den flachsten Lenkkopfwinkel und den größten Nachlauf. Eckdaten also, die in Richtung Stabilität statt Agilität weisen. Dies ist bei der Triumph Speed Triple genau umgekehrt, ihre Parameter stehen für leichtes Handling.

Doch real fährt die BMW R 1200 R leichter als sie ist. Und Kreise um die Triumph Speed Triple! Der Boxer spielt den Trumpf der handlingfördernd längsliegenden Kurbelwelle voll aus. Sein tiefer Schwerpunkt erleichtert flottes Einlenken in schnellen Wechselkurven. Das ist pures Vergnügen. Ein echter Gewinn also ist das komplett neue Gitterrohr-Chassis mit Upside-down-Gabel. Viel Vertrauen schaffen die Metzeler Reifen Roadtec Z8 (vorne „M“, hinten „C“). Der 180er rollt schön rund bis zur Reifenkante ab. Irgendwann schleifen die Fußrasten, kurz danach der optionale Hauptständer. Ein echtes Erlebnis, wie das ebenfalls extra kostende semiaktive Fahrwerk Dynamic ESA selbst üble Bodenwellen absorbiert, gefühlt richtig planiert.
Die 1200er federt und dämpft komfortabel, im Road-Modus noch mehr als im etwas strafferen Dynamik-Modus. Ein Feder-wegsensor am Federbein informiert eine Sensor-Box mit Schräglagenerkennung. Diese beaufschlagt dann elektronisch die Dämpferventile als automatische Anpassung je nach Fahrzustand. Funktioniert in Millisekunden sehr passabel, mit bestem Federungskomfort und tadellosem Fahrverhalten selbst voll beladen. Trotzdem hüllt einen diese BMW R 1200 R nicht komplett in Watte. Kurze harte Stöße reicht die Kardan-Einarmschwinge bei höheren Tempi recht trocken weiter. Besser als bei Telelever-Maschinen geriet die Rückmeldung, wenngleich nicht ganz so gut wie bei der Honda CB 1000 R und der Triumph Speed Triple.
Sitzhöhenverstellung wünschenswert bei der BMW R 1200 R
Sehr im Motorrad platziert einen die BMW R 1200 R, ein wenig passiv. Für lange Kerls passt die montierte flache Sitzbank gar nicht. Ihnen sind 77 Zentimeter Sitzhöhe, sechs weniger als auf der Honda CB 1000 R und sieben weniger als auf der Triumph Speed Triple, schon zu eng. Es zwickt und zwackt. BMW offeriert zwar noch drei andere, viel höhere Sitzbänke, trotzdem wäre eine Sitzhöhenverstellung wünschenswert. Hondas kompakte Sitzposition, nah am recht hohen Lenker, erinnert fast an eine 600er, passt aber selbst großen Fahrern. Der Kniewinkel ist recht entspannt. Die leicht nach vorn abschüssige Sitzbank zwingt nah an den Tank, doch ein Gummiprotektor schützt die Männlichkeit vor allzu harter Kontaktaufnahme.
Der breite Tank der Triumph Speed Triple spreizt die Beine ziemlich. Den Fahrer auf dem hohen Sitz spannt es lang zum edel konifizierten Alu-Lenker. Die gebückteste Haltung wirkt ein wenig old school. Hoch liegen die Fußrasten, spitz ist der Kniewinkel. Echte Genießer fahren nicht bloß. Sie zelebrieren das Gleiten durch die Landschaft, das Segeln durch die Kurven. Dafür ist die Honda CB 1000 R ein guter Partner. Sie fährt unauffällig flott, neutral, handlich und zielgenau. Also umgänglich und berechenbar. Wendig, ja zackig, lenkt die Honda ein. Auch sie beherrscht die gesamte Klaviatur der Kurvenkunst. Wer von der Triumph kommt, empfindet die quirlige, gutmütige Honda fast schon als zappelig.
Metzeler Racetec K3 Reifen kommen nicht auf Temperatur
Aber die Honda CB 1000 R ist einfach bloß agil, dabei einen Hauch weniger stabil als die Triumph Speed Triple und vor allem die BMW R 1200 R. Spät schleifen die extralangen Angstnippel unter den Fußrasten. Einen guten Job erledigen die Bridgestone-Reifen BT 015 in Sonderkennung „L“: Sie haften gut und warnen frühzeitig vor möglichem Grip-Verlust, erzählen viel von der Straße, dem Asphalt unter einem. Tja, auf Traktionskontrolle müssen Honda und Triumph verzichten. Das wie bei der BMW direkt angelenkte CB-Federbein kommt erst auf üblen, schlechten Wegstrecken oder mit Sozius ein wenig aus dem Tritt, vor allem die Zugstufendämpfung. Immerhin ist es gut zugänglich für Hakenschlüssel und Schraubendreher. Streetsurfing: Unauslotbar ist die Schräglagenfreiheit der Speed Triple. Und davon braucht der breite 190er-Heckschlappen bei gleichem Tempo mehr.
Metzeler Racetec K3 sind an sich gute Reifen. Im Juli, auf Rennstrecken. Jetzt aber ist Januar und die Luft morgens vier Grad kühl. Da kommen die Supersport-Pneus einfach nicht auf Temperatur. Sie irritieren mit spontanen Rutschern. Die Triumph Speed Triple will es ihrem Fahrer nicht zu leicht machen, sondern härter rangenommen werden. Im direkten Vergleich mit der BMW R 1200 R und der Honda CB 1000 R wirkt sie ein wenig hüftsteif. Man muss ehrlich und aktiv arbeiten, energisch einlenken, sich vor der Kurve bereits auf eine Linie festlegen. Hey, ein Streetfighter ist kein Kinderspielzeug.
Dafür entlohnt das gute Gefühl fürs Vorderrad. Wer die leichte, schnelle Nummer will, soll halt zur kleinen Schwester Street Triple greifen. Basta. Auf Holperstrecken stellt sich die Triumph Speed Triple stärker auf, will mit Nachdruck auf Linie gehalten werden. Zudem ist sie keine Komfortsänfte. Bei kühlen Temperaturen hilft es Mensch (Rückgrat!) und Maschine sehr, die Dämpfer-Schrauben im voll einstellbaren und recht straffen Fahrwerk ziemlich weit aufzudrehen. Gewöhnen muss man sich an den großen Wendekreis. Folge des im Frontbereich ausladenden, charakteristischen Alu-Brückenrahmens aus Doppelrohrprofilen. Dagegen wendet die BMW R 1200 R auf dem Handteller.
Alle drei sind Maschinen ohne übertrieben böse Aura
BMW und Triumph verbauen Brembo-Bremsen mit Stahlflexleitungen. Wobei die Komponenten bei der Triumph Speed Triple aus einer noch höheren Range stammen, inklusive einstellbarer Radialpumpe. Und so beißen sie auch zu. Kompromisslos. In Schräglage schnappen die Vierkolbensättel fast schon zu giftig nach den 320er-Scheiben. Besser dosierbar und trotzdem bei Notbremsung noch brachialer wirft die BMW R 1200 R den Anker. Die Augäpfel klatschen nur so von innen vors Visier. Ziehen des Handhebels verzögert das Hinterrad mit. Das Conti-ABS neuester Generation balanciert bewundernswert an der Blockiergrenze entlang. Nur auf einen Bremsnickausgleich muss diese BMW mangels Telelever verzichten.
Konstruktiv einfachere Dreikolben-Schwimmsättel, betätigt von billigen Gummileitungen, fährt die Honda CB 1000 R auf. Doch sie macht das Beste draus, bremst trotzdem prima und gut dosierbar. Und wie die BMW R 1200 R im Verbund – nur andersrum: Das Pedal beaufschlagt den mittleren Kolben im rechten vorderen Bremssattel. Pause plus Endabrechnung am Straßencafé. Ein geiler Fleck Erde ist Südfrankreich. Und zu Hause ist Schneeregen. Alle drei sind Maschinen ohne übertrieben böse Aura, doch verwegen genug wirken sie allemal. Man kann sie begehren und bewundern.
Honda CB 1000 R wirkt weniger hochwertig verarbeitet
Insgesamt wirkt die Honda CB 1000 R weniger hochwertig verarbeitet, stören zum Teil plumpe Baumarktschrauben. Ihre mies ablesbaren, karg bestückten Instrumente sind keine Augenweide. Doch wie die Triumph Speed Triple und die BMW R 1200 R hat sie eine Wegfahrsperre und eine hier rot lackierte Alu-Einarmschwinge samt formschönem Hinterrad.
Für die in Atessa in Italien gebaute Honda CB 1000 R spricht ein gewaltiges Argument: 10.750 Euro als aktueller Sonderpreis! Fast 2000 Euro teurer kommt die Ikone von Triumph Speed Triple. Sie erscheint es wert. Dank edlerer Materialien und feiner Teile, wie der Dreifach-Klemmung der unteren Gabelbrücke. Zeitlos schön, die Triumph! Als Teil und Ausdruck der individuellen Persönlichkeit.
Triumph und BMW mit edler Anmutung
Wie die Triumph Speed Triple zeigt auch die BMW R 1200 R eine edle Anmutung, etwa mit aus Aluminium geschmiedeten Fußrastenträgern für Fahrer und Sozius. Hinzu kommen allein hier tourentaugliche Features, wie die bei der Kälte hochwillkommenen Heizgriffe, Navi- wie Kofferoption oder eine noch komfortablere Soziusbank. Der Hightech-Bordcomputer „Pro“ vermeldet Außentemperatur, Hochschaltempfehlung, Reifenfülldruck mit Temperaturkompensation, Datum, nächsten Servicetermin, Ausfall von Lampen und, und, und. Der rote (hier ein schwarzer) Bereich des Motors im digitalen Drehzahlmesser variiert je nach Motortemperatur: bei kaltem Motor 4000, warm 8500 Umdrehungen.
Im Schwarz der Lackvariante "Style 2" wirkt die BMW R 1200 R klassischer als das weiße Exemplar mit rotem Rahmen. Der neue Roadster gibt sich kaum eine Blöße, ist ein fast schon zu perfekter Alltagsbegleiter. Extras für gut 3000 Euro hieven seinen Preis über 16.000 Euro. Uff. BMW-Hasser haben es immer gewusst, wieder gewinnt eine BMW einen Vergleichstest. Alle Fans der Marke ahnen: Die ausgewogene R 1200 R hat es auch verdient.
Leistungsmessung

Drei Wahrheiten. Erstens: Die BMW R 1200 R schöpft aus größtem Hubraum klar das bärigste Drehmoment und die fülligste Leistungskurve – vom Leerlauf bis 8000/min. Zwischen 5000 und 7000 Touren überflügelt der Boxer den Triple der Triumph Speed Triple locker um rund 15, den Vierzylinder Honda CB 1000 R gar um 20 bis 25 Newtonmeter.
Zweitens: Der sechste Gang der Honda CB 1000 R ist sehr kurz übersetzt. Im letzten Gang dreht sie so hoch wie die Triumph Speed Triple im Vierten! Damit pumpt sich der Vierzylinder mächtig auf, da er bei gleichem Tempo höher dreht: Die Hinterradleistung der Honda im Sechsten ist so groß wie die der BMW R 1200 R.
Drittens: Ihre 10 PS Mehrleistung oben heraus münzt die elastische, feurige Triumph Speed Triple in bessere Beschleunigung um.
*Honda CB 1000 R riegelt im 6. Gang bei 9900/min ab, 5. Gang ist offen bis 10600/min; Diagramm: Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5%
MOTORRAD-Testfazit

1. BMW R 1200 R
So geht Roadster heute. Die BMW R 1200 R ist ein guter Begleiter für alle Tage. Fahraktiv, dynamisch und tourentauglich. Neue BMWs sind das, was bislang Honda auszeichnete: ein System, in dem das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Wo alles zusammenpasst, Fahrwerk, Motor, Bremsen. Nun auch noch Styling und Sound.
2. Triumph Speed Triple
Sie war der Urmeter der Streetfighter ab Werk. Heute ist die Triumph Speed Triple zwar nicht mehr ganz up to date. Aber dafür zeitlos-sinnlich. Ein gediegen edler Landstraßen-Sportler, quasi ein Gentleman mit Hooligan-Attitüde. Es passt zum Macho-Auftritt der Triumph, dass man sie in Kurven ein wenig härter anfassen muss.
3. Honda CB 1000 R
Nicht erst nach der Preissenkung ist die wuselige „große Hornet“ als günstigste Offerte des Trios eine gute Wahl. Wer einfach und flott Motorrad fahren will, findet in ihr eine tolle Partnerin mit antrittsstarkem, unkaputtbarem Vierzylinder. Ausstattung und Soziuskomfort der in Italien gebauten Honda CB 1000 R sind mäßig, da ginge mehr.