Ducati Monster 1200, EBR 1190 SX und KTM 1290 Super Duke R im Test
Power-Naked-Bikes im Vergleich

Nach dem Supersportler 1190 RX kommt nun das Naked-Bike-Derivat, die EBR 1190 SX. Wie schlägt sie sich im Test gegen Ducati Monster 1200 und KTM 1290 Super Duke R?

Power-Naked-Bikes im Vergleich
Foto: Jahn

Es ist schön, dass es Menschen wie Erik Buell gibt. Freigeister, die sich nicht mit dem Konventionellen abfinden wollen, die Bestehendes infrage stellen und den Mut haben, Lösungen abseits vom Mainstream zu suchen. Erik Buell ist diesen Weg gegangen. Innenumfassende Bremszange, Benzintank in den Rahmenprofilen, Unterflur-Auspuff, steiler Lenkkopf, kurzer Radstand – das waren schon immer die Markenzeichen der unorthodoxen Bikes aus East Troy in Wisconsin. Theoretisch brachte das auf die Zen­tralisierung der Massen fokussierte Design Vorteile, praktisch überzeugte es nicht immer und wirtschaftlich letztlich auch nicht mehr. Im Krisenjahr 2009 musste die Edelschmiede schließen.

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Doch Erik Buell ist zurück. Gestützt vom kräftigen Dollar-Segen des größten indischen Motorradherstellers Hero, greift der nimmermüde Kämpfer seit geraumer Zeit wieder an. Und nun steht sie da, die EBR, das Kürzel für Erik Buell Racing, Modell 1190 SX. Mit innenumfassender Bremszange, Benzintank in den Rahmenprofilen, Unterflur-Auspuff, steilem Lenkkopf und kurzem Radstand. Wie auch sonst? Und jetzt mal ganz ehrlich: Erwartet irgendwer, dass die EBR das Establishment der V2-Naked-Bikes von der Landstraße fegen kann? Dass das US-Bike die zu Beginn dieser Saison vollkommen neu konstruierten Ducati Monster 1200 und KTM 1290 Super Duke R in die Schranken weist? Dieses Ziel wäre zu vermessen. Denn die Italiener und Österreicher schleifen seit Jahren an solchen Konzepten, besitzen Know-how und Erfahrung. Insofern geht es bei der EBR um ein Glaubensbekenntnis und um Individualismus. Im Grunde darum, wie viel technische Extravaganz sich ein Motorrad leisten kann, ohne dafür im Alltag zu büßen. 

Um das herauszufinden, schraubt sich die EBR gemeinsam mit der Ducati und der KTM die Passstraßen der Vogesen hinauf und hinab. Kein schroffes alpines Kletter-Zickzack, sondern weit geschwungene Kurven, ordentlicher Asphalt und zumindest im Herbst kaum Verkehr. Col de la Schlucht, Col de Markstein, Grand Ballon und wie sie alle heißen – Naked-Bike-Land.

Horrender Druck aus stattlichen Hubräumen

Perfektes Terrain, um den horrenden Druck aus den stattlichen Hubräumen des Trios in Vorschub umzusetzen. Mit 1301 Kubik toppt die KTM 1290 Super Duke R die ohnehin beträchtlichen 1200-cm³-Pötte der Ducati Monster 1200 und EBR 1190 SX. Erst die beim Revival zusätzlich implantierten drei Millimeter mehr Bohrung hoben den Hubraum des US-V2 vom 1125-cm³-Vorgängermotor auf 1191 cm³ an. Apropos Motor. Mit dem von Rotax gelieferten 1125er-Vau-Zwo, der im Jahr 2008 die damals neue Generation der Buells erstmals befeuerte, will das neue Aggregat nur noch das Konzept gemeinsam haben. Sämtliche Teile werden nun im Auftrag von EBR gefertigt und von den 155 Mitarbeitern in den ehemaligen Buell-Werkshallen montiert.

Mit Macht schieben die drei aus jeder Kurve. Hohe Drehzahlen braucht es in dieser Liga nicht. Bereits ab 3000 Touren wird der Griff am Lenker fester, spannt sich der Bizeps. Am härtesten bei der KTM. Nach ein paar Millimeter Gasgriffweg liegen bereits 100 Nm Drehmoment (siehe Leistungsdiagramm) an, katapultieren die 1290 Super Duke R auf dieser Woge der Macht vehement auf die nächste Gerade. Dank Ride-by-Wire, Doppelzündung und penibel programmierten Mappings (Rain mit auf 101 PS gedrosselter Leistung, Street und Sport mit voller Power) höchst kultiviert und erstklassig dosierbar. Und wenn der Gaul mit seinem euphorisierten Reiter durchgehen sollte, dann gebietet eine fein abgestimmte Traktionskontrolle Einhalt. Wow, was für ein Arrangement aus Motor und Elektronik!

Ducati Monster ebenfalls mit voller Elektronik-Packung

Hinter dem sich der Ducati-Treibsatz, der aus der Multistrada entnommen und für den hüllenlosen Auftritt in der Monster mit höherer Verdichtung und kleinerem Ansaugquerschnitt feinjustiert wurde, dennoch kaum verstecken muss. Dass er 30 PS weniger in der Spitze leistet (dazu später mehr) und unterhalb von 3000/min etwas vehementer auf die Kette hackt als die KTM 1290 Super Duke R, tut kaum etwas zur Sache. Denn dies verzeiht man ihm spätestens, wenn er ab dieser Marke fein ansprechend und wohlig massierend vorandrückt, den Fahrspaß auf eine sehr souveräne Art generiert. Und für den flotten Strich – genau wie die KTM – trotzdem die volle Elektronik-Packung an Bord hat.

Dass der EBR-Motor darauf weitestgehend verzichtet, muss man ihm nicht ankreiden. Denn auch Purismus gehört zu den Grundzügen der Buell’schen Lehre. So betätigt der Gasgriff die Drosselklappe der vom französischen Hersteller Synerject gelieferten Einspritzung eben über den guten alten Gaszug statt über ein Stromkabel und begnügt sich mit einem einzigen Standard-Mapping. Ob’s an der rudimentären Elektronik liegt, sei dahingestellt, doch Fakt ist: Mit den geschliffenen Manieren des austro-italienischen Duos kann der EBR-Antrieb nicht mithalten. Der 72-Grad-V2 geht burschikoser und hemdsärmeliger zu Werke. Ob beim Gasanlegen am Kurvenscheitelpunkt, dem Spurt beim Überholen oder auch beim Übergang in den Schiebebetrieb, immer wirkt der V2 EBR 1190 SX der direkter, ruppiger und mechanisch rau.

EBR 1190 SX mit grob regelnder Traktionskontrolle

All das wäre akzeptabel, würde sich der Zweizylinder dabei konzeptgerecht als kraftstrotzender Naturbursche geben. Doch nicht erst beim Blick auf das Leistungsdiagramm fällt auf: Beim Drehmoment kann er im landstraßenrelevanten Bereich zwischen 3000 und 7000/min nicht einmal der vergleichsweise moderaten Ducati Monster 1200 das Wasser reichen. Und wer ihm sogar dies bei der in dieser Liga dennoch grundsätzlich großzügigen Power-Offerte verzeihen würde, wird oberhalb dieser Marke wieder irritiert. Trotz dreier Ausgleichswellen vibriert der Treibsatz spürbar, lässt den Piloten intuitiv früher als nötig in den nächsthöheren Gang zappen. Wobei er trotz vakuumunterstützter Ausrückmechanik noch recht kräftig am Kupplungshebel ziehen muss.

Letztlich wird der EBR-Treiber durch diese Eigenheiten nur selten das Potenzial dieses Triebwerks nutzen. Auch wenn das gewaltig ist. Denn immerhin krönt sich die EBR 1190 SX mit gemessenen 176 PS Spitzenleistung zum stärksten aller derzeit angebotenen Power-Naked-Bikes und verweist die wahrlich nicht schwächliche KTM 1290 Super Duke R (168 PS) und die Ducati Monster 1200 (138 PS) auf die Plätze. Weshalb sich Erik Buell wohl wenigstens in Sachen Traktionskontrolle nicht der Elektronik verweigert. Allerdings: Die 20-stufige Regelung bezieht ihre Informa­tionen nur aus der Geschwindigkeit des Anstiegs der Motor- und Hinterraddrehzahl und kann mit ihrer recht groben Regelung mit den hoch entwickelten Systemen der Duc und der KTM nicht konkurrieren.

Highspeed-Kurventwist mit der 1290 Super Duke R

Auf höheren Beistand sollten sich die Piloten auf den Vogesenstraßen sowieso nicht verlassen. Konzentriert und sauber gilt es, die griffige Linie zu treffen. Denn zwischen den plattgewalzten Pkw-Spuren lauert oft genug loser Split. Ein Grund mehr, sich gerade hier für das Nackt-Terzett zu begeistern. Die aufrechte Sitzposition garantiert Überblick, der breite Lenker die Beherrschung und die leicht vorderradorientierte Fahrwerksauslegung viel Vertrauen in die Führungsqualitäten der Frontpartien. Wie am Schnürchen gezogen biegt denn auch die KTM ab. Kein Schlingern, kein Korrigieren – umlegen, und die Linie passt. In dieser Beziehung macht der Österreicherin keine was vor. Erst recht, weil die KTM 1290 Super Duke R für diesen formidablen Auftritt dem Piloten leichtes Spiel anbietet. Mit offenem Kniewinkel, komfortabel gekröpftem Lenker, sportlicher, aber dennoch nicht zu harter Federungsabstimmung und exzellentem ABS bleibt der KTM-Dompteur selbst beim Highspeed-Kurventwist mental im Easy-Rider-Modus.

Was der Ducati-Pilot auf der Monster ebenfalls nachvollziehen kann. Dass es dazu nicht einmal der S-Version bedarf, zeigt erfreulicherweise die getestete Basisvariante (Gabel und Federbein von Kayaba und Sachs statt von Öhlins, günstigere Bremsanlage, gegossene statt geschmiedete Räder, Preisdifferenz 2800 Euro). Locker filtert die komfortabel abgestimmte Federung die Frostaufbrüche weg, lässig lässt sich die Duc in Wechselkurven hin- und herwerfen, und obendrein sitzt es sich auf der gut gepolsterten Sitzbank schnuckelig kommod. Die fühlbaren Unterschiede zur von MOTORRAD getesteten S-Ausgabe (Heft 8/2014) sind minimal. Selbst die vom Werk deklarierte Leistungsdifferenz von 9 PS schrumpft auf dem Prüfstand gehörig zusammen. Mit gemessenen 138 PS übertrumpft die Standard-Monster ihre Papierform (Nennleistung: 128 PS) bei Weitem und liegt damit beinahe gleichauf mit der echte 143 PS starken S-Variante (Nennleistung: 140 PS). Zudem haben sich die Ducati-Techniker offensichtlich dem bei den ersten Tests noch äußerst kippeligen Lenkverhalten der 1200er-Monster angenommen. Wie bereits beim diesjährigen Alpen-Masters (MOTORRAD 15/2014) zeigt sich die Duc trotz unveränderter Bereifung (Pirelli Diablo Rosso 2, vorn mit Sonderspezifikation D) auch in den Vogesen geläutert. Zielgenau pfeilt sie durch den Kurvenradius, lenkt sich deutlich neutraler und stellt sich beim Bremsen in Schräglage kaum noch auf. Dass sie beim Parforceritt auf so manch engen Sträßchen mit der weichen Gabel, geringerer Schräglagenfreiheit und mehr Bewegung im Fahrwerk der KTM dennoch nicht ganz das Wasser reichen kann, damit lässt es sich bei dem sehr sympathischen Auftritt der Duc sehr gut leben.

EBR-Heck hoppelt ungalant übers Geläuf

Im Dauer-Slalom auf diesen sanft geneigten Berghängen rückt sich aber die EBR ins Zentrum des Interesses. Denn wo, wenn nicht hier, könnte die US-Konstruktion von ihrem exzentrischen Konzept profitieren? Mit 67,6 Grad steilem Lenkkopf (Duc: 65,7 Grad, KTM: 65,1 Grad), 1409 Millimeter kurzem Radstand (Duc: 1511 mm, KTM: 1482 mm) und mit 204 Kilogramm etwa zehn Kilo weniger Ballast auf den Rippen (Duc: 215 kg, KTM: 213 kg) sollte das Yankee-Bike am Euro-Duo doch frech auf der Innenspur vorbeiziehen. Bevor es so weit kommt, blinzelt der SX-Pilot zunächst aber etwas neidisch zur Konkurrenz. Denn abgesehen von der fehlenden Verkleidung, der Gabelbrücke mit breitem Lenker und dem einen Tick weicher abgestimmten Federbein, unterscheidet sich das Naked Bike technisch nicht von der Superbike-Schwester, der 1190 RX. Und so muss sich der EBR-Reiter der eigentümlichen ergonomischen Mixtur aus Sportler und Naked Bike anpassen. Zwar reckt sich der an 30 Millimeter hohen Risern montierte, breite Lenker dem Fahrer komfortabel entgegen, der Kniewinkel fällt durch den im Vergleich zur Ducati Monster 1200 und KTM 1290 Super Duke R mindestens 40 Millimeter geringeren Abstand zwischen Fußrasten und Sitzbank aber recht spitz aus. Dazu kommt die sportliche Federungsabstimmung. Während die Big Piston Fork von Showa noch ordentlich anspricht und arbeitet, wähnt sich das direkt angelenkte, ebenfalls von Showa stammende Federbein wohl noch immer im Supersport-Ambiente. Trotz besagt weicherer Feder und nachträglich eine Umdrehung geöffneter Zugstufendämpfung hoppelt das Heck ungalant übers Geläuf. Je holpriger die Gebirgssträßchen, desto weniger entspannt lässt sich die EBR 1190 SX abwinkeln.

Seltsam: Hält die EBR 1190 SX auf den lang gezogenen Schwüngen, wie beispielsweise auf der Kammstraße Route des Crêtes, noch sauber die Linie, wirkt sie in engen Serpentinen – also gerade dort, wo sie mit ihrer extremen Geometrie eigentlich brillieren sollte – indifferent und kippelig. Noch rätselhafter: Später, beim Tempobolzen auf deutschen Autobahnen, wird die kurze Amerikanerin selbst bei Topspeed – und dies sind immerhin gemessene 266 km/h – stoisch ruhig geradeaus rennen. Ohnehin scheint sich die EBR in der Rolle zu gefallen, die Gefühlswelt des Piloten immer wieder zu überraschen. Ein hochtouriges Surren beim Gaswegnehmen? Keine Aufregung, dafür ist die Umlenkrolle für die Antriebskette verantwortlich. Die im Stand (selbst bei abgeschalteter Zündung) und bei moderatem Tempo nahezu permanent laufenden Ventilatoren? Ruhig Blut. Vielleicht verlangen die zwischen den mächtigen Rahmenprofilen eingezwängten Zylinder trotz Wasserkühlung eine derartige thermische Nachsorge. Eine nostalgische Reminiszenz an die Historie ist das Phänomen auf alle Fälle. Fans der Marke kennen das Blasorchester bereits aus den Zeiten der Buells mit luftgekühlten Harley-Motoren. Riesiger Wendekreis? Nicht zu ändern.

Noch kein ABS für die EBR

Der kurze Radstand zwingt die für 17 Liter Spritvorrat notwendigen bauchigen Rahmenprofile direkt hinter dem Lenkkopf in die Breite und begrenzt damit den Einschlag der 55 Millimeter dicken Gabelstandrohre. Die innenumfassende Bremse? Schlechthin das Markenzeichen von EBR und Buell. Theo­retisch kühlt die weit außen am Felgenring montierte einzelne Scheibe mit stolzen 386 Millimeter Durchmesser beim Bremsvorgang schneller ab, soll sich durch die höhere Umfangsgeschwindigkeit besser dosieren lassen, im Vergleich mit einer Doppelscheibenanlage Gewicht einsparen und damit für geringere Kreiselkräfte, ergo leichteres Handling sorgen. Einen spektakulären optischen Eindruck hinterlässt die ­innengekühlte Scheibe mit der imposanten Acht-Kolben-Bremszange von Nissin auf alle Fälle. Nur dass die Amerikaner bis dato noch kein ABS appliziert haben, werden ­ihnen auch die liberalsten Geister übel nehmen.

Diesseits der Notbremsung schlägt sich die Anlage jedoch wacker, verlangt erst bei ganz scharfen Bremsmanövern nach größerer Handkraft. Erst dann machen sich die einseitig angreifenden Bremskräfte durch einen sanften Zug am Lenker nach links bemerkbar. Ob die Anlage thermisch stabiler ist als eine konventionelle Bremse? Zumindest auf der Landstraße, dem angestammten Revier eines Naked Bikes, stellt sich diese Frage nicht. Selbst bei forcierter Gangart talwärts zeigte sich der unkonventionelle Stopper thermisch unbeeindruckt. Und das verbesserte Handling? Lässt sich bestenfalls erahnen, wird es doch vom kippeligen Lenkverhalten überlagert.

Kein Zweifel wer der Chef im Ring ist

Und so kann die abschließende Hardcore-Visite auf der Supermoto-Piste in Villars-sous-Écot bei Montbéliard die bisher gesammelten Eindrücke nur bestätigen. Die hoch komprimierten Ansprüche des eng verschlungenen Asphaltbands an die Fahrwerke meistert die KTM 1290 Super Duke R souverän, schafft den flotten Strich auf der Mini-Rennstrecke spielend und lässt keinen Zweifel daran, wer in diesem Trio der Chef im Ring ist. Sollte sie auch, denn mit 15.695 Euro liegt die Österreicherin schließlich stattliche 2000 Euro über dem Tarif ihrer Kolleginnen. Die Ducati Monster 1200 fühlt sich bei den Extremschräglagen und dem aggressiven Stop-and-go-Stakkato unwohler. Für die Rundenhatz gerieten die Federung – besonders die Gabel – zu weich und die Schräglagenfreiheit zu begrenzt. Damit kann man dennoch gut leben – sofern man auf der Landstraße bleibt. Und die EBR 1190 SX? Die fegt das arrivierte Duo hier genauso wenig von der Piste wie in den Vogesen. Die wenig geschliffenen Manieren des Motors und das gerade in den extrem engen Kehren störende nervöse Lenkverhalten vermiesen Linie und Laune, verwässern die – theoretisch möglichen – Vorteile beim Handling vollends. Letztlich wird die Überzeugung vom Credo der Zentralisierung der Massen auf eine harte Probe gestellt. Neu ist diese Erfahrung bei Buell nicht. Doch zu Zeiten Harley-getriebener Buells profitierte der Mythos der Exotenmarke auch vom Lustpotenzial der samtig pulsierenden Motoren aus Milwaukee. Mit der EBR begibt sich das Konzept aber aus seiner Nische, muss sich im Fall der SX dem strammen Gegenwind hoch entwickelter Power-Nakeds entgegenstemmen. Doch die lassen dem Glauben an die Freiheit des Konstrukteursgeistes nur noch wenig Freiraum. Eigentlich schade. Ehrlich.

Daten und Messwerte

Motor

  Ducati Monster 1200 EBR 
1190 SX
KTM 1290 Super Duke R
Bauart Zweizylinder-Viertakt-
90-Grad-V-Motor                   
Zweizylinder-Viertakt-
72-Grad-V-Motor                  
Zweizylinder-Viertakt-
75-Grad-V-Motor
Einspritzung              2 x Ø 53 mm 2 x Ø 61 mm 2 x Ø 56 mm
Kupplung Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (Anti-Hopping)
Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (Anti-Hopping)
Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (Anti-Hopping)
Bohrung x Hub 106,0 x 67,9 mm 106,0 x 67,5 mm 108,0 x 71,0 mm
Hubraum 1198 cm³ 1191 cm³ 1301 cm³
Verdichtung 12,5:1 13,4:1 13,2:1
Leistung 94,0 kW (128 PS)
bei 9000/min
128,0 kW (174 PS)
bei 11 000/min
 127,0 kW (173 PS)
bei 8870/min
Drehmoment 118 Nm bei 7250/min 138 Nm bei 8200/min 144 Nm bei 6500/min

Fahrwerk

  Ducati Monster 1200  EBR 1190 SX  KTM 1290 Super Duke R 
Rahmen Gitterrohrrahmen
aus Stahl
Brückenrahmen
aus Aluminium
Gitterrohrrahmen
aus Stahl
Gabel Upside-down-Gabel,
Ø 43 mm
Upside-down-Gabel,
Ø 43 mm
Upside-down-Gabel,
Ø 48 mm
Lenkungsdämpfer - hydraulisch hydraulisch
Bremsen vorne/hinten       Ø 320/245 mm Ø 386/220 mm Ø 320/240 mm
Assistenz-Systeme ABS, Traktionskontrolle       Traktionskontrolle ABS, Traktionskontrolle
Räder 3.50 x 17; 6.00 x 17 3.50 x 17; 6.00 x 17 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17;
190/55 ZR 17
120/70 ZR 17;
190/55 ZR 17
120/70 ZR 17;
190/55 ZR 17
Bereifung Pirelli Diablo Rosso II Pirelli Diablo Rosso Corsa       Dunlop Sportsmart 2

Maße und Gewicht

  Ducati Monster 1200      EBR 1190 SX       KTM 1290 Super Duke R
Radstand 1511 mm 1409 mm 1482 mm
Lenkkopfwinkel 65,7 Grad 67,6 Grad 65,1 Grad
Nachlauf 93 mm 97 mm 107 mm
Federweg vorne/hinten     130/152 mm 120/130 mm 125/156 mm
Sitzhöhe¹ 785–810 mm 830 mm 830 mm
Gewicht vollgetankt¹ 215 kg 204 kg 213 kg
Zuladung¹ 175 kg 170 kg 193 kg
Tankinhalt/Reserve 17,5/3,5 Liter 17,1 Liter 18,0/3,5 Liter
Service-Intervalle 15 000 km 10 000 km 15 000 km
Preis 13 490 Euro 13 498 Euro 15 495 Euro
Nebenkosten 305 Euro 150 Euro 200 Euro

MOTORRAD-Messwerte

  Ducati Monster 1200    EBR 1190 SX KTM 1290 Super Duke R
Höchstgeschwindigkeit 247 (250*) km/h 266 (266*) km/h      272 (290*) km/h
Beschleunigung
0–100 km/h 3,2 sek 3,3 sek 3,3 sek
0–140 km/h 5,1 sek 4,9 sek 4,9 sek
0–200 km/h 9,6 sek 8,8 sek 8,8 sek
Durchzug
60–100 km/h 3,2 sek 3,8 sek 3,4 sek
100–140 km/h 3,3 sek 3,8 sek 3,4 sek
140–180 km/h 3,8 sek 4,6 sek 3,8 sek
Verbrauch Landstraße/100 km        5,2 Liter 5,8 Liter 6,0 Liter
Reichweite Landstraße 337 km 295 km 300 km

*Herstellerangabe; ¹MOTORRAD-Messungen

Leistungsmessung

Jahn
Leistungsmessung.

Dass der Motor der EBR 1190 SX ohne Veränderung aus der Superbike-Schwester, der EX, übernommen wurde, ist deutlich zu erkennen. Allerdings: Die Rekordmarke von 176 PS in Sachen Spitzenleistung im Naked-Bike-Segment und das große Drehvermögen (knapp 11.000/min Maximaldrehzahl) relativieren sich in der Praxis. Im in dieser Kategorie viel wichtigeren Drehzahlkeller ist das europäische Duo der Amerikanerin klar überlegen. Während die KTM 1290 Super Duke R in allen Drehzahlbereichen viel Leistung bietet, beeindruckt die Ducati Monster 1200 mit einer sehr homogenen Drehmomentkurve. In der Praxis schlägt sich dies als souveräner, gut beherrschbarer Druck nieder.

Diagramm: Leistung an der Kurbelwelle. Messungen auf dem Dynojet-Rollenprüfstand 250, korrigiert nach 95/1/EG, maximal mögliche Abweichung ± 5%.

MOTORRAD-Punktewertung

Motor

  Maximale Punktzahl    Ducati Monster 1200   EBR 1190 SX    KTM 1290 Super Duke R
Durchzug 40 36 31 36
Beschleunigung 40 33 34 34
Topspeed* 30 22 26 27
Motorcharakteristik   30 25 22 27
Ansprechverhalten 20 14 12 15
Lastwechsel 20 13 12 14
Laufruhe 20 9 7 11
Kupplung 10 8 7 9
Schaltung 20 11 9 13
Getriebeabstufung 10 9 7 8
Starten 10 7 7 8
Summe 250 187 174 202

Mit dem rundum gelungenen Gesamtpaket aus sehr guten Fahrleistungen, toller Laufkultur und geglückter Charakteristik zeigt die KTM keine Schwächen. Auch die Ducati gibt sich hier keine Blöße, bleibt in den einzelnen Kriterien aber jeweils einen Tick hinter der Super Duke R zurück. Die EBR muss hier trotz horrender Spitzenleistung und guter Fahrleistungen kräftig Federn lassen. Der SX-Motor braucht in vielen Bereichen mehr Feinschliff.

Sieger Motor: KTM 1290 Super Duke R

Fahrwerk

  Maximale Punktzahl Ducati Monster 1200 EBR 1190 SX KTM 1290 Super Duke R
Handlichkeit 40 28 26 30
Stabilität in Kurven 40 30 27 33
Lenkverhalten 40 29 24 31
Rückmeldung 10 8 7 9
Schräglage 20 16 19 19
Geradeauslaufstabilität 20 15 15 16
Fahrwerksabstimmung vorn 20 14 13 15
Fahrwerksabstimmung hinten 20 14 12 15
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk 10 5 6 5
Federungskomfort 10 6 3 5
Fahrverhalten mit Sozius 20 12 10 11
Summe 250 177 162 189

Die KTM 1290 Super Duke R überzeugt in Sachen Fahrwerk auf ganzer Linie. Vor allem die harmonische Abstimmung von Federung, Geometrie und Bereifung beeindruckt. Harmonie herrscht auch beim Fahrwerk der Monster. Den Komfort der Ducati Monster 1200 schätzt auch die Sportfraktion, die begrenzte Schräglagenfreiheit stört nur bei Highspeed-Einsätzen. Dort fühlt sich die sportliche EBR 1190 SX wohl. Viel Schräglagenfreiheit mag jeder, die unkomfortable Federung keiner.

Sieger Fahrwerk: KTM 1290 Super Duke R

Alltag

  Maximale Punktzahl   
Ducati Monster 1200   
EBR 1190 SX KTM 1290 Super Duke R
Ergonomie Fahrer 40 27 25 30
Ergonomie Sozius 20 11 8 8
Windschutz 20 1 1 1
Sicht 20 11 11 11
Licht 20 14 14 14
Ausstattung 30 21 12 27
Handhabung/Wartung    30 18 14 19
Gepäckunterbringung 10 1 1 1
Zuladung 10 3 2 6
Reichweite 30 20 17 17
Verarbeitung 20 14 13 16
Summe 250 141 118 150

Und wieder KTM. Eine gelungene Ergonomie (offener Kniewinkel) und aufwendige Ausstattung (Elektronik-Paket) sichern der Super Duke R den nächsten Sieg. Die Ducati Monster 1200 glänzt mit ebenfalls sehr geglücktem Sitzkomfort, dem gerings­ten Verbrauch und daher der größten Reichweite. Die EBR 1190 SX bleibt in dieser Wertung vor allem Opfer ihrer rudimentären Elektronik und der im Vergleich mit dem Euro-Duo weniger edlen Verarbeitung.   

Sieger Alltag: KTM 1290 Super Duke R

Sicherheit

  Maximale Punktzahl Ducati Monster 1200 EBR 1190 SX KTM 1290 Super Duke R
Bremswirkung 40 33 30 33
Bremsdosierung 30 27 25 26
Bremsen mit Sozius/Fading 20 12 10 11
Aufstellmoment beim Bremsen 10 7 7 8
ABS-Funktion 20 15 0 16
Lenkerschlagen 20 13 14 15
Bodenfreiheit 10 7 7 7
Summe 150 114 93 116

Nur Durch die etwas nervösere Lenkung verpasst die Ducati Monster 1200 den Sieg. Top-Bremsen besitzen sowohl die Monster als auch die KTM 1290 Super Duke R. Dass die EBR 1190 SX noch ohne ABS ausgeliefert wird, ist ein Unding. Ohne Blockierverhinderer wird das US-Bike kaum verkäuflich sein.

Sieger Sicherheit: KTM 1290 Super Duke R

Kosten

  Maximale Punktzahl   
Ducati Monster 1200  
EBR 1190 SX  
KTM 1290 Super Duke R
Garantie 30 17 15 17
Verbrauch (Landstraße)    30 18 15 14
Inspektionskosten 20 18 15 19
Unterhaltskosten 20 7 5 5
Summe 100 60 50 55

Der Verbrauch entscheidet. 6,0 l/100 km Testverbrauch der KTM 1290 Super Duke R sind zu viel für den Sieg. Die Duc macht’s mit 5,2 Litern besser.

Sieger Kosten: Ducati Monster 1200

  Maximale Punktzahl     Ducati Monster 1200    
EBR 1190 SX    KTM 1290 Super Duke R
Gesamtwertung 1000 679 597 712
Platzierung   2. 3. 1.
Preis-Leistungs-Note    1,0 2,1 3,3 2,2

Sieger Preis-Leistung: Ducati Monster 1200

Ihren stolzen Preis kann die KTM nicht kompensieren. Die Ducati bietet mehr fürs Geld.

MOTORRAD-Testergebnis

1. KTM 1290 Super Duke R
Homogenes Fahrwerk und kultivierter Motor in nahezu perfekter Harmonie. Die Super Duke R lässt dem Rest der V2-Power-Nakeds keine Chance. Die KTM kann mild und wild. Und beides sehr gut.

2. Ducati Monster 1200
Mit guten Manieren, erstaunlichem Komfort und ausreichendem Druck nutzt die 1200er-Monster die Souveränität des großen Hubraums. Emotional ist sie der KTM ebenbürtig – mindestens.

3. EBR 1190 SX
Nicht die Extravaganzen vermasseln den Auftritt der EBR. Federung, Ergonomie und – vor allem – der raue Motor brauchen Feinschliff. Schade, denn die unorthodoxe Technik reizt ungemein.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023