Fahrbericht Triumph Bonneville America

Fahrbericht Triumph Bonneville America Light Show

Kalorienarmes Cola, Bier mit reduziertem Alkoholgehalt und Yoghurt ohne Fett, Amerika hat es vorgemacht. Diese Light-Kultur bedient jetzt auch Triumph. Mit einem Cruiser namens Bonneville America.

Die Verantwortlichen aus Hinckley machen von Anfang an keine Umschweife. »Die Bonneville America ist speziell für den amerikanischen Markt entwickelt worden und schon vor dem Verkaufsstart aufgrund der großen Händler- und Kundennachfrage in den USA eines der wichtigsten Modelle unserer Palette«, so Uli Bonselts vom deutschen Triumph-Importeur. Dass Europa bei der Entwicklung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, stört beim Importeur niemand. Schließlich kann sich das Ergebnis auch unter deutschen Gesichtspunkten sehen lassen.
Und hören. Denn der bekannte Zweizylinder der klassischen Triumph Bonneville wurde durch einen Hubzapfenversatz und damit veränderter Zündfolge nahezu perfekt für seine neue Aufgabe als Cruiser-Antrieb umgebaut. Von Standgasdrehzahl bis in den mittleren Bereich hört und fühlt sich der mit viel Schwungmasse ausgestattete Paralleltwin tatsächlich wie ein V2-Aggregat an. Dumpf wummernd und leicht, aber angenehm vibrierend schiebt er das trocken nur 226 Kilogramm schwere Mittelgewicht allerdings nur recht unspektakulär vorwärts. Vor allem in den oberen Gangstufen wirkt das nominell 61 PS starke Triebwerk richtig müde, fast schon phlegmatisch. Dazu kommt noch, dass bei steigenden Windgeräuschen der eigene Auspuffsound vom feinen Zwitschern und Sirren des Ventiltriebs übertönt wird.
Da MOTORRAD die Jungfernfahrt im verkehrstechnisch stark reglementierten Amerika absolvieren durfte, wo selbst die dicksten V8-Boliden beim Ampelstart das Wort Beschleunigung nicht zu kennen scheinen, fällt dieses Leistungsmanko dort kaum ins Gewicht. Es ist viel mehr die für Cruiserverhältnisse erfrischende Leichtigkeit, mit der sich die Bonneville America über die teils recht holprigen Landstraßen im Süden Atlantas manövrieren lässt, die das Bild der Engländerin prägt. Richtungswechsel bedürfen nur geringster Krafteinwirkung auf die breite und flache Lenkstange, das Rangieren wird durch die niedrige Sitzhöhe von 720 Millimeter erleichtert. Nur der Seitenständer ist etwas weit vorn am Rahmen angeschraubt, was vor allem kurzbeinige Zeitgenossen zuweilen in Schwierigkeiten bringt.
Ansonsten herrscht wohlige Bequemlichkeit an Bord des ersten echten Triumph-Cruisers. Und dank der breiten, üppig gepolsterten Sitzbank lassen sich selbst stundenlange Touren durch das straßenbaulich unspektakuläre Umland Atlantas ohne Probleme bewältigen. Die weit vorn montierten Fußrasten tun ein Weiteres, den Gedanken nach Geschwindigkeit in den Hintergrund und das Gefühl fürs lockere Dahingleiten in den Vordergrund zu bringen.
Komfortbetont ist auch die Fahrwerksabstimmung der American Bonni gewählt. Vor allem vorn scheint die mit dicken Hülsen verkleidete Telegabel über Unebenheiten hinwegzuschweben. Hinten geht’s nicht ganz so komfortabel zu. Die beiden konventionell angelenkten Federbeine können sich zwar gegen kleinere Bodenwellen noch ganz passabel wehren, bei härteren Kanten oder starken Wellen jedoch überlassen sie der dick gepolsterten Sitzbank den größten Teil der Arbeit.
Recht spartanisch mutet die Bremsanlage der Bonneville an. Mit nur einer Bremsscheibe und einer ziemlich einfachen Doppelkolben-Zange mag sie vielleicht im Cruisersegment noch zum unteren Mittelmass zählen, doch sollte auch der bedächtigste Bummler für den Notfall gerüstet sein. Und da gilt es vollbeladen immerhin gut acht Zentner auf möglichst kurzem Weg zum Stehen zu bringen. Eine Übung, die die Bonneville nur mit brutalem Zug am Handhebel und unter massiver Zuhilfenahme der gut zu dosierenden Hinterradbremse beherrscht. Dass die Gabel dabei leider schon im Solobetrieb auf Block geht, ist eine negative Begleiterscheinung der soften Abstimmung.
Negative Begleiterscheinungen einer ganz anderen Art offenbaren sich bei näherer Betrachtung des sehr gefällig arrangierten Mitteinander von Chrom, Aluminium und Lackteilen. Denn nicht alles ist, was es scheint. So entpuppt sich die stilvolle Instrumentenkonsole auf dem Tank ebenso wie das Tachogehäuse als schnödes, verchromtes Spritzgussteil aus Kunststoff. Gleiches gilt für Kotflügel und Seitendeckel. Sparen lautete die Devise in England - Geld und Gewicht. Dass deshalb auch die Kontrollleuchten von Blinker und Leerlaufanzeige auf Sparflamme arbeiten und kaum heller als ein magenkrankes Glühwürmchen glimmen, ist freilich etwas übertrieben. Und zumindest für einstellbare Handhebel oder einen abschließbaren Tankdeckel hätte man das Budget noch ein wenig strapaziern dürfen.
Immerhin will der Triumph-Händler 16520 Mark als Gegenwert für diese amerikanisierte Version der Bonneville, die bereits ab Oktober auch in deutschen Schaufenstern feilgeboten wird. Und wem das Amerikanische noch nicht amerikanisch genug ist, dem steht ab Werk ein reichhaltiges Angebot an Zubehör zur Verfügung. Ob Sissybar (369 Mark), Windschild (zirka 500 Mark), Packtaschen (549 Mark), lederener Tankschutz (99 Mark) oder die analoge Uhr für die Tankkonsole (289 Mark), Triumph hat an alles gedacht. Selbst an den Stufenführerschein. Eine 34-PS-Version steht ebenfalls zur Wahl. Womit die Bonnevile America dann auch motorseitig ein echter Light-Cruiser wäre.



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