Genügt die kleinste Monster, um Angst und Schrecken zu verbreiten, oder muss es die 1100er sein? Welche ist nicht nur schön, sondern auch gut?
Genügt die kleinste Monster, um Angst und Schrecken zu verbreiten, oder muss es die 1100er sein? Welche ist nicht nur schön, sondern auch gut?
Schönheit ist nicht alles, die inneren Werte zählen. Ja, nee, is’ klar. Doch Spaß beiseite - das mag in allen möglichen Bereichen sonstwo auf der Welt gelten, in Italien gilt dies nicht, und erst recht nicht für italienische Motorräder. Bella macchina - schönes Motorrad, vielleicht der meistgehörte Begriff nach buon giorno oder ciao. Und als sei die Monster nicht schon per se ein hübsches Bike, brezeln sich die kleine 696er und auch die 1100er (jetzt nur noch als Evo-Version) für 2011 nochmals gehörig auf. Schwarz-goldene Darmah-Sonderlackierung (nach dem Klassiker aus den 1970er-Jahren benannt) für die Kleine, Art-Kit namens Isle of man in italienischen Nationalfarben für die Große. Doch was steckt hinter der hübschen Fassade, lohnt der deutliche Basis-Mehrpreis von 3400 Euro für die 1100er (696er ab 7990 Euro ohne ABS; 1100 Evo ab 11390 Euro, ABS serienmäßig)?
Immerhin hat sie in Sachen Evo(lution), also Weiterentwicklung, einiges zu bieten. Doppelendtopf seitlich statt unter der Sitzbank, Letztere wurde neu geformt, und der Lenker klemmt nun in 20 Millimeter höheren Risern. Überarbeitete Zylinderköpfe, schärfere Steuerzeiten und höhere Verdichtung hauchen dem V2 mehr Leistung ein, die verringerte Schwungmasse sorgt für noch spontaneres Hochdrehen. Von 100 (offensichtlich italienischen) PS ist bei Ducati die Rede, die Fahrzeugpapiere weisen 95 PS aus. Für die 696 lauten die entsprechenden Werte 80 bzw. 75 PS.
Um die Leistung sicher auf die Straße zu bringen, erhielt die 1100er eine Anti-Hopping-Kupplung und eine in vier Stufen einstellbare Traktionskontrolle, ABS ist selbstverständlich serienmäßig. Die Anti-Hopping-Kupplung (Serie) und das ABS (gegen Aufpreis) hat nun auch die 696 zu bieten, ebenso den höheren Lenker, ansonsten sind die beiden Schwestern doch recht verschieden. Und sie offenbaren schon beim Aufsitzen und Starten ihre unterschiedlichen Charaktere. Die nochmals schmaler geschnittene, niedrigere Sitzbank der 696 erlaubt auch Kurzbeinigen stets sicheren Bodenkontakt mit beiden Füßen, die 1100er nimmt hier weniger Rücksicht, lässt mit 800 Millimetern Sitzhöhe jedoch jedem eine faire Chance. Zum Start verlangt die Kleine nach manueller Betätigung des Chokehebels, springt jederzeit verlässlich an, läuft sofort rund und nimmt sauber Gas an. Die 1100er gebärdet sich morgens, vor allem nach feuchtkühlen Nächten, etwas zickig, nimmt nach dem Start anfangs unwillig Gas an, geht bei ersten Gasstößen gern mal aus. Nicht eben hilfreich bei einem Motor, der selbst warm gefahren den Bereich unter 3000/min überhaupt nicht mag und beim Dahinrollen im großen Gang gar am liebsten mindestens 4000 Touren bevorzugt. Deutliches Schieberuckeln, ruppige Gasannahme und energisches Hacken auf der Kette zeigen den Unmut des V2. Die Monster will von der Kette gelassen und gedreht werden. Mit mächtig Druck in der Mitte zerrt sie den leicht nach vorn gebeugten, sehr angenehm untergebrachten Fahrer voran und dreht feurig bis knapp über 8000/min, wo der Begrenzer eingreift und wildes Geblinke im Cockpit zum Schalten mahnt.
Ein deutlich friedfertigerer Geselle ist der kleine V2: Ab gut 2000/min nimmt er sauber Gas an, zieht sanft, aber bestimmt und ohne Hacken hoch, legt nach einer kurzen Verschnaufpause ab 4500/min gleichmäßig an Temperament zu und dreht kaum minder energisch und noch deutlich freier in obere Drehzahlregionen, wo er erst deutlich jenseits der 9000er-Marke abriegelt. Die gefühlt noch eine Spur leichtgängigere Kupplung und das leicht und exakt schaltbare Getriebe machen das fleißige Wechseln der Gänge und Auspressen der kleinen Monster zum echten Vergnügen. Auch die 1100er malträtiert die linke Hand nicht mehr mit einst Ducati-typisch hohen Hand-kräften, eine Radialpumpe überträgt die Handkraft zur servo-unterstützten Ölbadkupplung.
Leistung schön und gut, doch sie will auch auf die Straße gebracht werden. Dazu braucht’s ein ordentliches Fahrwerk. Auch hier darf und kann man von der teureren großen Schwester mehr erwarten als von der 696. Mal sehen. Beim progressiv angelenkten, in Vor-spannung und Zugstufe verstellbaren Sachs-Federbein hinten herrscht Gleichstand, trockene Stöße kommen hier und da schon mal deutlich zum Fahrer durch. Vorn verrichten jeweils 43er-Upside-down-Gabeln von Marzocchi ihre Arbeit, bei der 696er gar nicht, bei der 1100er voll einstellbar. Wobei selbst die Einfachversion der kleinen Monster ihre Sache gut macht, lediglich bei harten Bremsmanövern zu weich wirkt und stark in die Knie geht.
Apro-pos Bremsen: Auch hier kann die Kleine der Evo die Stirn bieten. Beide haben Brembo-Anlagen mit riesigen 320er-Scheiben und Vierkolbensätteln, die bissig zupacken und von einem exzellent feinfühlig, sportlich spät, aber verlässlich regelnden ABS unterstützt werden. Mit solchen Stoppern macht Landstraßenheizen Spaß, bei dem sich die 696 trotz geringerer Leistung schnell als der bessere Spaßmacher offenbart. Der schmalere 160er-Hinterreifen (1100 Evo mit 180er), das noch etwas geringere Gewicht und die niedrigere Sitzposition (sorgt für niedrigeren Schwerpunkt) - alles feine Zutaten für das wesentlich bessere Handling der Kleinen. Hinzu kommt die erwähnte sanftere Motorcharakteristik: Wo die Große einen Gang tiefer oder mit schleifender Kupplung um die Kehre gewürgt werden muss, zieht die Kleine sauber im zweiten Gang durch und geht notfalls sogar innen vorbei. Hier zeigen sich eben die wahren "inneren Werte" – und wer haupt-sächlich mit Äußerlichkeiten protzt.
FAZIT
Zugegeben: Die 1100er ist edel ausgestattet und vor allem in Isle of Man-Lackierung eine Schönheit. Aber sie ist in diesem Schwestern-Zwist das Biest, das mit unharmonisch abgestimmtem Motor verprellt und vor allem mit nobler Ausstattung glänzt. Die kleine, keinesfalls lahme Monster macht für weniger Geld einfach mehr Spaß, weil sie den harmonischeren Motor, das handlichere Fahrwerk und dabei ebenso gute Bremsen besitzt. Manchmal ist weniger eben doch mehr.
Ducati Monster 696 | Motor |
Bauart | Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor | Einspritzung | Ø 45 mm |
Kupplung | Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping) | Bohrung x Hub | 88,0 x 57,2 mm |
Hubraum | 696 cm3 | Verdichtung | 10,6:1 |
Leistung | 55,0 kW (75 PS) bei 9000/min | Drehmoment | 69 Nm bei 7750/min |
Maße und Gewichte | Rahmen | Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend |
Gabel | Upside-down-Gabel, Ø 43 mm | Bremsen v/h | Ø 320/245 mm |
Assistenzsysteme | ABS | Räder | 3.50 x 17; 4.50 x 17 |
Reifen | 120/60 ZR 17; 160/60 ZR 17 | Bereifung | Pirelli Angel ST |
Fahrwerk | Radstand | 1452 mm |
Lenkkopfwinkel | 66,0 Grad | Nachlauf | 96 mm |
Federweg v/h | 120/148 mm | Sitzhöhe** | 780 mm |
Gewicht vollgetankt** | 185 kg | Zuladung** | 205 kg |
Tankinhalt | 13,5/3,5 Liter | Service-Intervalle | 12000 km |
Grundpreis | 7990 Euro*** | Nebenkosten | zirka 305 Euro |
MOTORRAD-Messwerte | Höchstgeschwindigkeit* | 210 km/h |
Beschleunigung 0–100 km/h | 4,2 sek | 0–140 km/h | 7,4 sek |
0–200 km/h | 23,6 sek | Durchzug 60–100 km/h | 5,3 sek |
100–140 km/h | 6,3 sek | 140–180 km/h | 7,6 sek |
Verbrauch | Landstraße | 3,8 Liter/Super |
Reichweite Landstraße | 355 km |
Ducati Monster 1100 Evo | Motor |
Bauart | Zweizylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor |
Einspritzung | Ø 45 mm |
Kupplung | Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping) |
Bohrung x Hub | 98,0 x 71,5 mm |
Hubraum | 1079 cm3 |
Verdichtung | 11,3:1 |
Leistung | 70,0 kW (95 PS) bei 7500/min |
Drehmoment | 105 Nm bei 6000/min |
Maße und Gewichte | |
Rahmen | Gitterrohrrahmen aus Stahl, Motor mittragend |
Gabel | Upside-down-Gabel, Ø 43 mm |
Bremsen v/h | Ø 320/245 mm |
Assistenzsysteme | ABS |
Räder | 3.50 x 17; 5.50 x 17 |
Reifen | 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17 |
Bereifung | Pirelli Diablo Rosso II |
Fahrwerk | |
Radstand | 1450 mm |
Lenkkopfwinkel | 66,0 Grad |
Nachlauf | 94 mm |
Federweg v/h | 130/148 mm |
Sitzhöhe** | 800 mm |
Gewicht vollgetankt** | 189 kg |
Zuladung** | 201 kg |
Tankinhalt | 13,5/3,5 Liter |
Service-Intervalle | 12000 km |
Grundpreis | 11390 Euro**** |
Nebenkosten | zirka 305 Euro |
MOTORRAD-Messwerte | |
Höchstgeschwindigkeit* | 225 km/h |
Beschleunigung 0–100 km/h | 3,6 sek |
0–140 km/h | 5,8 sek |
0–200 km/h | 14,6 sek |
Durchzug 60–100 km/h | 5,0 sek |
100–140 km/h | 4,9 sek |
140–180 km/h | 5,7 sek |
Verbrauch | |
Landstraße | 4,8 Liter/Super |
Reichweite Landstraße | 281 km |
* Herstellerangabe; **MOTORRAD-Messungen; *** Preis Testmotorrad 9099 Euro; **** Preis Testmotorrad 11889 Euro