Honda CB 650 F, Yamaha TRX 850, Suzuki SV 650 S und Yamaha MT-07 im Vergleichstest
Günstige Neuerscheinigung oder getunte Gebrauchte?

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Günstige Neuerscheinigung oder getunte Gebrauchte? Willkommen zum Mixery-Test mit Honda CB 650 F, Yamaha TRX 850, Suzuki SV 650 S und Yamaha MT-07.

Günstige Neuerscheinigung oder getunte Gebrauchte?
Foto: fact

Obstsalat ist dank der vielfäl­tigen Auswahl eine gesunde Sache. Dieser Vergleichstest basiert auf dem Obstsalat-Prinzip, denn wir vergleichen hier auf den ersten Blick Äpfel mit Birnen. Wir nehmen zwei günstige Neuerscheinungen in Form der Honda CB 650 F und der Yamaha MT-07 und lassen sie gegen Youngtimer antreten, die serien­mäßig a) viel günstiger und b) in großer Zahl auf dem Gebrauchtmarkt vertreten sind.

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Mit am Start stehen eine Suzuki SV 650 S, Baujahr 2000, und ­eine Yamaha TRX 850 von 1998. Beide werden in gutem Zustand zwischen 2000 und 3500 Euro angeboten, die Auswahl bei der SV 650 S ist größer als bei der TRX 850. Damit unsere Oldies mit den neuen Bikes mithalten können, sind sie mehr oder weniger aufwendig umgebaut, beide aber in einem Rahmen, dass sie preislich nicht teurer sind als die neue Honda. Und damit kommen wir auch schon zur zweiten Ebene dieser Geschichte. Muss es immer neu sein oder reicht es, mein ­lieb gewonnenes, vertrautes Bike mit geringem Budget zu modernisieren und es für die Neuzeit fit zu halten?

Oldies gegen New-Kids der 2014er-Saison

Das Verhältnis zu einem Motorrad ähnelt ja oft einer zwischenmenschlichen Beziehung. Erst ist man total verliebt, dann schleicht sich der Alltag ein und je länger es geht, desto mehr oder weniger stören einen die Macken des anderen. Wer sich nicht irgendwann nach etwas Neuem umschaut, beginnt die Alte (Karre) mit kleinen Mitteln wieder attraktiver zu machen. Marcel Imig, der Erbauer der Yamaha TRX 850, arbeitete kontinuierlich seit 2003 an seiner Partnerin. Nach und nach wanderten BOS-Slip-on-Tüten, ein Mikuni-Flachschiebervergaser, das Wilbers-Federbein, straffere Gabelfedern, die vordere Bremsanlage einer Yamaha YZF-R1, eine geänderte Umlenkung und diverse Kleinteile an die Trixie.

Jens Vater (der Sohn des legendären Bandit-Tuners Suzuki Vater aus Bondorf) dagegen sieht seine Suzuki SV 650 S als Gesellenstück. Er baute das Motorrad in einem Streich auf, fokussierte sich beim Motortuning auf Standfestigkeit und volle Alltagstauglichkeit. Die veränderte Ergonomie mit höherem Sitzpolster sowie höheren und breiter ausgestellten Lenkerhälften verwandeln die SV in ein modernes Motorrad, das umgebaute Fahrwerk betont die sportlichere Note des vitalen Twins. So aufgerüstet stehen die Oldies parat, mit den New Kids der 2014er-Saison um den Block zu fahren.

In puncto Start- und Warmlaufverhalten haben Youngster die Nase vorn

In puncto Start- und Warmlaufverhalten haben natürlich die elektronisch eingespritzten Youngster die Nase vorn. Honda CB 650 F und Yamaha MT-07 springen innerhalb weniger Kurbelwellenumdrehungen nach dem Druck auf den Starterknopf an und nehmen sofort willig Gas an. Die Suzuki SV 650 S tut es ihnen nach, bei Kälte hilft der Choke. Etwas feinfühliger muss der Pilot der Yamaha TRX 850 zur Sache gehen. Ihr nachgerüsteter Mikuni-Flachschiebervergaser überfordert den Parallel­twin im Kaltlauf etwas und muss in ­dieser Phase mit Fingerspitzengefühl bedient werden. Auch bei warmem Triebwerk dürfen unterhalb von 2500 Touren die Drosselklappen nicht digital geöffnet werden. Oberhalb dieser Drehzahlschwelle ist die Mikuni-Batterie aber ein Gedicht an Dosierbarkeit. Bis auf diese Kleinigkeit verhalten sich die Antriebe beider Senioren mustergültig. Verbrauchsmäßig halten sie sogar mit der Honda mit, nur gegen die abstinente Yam haben sie keine Chance.

Die Vierergruppe stürmt gen Südschwarzwald. Sofort setzt sich der Spaßmacher Yamaha MT-07 an die Spitze, übernimmt die Führungsarbeit der Meute. Einmal mehr ­beglückt die Yamaha ihren Piloten mit dem quirligen Twin. Dank seines kraftvollen Antritts aus dem Drehzahlkeller begeistert er sogar leistungsverwöhnte Sportfahrer und verleitet zu Wheelies aus langsamen Ecken heraus. Selbst im oberen Drehzahlbereich verliert er ­weder Lust noch Druck, sodass sein gesamtes Drehzahlband voll ausgenutzt werden kann. Das exakte Gegenteil zur MT-07 ist die Honda CB 650 F. Mit ihrem auf Drehmoment getrimmten Vierzylinder tut sie sich schwer, ihren Piloten zu begeistern. Weder drückt sie kraftvoll ­untenherum, noch brennt sie obenraus ein Feuerwerk ab.

Honda CB 650 F erinnert an den zuverlässigen, vernünftigen Versicherungsmakler

Die Honda CB 650 F schiebt halt immer irgendwie an, reißt ihren Fahrer aber nie vom Hocker wie die Yamaha MT-07. Dafür zieht sie dieser beim Kapitel Fahrwerk das Fell über die Ohren. Denn die Honda liegt satter, ohne unbequem zu sein, und liefert saubere Rückmeldung, während die MT-07 weich wie ein Flummi über die Straße hüpft und die mit ihr gefahrene Linie bisweilen an die Flugroute eines Schmetterlings erinnert. Doch das jeweilige Fahrverhalten passt perfekt zu den Mopeds. Die CB 650 F erinnert an den zuverlässigen, vernünftigen Versicherungsmakler im C&A-Anzug, der sichtlich um Seriosität und Förmlichkeit ­bemüht ist, während die MT-07 eher wie ein 40-jähriger Berufsjugend­licher daherkommt, dem Spaß wichtiger ist als ein Bausparvertrag.

Und was können die Oldies den Newcomern in diesem Kapitel entgegensetzen? Ganz schön viel, denn Yamaha TRX 850 und Suzuki SV 650 S geigen überzeugend auf. Die Trixie leidet etwas unter ihrem Fünfganggetriebe, die Gangstufen sind weit gespreizt, ein Sechster würde ihr sichtlich guttun. Dennoch schiebt sie ab 2500/min sauber an, am wohlsten fühlt sie sich zwischen 3000 und 7000 Touren. Wegen ihrer hohen Schwungmasse ist sie natürlich nicht ganz so quirlig wie die Yamaha MT-07, ihr Schub hat aber etwas Sattes und Nachhaltiges. Die gepimpte Suzuki dreht frei durchs Drehzahlband, ihr Motor ist wirklich sehr gelungen. Untenrum geht es natürlich weniger stramm zur Sache, richtig Spaß macht der 650er-V-Twin oberhalb von 5000 Touren. Ab dieser Marke stellt er gut nutzbare Leistung bereit, die auf der Landstraße genügt. In puncto Antrieb sind die optimierten ­Oldies also auch nach anderthalb Dekaden noch bei der Musik dabei.

Von wegen. Natürlich wuselt die Yamaha MT-07 allen davon. Natürlich liefert die Honda CB 650 F ab Werk ein sehr schön abgestimmtes Fahrwerk – aber ohne Verstellmöglichkeiten. Doch wer an Yamaha TRX 850 und Suzuki SV 650 S rund 1500 Euro für Federbein und Gabel­federn investiert, fährt Kreise um die beiden. Trotz dieser Investition fährt die TRX dennoch am unhandlichsten, allerdings liefert sie das beste Feedback und offeriert fette Dämpfungs­reserven. Was ihr fehlt, sind die ­breiten, nachgerüsteten ­Lenkerstummel der Suzuki. Überhaupt bewies ­Vater junior beim Bau der SV ein gutes Händchen in Sachen Ergo­nomie. Die SV fühlt sich wie ein aktuelles Sportmotorrad an und lässt sich klasse ­dirigieren. Was uns zu der ­Einsicht bringt, dass neu nicht immer besser sein muss.

Technische Daten Honda CB 650 F

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Honda CB 650 F.

Antrieb: Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 64 kW (87 PS) bei 11.000/min*, 63 Nm bei 8000/min*, 649 cm³, Bohrung/Hub: 67,0/46,0 mm, Verdichtung: 11,4:1, Zünd-/Einspritzanlage, 32-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kette.

Fahrwerk: Stahl-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 64,5 Grad, Nachlauf: 101mm, Radstand: 1450 mm, Ø Gabel­innenrohr: 41 mm, ­Federweg v./h.: 120/128 mm.

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsätteln vorn, 240-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten, ABS.

Gewicht: (vollgetankt) 212 kg, Tankinhalt: 17,3 Liter Super

Preis: 7690 Euro (zzgl. NK)*

Technische Daten Yamaha MT-07

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Yamaha MT-07.

Antrieb: Zweizylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 55 kW (75 PS) bei 9000/min*, 68 Nm bei 6500/min*, 690 cm³, Bohrung/Hub: 80,0/68,6 mm, Verdichtung: 11,5:1, Zünd-/Einspritzanlage, 38-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kette.

Fahrwerk: Stahl-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,5 Grad, Nachlauf: 90 mm, Radstand: 1400 mm, Ø Gabel­innenrohr: 41 mm, Federweg v./h.: 130/130 mm.

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, 282-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 245-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten.

Gewicht: (vollgetankt) 181 kg, Tankinhalt: 14,0 Liter Super

Preis: 5495 Euro (zzgl. NK)*

Technische Daten Suzuki SV 650 S

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Vater-Suzuki SV 650 S.

Antrieb: Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, vier Ven­tile/Zylinder, 52 kW (71 PS) bei 9000/min*, 62 Nm bei 7400/min*, 645 cm³, Bohrung/Hub: 81,0/62,6 mm, Verdichtung: k.A., Gleichdruckvergaser, 39-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kette.

Fahrwerk: Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,0 Grad, Nachlauf: 100 mm, Radstand: 1430 mm, Ø Gabel­innenrohr: 41 mm, Federweg v./h.: 130/125 mm.

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/4.50 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 160/60 ZR 17, 290-mm-Doppelscheibenbremse mit Zweikolben-Schwimmsätteln vorn, 240-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten.

Gewicht: (vollgetankt) 191,5 kg, Tankinhalt: 16,0 Liter Super

Preis: ca. 7000 Euro*

Technische Daten Yamaha TRX 850

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IMIG-Yamaha TRX 850.

Antrieb: Zweizylinder-Reihenmotor, fünf Ventile/Zylinder, 61 kW (83 PS) bei 7500/min*, 87 Nm bei 6000/min*, 849 cm³, Bohrung/Hub: 89,5/67,5 mm, Verdichtung: 10,5:1, Flachschiebervergaser, 39-mm-Drosselklappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, Kette.

Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,0 Grad, Nachlauf: 97 mm, Radstand: 1435 mm, Ø Gabel­innenrohr: 41 mm, Federweg v./h.: 120/130 mm.

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17/5.00 x 17, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 160/60 ZR 17, 298-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 245-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten.

Gewicht: (vollgetankt) 212 kg, Tankinhalt: 18,0 Liter Super

Preis: ca. 6500 Euro*

* Herstellerangabe

Messwerte

Messwerte.

Die Yamaha TRX 850 ist der Hubraumkönig, ab 3000 Touren überflügelt sie die anderen Triebwerke. Leider kostet das altmodische Fünfganggetriebe etwas Fahrdynamik. Die Lebenslust der Yamaha MT-07 wird durch die Drehmomentkurve sichtbar. Nach der TRX bietet sie sehr früh viel Dreh­moment, ist das leichteste Motorrad und hat ein gut ab­gestuftes Getriebe. Daraus ergibt sich eine Fahrdynamik der Spaßklasse. Erstaunlich auch, wie ähnlich Honda CB 650 F und Suzuki SV 650 S, also Vierzylinder und Twin, ihre Leistung kredenzen. Die SV 650 besitzt dennoch das deutlich lustigere Aggregat, das zudem noch schön satt aus dem SR-­Auspuff bollert.

Bewertung

fact
Honda CB 650 F, Yamaha TRX 850, Suzuki SV 650 S und Yamaha MT-07.

Antrieb

  max.
Punkte   
Honda
CB 650 F   
IMIG-Yamaha TRX 850    Vater-Suzuki SV 650 S     Yamaha
MT-07
Beschleunigung 10 1 3 1 1
Durchzug 10 3 3 4 5
Leistungsentfaltung 10 6 7 8 10
Ansprechverhalten 10 7 7 8 8
Lastwechselreaktion      10 6 8 7 7
Laufkultur 10 6 8 8 8
Getriebebetätigung 10 7 8 7 8
Getriebeabstufung 10 8 6 8 9
Kupplungsfunktion 10 5 5 5 5
Traktionskontrolle 10 - - - -
Zwischensumme 100 49 55 56 61

Fahrwerk

  max. Punkte Honda
CB 650 F
IMIG-Yamaha TRX 850 Vater-Suzuki SV 650   S Yamaha
MT-07
Fahrstabilität 10 7 7 8 7
Handlichkeit 10 7 6 8 9
Kurvenstabilität 10 7 8 7 5
Rückmeldung 10 7 8 7 5
Fahrwerksabstimmung vorne   10 7 7 6 5
Fahrwerksabstimmung hinten  10 7 8 7 5
Bremswirkung 10 8 8 7 8
Bremsdosierung 10 8 7 7 8
Aufstellmoment
beim Bremsen
10 7 9 9 8
ABS-Funktion 10 7 - - -
Zwischensumme 100 72 68 66 60

Alltag und Fahrspass

  max. Punkte  Honda CB 650 F  IMIG-Yamaha TRX 850 Vater-Suzuki SV 650 S Yamaha MT-07
Sitzposition 10 6 6 8 6
Windschutz 10 2 7 7 1
Ausstattung 10 4 6 5 4
Verbrauch 10 8 8 8 9
Fahrspaß 10 6 8 8 9
Zwischensumme    50 26 35 36 29

  max. Punkte   Honda CB 650 F   IMIG-Yamaha TRX 850   Vater-Suzuki SV 650 S   Yamaha MT-07
Gesamtsumme    250 147 158 158 150
Platzierung 4. 1. 1. 3.

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PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023