Eine 900er-Z von Kawasaki gab es schon einmal. Aber das war in grauer Vorzeit, und die neue Kawasaki Z 900 hat mit ihr kaum noch etwas gemeinsam - außer vielleicht zwei Räder und einen Motor.
Eine 900er-Z von Kawasaki gab es schon einmal. Aber das war in grauer Vorzeit, und die neue Kawasaki Z 900 hat mit ihr kaum noch etwas gemeinsam - außer vielleicht zwei Räder und einen Motor.
Mit der Zeit verklärt sich viel. Und es mag ja sein – vor allem bei denen, die damals eine hatten –, dass die Z 900 anno 1972 ein geiler Ofen war. Aber Leute, das ist über 40 (!) Jahre her, und die Erde hat sich seither gigantisch oft gedreht. Auch das Entwicklungskarussell bei Kawasaki. Inzwischen wurde nämlich aus der dann ab 2004 gebauten Z 750 die Z 800 und jetzt ganz neu die Kawasaki Z 900. Dabei steht die 900er zumindest technisch gar nicht in der Tradition des Mittelklasse-Nakeds. Im besten Sinne, denn die Brot-und-Butter-Zett war aus sportlicher Sicht dann doch eine Luftpumpe, wie wir gern spöttisch urteilten. Kein Druck von unten, mau in der Mitte und der ganz große Wirbelwind brach oben herum auch nicht aus. Dazu kamen das hohe Fahrzeuggewicht und ein arg billig gemachtes Fahrwerk – mit den fahrdynamischen Konsequenzen.
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Doch heute ist alles anders. Die neue Kawasaki Z 900 hat fette 948 cm³, leistet 125 PS und liefert ein maximales Drehmoment von fast 100 Nm. Dafür haben die Ingenieure nicht etwa, wie man erwarten dürfte, den Vierzylinder der Vorgängerin aufgebohrt, sondern gleich den fetten Reihenvierer der großen Z 1000-Schwester genommen. Sogar den Hub haben sie gelassen und lediglich die Laufbuchsen der Kolben auf 73,4 Millimeter im Durchmesser verkleinert. Im Prinzip entstand aber ein komplett neuer Motor, was man auch seinen Manieren anmerkt. Das Triebwerk nimmt schön spontan, aber ohne störend harte Gasannahme seine Arbeit auf, liefert augenblicklichen Vorwärtsdrang und dreht gierig immer weiter nach oben – und das ohne fühlbares Leistungsloch. Kurz übersetzt schnellt man mit jedem Dreh am Gasgriff wie ein Derwisch über die Landstraße – von knapp 4.500/min bis in den fünfstelligen Bereich. Das macht wirklich an. Dazu offenbart der recht kultivierte Vierer kaum die an den Vorgängermodellen so störenden Vibrationen. Die Gänge flutschen astrein. Mission accomplished!
Dankenswerterweise hat es Kawasaki nicht bei der Neuentwicklung des Motors belassen. Der alte, nicht besonders hübsche Alu-Brückenrahmen der Z 800, den man unter ähnlich unschönen Plastikabdeckungen verstecken musste, ist Geschichte. Jetzt sitzt der Motor als mittragendes Element in einem fein designten Gitterrohrrahmen. Auch eine neue Aluschwinge kam dazu. Mit dem feinen Ergebnis von insgesamt satten 21 Kilo Gewichtsersparnis. Vollgetankt wiegt die auch schmaler gewordene Kawasaki Z 900 nur noch 210 Kilo.
Sportlich für so ein Mittelklasse-Motorrad fiel auch das Fahrwerk aus. Das hinten jetzt horizontal mit Umlenkung eingepflanzte Federbein ist ebenso auf der straffen Seite wie die 41-Millimeter-Upside-down-Gabel. Natürlich sind die Dämpfer in puncto Ansprechverhalten nicht von der feinen Sorte, dafür muss bei solchen Bikes zu knapp kalkuliert werden, aber die Haustester und Entscheider bei Kawa haben sich wenigstens nicht vom Weichspül-Zettgeist der Vergangenheit beeinflussen lassen. Gleiches gilt für die Reifenwahl. Statt Willkür-Pneus mit Sonderkennung, die etwa bei der Z 1000 für ärgerliches Aufstellmoment und etwas unwilliges Einlenkverhalten sorgen, macht der Dunlop 214 an der Kawasaki Z 900 seine Sache prima, verhält sich völlig neutral und kippt höchstens in ganz tiefen Schräglagen etwas abrupt nach innen.
Insgesamt glänzt die Kawasaki Z 900 mit hoher Agilität. Willig pfeilt sie in die Ecken, liegt dabei aber stabil in der Kurve und folgt brav der angepeilten Linie. Auch schnelle Wechselkurven fallen auf dem kompakten Naked Bike leicht. Der breite, aggressive Lenker liegt dabei perfekt in der Hand. Einziges Manko beim Thema Ergonomie ist für großgewachsene Fahrer die niedrige Sitzhöhe. Worüber sich kleinere Angreifer freuen dürften, aber leider geht etwas das Feeling für vorn verloren. Kawa bietet jedoch einen knapp 2,5 Zentimeter höheren Sitz an, mit dem man dann sicher mehr Druck aufs Vorderrad bekommt und aktiver über dem Motorrad sitzt.
Mehr gibt es an der Kawasaki Z 900 aber nicht zu kritisieren. Nicht einmal, dass sie kaum Elektronik bietet. Außer dem sportlich ausgelegten ABS an der wirklich guten Bremse ist nichts an moderner Fahrassistenz an Bord. Traktionskontrolle und Co. sind Fehlanzeige! Uns hat das auf den eng geschlungenen Straßen der spanischen Sierra Nevada, die mitunter wenig Grip bieten oder in höchstens mittelmäßigem Zustand sind, nicht gestört, denn gerade durch die sehr lineare Kraftentfaltung lassen sich die 125 PS wunderbar kontrollieren. Und obendrein besitzt die Kawasaki Z 900 wegen der fehlenden TC am Ende ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Für den sportlich ambitionierten Landstraßenfeger zahlt man nämlich genauso viel wie bisher für die behäbige Z 800. Da darf man der 900er ohne Wenn und Aber viel Erfolg wünschen!