Moto Morini Rebello 1200 im Fahrbericht

Moto Morini Rebello 1200 im Fahrbericht Auf Knopfdruck vom Ein- zum Zweisitzer

Nach der Pleite 2011 ist Moto Morini gerettet, die Produk­tion läuft bereits wieder. Und es gibt ein neues Modell, die Moto Morini Rebello 1200 mit verschieb­barem Heckbürzel – Gimmick oder praktikables Feature? MOTORRAD-Mitarbeiter Alan Cathcart fuhr die neue Rebello, die in mehrfacher Hinsicht viel Schub bietet.

Auf Knopfdruck vom Ein- zum Zweisitzer Edge
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Die Erfahrung lehrt, dass es nicht immer klappt, wenn Investoren oder Banker eine marode Firma übernehmen. Mitunter geht es offensichtlich primär darum, schnelles Geld zu machen. Im Fall von Moto Morini scheint es anders zu sein. Sandro Capotosti und Ruggero Massimo Jannuzzelli haben ihr Vermögen zwar in der Finanzbranche erwirtschaftet, sind aber echte Motorradfreaks und besaßen schon vor der Übernahme von Morini eigene Maschinen dieser Marke.

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Auf 35.000 Kilometer keinerlei technische Gebrechen

Ende 2011 wurde der Deal besiegelt, Eagle Bike, so der Name der speziell für die Übernahme gegründeten Firma, sicherte sich Markenrechte und Produktionseinrichtungen nebst Teilebestand. Im April 2012 lief die Produktion wieder an – gerade rechtzeitig zum 75-jährigen Firmenjubiläum, denn 1937 hatte Alfonso Morini die Firma in Bo­logna gegründet.

Zum Geburtstag präsentierte Morini das auf 100 Exemplare limitierte Jubiläums­modell Rebello 1200 Giubileo, das der von Kymco kommende Roller-Designer Marco Ciuti gezeichnet hat. Technisch basiert es auf der bekannten und bewährten 1200er-Corsaro, kostet allerdings happige 2000 Euro mehr. Sicher polarisiert die Rebello viel mehr als die konventionelle Corsaro – entweder mag man sie oder eben nicht.

Breiten Konsens hingegen findet nach wie vor die Motorcharakteristik des vom Morini-Urgestein Franco Lambertini gezeichneten Ultrakurzhub-Twins mit dem ungeraden Zylinderwinkel von 87 Grad. MOTORRAD-Mitarbeiter Alan Cathcart ­gefiel der einzigartige Motor so sehr, dass er sich privat bereits zwei Exemplare der Corsaro zulegte, die auf 35.000 Kilometern keinerlei technische Gebrechen zeigten.

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Die neue Rebello bietet in mehrfacher Hinsicht viel Schub.

Abgesehen von kleinen Änderungen am Mapping sowie an der Peripherie blieb der Twin in der Rebello unverändert. Immer wieder überraschend ist der heftige Antritt des Kurzhubers, selbst im sechsten Gang zieht er schon ab 2.500 Umdrehungen mit unnachgiebigem Schub, legt trotzdem immer ganz geschmeidig los. Gleichzeitig dreht er locker und ganz linear ohne den geringsten Hänger bis an den bei 9.300 Umdrehungen eingreifenden Begrenzer. Ein erstaunlich breites Drehzahlband, in dem sich Drehmoment und Drehfreudigkeit in unvergleichlicher Weise vereinigen.

Gegenüber früheren Modellen zieht der Motor sogar noch gleichmäßiger und sanfter, was im Alltag höchsten Genuss verspricht. Außerdem verringerten die Tech­niker das Schleppmoment, das macht die ­Linienwahl auf kurvigen Strecken des Apennin nahe dem Marini-Standort Bologna noch runder. Hier kann man oft über viele Kilometer denselben Gang drinlassen und sich am kräftigen Schub von unten sowie der spritzigen Kraft im oberen Teil des Drehzahlbands erfreuen. Verbessert wurde auch die Kupplung, denn die neuen Morini-Maschinen besitzen wie viele aktuelle Ducatis eine APTC-Servokupplung, was geringere Handkräfte, bessere Dosierbarkeit und eine gewisse Anti-Hopping-Wirkung bringt.

Spürbar verbessertes Fahrwerk

In Schräglage baut die Morini auf Anhieb großes Vertrauen auf. Man hat das Gefühl, quasi im Gasgriff direkt die am Hinterrad wirkende Antriebskraft zu spüren. Ein spezielles Gefühl, das nicht viele Motor­räder in dieser Form bieten. Spürbar ver­bessert präsentiert sich das Fahrwerk, denn die Marzocchi-Gabel bekam eine frische Abstimmung, und hinten ersetzt ein besser ansprechendes Öhlins- das bisherige Sachs-Federbein.

In einem Punkt besteht allerdings Diskussionsbedarf: Hinten tauschten die Techniker den bisherigen 180er-Pneu gegen ei­nen 190er, was deutlich spürbare Aus­wir­kungen auf Lenkverhalten und Aufstellmoment hat. An Handlichkeit hat die ­Morini ein wenig verloren, wozu möglicherweise der um 26 Millimeter verlängerte Radstand ebenfalls seinen Teil beiträgt.

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Auf Knopfdruck wird aus dem Ein- ein Zweisitzer, 25 Zentimeter lässt sich der Bürzel verschieben.

Mehr Radstand braucht die Rebello in erster Linie wegen der einzigartigen Möglichkeit, den Heckbürzel elektrisch um maximal 25 Zentimeter zu verschieben und so das Motorrad auf Knopfdruck vom Ein- zum Zweisitzer zu machen. In der Praxis lässt sich das System aber auch sehr gut dazu nutzen, die Sitzposition des Fahrers zu variieren. In der Stadt fährt man den Anschlag ein wenig nach vorn und sitzt aufrechter, auf der Landstraße fährt man den Bürzel nach hinten, um gestreckter und sport­licher zu sitzen. Ein Feature, das man sicher nicht zwangsläufig braucht, das aber funk­tioniert, wenn es auch optisch gewöhnungsbedürftig erscheint.

Der Sozius wird im Vergleich zu den Corsaro-Modellen tiefer platziert, sitzt dadurch sehr relaxt. Parallel werden die bekannten Modelle mit Detailverbesserungen weiter angeboten. Die Firmeneigner hoffen, dass sie über die italienischen Grenzen hinaus wieder in den wichtigen europäischen Märkten Fuß fassen können. Sicher gibt es reichlich Konkurrenz, gerade bei sportlichen V2-Moto­ren, aber der Morini-Motor hat ganz speziel­le Reize, die Aprilia, Ducati oder KTM nicht bieten können.

Technische Daten

Motor

Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-87-Grad-V-Motor, je zwei obenliegende, zahnrad-/kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Einspritzung, Ø 54 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 460 W, Batterie 12 V/14 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, Kette, Se­kundärübersetzung 40:17.

Bohrung x Hub   107,0 x 66,0 mm

Hubraum   1187 cm³

Verdichtungsverhältnis   11,9:1

Nennleistung   93,0 kW (127 PS) bei 8500/min

Max. Drehmoment   107 Nm bei 8000/min

Fahrwerk

Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel­, Ø 50 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit He­belsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Zweikolben-Festsattel.

Alu-Gussräder  3.50 x 17; 6.00 x 17

Reifen   120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17

Maße+Gewicht

Radstand 1466 mm, Lenkkopfwinkel 65,5 Grad, Nachlauf 103 mm, Federweg v/h 129/134 mm, Sitzhöhe 820 mm, Trocken-gewicht 189 kg, Tankinhalt/Reserve 18,0/3,0 Liter.

Garantie  zwei Jahre

Farben    Weiß/Schwarz

Preis       13900 Euro

Interview mit Sandro Capotosti

Edge
Sandro Capotosti (60), Miteigentümer von Moto Morini.

Wie laufen denn die Geschäfte bei Moto Morini zurzeit?

Wir haben zunächst in die Produktionseinrichtungen investiert. Und wir haben als Erstes drei Modelle wiederauferstehen lassen: Corsaro, Granpasso und Scrambler. Danach wurden Investitionen getätigt, um die Rebello zu entwickeln. Und parallel wurde die Website www.motomorinimotorcycles.eu gestartet, quasi unser Shop und daher sehr wichtig.

Was verbirgt sich denn hinter Moto Morini World?

Wir laden unsere Kunden und Freunde zu uns nach Bologna ein. Wir möchten, dass sie unsere Marke, unsere Historie und unsere Philosophie kennenlernen. Dazu haben wir einen speziellen Showroom, außerdem können Kunden unsere Maschinen hier probieren.

Wie kam es zu der Rebello?

Wir haben uns an die lange Ge­schichte von Morini erinnert und wollten zum Jubiläum eine Maschine, die an die glanzvollen Zeiten anknüpft. Die Rebello war 1955 eine Maschine mit innovativer Technik und fortschrittlichem Design. Das greift das neue Modell auf, das mit modernem Design eher eine jüngere Klientel ansprechen soll. Dazu gibt es ja nicht nur den einstellbaren Sitz, sondern auch die schlüssellose Zündung. Einfach draufsetzen und starten, das bekommen demnächst alle Modelle.

Was ist aus dem Granferro-Prototyp geworden?

Das Funbike war eine schöne Idee, aber das Marktsegment ist einfach zu klein.

Sind weitere neue Modelle in Planung?

Wir konzentrieren uns zurzeit voll und ganz auf die Rebello. Aber wir haben natürlich schon weitere Projekte im Kopf. Doch zunächst müssen wir erst einmal die Firma mit den vier Modellen auf solide Beine stellen.

Wie viel Kapital hat das Projekt Moto Morini bisher verschlungen?

Wir haben bisher 1,96 Millionen Euro ausgegeben, und wir haben einen Geschäftsplan über sechs Millionen Euro. Wenn wir mehr brauchen sollten: Das Geld ist da, das gesamte Kapital kommt von uns. Keine Banken, keine Investoren – so wird es auch bleiben. Das ist unser Projekt!

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