Bewölkter Himmel, regennasse Straßen und keine Sonne in Aussicht: Bei solchen Wetterbedingungen schlägt das Testerherz nicht gerade bis zum Anschlag. Besonders wenn es gleich auf eine ausgiebige Runde ins Hinterland von Alicante gehen soll – mit Kurvengarantie bis zum Abwinken. Andersrum: Ein Bike, das selbst bei nicht gerade idealen Bedingungen gut funktioniert, fährt meist auch unter Top-Konditionen mehr als passabel. Also Helm rauf und los. Wobei weder schützende Mütze noch die restliche Ausstattung vom Autor selbst stammen. Der beim Flug verschollene Koffer verhinderte das. Die Kleiderkammer von Suzuki gab aber glücklicherweise – bis auf Stiefel – noch allerlei Passendes her.
Dumpf grollend schickt der schön designte Edelstahldämpfer Soundproben in die Umwelt. Nicht vierzylindrig kreischend, sondern tief und maskulin fauchend. Das macht an. Präzise rastet Gangstufe eins ein. Das bleibt auch beim weiteren Hin- und Herspringen im Getriebe so. Die Hände finden wie von selbst auf dem konifizierten Renthal-Lenker Halt. Dessen Position ergibt zusammen mit Fußrasten und Sitzbank eine leicht nach vorne gebeugte Fahrerintegration mit guter Spielübersicht. Easy schwingt die Suzuki GSX-S 1000 auf der nassen Fahrbahn um die Ecken, bildet schnell Vertrauen. Die Schräglagen nehmen zu, erste trockene Flecken sind zu sehen. Beim Straßenbau bewiesen die Spanier Mut zur Vielfalt. Gripstarke Oberflächen mischen sich mit haftarmen Belägen auf Muschelkalk-Basis. Darauf einmal zu stark am Kabel gezogen, und…
Traktionskontrolle der Suzuki GSX-S 1000 funktioniert richtig gut
Eben nicht und eben doch. Ziehen ist schon richtig, weil die Suzuki Befehle zum Öffnen und Schließen der Drosselklappen noch klassisch über Züge empfängt. Nix Ride by Wire. Das akute Sturzpotenzial bei zu harschem Aufmachen der Gemischfabrik mildert die Suzuki GSX-S 1000 aber durch eine Traktionskontrolle. Und die funktioniert richtig gut. Zur Auswahl stehen die Stufen aus, 1, 2 und 3. Abstimmung drei ist extra für schwierige Straßenverhältnisse ausgelegt. Also gleich mal ausprobiert.
Bevor Fragen aufkommen: Suzuki setzt auf Traktionskontrolle pur – ohne gleichzeitig über Fahrmodi noch die PS-Zahl zu beschneiden. Die defensivste Auslegung der TC arbeitet sicher und geschmeidig. Sie nimmt bei zu viel Leistungseinsatz das Gas sanft zurück. Wer nicht drauf eingestellt ist, bemerkt einfach irgendwann die wild blinkende, gelbe Kontrollleuchte im gut ablesbaren Cockpit der Suzuki GSX-S 1000. Aha, also dann mal schnell Stufe 2 reingedrückt, den Normalmodus. Schließlich schickt die Sonne doch noch richtig viele, warme Strahlen gen Erde.
Kolben drei Prozent leichter als noch 2007
Mit der Wetterbesserung wird auch der Motor mehr gefordert. Und der will das. Er basiert auf den GSX-R-Aggregaten von 2005 bis 2008 und hat deren tendenziell eher langhubige (73,3 mm Bohrung/59,0 mm Hub) sowie drehmomentstarke Auslegung übernommen. Allerdings wanderte er nicht einfach so in den komplett neuen Alurahmen der Suzuki GSX-S 1000. Vielmehr schliffen die Suzuki-Techniker ihn für den Einsatz im Naked Bike gezielt fein. So entfielen die nur für höchste Drehzahlen notwendigen Titanventile, dafür flitzen nun drei Prozent leichtere Kolben als noch 2007 im Motor hoch und runter. Daneben optimieren neue Nockenwellenprofile die Steuerzeiten. Ein Update der Kraftstoffeinspritzung mit doppelten 44-mm-Drosselklappen pro Zylinder rundet die Anpassungsmaßnahmen weiter ab.
Wer jetzt an strikte Leistungskastration denkt, wird enttäuscht. Oder darf sich über einen wirklich bombigen Motor freuen. Die Eckdaten von 145 PS bei 10.000/min und 106 Nm knapp darunter haben schon auf dem Papier die Potenz angedeutet. Die Wahrheit ist noch besser. Unten herum drückt der Reihenvierer der Suzuki GSX-S 1000 ordentlich vorwärts. Ab der Drehzahlmitte bei guten 5000 Umdrehungen steht er richtig gut im Saft, bevor kurz nach der 7000er-Marke noch ein spürbarer Leistungsnachschlag folgt. Dann ist richtig Feuer in der Hütte. Das fühlt sich super an. Das fühlt sich stark an. Das fühlt sich auch irgendwie nach einem kleinen Powerplus an. MOTORRAD wird demnächst auf dem Prüfstand testen, ob an der Kurbelwelle nicht noch die eine oder andere Pferdestärke mehr anliegt.

Aber mal ehrlich: Sich über zu viel Leistung beschweren? Wo sind wir denn. Lieber weiter den satten Schub genießen. Leichte Lastwechsel trüben dabei ein wenig die Gas-auf-Gas-zu-Übergänge im Kurven-Dickicht. Vielleicht wären Fahrmodi doch nicht so schlecht gewesen? Nach ein paar Kilometern hat man sich aber dran gewöhnt. Die Suzuki GSX-S 1000 fliegt mit viel Schmackes durch die verschiedenen Radien, biegt an der tiefen, nur wenig gekröpften Lenkstange verlässlich einfach in Schräglage. Da bleibt der Blick frei für die richtige Linienwahl.
Einen großen Anteil an dieser Performance im Links-rechts-links-Dschungel haben Gewicht und Fahrwerk. Suzuki gibt glaubhafte 209 Kilogramm vollgetankt an. Das ist im Vergleich zu Mitbewerbern wie Hondas CB 1000 R, Kawas Z 1000 oder der Triumph Speed Triple richtig wenig. Nur BMWs S 1000 R liegt auf ähnlichem Weight-Watchers-Niveau. Auch beim Fahrwerk hat Suzuki keine Kompromisse gemacht: Vorne führt eine voll einstellbare 43er-Kayaba-Upside-down-Gabel das Rad sicher über den Asphalt, hinten kümmert sich ein in Zugstufe und Vorspannung justierbares Federbein um den Bodenkontakt. Gabel und Stoßdämpfer der Suzuki GSX-S 1000 sind sportlich straff abgestimmt, ohne jedoch auf unnachgiebige Härte zu setzen. Das sorgt für feinfühlig präzisen Kontakt zur Straße und ein sauberes Lenkverhalten. Bei den Geometriedaten des Fahrwerks baute Suzuki eher auf konservative Werte. Mit 1460 mm fällt der Radstand 55 mm länger aus als bei der aktuellen GSX-R 1000.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogenen Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzbestimmungen.
Rennt auch bei verschärftem Tempo stabil über die Bahn
Ähnlich sieht es bei den Zahlen für den Lenkkopfwinkel und den Nachlauf aus. Fällt Ersterer beim Sportler noch 66,5 Grad steil aus, sind es beim Naked Bike flachere 65 Grad. Dazu wuchs der Nachlauf bei der GSX-S im Vergleich um zwei auf 100 Millimeter. Insgesamt etwas moderatere Maße: Dieses Konzept funktioniert „on the road“ einwandfrei. Und liefert der nackten Kanone die dringend benötigte Fahrstabilität bei hohen Geschwindigkeiten, die allein durch die aufrechte Sitzposition nötig wird. Jedenfalls rennt die Suzuki GSX-S 1000 auch bei verschärftem Tempo stabil über die Bahn.
Was ist noch wichtig für ungetrübt flottes Herumwedeln? Die Brems-Performance! Vorne greifen die aus der aktuellen GSX-R bekannten Brembo-Monoblocks in schwimmend gelagerte 310er-Scheiben. Hinten komplettieren ein Einkolben-Sattel sowie eine 250 Millimeter große Scheibe das Bremspaket. Beim ersten Anlegen der Beläge erfolgt der Geschwindigkeitsabbau leicht defensiv. Mit mehr Zug am Hebel wird’s deutlich besser, nimmt die Verzögerungsleistung kräftig zu. Sport-Cracks würden sich wohl einen knackigeren Biss wünschen, alle anderen kommen mit der Auslegung gut zurecht. Damit die Suzuki GSX-S 1000 im Extremfall sicher zum Stehen kommt, hat Suzuki ihr eine lediglich 640 Gramm wiegende ABS-Einheit von Bosch spendiert. Die regelt sportlich spät und stoppt das Motorrad sicher – ohne dass das Hinterrad beim Ankern am Limit abhebt.
Ist die GSX-S nun der Pure Sport Roadster?
Auf jeden Fall! Die Suzuki GSX-S 1000 ist ein sportliches, fahraktives Naked Bike, eine Bereicherung für die Kategorie der potenten, unverkleideten Bikes. Das macht schon jetzt neugierig auf den Schlagabtausch mit der Konkurrenz.
Wer die Suzuki GSX-S 1000 vorher schon einmal ausprobieren möchte, hat dazu ab Ostern 2015 Gelegenheit. Dann kommen die ersten Exemplare in den Handel. Und wer sich gleich verliebt, sollte 11.490 Euro mit zum Händler nehmen. Für den Betrag gibt’s die Suzuki als Einführungsangebot inklusive Yoshimura-Auspuff und farbiger Bremssättel noch bis zum 18. April 2015. Danach dürfte sich der Preis auf dem Niveau der Kawasaki Z 1000 einpendeln. Wobei Yoshimura-Dämpfer und kolorierte Bremssättel nur ein kleiner Auszug aus dem Zubehörangebot sind, das Suzuki für die GSX-S 1000 aufgelegt hat. Das reicht von Tourenzubehör, wie Tankrucksack und Heizgriffe, über Sturzprotektoren bis hin zu Show & Shine-Parts – für eine Kraft-Maschine ganz nach eigenem Gusto.
Technische Daten Suzuki GSX-S 1000

Verkleidet: Suzuki GSX-S 1000 F

Da kommt noch was: Neben der gerade präsentierten GSX-S 1000 schickt Suzuki ab Mitte des Jahres noch die GSX-S 1000 F an den Start. Die Technik ist bei beiden Modellen gleich, allerdings wiegt die verkleidete Version mit 214 Kilogramm vollgetankt inklusive ABS etwas mehr. Die reisefreundlichere Variante gibt es ebenfalls als Einführungsangebot. Der Preis: 11.990 Euro.
Viel Power für Sparfüchse

Die Suzuki GSX-S 1000 ist ein Power-Naked Bike wie es im Buche steht und ein Traum für sportliche Kurvenfahrer. Wer nach diesem Artikel überzeugt ist, dass er eine Suzuki GSX-S1000 braucht, der sollte auf der Gebraucht-Motorradbörse nachsehen: Gebrauchte Suzuki GSX-S 1000 in Deutschland