Träumen alle von einem, winkt der perfekte Tag. Die Philosophien mögen verschieden sein, ungebremster Spaß einigt uns. Acht Fahrer, die Sonne, der Schwarzwald und acht Motorräder im sportlichsten Landstraßen-Test des Jahres.
Träumen alle von einem, winkt der perfekte Tag. Die Philosophien mögen verschieden sein, ungebremster Spaß einigt uns. Acht Fahrer, die Sonne, der Schwarzwald und acht Motorräder im sportlichsten Landstraßen-Test des Jahres.
Zwischen "Hallo" und "Tschüss" findet das wahre Leben statt. Dann nämlich, wenn sich acht Gleichgesinnte zusammenfinden - ohne viel Gequatsche. Alles, was es dazu braucht, sind acht Motorräder und eine Leidenschaft, dazu die Straße, der Schwarzwald - Halleluja!
So ein perfekter Tag beginnt mit kurzem "Hallo", bevor die Truppe wie Mekka-Pilger andächtig die Testmotorräder umkreist. Gespannte Vorfreude liegt in der Luft. Es gilt herauszufinden, welche Art Motorrad auf vielfältigst geschwungenen Landtsraßen die größte Magie besitzt, das Lustzentrum nachdrücklich stimuliert und abends beim "Tschüss" das größte Lächeln in die Gesichter gemeißelt haben wird.
Wird es die BMW K 1300 R sein? Dieses brachiale Naked Bike mit brutaler Vierzylinder-Power. Oder die Ducati Multistrada 1200 S? Die italienische Diva mit druckvollem Twin und komplexer Elektronik. Wie schlägt sich die Honda CBR 600 RR? Als Vergaser-Generation damals noch ein Landstraßen-Alleskönner, mittlerweile Exot in Wald und Flur. Kann die neue Kawasaki Z 1000 SX den Asphalt ordentlich aufreißen? Die Grüne hat mit dem Powerblock der Z 1000 natürlich beste Voraussetzungen für den Testsieg. Geht der womöglich aber doch an die KTM 990 SM T? Der Twin hat schließlich einiges drauf und eine etwas touristisch angehauchte Supermoto kann auf der Landstraße so schlecht nicht sein. Vielleicht kann die Suzuki GSR 750 zuschlagen? Die GSX-R 750 gilt unter Sportfreunden als schlagkräftige Landstraßen-Waffe, und nur weil die hier nackt ist... Aber die neue Triumph Tiger 800 dürfte doch auch punkten? Großes schmales Vorderrad, entspannte Haltung und der Dreizylinder-Beat aus der Streety - das verspricht einiges. Und dann die R1! Gut, auf der Rennstrecke vom Gros der Konkurrenz längst in den Schatten gestellt, dürfte der powervolle und emotionsgeladene Brummkreisel in freiem Geläuf die Sportlerfahne hochhalten.
Schnell hat jeder Hintern einen Sattel gefunden. Schließlich wollen wir keinen Diskussionskreis gründen. Es juckt mächtig in den Fingern, die Sinne sind weit geöffnet und der Herzschlag signalisiert: Wir sind bereit für diesen perfekten Tag.
Sille ist ganz versessen auf die BMW: "Der sieht man die Power einfach an, Jungs." Die leidenschaftliche Hard-Enduro-Treiberin ist topfit und giert nach dem Kick. Das ist auch bitter nötig, denn die BMW will selbst mit dem elektronischen Sonder-Schnickschnack ESA und ABS nur echte Könner über den Tank spannen. Auch im straffen Sportmodus, der am besten zum forschen Landstraßen-Brennen passt,verlangt die BMW aktive Beteiligung vom Piloten, will er der K 1300 das Stier-Gemüt austreiben. Zwar suggeriert der äußerst handliche Conti Sport Attack williges Einlenken, aber bei erhöhtem Druck auf dem Vorderrad wird die K damit sichtlich nervös. Gleichzeitig spürt man im Lenker die Masse des großen Motorrades, will heißen: Die BMW schiebt nach außen. Sille hat folglich alle Hände voll zu tun, die Bayerin bei ordentlich geöffneten Drosselklappen durch das Kurvengewimmel zu zirkeln. Ständig wollen Widerstände gebrochen werden. In langen Bögen dagegen zahlt sich der lange Radstand wieder aus, passend abgeklappt liegt die K satt in Schräglage und stellt sich auch beim Nachbremsen nicht auf. "Das Gefühl für die Front ist aber etwas nebulös", bestätigt Sille die Eindrücke der Mit-Tester.
Dafür begeistert das Telelever beim harten Ankern. Die Nickneigung der K geht bei forscher Verzögerung gegen null und beschert ihr mit dem großartigen ABS sagenhaft kurze Bremswege. "Dass man die Bremse wegen dem Bremskraftverstärker nicht wie gewohnt gefühlvoll anlegen kann, ist erst mal komisch", bemerkt die Testerin. Aber hat man den Dreh erst mal raus, kann man sich an der vehementen Verzögerung geradezu ergötzen.
Wie an der Power des Vierzylinders. Ist der lange Weg und der etwas hohe Widerstand des Gasgriffs überwunden, brettert der K-Motor bärig los. Der kleine Hänger zwischen 4000/min und 5000/min ist zwar eines 1300er-Motors nicht würdig, aber darüber schwingt Thor den Hammer - und wie! Dann erklären sich die nach unten gekröpften Stummel und der stoische Geradeauslauf der BMW.
Im Schiebebetrieb schlichen sich beim Testbike allerdings im Bereich um 6000/min derbe Vibrationen ein, die die ganze Gabel erzittern ließen - wirklich unschön. Der Over-all-Charakter der BMW? Ein langer Einbaum mit dem Außenborder eines Rennbootes - Geradeaus ist umwerfend, Kurvengeschlängel hat was von Fitness-Bude.
Technische Daten
Antrieb
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 127 kW (173 PS) bei 9250/min*, 140 Nm bei 8250/min*, 1293 cm³, Bohrung/Hub: 80,0/64,3 mm, Verdichtungsverhältnis: 13,0:1, Zünd-/Einspritzanlage, 46-mm-Drossel-klappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kardan
Fahrwerk
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 60,4 Grad, Nachlauf: 104,4 mm, Radstand: 1585 mm, Längslenker-geführte Telegabel, Ø Gabelinnenrohr: 47 mm, elektrisch einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, elektrisch einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Federweg vorn/hinten: 115/135 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17“/6.00 x 17“, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, Testbereifung: Conti Sport Attack, „-/C“, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 265-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-Schwimmsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2228/856/1095 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 820/1000 mm, Lenker-breite: 715 mm, 252 kg vollgetankt, v./h.: 48,9/51,1 %
Hinterradleistung im letzten Gang
119 kW (161 PS) bei 243 km/h**
Verbrauch
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 6,9 Liter/100 km, Tankinhalt 19,0 Liter, Reichweite: 275 km
Grundpreis
16320 Euro (zzgl. Nk, inkl. ESA, ABS, Schaltautomat etc.)
*Herstellerangabe **laut KfZ-Schein
Fabian gibt die Multistrada nicht aus den Händen. Privat scheucht der PS-Gasttester eine Kawasaki ZX-10R über die Rennstrecke, doch die Ducati hat es ihm angetan. Sie bietet selbst dem großgewachsenen Racer einen komfortablen Arbeitsplatz und trägt dazu haufenweise Sportler-Gene in sich. Eine sagenhafte Kombination! Beispiel Motor: Gemessene 147 PS Top-End-Power und 120 Nm Drehmoment sind beispiellos für einen langbeinigen Allrounder. Auch die Art, wie die Italienerin ihre Power freisetzt, raubt einem den Atem. Ohne zu ruckeln oder mit der Kette zu schlagen, liefert sie bereits kurz über 2000/min fetten Punch und powert gleichmäßig durchs Drehzahlband. Ab 6000/min legt der 1200er gar noch ein paar Briketts nach. Die Party endet erst kurz über 10000/min, wenn der Begrenzer dem abgewandelten Antrieb aus dem Superbike 1198 den Saft ausknipst. Auch das großartige V2-Hämmern bei gleichzeitig sehr kultiviertem Motorlauf macht jeden Ausritt zu einem erstklassigen Erlebnis.
In der getesteten S-Version kann der Ducati-Treiber die Motorcharakteristik über vier verschiedene Modi anpassen. PS-Empfehlung: der Sportmodus. Wie in der Einstellung "Touring" bietet die Duc hier die volle Leistung, geht jedoch etwas direkter ans Gas.
Die unterschiedlichen Modi des DTC-Systems beeinflussen auch die Abstimmung der Federelemente. Auf nicht allzu runzeligem Asphalt ist ebenfalls die Sporteinstellung die erste Wahl. Über Stellmotoren ändert die Elektronik die Dämpfung Richtung straff - volle Attacke! Sehr sportive Naturen stellen das Fahrwerk über die Tasten an der linken Lenkerarmatur noch etwas straffer. Dadurch liegt das Multitalent beim Jagen noch satter. Wer sich beim Setup vertut, kann jederzeit auf die Werkseinstellung zurückgreifen.
Für ein Bike mit langen Federwegen winkelt die Multistrada überraschend zielgenau ab. Einen Anteil daran trägt sicher auch das 17-Zoll-Fahrwerk im Verbund mit der Erstbereifung Pirelli Scorpion Trail, hinten in 190er-Dimension. Damit ist die Duc zwar nicht superhandlich, bleibt aber in Schräglage bemerkenswert stabil und baut astreinen Grip auf. Die Traktionskontrolle sorgt dafür, dass selbiger nicht abreißt. Auf trockener Straße und Stufe drei der DTC schießen mutige Piloten mit kontrollierten Rutschern aus den Ecken - phänomenal! Zu dieser Fahrweise passt auch das vor einigen Monaten neu abgestimmte ABS. Zwar lässt es nun mitunter ein leicht steigendes Hinterrad zu, doch das ist allemal besser als den Einlenkpunkt wegen eines viel zu früh regelnden Systems zu verpassen. Kein Wunder also, dass Fabian niemanden auf die Multistrada lässt.
Technische Daten
Antrieb
Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, vier Ventile/Zylinder, 109 kW (148 PS) bei 9250/min*, 119 Nm bei 7500/min*, 1198 cm³, Bohrung/Hub: 106,0/67,9 mm, Verdichtungsverhältnis: 11,5:1, Zünd-/Einspritzanlage, 64-mm-Drossel-klappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kette
Fahrwerk
Stahl-Gitterrohrrahmen, Lenkkopfwinkel: 65,0 Grad, Nachlauf: 104 mm, Radstand: 1530 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 48 mm, elektrisch einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, elektrisch einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Federweg vorn/hinten: 170/170 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Schmiederäder, 3.50 x 17“/6.00 x 17“, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 190/55 ZR 17, Testbereifung: Pirelli Scorpion Trail, 320-mm-Doppelscheibenbremse mit radial verschraubten Vierkolben-Festsätteln vorn, 245-mm-Einzelscheibe mit Zweikolben-Festsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2200/910/1400 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 840/1120 mm, Lenker-breite: 830 mm, 234 kg vollgetankt, v./h.: 49,7/50,3 %
Hinterradleistung im letzten Gang
99 kW (135 PS) bei 240 km/h**
Verbrauch
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 7,7 Liter/100 km, Tankinhalt 20,0 Liter, Reichweite: 243 km
Grundpreis
18250 Euro (zzgl. Nk)
*Herstellerangabe **laut KfZ-Schein
Eng geht es auf der Supersport-Honda zu. Fast schon brutal faltet die CBR die Pilotenbeine. Das ist kein Vorwurf, schließlich ist die kleine Honda ein reinrassiger Supersportler - tiefe, schmale Lenkerstummel und hohe Rasten. Das bedingt eben Abzüge in der Landstraßen-Note. Auch die Verkleidung ist auf Racing ausgelegt. Nur mit dem Kinn auf dem Tank wird der Pilot vom flachen Schild einigermaßen vor dem Fahrtwind geschützt. Im Vergleich zu den übrigen eher großkalibrigen Testkandidaten wirkt die Honda wirklich sehr zierlich.
Das hat durchaus auch seine positiven Seiten: Kein anderes Motorrad wieselt so flink ums Eck wie die CBR. Bereits das Anvisieren einer Kurve genügt, und schon klappt die 600er in Schräglage. Umso erfreulicher, dass sie dennoch sehr satt liegt und auch bei Bodenwellen und Bremsmanövern in Schräglage sauber auf Kurs bleibt. Mitverantwortlich dafür sind die hochwertigen, voll einstellbaren Federelemente. Besonders die Gabel ist ein Sahnestück. Sie spricht fein an, arbeitet transparent und liefert dem Piloten sehr gutes Feedback. Das Federbein funktioniert ebenfalls gut, leistet sich aber im Falle unseres Testmotorrads einen kleinen Abstimmungs-Patzer: Die Zugstufe ist etwas unterdämpft und musste für den sportlichen Landstraßen-Trip komplett geschlossen werden.
Der wohl größte Pluspunkt der kleinen Honda ist ihre Bremse. Das Combined-ABS funktioniert auf der Landstraße prima, regelt spät und hält das Hinterrad auch bei vehementem Zug am Bremshebel stabil. Dosierbarkeit und Bremswirkung der CBR-Bremsanlage sind ebenfalls vorbildlich.
Die Motorcharakteristik dagegen passt abseits der Rennstrecke eigentlich gar nicht. Mittlerweile sind die Supersportler derart auf Racing getrimmt, dass eine normale Zulassung schier keinen Sinn mehr macht. Erst bei hohen Drehzahlen lässt die CBR ihre Pferde aus dem Stall. Das macht sich vor allem am Kurvenausgang bemerkbar, wo sich die Honda mühsam bis zur 8000er-Marke quält, bevor sie spürbar vorwärts marschiert. Dort nerven außerdem die deutlichen Lastwechsel, die beim Gas-Anlegen ganz gern einmal die Linie versauen.
Technische Daten
Antrieb
Vierzylinder-Reihenmotor, vier Ventile/Zylinder, 88 kW (120 PS) bei 13 500/min*, 66 Nm bei 11 250/min*, 599 cm³, Bohrung/Hub: 67,0/42,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 12,2:1, Zünd-/Einspritzanlage, 40-mm-Drossel-klappen, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbad-Kupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat, Kette
Fahrwerk
Leichtmetall-Brückenrahmen, Lenkkopfwinkel: 66,5 Grad, Nachlauf: 98 mm, Radstand: 1375 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 41 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Zentralfederbein mit Umlenkung, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe. Federweg vorn/hinten: 120/135 mm
Räder und Bremsen
Leichtmetall-Gussräder, 3.50 x 17“/5.50 x 17“, Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17, Testbereifung: Bridgestone BT 015 „F/E“, 310-mm-Doppelscheibenbremse mit radial verschraubten Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einzelscheibe mit Einkolben-Schwimmsattel hinten
Maße und Gewicht
Länge/Breite/Höhe: 2010/685/1105 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 810/810 mm, Lenker-breite: 645 mm, 197 kg vollgetankt, v./h.: 50,9/49,1 %
Hinterradleistung im letzten Gang
80 kW (109 PS) bei 236 km/h**
Verbrauch
Kraftstoffart: Super bleifrei. Durchschnittstestverbrauch: 5,8 Liter/100 km, Tankinhalt 18,0 Liter, Reichweite: 312 km
Grundpreis
12790 Euro (zzgl. Nk, inkl. C-ABS)
*Herstellerangabe **laut KfZ-Schein