Der große Durchbruch blieb der Moto Guzzi V 10 Centauro bisher verwehrt. Aber die Italiener haben die Hufe des Fabelwesens frisch beschlagen. Als Centauro Sport schickt es sich an, in fremden Revieren reiche Beute zu machen.
Der große Durchbruch blieb der Moto Guzzi V 10 Centauro bisher verwehrt. Aber die Italiener haben die Hufe des Fabelwesens frisch beschlagen. Als Centauro Sport schickt es sich an, in fremden Revieren reiche Beute zu machen.
Die Adlerdame Noa der Burgfalknerei Hohenbeilstein zeigt sich freilich wenig beeindruckt. Verständlich, denn als Königin der Lüfte kann ihr auch eine Moto Guzzi Centauro Sport ihr Revier nicht streitig machen.
Die Zusatzbezeichnung Sport verdient sich die ansonsten bekannte Guzzi Centauro durch eine lenkerfeste Verkleidung und eine Sonderlackierung - wahlweise auch ganz unitalienisch in Metallic-British-Green -, die gepaart mit den weißen Streifen die sportliche Linie des V2 unterstreichen soll. Ein Bugspoiler und Kohlefaser-Endschalldämpfer ausschließlich für Sportzwecke sind als Extra lieferbar.
Die Mauern der Burg Hohenbeilstein scheinen zu beben, als der luftgekühlte Vierventiler seine Arbeit aufnimmt. Faszinierend, wie sich der von einer Einspritzanlage gefütterte Triebsatz akustisch in Szene setzt. Der Motor stampft, brummt, bollert und röchelt - er lebt. Im kalten Zustand agiert er zwar noch etwas widerwillig, betriebswarm zeigt er aber, daß er es faustdick hinter den zwei Zylindern hat. Als gäbe es kein Morgen, reißt der mächtige Block ab 5000/min am kardangetriebenen Hinterrad. Unter der 4000er Marke bietet der Twin bekömmliche Hausmannskost.
Aber wehe, die Drehzahlmessernadel bewegt sich im Bereich zwischen 4000/min und 5000/min. Das Triebwerk scheint wie verwandelt. Von Temperamentsausbrüchen keine Spur mehr, völlig lethargisch schleicht die V 10 dann durch die Landschaft. Der Prüfstand bringt die Ursache an den Tag: Ein Einbruch in der Leistungskurve, so groß und tief wie manches Loch im Bonner Bundeshaushalt. Die Guzzi-Techniker sollten ihrer Einspritzanlage noch einmal ganz tief in die Blackbox schauen und in diesem Drehzahlbereich nachbessern. Das lästige Konstantfahrruckeln läßt sich dabei sicher auch gleich beseitigen.
Wer zügig vorankommen will, darf um fleißige Schaltarbeit nicht verlegen sein. Mit beherztem Zugriff die Kupplung gezogen und die durch lange Schaltwege voneinander getrennten Gangstufen mit Nachdruck geschickt sortiert, dann lernt das Fabeltier aus Mandello beinahe das Fliegen.
Am breiten, verchromten Lenker geführt, gibt sich die Centauro Sport auch bei zügiger Fahrweise geradezu leichtfüßig. Die Sitzposition weit weg vom Lenker in Kombination mit den hoch angelenkten Fußrasten ist zwar eigentümlich, aber trotz der harten Sitzbank nicht unbequem. Dank des tiefliegenden Schwerpunkts und der gelungenen Fahrwerksgeometrie reagiert die V 10 spontan auf jeden Schenkeldruck und schlägt sofort den gewünschten Kurs ein. Störend wirken nur die bei Lastwechseln auftretenden Kippmomente des Motors, die immer wieder einen sauberen Strich vereiteln. Ein Tribut an die konzeptionell bedingte längsliegende Kurbelwelle.
Auch die Abstimmung der White-Power-Federelemente scheint noch nicht der Weisheit letzter Schluß zu sein. Trotz vielfacher Veränderungsmöglichkeiten läßt sich keine optimale Einstellung finden. Zeigt sich an der Gabel bei ganz zurückgenommener Dämpfung noch ein brauchbarer Kompromiß, bleibt das hintere Federbein stets zu straff.
Gelungener ist da die Abstimmung des einstellbaren Lenkungsdämpfers. Während andere Hersteller noch hadern, setzt Moto Guzzi Zeichen. Das unauffällig agierende Bauteil erstickt Lenkerschlagen bereits im Keim.
So treiben auch hohe Geschwindigkeiten dem Fahrer hinter der gut schützenden Verkleidung keine Schweißperlen auf die Stirn. Die Guzzi meistert diese Übung mit stoischer Ruhe. Geradeauslaufprobleme kennt dieses Fahrwerk nicht.
Weil aber auch die längste Gerade einmal eine Ende hat, vertrauen die Italienern zum Abbau der Bewegungsenergie auf eine Dreischeiben-Bremsanlage von Brembo. Wer kräftig zupacken kann, wird mit einer ordentlichen Verzögerung belohnt. Standfestigkeit ist aber nicht die Stärke dieser Stopper. Im heißen Zustand läßt die Bremswirkung deutlich nach, und der Druckpunkt wandert immer weiter gen Lenker.
Was ebenso nervt wie die grundlegenden Schwächen einer mißlungenen Motor- und Fahrwerksabstimmung. Die ursprüngliche Faszination der Moto Guzzi Centauro Sport wird dadurch leider zunichte gemacht.