Vergleichstest BMW K 1200 R Sport/Yamaha FZ1 Fazer
Ja was denn nun?

Bei BMW steht das R gewöhnlich für Roadster und das S für Sport. Und wofür steht dann K 1200 R Sport? Da kann vielleicht die Yamaha FZ1 Fazer weiterhelfen. Die spielt schon länger in dieser Nische.

Ja was denn nun?
Foto: Künstle

Nein, das hätte keiner gedacht. So winzig klein war die Lücke, so riesig ist dieses Motorrad. Dass es da noch reingeht, ist allerhand. Aber sie haben auch tapfer gepresst. K 1200 R Sport – schon der Begriff ist sperrig wie eine Schrankwand. Und dass die verkleidete K 1200 S keine wirkliche Sportlerin ist und die nackte Schwester R nur mit Wohlwollen als echtes Naked Bike oder gar als Streetfighter durchgeht, gestaltet die Sache nicht besser. Zu sehr bewegen sich beide im »Multi-purpose«-Niemandsland, als dass auf die »R Sport« viele gewartet hätten.

Doch vielleicht ist gerade das ihr großer Vorteil. Denn wie eine Premiere wegen zu großer Erwartungen in die Hose gehen kann, hat die Yamaha FZ1 im vergangenen Jahr eindrucksvoll demonstriert. Kaum ein anderes Motorrad wurde mit so viel Ungeduld herbeigesehnt wie die aufrechte Ablegerin der großen Sportlerin R1 – und bei kaum einem war die Ernüchterung größer. Weil die FZ1, gestraft mit einigen handwerklichen Mängeln, nicht das Format hatte, die riesige Lücke zwischen R1 und FJR 1300 zu füllen.

Trotzdem kann natürlich die Gleichung »keine Lücke = keine Erwartungen = alles wird gut« für BMW nicht automatisch aufgehen. Schließlich fährt die Sinnfrage im Hinterkopf immer mit. Und außerdem schickt sich Yamaha an, das Missgeschick von 2006 vergessen zu machen. Denn auch wenn offiziell neben neuen Farbvarianten und dem serienmäßigen ABS alles beim Alten blieb, hat die FZ1 unter der Hand eine Optimierungskur absolviert, die sich gewaschen hat. Somit ist die Frage durchaus berechtigt, wer denn nun den besseren – nennen wir beide im schönsten »Crossover”-Slang Power-Allrounder – im Programm hat. So, das war so ausführlich, wie es dieses schwierige Thema verlangt. Ab jetzt wird es kürzer – und prägnanter.

Wahrheit Nummer eins: Die immense Leistung, mit der beide aufwarten (gemessene 162 PS die BMW, 148 die Yamaha), ist auf der Landstraße überflüssig. Und wer auf der Autobahn bolzen will, wird bei BMW mit der K 1200 S besser bedient, bei Yamaha mit der R1. Ducken, richtig Speed machen, stabil liegen – das können die sportlichen Schwestern besser.

Wahrheit Nummer zwei: Auf der Landstraße aus den Ecken heraus richtig
Druck machen – das kann nur die BMW. Zwar kultivierte Yamaha die viel kritisierte ruppige Gasannahme der FZ1 deutlich, dennoch ist die Leistungsentfaltung des Fünfventilers unterhalb von 7000/min nach wie vor beinahe peinlich. Bester Beweis: die Drehmomentkurve (siehe Seite 30). Die 101 Newtonmeter, die bei der FZ1 als kurzzeitiges Hoch bei 9200/min anliegen, schüttelt die BMW knapp über Standgas praktisch aus dem Handgelenk. Dementsprechend dürftig fallen im Vergleich die Durchzugswerte der Yamaha aus.

Wahrheit Nummer drei: Selbst Drehzahlfetischisten halten es nicht durch, die Fazer in jenem Bereich zu bewegen, der richtig Fun bringt. Zwischen 7000 und 11500 Touren fackelt die Yamaha wahrlich ein Feuerwerk ab. Auf Landstraßen bedeutet dies idealerweise den zweiten, höchstens den dritten Gang. Oder aber Tempi jenseits der 160 km/h, während die BMW auch im Sechsten noch stramm und kultiviert vorwärtsschiebt.

Wahrheit Nummer vier: Der Bayern-Brummer mit exakt 159 cm3 mehr Hubraum kann alles viel, viel besser – und macht trotzdem nicht alle glücklich. Was weniger an den Manieren des Motors selbst, sondern in der Peripherie begründet liegt. Kupplung, Getriebe, Spiel im Antriebsstrang – die alte Leier. Es wurde nach zahlreichen Modifikationen (siehe Top-Test in MOTORRAD 2/ 2007) auch im Modelljahr 2007 wieder besser, aber nicht gut. Im direkten Vergleich zum Yamaha-Getriebe – die können das jetzt – wirkt die BMW-Schaltbox unverändert wie eine nicht ganz geglückte Ansammlung von Zahnrädern, die insbesondere beim Runterschalten nur lautstark zueinanderfinden.

Wahrheit Nummer fünf: Ein möglichst langer Abstand zwischen Vorder- und Hinterrad und ein sattes Gewicht stabilisieren häufig den Geradeauslauf, halten das Vorderrad am Boden und bringen Ruhe an Bord, schränken die Lebendigkeit im Kurvengewusel jedoch spürbar ein. Die kompakte und leichte Yamaha, die lange und mächtige BMW – das sind zwei unterschiedliche Welten, von denen die BMW-Galaxie hinreichend durch Schwester S und R bekannt ist, während sich die aktuelle FZ1-Ausgabe grundlegend vom bekannten Muster des letzten Jahrgangs unterscheidet. Ein spürbar sensibleres Federbein, mehr Feedback vom Vorderrad – welchen Anteil daran die andere Bereifung (Dunlop D 221 statt Michelin Pilot Road) spielt, muss offen bleiben. Tatsache ist jedenfalls, dass die 2007er-FZ1 deutlich an Fahrwerksqualitäten gewonnen hat, auch auf schlechter Wegstrecke präzise einlenkt und anschließend stabil auf Kurs bleibt.

Wahrheit Nummer sechs: Im Gegensatz zu den Yamaha-Fahrwerksbemühungen hat die radikale Bremsenkur bei der Bayern-K nicht den durchschlagenden Erfolg gebracht, den viele durch das Weglassen des Bremskraftverstärkers erwartet hatten. Wohl ist das lästige Fiepen verschwunden, aber die Dosierbarkeit der teilintegralen Anlage lässt weiterhin zu wünschen übrig. Viel Leerweg, danach ein schwammiger Druckpunkt – wäre da nicht die brachiale Wirkung, die zusammen mit dem langen Radstand, der kaum eintauchenden Duolever-Vorderradführung und dem nahezu perfekten ABS fulminant kurze Anhaltewege ermöglicht, man würde diese Bremse nicht mögen. Ganz im Gegensatz zum Yamaha-Pendant. Traumhaft dosierbar und mächtig zubeißend, überzeugt diese Lösung auf der ganzen Linie. Und ist nun ebenfalls mit einem Antiblockiersystem ausgestattet, welches allerdings nicht so fein wie das der BMW regelt.

Wahrheit Nummer sieben: Als sich die Motorenentwickler auf Leistungssuche begaben, müssen sie zumindest in München absolut sicher gewesen sein, dass ihr Triebwerk niemals unverhüllt in diesem Motorrad zur Schau gestellt wird. Anders lässt sich die formale Katastrophe nicht erklären, die beinahe liegend im Untergeschoss der R Sport lauert. Schläuche, Kabel, Wasserpumpe im Zylinderkopf, eine riesige Lücke zwischen Kühler und Zylinderbank. Bei der S sieht man das nicht, bei der provokanten R geht es noch als Mut zur Hässlichkeit durch, bei der K Sport sprengt es die Grenzen des guten Geschmacks und lässt das aufgeräumtere, indes keinesfalls schicke Yamaha-Triebwerk richtig gut aussehen.

Wahrheit Nummer acht: Irgendwann werden die Bayern zwei weitere Räder als Option anbieten. Das liegt jedenfalls nahe, wenn man das Werkszubehör am Testmotorrad betrachtet: ABS, ESA, Bordcomputer, Reifenluftdruckkontrolle, Sechs-Zoll-Hinterrad, Heizgriffe – das alles würde einem Mittelklasseauto gut anstehen. Wer hingegen Fazer fährt, merkt schnell, dass man ohne Infotainment ebenfalls über die Runden kommt und den Luftdruck kostenlos an jeder Tankstelle kontrollieren kann.

Wahrheit Nummer neun: 16605 Euro rufen die Münchner für die Testmaschine auf, der Basispreis – ohne so sinnvolle Extras wie ABS, Heizgriffe oder elektrisch einstellbares Fahrwerk – liegt immer noch bei 14100 Euro. Plus Nebenkosten, versteht sich. Was man dafür anderswo bekommt, mag sich jeder selbst ausrechnen. Bei Yamaha liegt es auf der Hand. Eine FZ1 Fazer und knapp 6000 Euro bar auf die Kralle. Inklusive ABS, versteht sich.

Bei Wahrheit Nummer zehn schließt sich der Kreis und man landet wieder am Anfang: Die K 1200 R Sport sichert sich dank bekannter Stärken wie dem antrittsstarken Motor, dem guten Komfort und dem stabilen Fahrwerk den Punktsieg, die Yamaha liegt beim Preis-Leistungs-Verhältnis weit vorn. Trotzdem müssen sich beide Fragen gefallen lassen. Im Fall der K 1200 R Sport ist die erste, ob diese Nische nicht doch zu winzig für ein so großes Motorrad war.

Die zweite, zentralere und die gesamte Baureihe betreffend: Was um Gottes Wil-len rechtfertigt diesen Preis? Von Yamaha wüsste man gerne, ob es nicht möglich ist, diesem Motor eine bärige, landstraßenkonforme Leistungscharakteristik zu verpassen und dafür auf eine Handvoll PS oben herum zu verzichten. Siehe Wahrheit Nummer eins.

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Technische Daten BMW K 1200 R Sport - Technische Daten BMW K 1200 R Sport

Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei Ausgleichswellen, zwei oben liegende, zahnrad-/kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Schlepphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, ø 46 mm, geregelter Katalysator, Drehstromlichtmaschine 580 W, Batterie 12 V/14 Ah, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kardan.
Bohrung x Hub 79,0 x 59,0 mm
Hubraum 1157 cm3
Verdichtungsverhältnis 13,0:1
Nennleistung
120,0 kW (163 PS) bei 10250/min
Max. Drehmoment 127 Nm bei 8250/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Doppellängslenker aus Aluminium (mit ESA: verstellbare Zugstufendämpfung), Zweigelenk-Einarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung (mit ESA: verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung), Doppelscheibenbremse vorn, ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, ø 265 mm, Zweikolben-Festsattel.

Alu-Gussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Bereifung im Test Pirelli Diablo »E«
Maße und Gewichte
Radstand 1580 mm, Lenkkopfwinkel 61,0 Grad, Nachlauf 101 mm, Federweg v/h 115/ 135 mm, Sitzhöhe* 830 mm, Gewicht vollgetankt* 246 kg, Zuladung* 204 kg, Tankinhalt 19,0 Liter.

Gewährleistung zwei Jahre
Service-Intervalle alle 10000 km
Farben Blau, Silber
Preis 14100 Euro
Preis Testmotorrad** 16605 Euro
Nebenkosten 269 Euro

Technische Daten Yamaha FZ1 Fazer ABS - Technische Daten Yamaha FZ1 Fazer ABS

Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, je zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, fünf Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, ø 42 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 560 W, Batterie 12 V/11 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 77,0 x 53,6 mm
Hubraum 998 cm3
Verdichtungsverhältnis 11,5:1
Nennleistung
110,3 kW (150 PS) bei 11000/min
Max. Drehmoment 106 Nm bei 8000/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, ø 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, Scheibenbremse vorn, ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, ø 245 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17
Bereifung im Test Dunlop D 221


Maße und Gewichte
Radstand 1460 mm, Lenkkopfwinkel 65,0 Grad, Nachlauf 109 mm, Federweg v/h 130/ 130 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 230 kg, Zuladung* 180 kg, Tankinhalt 18,0 Liter.
Garantie zwei Jahre
Service-Intervalle alle 10000 km
Farben Blau, Grau, Rot
Preis 10689 Euro
Nebenkosten 170 Euro

Platz 1 - BMW K 1200 R Sport

BMW K 1200 R Sport Am Punktsieg
ist nicht zu rütteln, die neue K 1200 R Sport hat alle
guten K 1200-Eigenschaften. Der Preis ist viel zu hoch.

Platz 2 - Yamaha FZ1 Fazer

Yamaha FZ1 Fazer Der Modelljahrgang 2007 ist besser gelungen als der vergangene.
Die Motorcharakteristik leider immer noch nicht.

Kommentar Motor

In allen Fahrleistungskriterien liegt die BMW vorne. Aber das spielt eigentlich keine Rolle. Entscheidend ist die Motorcharakteristik, und diesbezüglich ist der 1200er dem Yamaha-Triebwerk meilenweit voraus. Da hilft es der Fazer auch nicht entscheidend weiter, dass ihre Lastwechselreaktionen deutlich angenehmer ausfallen. Dafür hat Yamaha mittlerweile gelernt, gute Getriebe zu bauen – und übersetzt trotzdem zu lang.

Kommentar Fahrwerk

Die zentralen Fahrwerkskriterien gestalten sich sehr unterschiedlich.
Die Fazer setzt vor allem auf Handlichkeit, die K 1200 R Sport auf Stabilität. Die Rückmeldung ist auf der BMW wegen des Duolevers praktisch nicht vorhanden, die Schräglagenfreiheit auf der Fazer überraschend gering. Dank ESA sammelt die BMW bei den Ein-
stellmöglichkeiten volle Punktzahl.
Sie fährt auch mit Sozius sehr gut.

Kommentar Alltag

So unterschiedlich die Konzepte, so unterschiedlich die Ergonomie. Kompakt und versammelt auf der Fazer, bei welcher der breite Tank ein wenig die Harmonie stört. Etwas gestreckter, aber sehr relaxed auf der K 1200 R Sport, die allerdings in der zweiten Reihe abfällt. Der Windschutz ist auf der BMW besser, weil weniger turbulent. Dafür bietet
die Fazer bessere Sicht in den Spiegeln
und einen Hauptständer.

Kommentar Sicherheit

Fulminante Bremswirkung bei bescheidener Dosierbarkeit im Fall der BMW,
satte Wirkung bei feiner Dosierbarkeit bei der Yamaha – in dieser Hinsicht liegt die Fazer vorn. Dafür regelt das ABS
der K 1200 feiner, die Kickback-Tendenz ist geringer.

Kommentar Kosten

Ein Patt auf niedrigem Niveau, denn diese
Boliden wollen unterhalten sein. Die Yamaha ist etwas sparsamer, die BMW bei den Inspektionen ein wenig günstiger.

Kommentar Preis-Leistungs-Verhältnis

Bestes Preis-Leistungs-verhältnis: Die Yamaha als Preistipp überrascht jetzt wirklich nicht. Angesichts ihres Preises hätte die BMW in der 1000-Punkte-Wertung wohl 1200 Punkte holen müssen, um eine Chance zu haben.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023