Bei der Modernisierung der Mittelklasse setzt Yamaha auf konsequenten Neubeginn statt auf Weiterentwicklung. Und das mit hohem Tempo: Schon im Oktober stehen die neuen FZ6 bei den Händlern.
Bei der Modernisierung der Mittelklasse setzt Yamaha auf konsequenten Neubeginn statt auf Weiterentwicklung. Und das mit hohem Tempo: Schon im Oktober stehen die neuen FZ6 bei den Händlern.
Namen sind Schall und Rauch. Modellbezeichnungen nicht. Bei den neuen Yamaha deuten sie an, welch radikaler Wandel sich gerade vollzieht. FZ6 heißt kurz und bündig die unverkleidete Variante der künftigen Mittelklasse-Yamaha, das halbverkleidete Modell bewahrt mit dem Zusatz »Fazer« wenigstens einen Anklang an die bekannte und noch immer außerordentlich beliebte Vorgängerin FZS 600 Fazer.
Technisch und damit auch optisch bewahren die Neuen rein gar nichts von der Alten. Vom Stahlrohrrahmen zum Aluminium-Druckgusschassis, vom Vergaser-Motor mit FZR-600-Abkunft zu einem von der YZF-R6 abgeleiteten, äußerst kompakt gebauten Triebwerk mit Einspritzung und Kat, von schmalen zu breiten Reifen, von altväterlich anmutenden Instrumenten zur digitalen Hightech-Anzeige die Liste der Revolutionen ließe sich beliebig lange fortsetzen. Bis hin zum deutlich von der MV Brutale inspirierten Scheinwerfer des unverkleideten Modells. Der wäre
an einer nackten FZS vom alten Schlag schlicht undenkbar.
Dass die moderne Technik nicht nur wegen der versprochenen besseren Eigenschaften eingesetzt wird, sondern Yamaha auch erlaubt, das Motorenprogramm zu straffen, den Rahmenbau zu rationa-
lisieren, kurz: Kosten zu sparen, sei nur am Rande vermerkt. Für künftige Käufer der FZ6 ist vor allem interessant, was
sie von der Weiterentwicklung haben. Und da kommt nach der Papierform zu urteilen eine ganze Menge zusammen. Durch den Alurahmen, den neuen Motor und leichtere Räder spart die FZ6 Fazer gegenüber der alten FZS sieben Kilo-
gramm ein, was ihr Gewicht fahrfertig voll-
getankt in die Nähe der 200-Kilogramm-Marke drückt. Die unverkleidete Variante müsste sogar knapp darunter liegen.
Es hat wohl mit dem neuen 120er-Vorderreifen zu tun, der systembedingt nicht den guten Geradeauslauf des früheren 110ers erreichen kann, dass die fahrwerksgeometrischen Daten deutlich in Richtung Stabilität getrimmt wurden. Die Yamaha-Entwickler verlängerten Radstand und Nachlauf um 25 und 9 Millimeter und stellten den Lenkkopf um ein Grad flacher an. Schließlich soll auch ein fett bereiftes Motorrad nicht als Zappelphilipp über die Straßen flitzen. Als Ergänzung bekamen die Schwestern FZ6 sehr lange Hinterradschwingen, die den Einfluss von Antriebskräften auf Federung und Lenkung minimieren. Was beim scharfen Beschleunigen der Fahrwerksruhe zugute kommt.
Die Fahrleistungen dürften sich nur maßvoll von denen der FZS 600 unterscheiden, weil der neue Motor gerade drei PS mehr Leistung und zwei Nm mehr Drehmoment bringt. Allerdings vermag er dank Sekundärluftsystem und eines nicht näher bezeichneten Katalysators die Euro-
2-Schadstoffgrenzwerte gleich um die Hälfte zu unterbieten. Angesichts immer engerer Abgas- und Geräuschrestriktionen ein gelungener technischer Befreiungsschlag, der allen nützt. Dem Fahrspaß, der Umwelt und dem guten Gewissen.
Bevor nicht die ersten Serienexemplare zu sehen sind, lässt sich natürlich nicht sagen, ob die FZ6 in Sachen Verarbeitungsqualität so viel zu bieten hat wie die sorgfältig gebaute FZS. Was die Ausstattung betrifft, so kann die Neue, die geringfügig teurer als die Vorgängerin (6990 Euro) werden soll, immerhin eine Auspuffanlage aus Edelstahl für sich geltend machen. Mit zwei aufwendig unter dem Heck verlegten Endschalldämpfern, die jetzt nicht mehr die Soziusfußrasten in unkomfortable Höhen drängen und den gegen Aufpreis erhältlichen Koffern keinen Platz mehr wegnehmen.
Andererseits befremdet die Wahl der vorderen Bremsen doch ein wenig. Die beiden FZ6 tragen simple Doppelkolben-Schwimmsättel, die zwar keine schlech-
ten Bremsleistungen erwarten lassen,
aber bei der Dosierbarkeit und beim
Verschleißbild der Bremsbeläge gegen-
über hochwertigen Festsätteln tendenziell Nachteile bringen. Außerdem passt die Rundlichkeit der Akebono-Schwimmsättel nicht wirklich zum sonst so modernen
Design. In diesem einen Punkt wenigstens hätte Yamaha ruhig etwas von
der alten FZS übernehmen können: die
gewohnten einteiligen Bremszangen, mit den blau eloxierten Verschlussstopfen.
Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, elektronische Saugrohreinspritzung, Ø 36 mm, Motormanagement, Katalysator mit Sekundärluftsystem, E-Starter.Bohrung x Hub 65,5 x 44,5 mmHubraum 600 cm3Verdichtungsverhältnis 12,2:1Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 12000/minMax. Drehmoment 63 Nm (6,4 kpm) bei 10000/minKraftübertragung: Primärantrieb über Zahnräder, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette. Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluguss, Telegabel, Standrohrdurchmesser 43 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, schwimmend gelagerte Bremsscheiben, Ø 298 mm, Doppelkolbensättel, Scheibenbremse hinten, Ø 245 mm, Zweikolbensattel.Alugussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17Fahrwerksdaten: Radstand 1440 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 98 mm, Federweg v/h 130/120 mm.Garantie zwei Jahre ohne KilometerbegrenzungFarben FZ6 Rot, Schwarz, SilberFZ6 Fazer Silber/Schwarz, Blau/SchwarzPreis zirka 7000 Euro