Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) wird geändert, genauer gesagt § 6, der die Ausführungsvorschriften regelt. Laut einem Schreiben der Bundesregierung sei der Paragraph "durch vielfache Änderungen und Ergänzungen unübersichtlich geworden". Um das Risiko einer falschen Rechtsanwendung zu minimieren und das Gesetz sowie seine Anwendung für uns alle transparenter zu machen, wird der § 6 des StVG verkürzt und vereinfacht.
Straßenverkehrsgesetz soll übersichtlicher werden
Rechtsverordnungen sollen laut den Änderungen (Drucksache 432/21) aus folgenden Gründen zulässig sein:
1. zur Abwehr von Gefahren, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen,
2. zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen, die von Fahrzeugen ausgehen,
oder 3. zum Schutz der Verbraucher.
Auch von Rechtsverordnungen zum Schutz "der Wohnbevölkerung oder der Erholungssuchenden vor Emissionen, die vom Verkehr auf öffentlichen Straßen ausgehen, insbesondere zum Schutz vor Lärm oder vor Abgasen, (…)" ist in der Gesetzesänderung die Rede. Darüber hinaus werden "Sonderregelungen an Sonn- und Feiertagen" in dem Gesetzesbeschluss des Bundestags erwähnt.
Nun könnte der Eindruck entstehen, dass die neuesten Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes eine rechtliche Grundlage für Fahrverbote für Motorradfahrer schafft. Dies ist aber nicht der Fall, denn schon in der letzten Fassung wird der durch die Änderungen transportierte Inhalt abgebildet. In § 6 stand bereits zuvor: "Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen über (…) den Schutz der Wohnbevölkerung und Erholungssuchenden gegen Lärm und Abgas durch den Kraftfahrzeugverkehr und über Beschränkungen des Verkehrs an Sonn- und Feiertagen".
Wann wer geschützt werden muss oder darf ist nicht weiter ausgeführt, was natürlich viel Raum lässt für Interpretation und Argumentation. Besonders auf das viel diskutierte Lärmthema wird nicht genauer eingegangen. Das konkreter zu regeln wäre aber auch Sache des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, das bereits Fahrverbote und Verkehrseinschränkungen in einem gewissen Rahmen regelt.
Einwände des Bundesrats
Ein vorangegangener Entwurf des Bundestags zum "Vierten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" sah sogar vor, dass Rechtsverordnungen "aus Gründen der Eilbedürftigkeit" auch ohne Zustimmung des Bundesrats erlassen werden können. Dem stimmte der Bundesrat nicht zu, da er seine Mitbestimmungspflicht verletzt sah, vor allem weil Regelungen dieser Art oft in die Verwaltungshoheit der einzelnen Bundesländer eingreifen würden.
Den Kerngehalt des Vorschlags begrüßt der Bundesrat allerdings, weswegen er dem "Vierten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" am 28.5. zugestimmte.
Änderungen im StVG zur Datenerhebung
Paragraf 63e widmet sich der Datenerhebung und der Frage, wie die Daten gespeichert werden und für was sie verwendet werden dürfen. Für das Verkehrsmanagement darf die zuständige Behörde jede Menge Daten erheben, speichern und verwenden. Und zwar dann, wenn "sie von Kraftfahrzeugen regelmäßig oder ereignisbezogen auf elektronischem Weg erhoben werden und soweit sie [die Daten] aus diesen Fahrzeugen an andere Kraftfahrzeuge oder an die informationstechnische Straßeninfrastruktur automatisiert versendet werden. Dabei geht es um folgende Informationen:
- Position des Fahrzeugs,
- Zeitangabe,
- Fahrtrichtung,
- Geschwindigkeit,
- Beschleunigung oder Verzögerung,
- Lenkwinkel,
- Lenkradwinkel,
- Fahrzeugbreite,
- Fahrzeuglänge,
- Status der Fahrzeugbeleuchtungseinrichtungen und der Scheibenwischer,
- Drehbewegung um die Fahrzeughochachse,
- Fahrzeugcharakteristik: Pkw, Lkw, Krad, öffentliches Verkehrsmittel, Fahrzeug mit Sonderrechten oder Fahrzeug des öffentlichen Personennahverkehrs, plötzlich eintretende Ereignisse mit Sicherheitsrelevanz, auf Grund derer ereignisbasierte Fahrzeugmeldungen generiert werden: Stauende, Notbremsung, vorübergehend rutschige Fahrbahn, Tiere, Personen, Hindernisse, Gegenstände auf der Fahrbahn, ungesicherte Unfallstellen, Kurzzeitbaustellen, eingeschränkte Sicht, Falschfahrer, nicht ausgeschilderte Straßenblockierungen oder außergewöhnliche Witterungsbedingungen,
- ZertifikatsID der in den Nummern 1 bis 13 genannten Daten.
Bis Motorräder all diese Daten sammeln und automatisiert an andere Fahrzeuge oder an die "informationstechnische Straßeninfrastruktur" weitergeben ist es allerdings noch eine Weile hin. Zukunftsmusik sozusagen.
In einer früheren Version des Artikels berichteten wir von einer neuen Grundlage für Fahrverbote für Motorräder. Das ist bei der Änderung des §6 StVG aber nicht der Fall. Bei der Neufassung geht es um eine redaktionelle Überarbeitung. Sie soll laut Bundesregierung "eine effiziente Anwendung ermöglichen." Der "Ermächtigungsumfang und Anwendungsbereich" soll dabei erhalten bleiben, aber nicht ausgeweitet werden.