Eigentlich vereint die BMW R 80 sämtliche guten Eigenschaften der vorangegangenen Straßenboxer. Aber alle Sätze, die mit eigentlich anfangen, haken irgendwo: Die 800er, 1984 präsentiert und bis 1992 nahezu unverändert gebaut, hat auch einige Schwächen übernommen. Deshalb dürfen Berichte, wonach Besitzer über Jahre keine einschlägige Selbsthilfe-Literatur zur Hand nahmen, schlicht als unlauter gelten. Denkbar wäre natürlich auch, daß alle R 80-Besitzer brav zum BMW-Händler gehen, doch gegen diese Variante spricht der Umstand, daß gerade diese Klientel alle guten Eigenschaften der BMW-Fahrer übernommen hat. Eigentlich.Also synchronisieren die Bayern-Fans demütig ihre Bing-Vergaser, wenn der Motor nur mühsam und ungleichmäßig in mittlere Drehzahlhöhen klettert. Den dummen Gaszugverteiler nämlich, der den Gleichklang immer wieder durcheinanderbringt, hat die R 80 geerbt. Ebenso bücken sie sich gelegentlich tief unters Krad, linsen zwischen Motor und Getriebe in den Lüftungsschlitz des Kupplungsflansches und fahnden solcherart nach einem defekten Dichtring des hinteren Kurbelwellenlagers. Erst jüngste technische Fortschritte versetzten Anfang der 90er auch BMW in die Lage, diese Schwachstelle abzustellen, aber R 80 der ersten Baujahre tropfen schon noch ab und zu.Bei diesen Exemplaren hapert es oft genug auch mit den Ventilsitzen. Erst parallel zur Einführung der R 100 GS/R80 GS im Jahr 1988 fand man in München eine Metallegierung, die permanenten Einsatz bleifreien Benzins gestattet. Bei allen älteren Modellen halten die Sitze selbst bei regelmäßiger Kontrolle des Ventilspiels selten länger als 50000 Kilometer. Es gibt übrigens Leute, die diesen Fortschritt bedauern, weil Wartungsarbeiten, also auch das Einstellen der Ventile, beim alten Zweiventil-Boxer so rasch von der Hand gehen. Gehörte irgendwie dazu, genau wie die regelmäßige Versorgung mit bleihaltigem Stoff. So jede dritte, vierte Tankfüllung und vor schnellen Autobahnfahrten sowieso. Aber wie gesagt, die neuen Sitze halten ebenso sicher wie die neuen Dichtringe. Wer seine alte R 80 umrüsten möchte, sollte genau abwägen, ob er den Kopf austauscht (die neue Kopfvariante führt Wärme im Bereich der Auslaßventile besser ab) oder nur neue Ventile, Sitze und Führungen installieren läßt (der ausführende Betrieb sollte damit Erfahrung haben, Kosten: gut 650 Mark).Ein neues Leiden konstruierten die BMWler in den Boxer, als sie ihm statt der alten Duplex- eine Simplexkette für den Antrieb der Nockenwelle verpaßten. Deren Spanner taugte anfangs nicht viel, ekliges Klappern bei Leerlaufdrehzahl kündet von seinem baldigen Ende. Die Motorbasis, also Kurbel- und Nockenwelle samt Lagern, Kolben und Zylindern, darf als durchaus beständig gelten und verträgt leicht Laufleistungen über 100 000 Kilometer. Öl verbraucht der urige Bayer nur in Maßen, lediglich scharfe Landstraßenfahrt kostet schon mal ein Viertele extra. Beim Benzin plagt auch die R 80 der landestypische Durst, sie trinkt es bei forscher Fahrweise gleich maßweise, und Versuche, diese Unart durch tiefergehängte Düsennadeln zu mildern, sind nicht ganz legal und verlangen vor allem bei schneller Autobahnfahrt äußerste Vorsicht. Immer schön via Kerzenbild kontrollieren, ob der Motor nicht zu mager läuft. Trotzdem: Auf Verbrauchswerte eines moderneren japanischen Twins à la NTV 650 läßt sich die Gummikuh niemals drücken.Die Qualität japanischer Getriebe bleibt ihren Fahrern ebenfalls vorenthalten, wenngleich sich die unverändert aus der R 80 G/S übernommene Box recht leicht schalten läßt. Mit etwas Übung springen auch keine Gänge mehr raus, BMW-Neulinge sollten also den Eindruck bei einer Probefahrt nicht allzu hoch bewerten. Dann schon lieber auf die Geräusche von Getriebe und Hinterradantrieb achten, denn manchmal schlagen die Lager der Wellen aus (häßliches Rumpeln), selten gibt ein Getrieberad den Geist auf (Heulen im entsprechenden Gang), oder der Winkeltrieb am Hinterrad hat Zahnsorgen (ständiges Heulen).Das Fahrwerk ist eigentlich ganz passabel, doch wie das so ist bei Sätzen mit eigentlich: Es reicht zum Touren vollauf, aber wer von einem Jetztzeit-Bike umsteigt, wundert sich, wie munter die BMW in schnellen Kurven rührt. Auf der Autobahn, im Bereich der leistungsgemäßen Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h, pendelt sie deutlich, aber harmlos. Bei montiertem Windschild jedoch oder vollen Packtaschen muß – je nach Reifenzustand – das Harmlos gestrichen werden. Vorteilhafter ist die Lenkerverkleidung der BMW S-Modelle, und die bietet immer noch guten Windschutz. Die Domäne der R 80 sind ganz klar Landstraßen aller Ordnung, denn da kann sie ihre gute Handlichkeit ausspielen, da glänzt auch der Motor mit seiner harmonischen Leistungsentfaltung und seinem ordentlichen Durchzug.Andererseits gehen Landstraßen oft genug steil bergab, und deshalb tragen die allermeisten 800er eine zweite Scheibenbremse im Vorderrad. Die eine serienmäßige nämlich, die reicht schon solo nur knapp. Begrüßenswert auch, wenn der Vorbesitzer auf Stahlflex-Bremsleitungen umgerüstet hat, denn die sorgen für etwas Ähnliches wie einen exakten Druckpunkt. Die hintere Trommel arbeitet grundsätzlich brav, aber unauffällig.Von Grundsätzen wiederum kann bei der Gabel keine Rede sein. Bei fast allen MOTORRAD-Testfahrzeugen funktionierte sie recht ordentlich, aber bei Referenz-Motorrädern aus Kundenkreisen sprach sie oft genug sehr schlecht an. Schuld sind Verspannungen, die von einem schlecht montierten oder angepaßten Stabilisator herrühren (siehe auch Lesererfahrung von Fritz Groß) sowie erhebliche Fertigungstoleranzen beim Lieferanten Marzocchi. Das tiefe Abtauchen beim Bremsen vermindern entweder Federn von White Power und anderen Anbietern oder diejenigen aus den RT- und RS-Modellen. Ein kleineres Luftpolster in den Gabelrohren, sprich: ein höherer Ölstand, sorgt für mehr Progression der Federrate, von Versuchen mit dickflüssigerem Gabelöl ist abzuraten, weil dann wiederum das Ansprechverhalten allzu deutlich leidet. Das hintere Mono-Federbein schafft hart, aber ehrlich, wer häufig solo oder mit wenig Gepäck unterwegs ist, findet bei Koni einen etwas Bandscheiben-freundlicheren Ersatz.Während ihrer gesamten Bauzeit stand der unverkleideten R 80 das Tourenschiff RT zur Seite. Deren Verkleidung entspricht haargenau jener aus der R 100 RT, ein solide gefertigtes Teil mit enorm gutem Wetterschutz und ebenso enormer Geräuschkulisse. Die Staufächer in den Seitenteilen fungieren grundsätzlich als Regenrückhaltebecken, wie die oft eingebauten Autoradios und Lautsprecher Wasser verkraften, entzieht sich der Kenntnis der Redaktion. Ein Radio beim Motorrad fahren braucht ja auch niemand. Eigentlich.Der Spaß am Fahren sollte reichen, und den vermittelt die R 80 dank ordentlicher Verarbeitung sogar leicht über mehr als ein Jahrzehnt. Instrumente und Armaturen sind solider als sie ausschauen, der Lack hält auch in verborgenen Rahmenwinkeln, und die nötigen Verschleißteile kommen prompt und zu zivilen Preisen über den Ladentisch. Einschlägige Fachhändler wie Fallert in Achern und Wüdo in Dortmund bemühen sich nach wie vor rührend um den alten Boxer und liefern von Windschutzscheiben bis hin zu Tuningsätzen alles, was das Herz begehrt. Die meisten R 80-Nutzer beschränken sich auf sinnvolles Reise-Zubehör und werten den alten Boxer damit zu einem konzeptionell immer noch vorbildlichen Tourer auf: großer Tank, zwei prima Sitzpositionen, einfache Technik, hohe Zuladung und sehr gute Unterbringungsmöglichkeiten fürs Gepäck. Kein Wunder eigentlich, daß eine gebrauchte R 80 fast nie unter 5000 Mark weggeht.
Lesererfahrungen (Archivversion)
Eingeschlagene Ventilsitze oder zerbröselte Getriebe? Scheinbar haben die meisten R 80-Fahrer davon noch nie gehört. Insgesamt stellen sie dem 800er Boxer ein gutes Zeugnis aus.
Die R 80 habe ich im April 1987 neu gekauft. Seit Ablauf der Garantiezeit erledige ich alle Wartungs- und Reparaturarbeiten selbst. Sehr hilfreich ist dabei die original Reparaturanleitung für die Modelle R 65 – R 100 RT. Ich bin bis jetzt 53000 Kilometer gefahren und vollauf zufrieden. Hervorheben möchte ich den bulligen Durchzug aus niedrigen Drehzahlen, das stabile und wendige Fahrwerk und die guten Bremsen (Doppelscheibe). Der Benzinverbrauch hält sich mit fünf bis sechs Litern in Grenzen. Jede dritte Füllung tanke ich verbleites Benzin, um die Ventilsitze zu schonen. Das Getriebe läßt sich in warmem Zustand leicht und exakt schalten, allerdings klappert es seit jeher im Leerlauf.Das extrem unsensible Ansprechen der Gabel war auf den Gabelstabilisator zurückzuführen, der nicht genau plan auf der Auflagefläche der Tauchrohre auflag und deshalb Verspannungen verursachte. Das ist leicht zu prüfen, indem man den Stabilisator abbaut. Wenn nun die Gabel leichter anspricht, muß die Auflagefläche angepaßt werden. Ich habe 0,7 Millimeter der einer Seite des Stabilisators abgeschliffen. Das geht ganz gut mit Schmirgelleinen, den man auf eine Glasplatte spannt. Dabei aber immer kontrollieren, daß der Stabilisator absolut plan aufliegt. Das tiefe Eintauchen beim Bremsen wurde wurde durch höheren Ölstand (330 cm³, Bel Ray 7,5) gemildert. Fritz Groß, Enzenreuth/ÖsterreichEigentlich sollte es 1989 eine K 75 sein. Aber dann stand da eine R 80 mit gerade 2000 Kilometern beim Händler – und zu einem sehr guten Preis. Doch schon bald wurde mir klar, daß dieses Motorrad im Originalzustand eigentlich kaum fahrbar ist: Motor lahm, Sitzbank hart, Federung ebenso, Einscheiben-Bremse vorn hoffnungslos überfordert. Die faszinierende Welt des Boxer-Tunings ließ mich dann bis heute nicht mehr los. Und so reifte über die Jahre meine Kuh zu dem, was ich immer wollte: zu einem ganz individuellen, bequemen Tourer. Der Motor wurde auf 1000 Kubikzentimeter umgerüstet, die Zylinder gekürzt, Sportkolben eingebaut, die Nockenwelle ausgetauscht, eine Doppelzündung eingebaut, der Ventiltrieb entklappert (System Weitershall/Köln), der fünfte Gang länger übersetzt. Ergebnis: Der Motor kann sehr niedertourig gefahren werden, läuft weich und verhältnismäßig vibrationsarm. Das Fahrwerk wurde durch White Power-Federn vorne und ein entsprechendes Federbein erheblich komfortabler. Die Komfort-Sitzbank von Wüdo, eine große Windscheibe von Vetter sowie Heinrich-Beinschützer haben aus der nackten BMW einen echten Tourer gemacht. Übrigens ist die Original-Windscheibe genauso kriminell wie die Einscheiben-Bremse: Das Fahrverhalten sowie die Windgeräusche sind katastrophal. Was zur BMW dazu gehört wie ihr spezifischer Klang: das Wackeln und Schwabbeln in schnellen Kurven. Die einzigen Reparaturen während 65000 Kilometern: ein defekter Satz Dichtringe in der Vordergabel. Jetzt habe ich Faltenbälge montiert – und Ruhe.Michael Martin, TaunussteinIm Jahr 1987 habe ich meine R 80 neu gekauft und bin bis Anfang dieses Jahres 52000 Kilometer gefahren. Das Fahrwerk wurde mit White Power-Federn aufgerüstet – damit war der Fahrstuhleffekt fast behoben. Außerdem wurden Faltenbälge von der /7-Serie, Speichenräder von der R 100 R sowie runde Ventildeckel mit einem Öleinfüllstutzen montiert. Während der gesamten Zeit traten nur zwei Schäden auf: Bei 30000 Kilometern hatte sich der Tacho komplett aufgelöst, und bei 41000 Kilometrn ist die Getriebewelle abgerissen.Leider ist die Batterie nicht sehr haltbar, ich brauchte bis heute drei Stück. Heiko Meyer, BraunschweigMeine BMW R 80 (Baujahr 1991) ist quasi Familienmitglied: Erst fuhr sie der Bruder meiner Freundin, dann meine Freundin, jetzt ich. Der Tacho zeigt mittlerweile 85000 Kilometer. Zur Zeit ist sie auf 34 PS gedrosselt. Trotzdem zieht sie ab 3000/min gut durch und erlaubt flottere Touren durchaus, verbraucht allerdings 0,5 bis einen Liter mehr Benzin als vorher. Überholmanöver wollen aber gut überlegt sein. Das einzige richtige Problem hatte der erste Besitzer: Die Bolzen im Kardangelenk lösten sich langsam aus ihren Führungen, so daß das Hinterrad blockierte. Als Reifen haben sich die Michelin A 49/M 48 bewährt.Michael Bay, EssenAm 17. Oktober 1987 bestellte ich mir mein Traummoped – eine R 80 mit Hochlenker, Windschild, Heinrich-Tank und -Beinschildern, Doppelscheibenbremse und und und. Jetzt hat sie 126000 Kilometer runter, und unsere Freundschaft hält immer noch. An außergewöhnlichen Vorkommnissen traten bislang auf: Defekte Gabeldichtringe bei 13839 Kilometern. Nach 21050 die ersten Bremsbeläge. Die Bremsleitung wurde gegen Stahlflex-Leitungen von Spiegler getauscht, wodurch sich die Bremse feinfühliger dosieren läßt. Bei 59113 wurde die Kupplung neu belegt. Bei 74507 dann eine neue Steuerkette sowie neue Lager für die Getriebewellen. Inzwischen habe ich das dritte Federbein eingebaut und die Gabelfedern durch White Power-Teile ersetzt. Bei 100000 waren ein neues Lenkkopflager sowie neue Ventile inklusive Führungen fällig. Beim Zerlegen zeigte sich, daß die Laufflächen keine Spuren aufwiesen. Bei 115000 wurden die Bremsscheiben und bei 120000 die Schalldämpfer gewechselt. Als Bereifung bevorzuge ich Metzeler ME33/ME99.Andreas Methfessel/WaldbronnIm Oktober 1993 habe ich meine R 80 RT neu gekauft und bin bislang 50000 Kilometer damit gefahren. Anfangs war der Motor bei niedrigen Temperaturen sehr startunwillig, bei der Firma Senger in Rüsselsheim waren diese Probleme bekannt, und man verschrieb meiner RT einen neuen Kabelsatz, der dem Steuergerät der Zündung eine bessere Masseverbindung garantierte. Weiteres Problem: die Federung. Vorn unsensibel und hinten mörderisch hart und zu schwach gedämpft. Abhilfe schafften andere Gabelfedern sowie ein Koni-Federbein. Und den ziemlich hohen Benzinverbrauch konnte ich von sieben auf zirka 5,7 Liter reduzieren, indem ich die Düsennadeln eine Position tiefer hängte.Jochen Westheimer, Wiesbaden