Da boomt etwas. Der Motorradmarkt befindet sich im Aufwind. 2013 wechselten 86.476 neue Motorräder den Besitzer, 2014 waren es 95.913 Stück. Auch 2015 sieht es sehr gut aus. Bis einschließlich September konnten die Hersteller in Deutschland 93.477 neue Motorräder verkaufen. Da muss man kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die Zahl von 2014 bis zum Ende des Jahres 2015 noch geknackt wird.
Lässt sich dieser positive Trend an bestimmten Motorrädern festmachen? Für eine Prüfung im Detail werfen wir den Blick auf die Topseller der zehn größten Motorradhersteller in Deutschland. Stehen sie als Modell schon seit Längerem an der Spitze bei BMW, Honda, Yamaha und Co. – oder sind sie frisch hinzugekommen?
BMW R 1200 GS weiterhin ganz vorn
Zumindest wenn der Blick auf den unumschränkten Topseller der größten Marke in Deutschland fällt, bleibt alles beim Alten. Das ist fast so wie in der Politik. Der Spitzenreiter, so etwas wie die Kanzlerin, ist immer der Gleiche. Die Rede ist von BMW (aktuell 23 Prozent Marktanteil, größter Hersteller) und der R 1200 GS. Die führt die Zulassungszahlen schon fast gewohnheitsmäßig an. Glauben Sie nicht? Dann hier ein paar Zahlen: 2005 lag die BMW R 1200 GS auf Platz eins, von Januar bis Oktober setzten die BMW-Händler 6645 Stück der Großenduro ab, 2012 lag die GS auf Platz eins, von Januar bis September griffen 5603 Kunden zu.
Und 2015 ändert sich daran nichts. Wieder liegt die BMW R 1200 GS auf Platz eins der Statistik von Januar bis September. Sie konnte 6675 Käufer für sich begeistern. Wenn das keine Konstanz ist, was ist es dann? Ist das nur eine Ausnahme, oder trifft das auch auf die weiteren Volumen-Stars der anderen Hersteller zu? Bevor wir uns den einzelnen Topmodellen der Hersteller genauer widmen, fördert der Blick in die Vergangenheit viel Interessantes zutage, was bei der Beantwortung der Frage Dauerbrenner oder neuer Star weiterhilft. Die Jahre 2013 und 2015 bilden die Grundlage der Analyse. Auf zu den Details.
Meistverkauftes Motorrad von Yamaha?
Zweitgrößter Hersteller 2015 ist Yamaha. Das in diesem Jahr meistverkaufte Motorrad der Japaner? Die Yamaha MT-07 – also ein neues Modell, das vor zwei Jahren noch gar nicht verfügbar war. Wobei die quirlige Yamaha für das Abziehbild eines Trends steht, der aktuell dem Hersteller aus Hamamatsu richtig auf die Sprünge geholfen hat. Die Rede ist von bezahlbaren, guten Motorrädern. Die sind, was Technik und Power betrifft, keine Spitzenreiter, aber sie bieten verlässliche Technik und narrensicheres Handling zu überschaubaren Kosten. Dass diese Motorräder sehr gefragt sind, machen die weiteren meistverkauften Motorräder der zehn größten Hersteller klar. Denn bei sieben von ihnen – außer bei Aprilia, BMW und Harley-Davidson – sind die Marken-Topseller Fahrzeuge, die weniger als 10.500 Euro kosten.
So auch bei der Yamaha MT-07. Für 6400 Euro wechselt sie samt ABS den Besitzer. Ein richtig gutes Angebot, das die Verkäufe von Yamaha förmlich beflügelt hat. 2013 griffen 5221 Kunden zu Motorrädern mit den gekreuzten Stimmgabeln. 2015 waren es 10.715. Oder anders ausgedrückt: Drohte Yamaha 2013 noch im Niemandsland der Zulassungsstatistik zu verschwinden, sorgen aktuell 11,5 Prozent Marktanteil für den ersten Verfolgerplatz hinter BMW.
Honda drittgrößter Hersteller bei den Marktanteilen
Die Yamaha MT-07 veranschaulicht, wie wichtig budgetorientierte Motorräder sind, verdeutlicht aber auch, dass es im Programm eines Motorradherstellers nicht schaden kann, mit neuen, ansprechend designten, attraktiven Modellen Impulse für Käufe zu setzen.
Das fällt besonders auf, wenn man die Entwicklung von Yamaha im Vergleich zu Honda (aktuell 10,6 Prozent Marktanteil, drittgrößter Hersteller), Kawasaki (aktuell 10,6 Prozent Marktanteil, viertgrößter Hersteller), Suzuki (aktuell 7,4 Prozent Marktanteil, siebtgrößter Hersteller) und Harley-Davidson (aktuell 9,8 Prozent Marktanteil, fünftgrößter Hersteller) betrachtet:
- Honda 2013: 12.033 verkaufte Motorräder
- Honda bis September 2015: 9905 Stück.
Bei Kawasaki lauten die entsprechenden Zahlen für die beiden Jahre 9418 zu 9867; bei Suzuki 6222 zu 6962; bei Harley-Davidson 9968 zu 9189.
Motorradmarkt 2014 um 9,49 Prozent gewachsen
Honda, Kawasaki, Suzuki und Harley-Davidson weisen aktuell nur leicht gestiegene oder rückläufige Zahlen in der Gegenüberstellung der Jahre 2013 zu 2015 aus. Vor dem Hintergrund, dass allein 2014 der Motorradmarkt im Vergleich zum Vorjahr um 9,49 Prozent gewachsen ist und auch in diesem Jahr wieder ein Plus von über fünf Prozent ausweisen wird, eigentlich ein Unding.
Der positive Branchentrend spiegelt sich also nicht in den Verkäufen von Honda, Suzuki, Kawasaki und Harley-Davidson wider. Der Blick auf die Topseller dieser Hersteller liefert eine Erklärung: Die Honda NC 750 X, die Kawasaki ER-6-Modelle und die Suzuki GSR 750 sind keine schlechten Fahrzeuge, sind die Topseller ihrer Marke. Aber sie sind alle schon lange so oder leicht modellgepflegt im Programm.
Und sie sind fast alle teurer als die Yamaha MT-07, die realistisch betrachtet fast alles genauso gut kann wie die drei Letztgenannten. Fehlt noch Harley-Davidson: Die Harley-Davidson Forty-Eight als verkaufsstärkstes Bike geht immer. Seit 2011 wird sie jährlich mehr als 1000-mal verkauft. Dennoch: Bei den Amerikanern muss sich etwas tun. Die Company aus Milwaukee hat 2015 neben Honda bisher weniger Motorräder in Deutschland verkauft als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Das sollte bei der aktuellen Marktentwicklung zum Nachdenken anregen.
Das hat Triumph schon gemacht. Die Briten lagen 2013 noch auf Platz sieben der Zulassungsstatistik. 5666 ihrer Zweiräder wechselten in diesem Zeitraum den Besitzer. Einschließlich September 2015 waren es aber nur 4680 Stück (fünf Prozent Marktanteil, neuntgrößter Hersteller). Auch hier ist ein negativer Trend zu beobachten. Triumph hat darauf schon reagiert, seine Classic-Linie für das Jahr 2016 überarbeitet. Das wird sicherlich für entsprechende Kaufanreize im angesagten Retro-Umfeld sorgen und Triumph wieder weiter nach vorne schieben.
Ducati wagt Schritt in ungewohnte Richtung
Dass ein klassisch angehauchtes Motorrad ordentlich Schwung in eine Marke bringen kann, demonstriert in diesem Jahr Ducati (aktuell 5,8 Prozent Marktanteil, achtgrößter Hersteller). Standen die Motorradbauer aus Bologna zuletzt eher für rassige Sportbikes und rasante Landstraßenkracher à la Monster, so sind sie mit der Ducati Scrambler einen gehörigen Schritt in die andere Richtung gegangen.
Den alten, luftgekühlten L-Twin wiederbelebt, in der Leistung beschnitten, im Drehmomentverlauf optimiert und ihn in ein ansehnliches Kleid gepackt: Was sich auf den ersten Blick als Nische im Programm der Italiener hätte erweisen können, hat sich 2015 zum handfesten Ducati-Topseller gemausert. 1543 Kunden griffen bei der Ducati Scrambler zu. Und es wären sicherlich noch mehr, wenn man so schnell hätte liefern können, wie die Orderwünsche ins Haus flogen.

Ebenfalls zu den stärksten Marken 2015 gehören KTM (aktuell neun Prozent Marktanteil, sechstgrößter Hersteller) und Aprilia (aktuell 1,3 Prozent Marktanteil, zehntgrößter Hersteller). Die bestverkauften Bikes der beiden hören auf die Namen KTM 690 SMC R und Aprilia Tuono V4 1100. Die Supermoto-Österreicherin kommt auf 1337 Einheiten. Als Vertreterin der „Quer siehste mehr“-Fraktion ist die 690er zwar kein Sonderangebot, bleibt aber immer noch diesseits der 9000-Euro-Marke. Und würzt ihren Einstandspreis mit einer gehörigen Portion Unvernunft.
Die begeistert neben alten Hasen vor allem viele A2-Führerschein-Neulinge. Die sind schon gedrosselt mit der KTM 690 SMC R nicht schlecht motorisiert unterwegs, nach zwei Jahren gibt es dann eine gehörige Schippe an Leistung obendrauf. Die Supermoto sehen viele gleich zu Beginn ihrer Zweiradzeit als lohnende Investition für eine lange Motorradbeziehung. Dass die Österreicher mit dem kontinuierlichen Ausbau ihres Modellprogramms viel richtig gemacht haben, illustrieren auch hier die Zulassungszahlen der vergangenen Jahre.
2013 entschieden sich noch 6902 Käufer für eine neue KTM, aktuell wuchs diese Zahl auf 8444. Eigentlich hätte gerade KTM das passende Material im Programm, um der Nummer eins in dieser Übersicht gefährlich zu werden. KTM 1190 Adventure und KTM 1290 Super Adventure setzen auf die gleichen Tugenden wie die BMW R 1200 GS. Anzutreffen sind sie aber erst auf den Plätzen 48 und 50 der Zulassungsstatistik. In Summe entschieden sich 1118 neue Adventuristen für die beiden Modelle. Der Abstand zu den 6675 verkauften GS bleibt ein großer.
Bestseller von Aprilia lautet Tuono V4 1100
Von diesen Zahlen träumen sie bei Aprilia. Die Aprilia Tuono V4 1100 als Bestseller der zehntgrößten Marke liegt nur auf Platz 67 (388 Stück) aller Neuzulassungen. Dabei bringt sie eigentlich alles mit, was fürs richtige Kitzeln im Bikerbauch sorgen sollte: tolle Optik, satte Leistung, wertige Machart. Aber auch einen gehobenen, angemessenen Preis. Die Aprilia begeistert, weil sie mit ihrem leistungsstarken V4-Motor ein formidabler Vorwärtsprescher ist. Nur scheint das, was für den emotionalen Kick sorgt, für viele schon ein wenig zu viel zu sein. Den Italienern fehlt einfach ein massenkompatibles Motorrad. 2011 verkauften sie noch 1953 Fahrzeuge, 2015 sind es bisher nur 1244.
Was die aktuelle Statistik fürs Jahr 2015 auch zeigt: In Deutschland fährt man am liebsten aufrecht. Sportler finden sich nicht unter den Topsellern der größten Marken und auch nicht unter den ersten zehn der gesamten Zulassungszahlen. Erst mit der BMW S 1000 RR auf Platz 18 (1123 Stück) folgt die häufigste Wahl aller Freunde der gebückten Motorradfortbewegung. Als Technologieträger, als Maßstab im Wettstreit leichter, leistungsstärker und maximiert auf die schnelle Hatz, sind sie nach wie vor ein wichtiges Entwicklungsumfeld für die Motorradhersteller. Als Verkaufsschlager taugen sie indes nicht mehr. Unterm Strich bleibt beim Blick auf die meisten Topseller der zehn größten Hersteller festzuhalten: Wer in Deutschland Stückzahlen verkaufen will, muss den Preis im Auge behalten und dafür ein handliches, flexibel nutzbares Bike im Portfolio haben, das auch beim Design nicht in Richtung altbacken abfällt. Oder eben eine BMW R 1200 GS im Programm führen.
Motorrad-Neuzulassungen - Gesamtergebnis des Jahres 2015





Platz 1: BMW

Die BMW R 1200 GS ist der unangefochtene Spitzenreiter der Zulassungsstatistik. 6675 Käufer bis Ende September 2015 können nicht irren. Die Zahl ist beeindruckend. Dass es sogar mehr als doppelt so viele Einheiten sind, wie Yamaha von der MT-07, der Zweitplatzierten dieser Hitliste, im gleichen Zeitraum absetzen konnte, untermauert den Status der GS nochmals. Dabei ist die BMW kein Sonderangebot. Ab 14.950 Euro ist sie zu haben. Ohne weiteres Zubehör. Das wird bei BMW traditionell gerne geordert. Die Käufer scheinen die Extras in Sachen Preis nicht zu schrecken. Voll ausgerüstet übertrifft die R 1200 GS Adventure, die bei den Zulassungen mit der normalen GS als ein Modell geführt wird, die 20.000-Euro-Marke locker.
Damit markiert die BMW R 1200 GS unter den Topsellern der zehn größten Hersteller schon fast eine Ausnahme. Nicht einmal die auch deutlich über 15.000 Euro kostende Aprilia Tuono V4 1100 vermag in diese Regionen vorzustoßen. Bleibt die Frage, warum Motorradfahrern die GS so viel wert ist? Auch wenn es im Einzelfall differierte Antworten auf diese Frage gibt, sind die Merkmale Vielseitigkeit und Fahrbarkeit wohl zwei, die den Ausschlag geben. Mit der R 1200 GS geht alles. Und zwar auf hohem Niveau. Auf der Landstraße kann sie reisen und rasen, nimmt auch Abstecher über Schotterpisten nicht krumm. Auf der Autobahn verhelfen ihr geringer Verbrauch und toller Windschutz zu einem guten Stundenmittel.

Und dann ist da das Fahrverhalten: Wirkt die BMW R 1200 GS auf den ersten Blick und anfangs auch bei der Sitzprobe groß und mächtig, verfliegen diese Vorbehalte schon nach wenigen Metern. Der Enduro-Boxer lässt sich easy dirigieren, gibt keine Rätsel auf, winkelt flugs ab, spendet viel Vertrauen. In der Summe sind es diese Eigenschaften, welche die GS wohl wie kein anderes Motorrad auf dem Markt verknüpft. Und die BMW von Generation zu Generation weiter feinschleift.
Jede neue BMW R 1200 GS konserviert alle guten Eigenschaften des Vorgängers und setzt dem Ganzen noch ein paar Pluspunkte obendrauf. Dass BMW insgesamt vieles aus Sicht der Kunden richtig macht, zeigen die weiteren Modelle der Bayern unter den Top Ten der Zulassungsstatistik. Mit der R nineT, der R 1200 R und der S 1000 R finden sich noch drei weitere Zweiräder unter den ersten zehn. Die Grundlage dafür, dass BMW auch beim Marktanteil in Deutschland mit großem Abstand vorn liegt.
Platz 2: Yamaha

Kost’ fast nix, kann fast alles: So ließe sich die Yamaha MT-07 mit wenigen Worten beschreiben. Schließlich sind 6395 Euro für ein ABS-gebremstes Motorrad mit immerhin 75 PS Nennleistung nicht viel Kohle. So weit, so gut. Aus diesen Zutaten bauen viele Hersteller Motorräder. Aber bei Yamaha gingen sie noch einen Schritt weiter, versetzten die Hubzapfen des Reihentwins um 90 Grad. Heraus kommt ein Antrieb, der einen 90- Grad-V-Motor-imitiert. Warum das wichtig ist?
Weil diese Auslegung der Yamaha MT-07 ordentlich Charakter einhaucht. Der Motor pulsiert, lebt. Schon ganz unten im Drehzahlband liefert er überzeugenden Schub, drückt lässig in der Mitte und erklimmt mit Freude den Drehzahlbereich, in dem er seine Höchstleistung abliefert. Und das ist kurz bevor die Skalierung fünfstellig wird. Hinzu kommt: Die MT-07 fährt nur wenige Kilos mit sich spazieren. So bleibt sie trotz des breiten 180er-Hinterreifens äußerst leicht beherrschbar. So leicht, dass immer der Spaß im Vordergrund steht.

Nie wird es anstrengend, nie wird es brenzlig. Die Yamaha MT-07 macht allzeit auf richtig guten Kumpel. Okay, ihr Fahrwerk ist kein Ausbund an Stabilität, könnte mehr Reserven vertragen. Irgendwo muss der Kampfpreis ja herkommen. Aber unterm Strich können selbst gestandene Motorradtester damit locker leben, nachzulesen in der Dauertest-Zwischenbilanz (Ausgabe 23/2015). Für den Dauertest – und damit auch im richtigen Leben – sind die Kosten wichtig. Die MT-07 bleibt hier ihrer Linie treu. Unter vier Liter Durchschnittsverbrauch und 10.000er-Inspektionsintervalle schonen den Geldbeutel.
Und machen die Yamaha nochmals attraktiver. Die fanden schon im letzten Jahr 2647 Käufer toll. 2015 sind es sogar bis September 3003. Da kommen sicherlich bis Jahresende noch einige hinzu. Genau wie zum großen Bruder der Yamaha MT-07, der MT-09. Gemeinsam sind diese beiden Modelle dafür verantwortlich, dass Yamaha nach Jahren im Zulassungs-Dornröschenschlaf endlich wieder wachgeküsst wurde. 11,5 Prozent Marktanteil sprechen aktuell eine deutliche Sprache. Und da Yamaha rund um die beiden Bestseller stetig Modelle nachschiebt – wie die neue XSR 700 –, setzen die Japaner alles daran, diese Position zu festigen. Kost’ fast nix, kann fast alles – das kommt eben richtig gut an in der Motorradfahrergemeinde.
Platz 3: Honda

Take it easy, altes Haus“, gaben schon die Barden von Truck Stop zum Besten. Dieser Wahlspruch könnte auch das Motto aller Honda NC 750 X samt deren Eignern sein, ohne Letztgenannte gleich sämtlich in der zweiten Hälfte ihres Lebens zu verorten. Die NC-Typen an sich machen es einem nämlich einfach. Untenrum drückt der auf viel Anfahrdrehmoment gebürstete Zweizylinder ordentlich voran, Obenraus- drehen kommt gar nicht vor.
Also schnell schalten und weiter auf der Newtonmeter-Woge surfen. Sportlichen Ehrgeiz vermeidet diese Auslegung schon im Keim, für den entspannten Vortrieb ist die Honda NC 750 X wie geschaffen. Das Ganze dann noch mit Ausstattungsfeatures, wie einem praktischen Staufach, veredeln, und zwar dort, wo sich sonst der Tank befindet, fertig ist die Bestseller-Baureihe im Honda-Programm.

Wobei die Honda NC 750 X ganz oben an der Spitze der Honda-Zulassungs-Hitliste steht. 1400 Kunden unterschrieben bis September 2015 den Kaufvertrag für die im leichten Reiseenduro-Look daherkommende Honda. 1052 waren es für die NC 750 S, die damit Honda-intern auf dem dritten Platz landet. Dass die beiden NC-Modelle eine wichtige Stütze im Honda-Programm sind, belegt der Blick zurück. 2014 landeten die beiden auf den Plätzen eins und zwei der Rangliste. In nackten Zahlen: 1500 neue NC 750 X wurden 2014 unters Volk gebracht, 1341 S-Varianten.
Die Stückzahlen blieben aktuell also in etwa gleich, trotzdem reicht es nicht ganz fürs Frohlocken. Denn: Honda gehört zu den wenigen Herstellern, bei denen die Zulassungszahlen im Vergleich zum Vorjahr sinken. Der allgemeine Trend geht aber in die andere Richtung, wird für 2015 ein deutliches Plus ausweisen. Ähnlich wie bei Kawasaki fehlt im Modell-Portfolio die weitere volumenstarke Abrundung nach unten. Die Motorräder der NC-Baureihe können nichts dafür, ihre Zahlen stimmen. Günstiger Einstandspreis, verlässliche Technik, solides Wesen: Diese Tugenden finden nach wie vor viele Käufer. Das erste „große“ Bike, die Honda CB 1000 R, taucht zwar auch in Hondas Top Five auf, liegt mit 549 verkauften Stück in diesem Jahr bis dato aber nur auf Platz 51 der gesamten Zulassungsstatistik. Vielleicht wird es die neue Honda Africa Twin richten. Auch wenn Truck Stop im Liedtext zur Gemütlichkeit raten: Um Motorräder zu verkaufen, scheint das nur bedingt das richtige Rezept zu sein.
Platz 4: Kawasaki

Nackig oder mit Verkleidung – bei den Kawasaki ER-6-Modellen haben Sie die Wahl. Seit 2012 stehen beide schon technisch unverändert in dritter Modellgeneration im Kawasaki-Programm. Und das überaus erfolgreich. Markenintern heimsen sie locker den ersten Platz ein, konnten 2015 schon 2461 Käuferinnen und Käufer für sich begeistern. Die Kawasaki Z 800 auf Platz zwei der Kawasaki-Charts folgt mit Respektabstand.
Mit dem quirligen 72-PS-Reihenmotor ist die Kawasaki ER-6-Baureihe nicht nur wie gemacht für Motorradeinsteiger, sie begeistert auch erfahrene Biker, denen Pragmatismus wichtiger ist als die Show. Der Twin schiebt die knapp über 200 Kilo wiegenden Kawas lässig vom Fleck, ihr Fahrwerk macht alles mit. Nur die Bremsen dürften souveräner agieren. Im Zweifel richtet es aber das serienmäßige ABS.

Hört sich nach viel Vernunft an. Ist auch so. Muss ja nicht schlimm sein. Wobei die beiden ER-6 sich beim Design gehörig vom Muster ehemaliger Einstiegsbikes abheben. ER-5 und Konsorten glichen sich vor Jahren fast wie ein Ei dem anderen. Schön, dass die Kawasaki ER-6 (Verkaufsanteile n/f: 55 Prozent zu 45 Prozent) neue Akzente gesetzt haben, sich klar von anderen Motorrädern unterscheiden. Schließlich fährt das Auge mit. Das entdeckt beim genauen Blick keine Kritikpunkte. Vielmehr liefern die geschwungene Bananenschwinge, der Under-Engine-Auspuff oder auch das klar gekennzeichnete Cockpit optische Glanzpunkte. Und durch die Zweimodellstrategie finden Windgesichter und Tourenfreunde das jeweils auf sie zugeschnittene Angebot unter den ER-6- Modellen. So dürfte es für die beiden Kawas gerne weitergehen. Wenn man sich die Verkaufszahlen ansieht, stehen auch in Zukunft alle Zeichen auf Volumenseller. 2014: 2777 verkaufte Stück, 2015 sind es knapp 2500. In den Vorjahren sah das ähnlich aus. Die Zukunft scheint keine schlechte.
Also alles gut? Fast, denn obwohl Kawasaki dem Trend folgend bis September 2015 schon mehr Motorräder als im kompletten Jahr 2014 absetzen konnte, fehlt den ER-6-Modellen und der zweitplatzierten Kawasaki Z 800 der Rückhalt im Programm. Da genügt schon ein Blick in die Top Five der Marke. An dritter Position steht 2015 wie auch 2014 die Kawasaki Z 1000. Nur griffen im letzten Jahr noch 1352 Fans zu, in diesem Jahr sind es bisher nur 881. Die Differenz wird bis Jahresfrist nicht aufzuholen sein. Da sollte zeitnah also noch etwas kommen. Die beiden Kawasaki ER-6 zeigen, wie es geht.
Platz 5: Harley-Davidson

In einem Punkt sind sich Harley- und Motorradfahrer zumeist einig: Harleys sind keine Motorräder, Harleys sind Harleys. Dies gilt vor allem dann, wenn man sich eine weitverbreitete Definition des Motorradfahrens vor Augen hält. Motorradfahren, so heißt es da, ist eine Kombination aus zügiger positiver wie negativer Längsbeschleunigung sowie der Möglichkeit, zur Richtungsänderung Schräglagen zu fahren. Und generell eine Fortbewegungsart, die einen großen Teil ihrer Faszination aus ihrer Fahrdynamik bezieht.
In keinem dieser Punkte haben sich die Modelle aus Milwaukee jemals besonders hervorgetan. Von der V-Rod einmal abgesehen. Dies gilt auch für die hier vorgestellte Harley-Davidson XL 1200 X, besser bekannt unter ihrem Rufnamen Forty-Eight. Deren charakterbildende und indirekt auch namensgebende Eigenschaft ist der nur 7,9 Liter fassende „Peanut“-Tank, der einen im besten Fall nach 150 Kilometern zur nächsten Zapfsäule treibt. Meistens aber deutlich früher.

Warum um alles in der Welt kauften sich alleine in diesem Jahr 1083 Menschen ein Motorrad, das weder gut beschleunigt noch ordentlich bremst, das nur wenig Schräglage zulässt, dessen Transportkapazitäten gleich null sind, in dessen Spiegeln man wahlweise die eigenen Knie oder den Schritt sieht und mit dem man binnen kürzester Zeit mit jedem Tankwart in der näheren Umgebung bekannt ist?
Genau darum! Weil sich Harleys im Allgemeinen und die Harley-Davidson Forty-Eight im Besonderen den üblichen Konventionen verweigern. Weil der archaische 1200er-Twin seine Unvollkommenheit rappelnd und zappelnd perfektioniert hat. Weil im Sattel dieses amerikanischen Eisens das Herz schlägt und nicht der Puls rast. Es sei denn, in Rechtskurven setzt mal wieder unvermittelt der Auspuff auf. Weil sie der Leistungsgesellschaft subtil den Mittelfinger zeigt. Und weil sie dem Reiter im Sattel bis heute dieses „Ihr könnt mich alle mal“-Feeling vermittelt. Allerdings sollte der zukünftige Eigner besagter Gesellschaft nicht zu sehr entsagen, denn mit 12.345 Euro ist die Forty-Eight zwar für Harley-Verhältnisse recht günstig, eine alte Frau muss da aber dennoch lange für stricken. Apropos stricken: Es ist bestimmt nur Zufall, dass gerade bei den Forty-Eight-Eignern der Anteil der Ringelsockenträger besonders hoch zu sein scheint. Aber Harley-Fahrer sind ja auch keine Motorradfahrer. Oder doch?
Platz 6: KTM

Ebenso wie die Aprilia Tuono oder die Harley-Davidson Forty-Eight beweist die KTM 690 SMC R, dass man nicht zwingend eine zweirädrige, Eier legende Wollmilchsau braucht, um ordentliche Stückzahlen davon ans zweiradaffine Volk zu verkaufen. Okay, die Anzahl von 388 in Deutschland verkauften Tuonos mag auf den ersten Blick ernüchternd sein, aber Aprilia ist auch nur ein kleiner Hersteller. Die Amis konnten ihren Bestseller mit 1083 Stück fast drei Mal so oft an den Mann oder die Frau bringen.
Aber für eine echte Überraschung sorgt die KTM 690 SMC R. Mit 1337 Einheiten macht sie nicht nur einen dicken Batzen Umsatz bei den Orangen, sondern schrammt auch in der Gesamtwertung nur knapp an den Top Ten vorbei. Das hätte bei einem Motorrad, das im Grunde genommen zu nichts anderem taugt, als beim Fahrer sonntagmorgens auf seiner Hausstrecke zwei Stunden lang die Produktion von Adrenalin und Endorphinen auf Volllast laufen zu lassen, niemand erwartet.

Ach wenn doch nur überall Rennstrecke oder wenigstens Kartbahn wäre. Dann störte auch der ruppige Motorlauf unter 3000 Touren nicht mehr und die trotz Ausgleichswelle herben Vibrationen über 6000 auch nicht. Insgesamt ist es aber doch beeindruckend, was die Entwickler dem riesigen Einzylinder für Manieren beigebracht haben. Die Zahnplomben nämlich, die bleiben drin. Und das Verschlucken, wie zu seligen Vergaserzeiten, ist auch passé.
Zwar lässt sich die KTM 690 SMC R, so man denn die in luftiger Höhe von 93 cm thronende Sitzbank erklommen hat, auch durch die Stadt bewegen. Doch mit jedem Schlag ihres doppelgezündeten und elektronisch drosselgeklappten Herzens teilt sie mit, dass ihr der Volllastbereich deutlich näher ist als der teilbelastete. Schließlich lautet der Slogan der Österreicher „Ready to Race“ und nicht „Prepare to Pose“ vor der Eisdiele.
Obwohl die KTM 690 SMC R da auch eine gute Figur macht. Edle Anbauteile, aufwendige Detaillösungen sowie eine hochwertige Verarbeitung und Wertanmutung lassen den Preis von knapp 9000 Euro in einem anderen Licht erscheinen. Auch die selbstredend fast voll einstellbaren Federelemente vom hauseigenen Lieferanten WP können ihre Qualitäten erst richtig ausspielen, wenn das Tempo in Richtung Qualifying geht. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und KTM hat in den letzten Jahren oft gewonnen. Chapeau!
Platz 7: Suzuki

Es gibt Leute, die gerne im Mittelpunkt stehen. Die blühen erst dann auf, wenn sie von ihrer Umgebung wahrgenommen werden. Die wollen auf keinen Fall normal erscheinen. Die interessieren sich wohl eher nicht für eine Suzuki GSR 750. Und dann gibt es Leute, die einfach nur ein Rad im Getriebe des großen Ganzen sein wollen. Und die das gerne sind. Die nicht groß auffallen, sondern einfach nur ihren Job machen möchten.
Und die ihre Entscheidungen eher auf rationalen denn extrovertierten Grundlagen treffen. Wenn diese mit dem Gedanken schwanger gehen, sich einen effizienten, gradlinigen, nackigen Vierzylinder mit rund 100 PS zuzulegen, der finanziell keine allzu großen Löcher ins Budget haut und der sich sowohl für die Niederungen des Alltagsbetriebs als auch den lustvollen Ausritt am Wochenende oder die Urlaubsfahrt eignet, dann werden sie früher oder später vor der Suzuki GSR 750 stehen.

Sie werden damit fahren, und sie werden sich fragen, wo der Haken ist. Den gibt es an den Soziusrasten. Zum Einhängen von Spanngummis. Auch sonst zeigt die Suzuki GSR 750 mit vielen netten Details, wie dem kleinen, aber durchaus wirksamen Windschild, dass bei ihrer Entwicklung auf Praxistauglichkeit geachtet wurde, wenngleich ein Hauptständer fehlt. Natürlich sitzt man auf ihr unverkrampft, und natürlich kurvt sie narrensicher durchs Winkelwerk. Und natürlich ist der Reihenvierer ein typischer Vertreter seiner Zunft, mit großer Laufruhe, homogener Leistungsabgabe und hohem Drehvermögen. Nebenbei ist er mit einem Landstraßenverbrauch von 4,3 Litern sehr sparsam, was in Kombination mit dem großen Tank Reichweiten von bis zu 400 Kilometern ergibt. Die schmale Sitzbank macht das mit und lässt auch kleinere Fahrer sicher den Boden erreichen.
Das freut den Pragmatiker. Der stört sich auch nicht daran, dass Rahmen und Schwinge aus schnödem, dafür günstigem Stahl gefertigt sind. Ihn stört eher, dass die vordere Bremse arg stumpf agiert. Doch dieses Problem lässt sich ohne großen Aufwand beheben. Unterm Strich ist die in Weiß/Blau, Schwarz oder Weiß zu habende Suzuki GSR 750 also ein treuer Begleiter für jeden Tag, der zwar nicht für den ganz großen Auftritt vor der Eisdiele gemacht ist, den man aber auch nicht dahinter verstecken muss. Sie bietet viel Motorrad zum reellen Preis. 1224 Käufer hat das überzeugt.
Platz 8: Ducati

Die Zahlen lügen nicht, wenn es um die Bedeutung der Scrambler für Ducati geht. 2014 verkauften die Italiener quer über alle Modellreihen hinweg 4652 Motorräder in Deutschland. Das war gleichbedeutend mit Platz neun in der Zulassungsstatistik und einem Marktanteil von 4,8 Prozent. Im Vergleich zu 2013 gingen die Verkäufe leicht zurück, die Vorzeichen standen für 2015 also nicht unbedingt günstig.
Und dann enthüllt Ducati-Boss Claudio Domenicali auf der letzten INTERMOT in Köln die Ducati Scrambler. Befeuert von einem luftgekühlten L-Twin, der gerade erst aus der Monster-Baureihe ausgemustert wurde, ergänzt um eine mit viel Retro-Charme gewürzte Linienführung und versehen mit einem Einstandspreis unter 9000 Euro: allenthalben Applaus.

Aus diesem Applaus sind beachtliche Verkäufe geworden. So machte Ducati in Deutschland 2015 einen deutlichen Sprung nach vorn, brachte bis September 2015 5381 Zweiräder unters fahrende Volk, darunter 1543 Scrambler. Verglichen mit 2014, bedeutet das jetzt schon ein Plus von 729 Motorrädern, der Marktanteil stieg auf 5,8 Prozent. Und die dürften allesamt aufs Konto der im leichten Enduro-Look daherrollenden Ducati Scrambler gehen. Ein voller Erfolg also.
Die Scrambler-Typen sind zwar nicht richtig günstig, bieten aber mit breiter Lenkstange und schmalem Knieschluss ein sehr leichtfüßiges Handling. Dazu werkelt in ihrer Mitte der 75 PS starke L-Twin, der mit weniger als 190 Kilogramm vollgetankt nur wenig Mühe hat. Auch bei den Scramblern steht das eher einsteigerorientierte Fahrzeugkonzept, das viel Motorrad fürs Geld bietet, voll im Mittelpunkt. Unter den Bestsellern der Hersteller scheren nur BMWs R 1200 GS und Aprilias Tuono V4 aus diesem Konzept aus. Bei der Ducati kommt noch hinzu: Sie ist zwar etwas teurer, betört aber mit einer gänzlich eigenen Formensprache. Und greift großzügig in den gerade schwer angesagten Zutatentopf der Retro-Welle. Hinter der Scrambler verbirgt sich immer auch eine Aussage zum eigenen Selbstempfinden. Seht her, ich bin hip, wirft der trendige Scrambler-Treiber in die Menge. Ducati selbst hat dieses Erleben des eigenen Stils rund um die Einführung der Ducati Scrambler mächtig angefeuert. Und damit wohl einen Nerv getroffen. Schließlich ist daran nichts verwerflich, wenn ein Motorrad cool fährt und den Fahrer gleichzeitig cool aussehen lässt.
Platz 9: Triumph

Sie werden es vermutlich nicht mehr hören können bei Triumph, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass das ideelle und auch optische Vorbild der Triumph Tiger 800 in Gestalt der BMW F 700/F 800 GS aus München bzw. Berlin stammt. Und es wird ihnen nicht gefallen, dass sich diese beiden Adventure-Bikes mit 1252/897 Zulassungen mehr als doppelt so häufig unters Volk bringen ließen als die mittlerweile zu einer Familie angewachsenen „kleinen“ Tiger-Modelle. Was an deren Qualitäten nichts ändert.
Grundsätzlich kann der Dompteur in spe zwischen zwei Modellen wählen: der Triumph Tiger 800 XR mit 19-Zoll-Vorderrad und Gussrädern sowie der XC, die auf Speichenrädern und 21-Zoll-Vorderrad durchs Leben fährt. Beide Modelle gibt es in jeweils drei Varianten (XR, XRx, XRt sowie XC, XCx, XCa), die sich durch ihre Ausstattung unterscheiden. Die Zweitgenannten haben eine erweiterte Elektronik mit diversen Fahrmodi sowie Tempomaten und Handprotektoren. Die XRt- bzw. XCa-Modelle bieten zusätzlich Komfort- und Sicherheits-Features wie Heizgriffe und Zusatzlampen. Zwischen dem günstigsten und dem teuersten Modell ergibt das eine Differenz von satten 3000 Euro.

Allen gemein ist das charakterbildende Herz, der 799 cm³ große und 95 PS starke Triple, der die Triumph Tiger 800 mit sanftem Nachdruck, durchaus kultiviert und obendrein recht sparsam, aber leider ohne echten Kick vorantreibt. Fahrer wie Beifahrer sind komfortabel und langstreckentauglich auf den bequem gepolsterten Sitzbänken untergebracht. Bei den XR-Modellen verrichten vorne nicht einstellbare Upside-down-Gabeln ihren Dienst, bei den XCs kommen in der Dämpfung einstellbare Exemplare zum Einsatz. Hier wie dort ist die Grundabstimmung eher soft als sportlich. Dasselbe gilt für die Bremsen, deren ABS abschaltbar ist. Auch sie gehen ihrer Arbeit zwar kräftig, aber ohne rechten Biss nach.
Vom Wesen sind alle Tiger eher Schmuse- als Raubkatzen, was in den Niederungen des täglichen Betriebs nicht von Nachteil sein muss. Ihre Einsatzmöglichkeiten umfassen das ganze Spektrum des Motorradfahrens. Vom täglichen Weg zur Arbeit bis zur großen Urlaubstour mit Schatzi und Gepäck, die auch mal den Asphalt verlassen kann, ist alles drin. Erst wenn aus dem Schotter Geröll wird oder das Tempo auf der Straße in Richtung letzte Rille geht, ist Schluss mit lustig. Aber das dürfte die bis dato 939 Käufer der Triumph Tiger 800 kaum stören.
Platz 10: Aprilia

Auch wenn Aprilia bis September 2015 in Deutschland lediglich 1244 Motorräder und damit im Vergleich zu Marktführer BMW (21533 Einheiten) gerade einmal knapp sechs Prozent der Menge an den Mann oder die Frau bringen konnte, so ist der kleine Hersteller doch eine echte Größe im Zweiradgeschäft. Mit insgesamt 54 Weltmeistertiteln, davon sieben in der Superbike-WM, ist klar, wo die Italiener ihren Markenkern sehen: im Sport. So ist denn auch die zur Saison 2015 mit einem Hubraum-Extra versehene und in ihren Grundzügen auf dem 2014er-Superbike-Weltmeistermotorrad RSV4 basierte Hochlenkervariante Aprilia Tuono V4 1100 ein bequem zu fahrendes Sportmotorrad.
Allein die Eckdaten: 175 PS und 214 Kilogramm Kampfgewicht katapultieren jede Befürchtung in Sachen Leistungsmangel ebenso schnell ins Nirwana wie der sich in einem Brückenrahmen aus teilweise poliertem Aluminium ruhende V4 Ross und Reiter vorwärts. Dem verhältnismäßig soft abgestimmten, selbstredend voll einstellbaren Fahrwerk der Aprilia Tuono V4 1100 merkt man seine Rennstreckenherkunft an, denn sowohl die Motoraufhängung als auch der Schwingendrehpunkt sind variabel. Für den Landstraßenbetrieb ist dies natürlich völlig überzogen, macht aber beim Bikertreff ordentlich Eindruck.

Eindruck macht auch der Klangtepppich, den die Aprilia Tuono V4 1100 hinter sich herzieht. Bassig, metallisch, hart. Eben unverwechselbar. Und die Lautstärke ist gerade noch nachbarschaftskompatibel. Ehrensache, dass die Tuono elektronisch ebenfalls auf der Höhe der Zeit ist. So kann der Pilot zwischen drei Fahrmodi (Sport, Track, Race) wählen, dasselbe gilt fürs ABS. Wessen Spieltrieb dann noch nicht erlahmt ist, kann zudem noch die Traktions- sowie die Wheeliekontrolle mehrstufig auf seine Bedürfnisse einstellen.
Gegen den hohen Verbrauch allerdings gibt es keine Mappings, sondern lediglich die Möglichkeit, via rechtem Handgelenk zwischen „hoch“ und „noch höher“ zu regulieren. Unter 6,5 Litern geht gar nichts, und nach oben setzen lediglich die Nackenmuskeln und die Verkehrsdichte Grenzen. Die Aprilia Tuono V4 1100 wollte nie Everybody’s Darling sein und ist trotz oder wegen ihrer kompromisslosen Auslegung ein faszinierendes Bike. Um sich dauerhaft dieser Faszination hingeben zu können, ist aber eine 16.490 Euro hohe Hürde zu überwinden. 388 Fans haben sie übersprungen.