"Silent Rider" nennt sich eine Initiative gegen Motorradlärm, die in der Eifel gegründet wurde und versucht, Städte und Gemeinden für sich zu gewinnen. Die Bürgermeister der Nationalparkregion Eifel betonten damals, im März 2019, dass sich die Kampagne "Silent Rider" gezielt gegen die "schwarzen Schafe" unter den Motorradfahrern richte. Der Bundesverband der Motorradfahrer (BDVM) unterstützte die Initiative zu Beginn auch, kündigte aber mittlerweile seine Mitgliedschaft.
Michael Lenzen, Vorsitzender des BVDM: "Der BVDM ist Silent Rider beigetreten, weil wir im Ziel – den Verkehrslärm zu reduzieren – übereinstimmen und die Hoffnung hatten, im Dialog und der konstruktiven Auseinandersetzung mit Silent Rider (als Vertreter der Anwohner), Lösungen für die Lärmproblematik zu entwickeln." Bereits Mitte 2020 zeichnete sich ab, welchen Kurs die Initiative fährt, als im Mai die Drucksache 125/20 auf Grundlage des "Silent Rider"-Forderungskatalogs vom Bundesrat beschlossen wurde. Schon damals stellte der BVDM klar, dass er mit dem Ziel von "Silent Rider" übereinstimme, nicht aber mit dem Forderungskatalog.
Forderungskatalog von "Silent Rider"
Der Forderungskatalog von "Silent Rider" umfasste unter anderem schärfere rechtliche Rahmenbedingungen für die Geräuschentwicklung von Motorrädern, eine Halterhaftung, höhere Strafen für Manipulationen an der Abgasanlage sowie eine zusätzliche Information darüber, wer der Fahrer des Motorrads ist – am Helm oder an der Front des Fahrzeugs. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lehnt weitere Verbote und Beschränkungen für Motoradfahrer dennoch ab. Der dpa sagte er Anfang Juli 2020: "Wir haben ausreichende, geltende Regeln. Die Biker zeigen bei den Protesten ihre Haltung gegen Verschärfungen und Verbote. Das ist auch meine Haltung. Ich werde die Beschlüsse des Bundesrates, also der Bundesländer, nicht umsetzen."
Gründe für die Kündigung
Konkret forderte "Silent Rider" die Geräuschemission für alle neuen Motorräder auf maximal 80 dB (A) zu begrenzen. Im August 2020 nahm Michael Lenzen, Vorsitzender des BVDM dazu folgendermaßen Stellung: "Wir fordern schon länger eine feste Lärmobergrenze, die in allen Fahrsituationen gilt. Der Bundesrat hat nicht definiert, ob die 80 Dezibel als Stand- oder Fahrgeräusch gedacht sind und auch nicht, wie ein Messverfahren überhaupt aussehen soll. So eine pauschale, nicht mit Fachleuten abgestimmte Forderung, bringt nichts."
Trotz Mitgliedschaft wurde, laut BVDM, die fachliche Expertise des Verbands ignoriert. Außerdem stehe man nicht hinter Plakat- und Banner-Kampagnen, die Motorradfahrer diskreditieren. Die Kündigung des BVDM bei "Silent Rider" soll fristgerecht zum Ende des Jahres 2021 greifen, den Posten des Beisitzers im Vorstand von Silent Rider legt der BVDM aber mit sofortiger Wirkung nieder, wie aus dem Kündigungsschreiben hervorgeht. Außerdem untersagt der BVDM die "Werbung mit dem Namen und dem Logo des Verbandes" zum 14. Juni 2021.
Silent Rider distanziert sich mittlerweile von 80 dB
Aus Sicht des neuen Silent Rider-Vorstands sei es künftig nicht die Aufgabe des Vereins, "detaillierte technische Vorgaben oder Forderungen zu stellen, sondern die Interessen der Betroffenen zu kommunizieren." Als Beispiel nannte der Vorstand "die Forderung nach max. 80 dB als Schallobergrenze am Motorrad. Diese ist und bleibt ein Streitthema, aber die Formulierung muss verändert werden." Mehr dazu hier.
BVDM-Kündigungsschreiben
Sehr geehrter Herr Hermanns [Bürgermeister aus Simmerath, Anm. d. Red.],
hiermit kündigt der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM e.V.) form- und fristgerecht seine Mitgliedschaft im Verein Silent Rider zum Ende des Jahres 2021. Den Posten des Beisitzers im Vorstand von Silent Rider legt der BVDM mit sofortiger Wirkung nieder. Die Werbung mit dem Namen und dem Logo des Verbandes untersagen wir mit sofortiger Wirkung und fordern Sie auf, unser Logo bis zum 14. Juni 2021 von der Homepage zu entfernen.
Der BVDM ist Silent Rider beigetreten, weil wir im Ziel – den Verkehrslärm zu reduzieren – übereinstimmen und die Hoffnung hatten, im Dialog und der konstruktiven Auseinandersetzung mit Silent Rider (als Vertreter der Anwohner), Lösungen für die Lärmproblematik zu entwickeln. Die Hoffnung hat sich leider als trügerische erwiesen. Konkrete gemeinsame Aktionen hat der Vorstand von Silent Rider abgelehnt, die fachliche Expertise des BVDM in Bezug auf den Forderungskatalog (die wir sowohl mündlich als auch schriftlich vorgebracht haben), bewusst ignoriert. Der Vorstand thematisiert zudem Lärm ausschließlich einseitig in Bezug auf Motorradfahrer.
In Äußerungen der Presse gegenüber, jüngst in der Dürener Zeitung am 29. Mai, schmückt man sich mit der Mitgliedschaft des BVDM, die der Stimme von Silent Rider mehr Gewicht verleihe, hält aber weiter an Forderungen fest, die weder hinreichend definiert noch fachlich haltbar sind, wie etwa die Forderung nach einer Lärmobergrenze von 80 Dezibel. Zudem werden in den jüngst verteilten Bannern, die wohl kaum als gelungen bezeichnet werden können, Motorradfahrer diskreditiert.
Leider hat sich der Silent Rider-Vorstand als beratungsresistent erwiesen und zur Erreichung des Ziels – der Senkung des Verkehrslärms, einen Weg eingeschlagen – den wir für nicht zielführend, sondern im Gegenteil, für kontraproduktiv halten und den wir nicht mitgehen werden.
Ich bitte um schriftliche Bestätigung der Kündigung.
Michael Lenzen
Vorsitzender BVDM
Fazit
Zu Beginn hätte man meinen können, hinter "Silent Rider" stecke ein vielversprechendes Konzept, vor allem weil es so aussah, als ob unterschiedliche Interessensgruppen auf ein gemeinsames Ziel lösungsorientiert hinarbeiten würden. Ob das tatsächlich der Fall ist, muss sich erst noch zeigen. Ein erster Schritt des neuen Vorstands ist nun, nicht mehr an der 80 dB-Obergrenze für Motorrädern festzuhalten.