Ducati erteilt der Elektromobilität mittelfristig eine Absage. Bologna möchte zunächst auf E-Fuels setzen, bevor das Thema Elektro auf die Agenda kommt.
Ducati erteilt der Elektromobilität mittelfristig eine Absage. Bologna möchte zunächst auf E-Fuels setzen, bevor das Thema Elektro auf die Agenda kommt.
Wer lehnt da wohl weiter aus dem Fenster? CEO Dominicalli, der 2019 die elektrische Zukunft von Ducati beschwört. Oder 2021 der Vertriebschef Francesco Milicia, der vor der ersten Fahrt einer E-Duc eine per E-Fuel betriebene Ducati sieht. Bologna denke elektrisch, aber ein Elektromotorrad von Ducati soll es in nächster Zeit nicht geben, sagt Milicia. Als Teil des Volkswagen Konzerns möchte Ducati sich zunächst auf die Möglichkeiten synthetischer Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis konzentrieren, so genannte E-Fuels.
Einen synthetischern Kraftstoff, der nicht aus fossilen Rohstoffen besteht, sondern der aus mittels Strom erzeugtem Wasserstoff gewonnen wird, nennt man E-Fuel. Der Wasserstoff entsteht dabei durch Elektrolyse von Wasser, wobei an einer Elektrode Sauerstoff, an der anderen eben Wasserstoff abgast. Der umgekehrte Prozess könnte in einer Brennstoffzelle Strom erzeugen. E-Fuels entstehen, wenn man den Wasserstoff mit Kohlendioxid methanisiert; das ergibt sehr lange Kohlenstoffketten, ähnlich derer in Erdöl oder Benzin. Je nach Mischung mit dem CO2 kann so ein synthetischer Diesel, Benzin oder E-Gas entstehen. E-Fuels lassen sich direkt tanken und verbrennen. Dabei entweicht idealerweise nicht mehr CO2, als zuvor zur Methanisierung Verwendung fand. Insofern sind E-Fuels CO2-neutral.
Da aber die Herstellung von E-Fuel sehr aufwändig und die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse energieintensiv ist, sinkt der gesamte Wirkungsgrad auf 10 bis 15%. Im Vergleich: Ein normaler Verbrenner erreicht etwa 30% Wirkungsgrad, ein Elektro-Fahrzeug auch unter ungünstigen Umständen mehr als 70%. Die CO2-Bilanz verbessert sich, wenn "günstigerer" Strom zur Wasserstofferzeugung zum Einsatz kommt, als es ihn in Deutschland gibt. Lange Transportwege sorgen aber wieder für eine negative Energiebilanz und eigentlich will man mit alternativen Antrieben mit die weltweiten Lieferketten kürzen.
Die Herstellung von E-Fuel kann nur nachhaltig sein, wenn der Strom dafür aus regenerative Quellen kommt; außerdem sollte das genutzte Kohlendioxid entweder aus der Umgebungsluft kommen oder ein Abfallprodukt auf der Industrie sein. Wegen des hohen Aufwands in der Herstellung macht der Einsatz von E-Fuel als Ersatz des Elektroantriebs in kleinen Motoren wenig Sinn. Erstrebenswerter ist er in großen Motoren und Fahrzeugen, bei denen Elektro derzeit keine echte Option ist: Schiffe, Flugzeuge und eventuell Lkw. Als Ersatz für Schweröl und Kerosin könnten E-Fuels einen großen Beitrag zur Luftreinhaltung leisten, bei Flugzeugen dient die Abwärme des Verbrennungsantriebs der Beheizung, was beim E-Antrieb immer schwierig ist.
Aber wie sinnvoll ist der Einsatz von von e-Fuels für einen Motorradhersteller wie Ducati?
Ducati ist ein kleiner Hersteller. Mit knapp 50.000 verkauften Motorräder weltweit ist das Thema Elektro als Teilbereich nur schwer rentabel vorstellbar. E-Fuels sind zumindest potenziell "grün", bei den geringen Stückzahlen und der entsprechenden Treibstoffmenge ist die Effizienz bei der Erzeugung nicht so entscheidend; außerdem sammelt die Konzernschwester Porsche gerade Erfahrungen damit und Audi ist beim Thema E-Gas mit einer Anlage aktiv. Der Vorteil von E-Fuels: Die nicht nur die Fans faszinierenden Hubkolbenmotoren von Ducati könnten so noch einige Jahre alleiniger Antrieb der Roten sein.
Rein wirtschaftlich betrachtet machen Forschung, Entwicklung und Marktreife eines Elektromotorrads parallel zu Verbrennern für Ducati alleine keinen Sinn. 2020 verkaufte Ducati 48.042 Motorräder, konnte so 676 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften und mit 24 Millionen Euro Gewinn eine Umsatzrendite von lediglich vier Prozent ausweisen. Diese Leistung erbringen weltweit gut 1.800 Mitarbeiter. Aus dieser vergleichsweisen kleinen Belegschaft und wenigen freien Mitteln eine komplette Entwicklungsabteilung zu bilden, die ein Elektromodell hervorbringt, ist für Ducati schwer vorstellbar. Und ob Ducati es sich leisten möchte im Konzern unprofitabel zu gelten und so erneut Verkaufsgerüchte hervorrufen will, ist fraglich. Jedoch: Von Seiten des Volkswagen-Konzerns, wäre das Investment in eine E-Ducati wohl ein kleines wie einfaches. Der Bonus: Volkswagen würde so auch in Sachen zweirädriger E-Mobilität mit als Vorreiter agieren.
Trotz der stark elektrifizierten Konzernschwestern VW, Audi und Porsche: Ein Technologietransfer auf Ducati ist nicht einfach, da die Voraussetzungen für ein Elektromotorrad in jeder Dimension andere sind: 2.500 Kilo E-SUV vs. 200 Kilo E-Supersportler. Allenfalls langfristig sind Synergien erwartbar – wenn die Energiedichte der Batteriezellen noch mal um zweistellige Prozentraten gewachsen sind und Reichweiten auf dem Niveau von Bikes mit Verbrennungsmotor erreichbar sind und dabei das Gewicht auch mit hoher Leistung unter fünf Zentner für ein sportliches Motorrad von Ducati bleiben kann.
Die Vorzeichen bei Harley-Davidson und der Live Wire sind etwas anders. H-D setzt selbst in Krisenjahren immer noch gut knapp 2,4 Milliarden Dollar im Bereich Motorrad um und beschäftigt gut 5.000 Mitarbeiter. Unter solchen Voraussetzungen ist ein komplett neues Produkt fern jeder Modell-Historie wie die Live Wire zu entwickeln, sogar, wie jüngst verkündet, nun in einer komplett eigenständigen Abteilung. Im Kontext der Unternehmenszahlen ist eher die Elektro-Zurückhaltung japanischer Hersteller erstaunlich.
Das aktuelle "No" zum E-Motorrad von Ducati begründet Francesco Milicia mit den üblichen Gründen: zu hohes Gewicht, zu wenig Reichweite und die fehlende Fahrfreude, die Ducatisti wohl erwarten. Das sagt aber auch: Wir haben uns damit beschäftigt, kommen grad nur nicht weiter. Der Blick in den Konzern könnte in den nächsten Jahren helfen, auch wenn aktuelle E-Autos nicht für geringes Gewicht bekannt sind. Trotzdem sind die Ziele bei den Autobauern die gleichen: Das Gewicht beim E-Antrieb muss runter, die Reichweite hoch.