Die Ducati Multistrada 1200/S ist alles andere als eine GS auf Italienisch. Die 1200er ist gespickt mit feinster Elektronik. Funktioniert das auf Dauer?
Die Ducati Multistrada 1200/S ist alles andere als eine GS auf Italienisch. Die 1200er ist gespickt mit feinster Elektronik. Funktioniert das auf Dauer?
Wer sich einmal den Luxus einer automobilen Oberklasse „in gebraucht“ gegönnt hat, wird zunächst von all den elektronischen Helferlein an allen Ecken und Enden begeistert gewesen sein. Was aber, wenn der E-Support bei zunehmendem Alter plötzlich rumzickt? Auch Gebrauchtinteressenten für die 2010 neu eingeführte Ducati Multistrada 1200 werden deshalb mit viel Skepsis auf das fette Elektronikpaket des V-Twins schauen.
Ducati Multistrada 1200/S gebraucht kaufen
Was tun, wenn ein Mikrochip abraucht und damit bereits das komplette Fahrwerk der Ducati Multistrada 1200 lahmgelegt ist? Ein Blick in die MOTORRAD-Dauertestakte kann zunächst beruhigen: Obwohl bis zur Halskrause mit Elektronik vollgestopft (einstellbares Motormapping, Traktionskontrolle, elektronisches Fahrwerk), funktionierte die Multistrada auf 50.000 Test-Kilometern Laufleistung erstaunlich tadellos. Und auch in den klassischen Mechanik-Disziplinen lieferte sie im Gegensatz zu manchem Schwestermodell erfreuliche Werte: „Ein solides Ergebnis“, bilanziert MOTORRAD-Testchef Gert Thöle nach dem Zerlegen und Vermessen des V-Twins.
Bleibt die Frage, welchen Fahrertyp die Ducati Multistrada 1200 anspricht? Die 17-Zoll-Räder mit Straßenbereifung machen klar: Geländeausflüge, die mit dem Konkurrenten BMW R 1200 GS zu stemmen wären, sind nicht ihr Ding. Sie setzt auf engagiert angasende (Land-)Straßenpiloten, die einen klasse Mix aus Sport und Komfort erwarten. Das funktioniert mit der S-Version der Multistrada 1200 (elektronisches Öhlins-Fahrwerk) besonders gut und mit dem semiaktiven Skyhook-Fahrwerk (ab 2013) sogar noch eine Spur besser.
(Typ Ducati Multistrada 1200 S , Modelljahr 2012)
2010 Markteinführung der Ducati Multistrada 1200 mit dem Testastretta-Motor der Ducati 1198. DTC-Traktionskontrolle, elektronisches DES-Fahrwerk (nur 1200 S). Ver-sionen/Farben: MTS 1200 in Rot und Weiß (14.990 Euro), MTS 1200 S Touring/Sport in Rot, Weiß und Schwarz (17.990 Euro).
2012 Erhältlich als Sondermodell Ducati Multistrada 1200 S Pikes Peak mit Sonderlackierung, leichten Schmiederädern, Termignoni-Endschalldämpfer mit Karbon-Hülle und diversen Kohlefaser-Verkleidungsteilen (20.990 Euro). Weitere Versionen/Farben: MTS 1200 in Rot und Weiß (15 490 Euro), MTS 1200 S Touring in Rot, Weiß und Grau (18.490 Euro), MTS 1200 S Sport in Rot und Schwarz (18.490 Euro).
2013 Größere Modellpflege mit Doppelzündung (Leistung unverändert, mehr Drehmoment), überarbeitetem ABS, besserem Windschutz und semiaktivem Skyhook-Fahrwerk (1200 S). Versionen/Farben: Ducati Multistrada 1200/S Touring in Rot und Mattchrom (15.790/18.790 Euro), Ducati Multistrada 1200 S Gran Tourismo in Racing-Grey (20.290 Euro), Ducati Multistrada 1200 S Pikes Peak (21.290 Euro).
2015 Komplett überarbeitetes Modell: Motor mit variabler Ventilsteuerung (160 PS/136 Nm), Kurven-ABS, TFT-Display, neue Verkleidung. Versionen/Farben: Ducati Multistrada 1200 in Rot (16.490 Euro), Ducati Multistrada 1200 S in Rot und Weiß (18.490 Euro), Ducati Multistrada 1200 S D-Air mit Airbag-Bekleidung (19.190 Euro).
Standard oder S-Klasse? Ducati-Käufer entscheiden sich im Regelfall für die besser ausgestatteten S-Typen mit Öhlins-Fahrwerk – so auch bei der Multistrada. Nur knapp 20 Prozent ordern die neu rund 3000 Euro günstigere Standardversion der Ducati Multistrada 1200 mit herkömmlichem Chassis. Entsprechend sieht auch das Gebrauchtangebot für den hochbeinigen V2 aus: Im Regelfall wird die Multi als Ducati Multistrada 1200 S mit elektronisch geregeltem Öhlins-Fahrwerk (Kürzel DES) entweder in der Touring- oder der Sportversion angeboten. Letztere zeichnet sich durch diverse Karbon-Teile aus, bei der Touring gehören Seitenkoffer, Heizgriffe und Hauptständer zur Serienausstattung.
In der deutschen Ausführung gehörte das ABS bei allen Ducati Multistrada 1200/S zur Serie, im Ausland musste es zumindest bei der ersten Generation der Standardausführung optional geordert werden. Obacht also, wenn ein vermeintlich günstiges Modell in grenznahen Regionen angeboten wird. Los geht es für die ersten Baujahre (2010/11) bei knapp über 8000 Euro, die jeweilige S-Version der Multi kostet im Vergleich zur Standardausführung als Gebrauchte rund 1500 Euro mehr. Dass die 1200er ein beliebtes Reisemobil ist, zeigen die hohen Kilometerleistungen.
Nach rund fünfjähriger Bauzeit tummeln sich noch sehr viele in den Vertragswerkstätten top gepflegte Ducati Multistrada 1200/S in den gängigen Verkaufsbörsen oder bei der Händlerschaft. Und auf diese Scheckheftpflege sollte man bei der Ducati besonders achten. Schließlich begleitet eine erhebliche Anzahl von sogenannten Service- und Sicherheitsrückrufen (insgesamt 14!) die noch junge Modellgeschichte der 1200er. Manches wurde dabei per Software-Update behoben, anderes hatte größere Eingriffe zur Folge (z. B. der komplette Standrohrwechsel bei den S-Typen mit Öhlins-Fahrwerk). Ist das Wartungsheft akkurat durchgestempelt, sollte die Ducati Multistrada 1200/S also auf aktuellem Stand sein.
Je nach (Nicht-)Pflege durch den Vorbesitzer kann die Kette schnell am Limit sein. Der Tausch kostet komplett rund 350 Euro. Die 12.000er- und 36.000er-Inspektion ist bei der Ducati Multistrada 1200/S verhältnismäßig günstig, sehr teuer (mit rund acht Stunden Arbeitszeit!) die 24.000er- und 48.000er-Inspektion (Riementausch und Ventilspiel).