Ducati muss Werbung ändern
Werksangabe vs. Prüfstand

Es war nicht so ganz gelogen. Aber auch nicht so richtig wahr. Lange galt es bei Ducati zu unterscheiden zwischen den allzu optimistischen Leistungsangaben in der Werbung und den realistischen in den Fahrzeugpapieren. Damit ist jetzt Schluss.

Werksangabe vs. Prüfstand
Foto: Jelicic

Bei Ducati wird zum Beispiel die Multistrada 1200 mit 117,7 kW beworben, in meinem Fahrzeugschein stehen aber nur 112 kW. Ist das erlaubt?“ E-Mail-Anfragen wie diese von Winfried W. aus München erhielt MOTORRAD über die Jahre immer wieder. Die Antwort schien schon lange klar, doch erst jetzt ist sie auch offiziell: Nein, das ist nicht erlaubt – und damit verboten. Diesem Verbot muss sich Ducati in Deutschland nun beugen. Auf MOTORRAD-Anfrage hat Ducati bestätigt, wegen seiner in der Werbung verwendeten Leistungsangaben von der Wettbewerbszentrale abgemahnt worden zu sein. Folge: „Um in Zukunft Irritationen zu vermeiden, werden wir in der Werbung und den sonstigen Kommunikationsmitteln nur noch die in den Fahrzeugpapieren enthaltenen Leistungsdaten verwenden“, heißt es in einer Erklärung aus Ducatis Deutschland-Zentrale in Köln. Was ist da passiert?

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PS/kW-Angaben in der Regel deutlich höher

Der Redaktion MOTORRAD ist die Problematik seit Jahren bekannt: Egal ob in Pressemitteilungen, den technischen Daten auf der Firmenwebsite oder in Werbeprospekten, die von Ducati genannten PS/kW-Angaben zu den einzelnen Modellen sind in der Regel deutlich höher als jene in den Fahrzeugpapieren. Dabei beruft sich Ducati auf eine andere Messmethode als diejenige, die gesetzlich für die Homologations-Daten in den Fahrzeugpapieren vorgeschrieben ist.

Ducati
205 PS soll die 1299 Panigale laut Werbeprospekt haben, eine Leistungskurve unterstreicht das Ganze grafisch. Doch in der Zulassungsbescheinigung sind’s dann nur noch 197.

Beispiel: Ende 2014 präsentierte Ducati mit der Panigale 1299 den bisher stärksten Serien-Zweizylinder der Welt – 205 PS bzw. 150,8 kW bei 10.750/min (im Werbeprospekt links). So nachzulesen auch im MOTORRAD-Katalog 2015 sowie in diversen Berichten verschiedenster Medien zu den Neuheiten der Messe EICMA, denn andere Angaben oder gar eigene Messungen liegen zu diesem frühen Zeitpunkt natürlich noch nicht vor. Später dann, beim Blick in die Fahrzeugpapiere, Ernüchterung: Dort hat die Panigale 1299 nicht mehr 151, sondern 145 kW, umgerechnet 197,2 PS, bei 10.500/min, also rund acht PS oder gut vier Prozent weniger als in der Werbung.

Irreführende Angaben sind verboten

Übrigens auch in Italien, denn die Hersteller müssen für ihre in der EU zuzulassenden Fahrzeuge mittels Certificate of Conformity EU-weit einheitliche Fahrzeugdaten nachweisen. Eine italienische Ducati hat also auch in den italienischen Dokumenten exakt dieselbe Leistung wie eine deutsche in den deutschen Papieren. MOTORRAD ermittelte bei eigenen Messungen für die 1299 dann tatsächlich 196,5 PS. Damit erreichte der mächtige V2 der neuen Panigale 1299 ziemlich genau die Leistung, die auch im Fahrzeugschein angegeben war. „Hier wurde zweigleisig gefahren, und das widerspricht geltendem Recht“, sagt der Münchner Anwalt Torsten Hülsken. Er ist Mitglied der Geschäftsführung des Münchner Büros der „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“, kurz Wettbewerbszentrale. Von München aus überwacht der von seinen Mitgliedern aus der Wirtschaft finanzierte Verein den Wettbewerb im deutschen Kfz-Gewerbe. „Aus unserer Sicht waren Ducatis Angaben in der Werbung eine klassische Irreführung“, erklärt der Rechtsanwalt und ergänzt: „Irreführende Angaben zu Eigenschaften und Merkmalen sind verboten, gerade in der Werbung.“

Gelegentliche Irritationen bei den Kunden

Wie genau die Wettbewerbszentrale gegen die Ducati-Werbung vorgegangen ist, ist nicht öffentlich. Doch die auf www.ducati.de bereits umgesetzte Verpflichtung der Italiener zu korrekten Leistungsangaben dürfte aufgrund einer Unterlassungserklärung erfolgt sein. Eine solche hatte die Wettbewerbszentrale 2015 erfolgreich von KTM eingefordert und erreicht, dass die Österreicher die 1290 Super Duke R nicht mehr als das „180-PS-Beast“ bewerben durften, sondern die realen 172 PS nennen mussten. Doch zurück zu Ducati. In einer Erklärung von Ducati Deutschland für das bisherige Vorgehen heißt es, dass die Homologationsdaten in den Fahrzeugpapieren wie gesetzlich vorgeschrieben „auf einem (statischen) Motorenprüfstand ermittelt“ wurden, während die in Werkstätten und Presse-Tests ermittelten Daten dagegen auf dynamischen Rollenprüfständen gemessen würden. Daher habe Ducati „in der Vergangenheit in der Werbung die auf einem Rollenprüfstand ermittelten Leistungsdaten verwendet“, was zu „gelegentlichen Irritationen bei den Kunden“ geführt habe. Die dürften jetzt ausgeräumt sein. Was aber bleibt, ist die Irritation darüber, dass auch MOTORRAD auf einem dynamischen Rollenprüfstand misst – und die Ergebnisse stets viel näher an den Werten in den Fahrzeugpapieren als an den in der Werbung verwendeten Werksangaben lagen.

Die wahren Werte

Ducati 1299 Panigale/S (2015) Ducati 1199 Panigale/S (2013) Ducati Monster 1200 R (2016) Ducati Multistrada 1200 (2015) Ducati Diavel (2014)
Homolgierte Daten 197,2 PS/145 kW/10.500/min 183,6 PS/135 kW/10.750/min 152,3 PS/112 kW/9.250/min 152,3 PS/112 kW/9.500/min 155 PS/114 kW/9.250/min
MRD-Messdaten 196,5 PS/144,5 kW/10.700/min 186,3 PS/137 kW/10.900/min 148,9 PS/109,5 kW/9.300/min 150 PS/110,2 kW/9.500/min 155 PS/113,7 kW/9.100/min
Werk/Werbung 205 PS/150,8 kW/10.500/min 195 PS/143,4 kW/10.750/min 160 PS/117,7 kW/9.250/min 160 PS/117,7 kW/9.500/min 162 PS/119 kW/9.250/min

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023