Gebrauchtberatung Yamaha YZF 750 R
Endspurt

Wenn Haga (41) bei der Superbike-WM zum Endspurt bläst, wird es spannend. In der Serie ist die YZF 750 R heute allerdings eher ein Sporttourer.

Wenn Sporterfolge und Markeinführung eines neues Motorrads parallel laufen, kann man von optimaler Modellpolitik sprechen. Im Fall der YZF 750 R ist das Yamha nicht gelungen. Die Erfolge in der Superbike-WM stellten sich erst in dieser Saison ein. Vielleicht zu spät, denn das Modell, seit 1993 im Programm und bis 1995 noch Klassenprimus im Vergleich, hat gerade in den letzten beiden Jahren an Attraktivität eingebüßt. Nach dem unwiderstehlichen Antritt der R1 erwartet die Szene zur Intermot im Herbst zu München auch in der Superbike-Klasse mit 750 cm³ den fälligen Modellwechsel.
Ob der nun tatsächlich zum nächsten Jahr stattfindet oder erst später: Für Gebrauchtkäufer stehen die Zeichen schon heute günstig. Denn bereits der Neupreis ist mit 17500 Mark im Vergleich zur Konkurrenz überraschend niedrig. Die Verkaufszahlen - insgesamt rund 6000 Stück ab 1993 - sind mittlerweile stark rückläufig. Entschieden sich im Debütjahr rund 2400 Käufer für die YZF 750 R, waren es 1997 gerade noch 385. Ein Grund dafür mag sein, daß die Yamaha in der offenen Version maximal 118 PS produziert. Ein Wert, den die Superbikes von Suzuki und Kawasaki mittlerweile mühelos übertreffen. Entdrosselt wird die hierzulande original nur mit 98 PS angebotene Maschine durch die Entfernung der Gasschieber-Anschläge in den vier Vergasern. Gleichzeitig muß eine geringfügige Veränderung im Kabelstrang vorgenommen werden. Mit der fälligen Vergaser-Synchronisation kommt der leistungsfördernde Eingriff auf zirka 150 Mark plus die Kosten für die Eintragung in die Papiere. Mit dem PS-Zuwachs verschwindet die tendenzielle Durchzugsschwäche bei zirka 5000/min, und der explosive Antritt des Fünfventilers wird noch vehementer.
Doch mittlerweile ist die Maschine gerade auf dem Gebrauchtkauf-Sektor eher für die tourensportliche Gemeinde erstrebenswert. Allerdings nur für Solisten, denn der Soziusplatz paßt allenfalls für Leute unter 150 Zentimeter Körpergröße, degeneriert folglich zum Kindersitz. Die Sitzposition vorn dagegen ist dank ausreichend hoch plazierter Lenkerhälften bequem und kommod, nicht so extrem wie bei andern Supersportlern, und auch der Windschutz der Vollverkleidung taugt für touristische Unternehmungen bestens.
Die Modelljahre 1993 und 1994 warteten zwar mit hervorragenden Bremsleistungen der vorderen Sechskolben-Bremsanlage auf. Doch die extrem griffigen Stopper setzten der Doppelscheibe hitzemäßig so gewaltig zu, daß sich das Metall verzog. Yamaha reagierte kulant und tauschte die Scheiben auch außerhalb der Garantiefrist kostenlos aus. Die Händler boten außerdem bald die viel preiswerteren SBS-Bremsbeläge an, die zwar nicht mehr ganz so fest zubissen, dafür aber die Scheiben weniger unter deformierenden Streß setzten. Wer heute nicht mehr in den Genuß kulanten Austauschs kommt und den Originalscheiben nicht mehr traut, weicht auf Außenringe von Spiegler (Telefon 0761/611010) aus Stahl oder Guß für rund 600 Mark mit Umbau oder auf Scheiben von ABM (Telefon 07667/ 6707) für zirka einen Tausender pro Paar aus.
Ab 1995 verwendete Yamaha serienmäßig Bremsbeläge, die die Scheiben zwar nicht mehr so hart rannahmen, aber die vormals exzellente Wirkung vermissen ließen. Außerdem wurden die Federelemente überarbeitet. Die Upside-down-Gabel erhielt zusätzliche Lagerbuchsen und erlaubte jetzt auch die manuelle Verstellung von Zug- und Druckstufe. Hinten fand ein sensibler ansprechendes Zentralfederbein von Öhlins Verwendung, das ebenfalls neben der Federvorspannung eine Verstellung der Dämpfung erlaubte. So läßt sich die YZF mit wenigen Handgriffen vom komfortabel abgestimmten Ausflugsmobil in einen sportlich straff abgestimmten Kurvenschreck verwandeln. Wer noch das alte Modell mit nicht einstellbaren Federelementen besitzt, rüstet bei dem nach 30000 bis 50000 Kilometern fälligen Austausch für zirka 1300 Mark auf das Öhlins-Teil um.
Die Sportler unter den YZF-Treibern montieren noch eine zentimeterdicke Distanzhülse an der oberen Federbeinaufnahme, um mit der veränderten Fahrwerksgeometrie mehr Bodenfreiheit für den Schalldämpfer zu gewinnen und die Manövrierbarkeit zu erleichtern. Apropos Schalldämpfer: Das Serienteil kostet zwar über 1400 Mark und hat gegenüber diversen preiswerteren Anlagen von Remus, Shark, Laser, Devil oder anderen auch einen Gewichtsnachteil, aber die Leistung des Originals gegenüber legalen Pendants ist unübertroffen.
Neue Vergaser mit Sensoren, die die Drosselklappenstellung und die aktuelle Gangstufe ermitteln und der Elektronik jeweils den optimalen Zündzeitpunkt signalisieren, lassen das Triebwerk ab 1995 noch fülliger im Futter stehen. Außerdem wurde ab diesem Baujahr noch das vorher häufig hakende Lenkradschloß verstärkt. Ein mechanisches Teil allerdings kam abhanden: Der YZF-Fahrer sucht vergeblich nach dem Benzinreserve-Schalter. Lediglich ein kleines Lämpchen im Cockpit mahnt noch einen Tankstellenstopp an.
Laufleistungen von 60000 bis 80000 Kilometern des Triebwerks mit den ersten Kolben sind keine Seltenheit. Wer also keinen Hypersportler sucht, ist mit der YZF 750 R immer noch gut bedient, auch wenn sie inzwischen etwas in die Jahre gekommen ist. Der anstehende Modellwechsel hat jedenfalls auch für Gebrauchtkäufer seinen Nutzen. Denn so gilt selbst für sehr gut erhaltene Exemplare: Preistendenz fallend.

Unsere Highlights

Lesererfahrungen - Yamaha YZF 750 R

YZF-750 R-Fahrer sind heute eher der Reisefraktion zuzurechen. Die Sportfahrer-Gilde wandert ab oder rüstet permanent auf.

Meine YZF 750 R habe ich 1997 fast neu gekauft und bis heute 7300 Kilometer damit zurückgelegt. Nachdem die Originalbereifung Bridgestone BT 50 durch den Pirelli Dragon ersetzt wurde, hat sich das Handling wesentlich verbessert. Den relativ hohen Benzinverbrauch konnte ich durch Tieferhängen der Düsennadeln und den Einbau von 120er Düsen von acht auf zirka 6,5 Liter reduzieren. Um das hintere Federbein vor Schmutz und Spritzwasser zu schützen, habe ich einen Carbon-Schutz montiert. Mit der Leistung bin ich nach dem Entdrosseln sehr zufrieden.Irmgard Berger, SchierlingMeine YZF, Baujahr 1993, hat nun mittlerweile schon über 60000 Kilometer auf dem Buckel, von Alterserscheinungen kann aber kaum die Rede sein. Einziges Manko: der relativ hohe Ölverbrauch von zirka ein bis eineinhalb Liter/1000 Kilometer, wobei auf keinen Fall auf Synthetiköl verzichtet werden sollte. Ein wenig spritziger wird der Motor mit einem Dynojet-Kit, einem Termignoni-Schalldämpfer und einem 46-Zähne-Kettenrad statt des 43er Originals. Damit der zu groß geratene Schalldämpfer in schnellen Kurven nicht aufsetzt, sollten für die Höherlegung des Hecks Distanzbuchsen oder Unterlegscheiben an der oberen Federbeinaufnahme oder für zirka 100 Mark kürzere Zugstreben aus dem Zubehör montiert werden. Noch günstiger und mindestens genauso gut sind die Zugstreben der FZR 1000, die man mit etwas Glück gebraucht bekommt. Für spontaneres Ansprechen und bessere Dosierung von Bremsen und Kupplung sorgen Stahflexleitungen ringsrum (zirka 400 Mark). Die Sitzbank kürzte ich um etwa sieben Zentimeter, was eine wirkungsvolle Verbesserung der Sitzposition (und der Optik) zur Folge hatte.Marc Schueler, CelleIm März 1993 kaufte ich mir die Ypse Nr. 1, mit der ich 12000 Kilometer vornehmlich in den Alpen und der Toskana abspulte. Motormäßig gab es nie Probleme, was man von der Bremsanlage, die nach viel Streß mit dem ersten Händler dann beim zweiten auf Garantie getauscht werden konnte, nicht behaupten kann. Ypse Nr. 2 hatte die gleiche Macke, dafür aber ein bißchen weniger Power. Wieder wurde die vordere Bremsanlage zweimal getauscht. Nachdem die nach 1500 Kilometern ebenfalls hinüber war, kaufte ich mir ABM-Scheiben inklusive Stahlflexleitungen. Und siehe da: Die Bremse hält. Durch das Tieferlegen der Gabelholme um neun Millimeter gehört das gelegentliche Lenkerschlagen beim Beschleunigen auf holprigen Strecken der Vergangenheit an. Damit ist die Maschine deutlich handlicher geworden. Bei Kilometer 36000 verabschiedete sich dann das Federbein. Austausch gegen eins von White Power mit Höhenverstellung. Damit ist das Ansprechverhalten sensibler als bei der Serie. Bei den Reifen bin ich beim Metzeler ME Z 1 kleben geblieben. Norbert Hesse, RietbergMein Moped ist eine YZF 750 R, Baujahr 1993, EG-Modell aus Dänemark, gekauft im Spätsommer letzen Jahres für 8300 Mark; derzeitiger Kilometerstand: 25000. Bei diesem Modell war die Paarung von Bremscheiben und -belägen unglücklich gewählt. Die Wirkung war sehr gut, doch die Scheiben verzogen sich auf Dauer. Mit SBS-Belägen tritt dieses Übel nicht auf. Die von mir montierten Stahlflex-Bremsleitungen von free xxx, für 135 Mark mit Gutachten von Götz, definieren den Druckpunkt wesentlich genauer. Zum Schutz des Federbeins habe ich an den Umlenkhebeln ein passend zurechtgeschnittenes Stück aus einer ISO-Matte mit Kabelbindern befestigt, so daß die Kolbenstange nicht mehr im Spritzwasser des hinteren Reifens liegt. Ohne viel Aufwand läßt sich der rechte an den linken Scheinwerfer anschließen. In Deutschland nicht legal, aber nachts immens hilfreich.Stefan Appelt, Essen Anmerkung der Redaktion: Parallel betriebene Doppel-Scheiwerfer lassen sich nach neuestem Recht per Einzelabnahme beim TÜV eintragen.

Technische Daten - Yamaha YZF 750 R

Yamaha YZF 750 RTechnische DatenMotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende Nockenwellen, fünf über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, vier Mikuni-Gleichdruckvergaser, 0 38 mm, Drehstromlichtmaschine 400 Watt, Batterie 12V/10Ah, Sechsganggetriebe, E-Starter.Hubraum 749 cm3Nennleistung 98PS (72 kW) bei 11000/minFahrwerkBrückenrahmen aus Alu-Profilen, Upside-down-Gabel mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Alu-Profilen, Zentralfederbein mit verstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn mit Sechskolbensätteln,Scheibenbremse hinten, Leichtmetall-Gußräder.Federweg vorn/hinten 120/130 mmMaße und GewichteSitzhöhe 770 mmTankinhalt/Reserve 19/3,5 LiterGewicht vollgetankt 230 kg TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 222/206 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,8/ 5,0 sekVerbrauch 7,2 Liter Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur 218 MarkHandbremsarmatur 131 MarkLenkerhälfte komplett 182 MarkRückspiegel 115 MarkBlinker vorn 46 MarkTachometer 182 MarkDrehzahlmesser 399 Mark Gabelgleitrohr 480 MarkSchutzblech vorn 180 MarkVorderrad 865 MarkSchalldämpfer 1423 MarkTank, lackiert 1233 MarkRahmen komplett 3398 MarkVerkleidung komplett 2984 MarkVerschleißteileKettenkit 377 MarkBremsbeläge vorn, ein Satz 108MarkKupplungsbeläge, ein Satz 171 MarkBremsscheibe vorn 612 MarkLuftfilter 58 MarkÖlfilter 19 MarkBatterie 131Mark Stärken und SchwächenStärkenLocker entspannte SitzpositionFahrwerk (ab 1995) einstellbarEinstellen der Ventile nur alle 42000 KilometerSchwächenBremsanlage vorn nicht immer standfestÖldurstSoziusuntauglich Test in MOTORRAD1Test 6/1993Vergleichstest 8/1993Konzepzvergleich 22/1993Vergleichstest 4/1994Test 10/1995Vergleichstest 1/1996Reifenfreigaben Typ 4 HNvorn hinten 120/70 ZR 17 180/55 ZR 17 Avon ST 22/25 Bridgestone BT 50 Bridgestone BT 56/57 Dunlop D 202 Metzeler ME Z1 Michelin Macadam 90 X Pirelli MTR 01/02 DragonSchwacke-Gebrauchtpreise1993: 8550 Mark (41400 Kilometer)1994: 9900 Mark (33000 Kilometer)1995: 11250 Mark (24600 Kilometer)1996: 12600 Mark (16200 Kilometer) Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

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Erscheinungsdatum 26.05.2023