Harley-Davidson steckte schon vor Corona in der Krise. Mittlerweile gibt es einen neuen Geschäftsführer, massive Kosteneinsparungen, Jobstreichungen und einen Kredit über 150 Millionen US-Dollar. Die neuen Quartalszahlen zeigen auch weiter abwärts.
Harley-Davidson steckte schon vor Corona in der Krise. Mittlerweile gibt es einen neuen Geschäftsführer, massive Kosteneinsparungen, Jobstreichungen und einen Kredit über 150 Millionen US-Dollar. Die neuen Quartalszahlen zeigen auch weiter abwärts.
Seit fünf Jahren meldet Harley-Davidson sinkende Absatzzahlen, einen sinkenden Umsatz und sinkende Gewinne. Der amerikanische Motorradhersteller kämpft mit einer alternden, extrem konservativen Kundschaft und wenig Erfolg bei jungen Motorradfahrern. Gegensteuern wollte man mit dem bereits 2018 veröffentlichten Zukunftsfahrplan "More Roads to Harley-Davidson". Der sah eine Ausweitung des Modellportfolios auf kleinere Hubraumklassen vor, die besonders im asiatischen Raum gefragt sind, mehr Elektrobikes – vom E-Fahrrad bis zur LiveWire – sowie Modelle für neue Segmente (u.a. Pan America Enduro und Bronx Streetfighter) vor. Die dafür nötigen Investitionen sollten durch umfassende Kostensenkungen und Neuzuweisungen von zuvor geplanten Investitionen und Ressourcen finanziert werden. Dann kam aber der US-Handelsstreit mit der EU, der den Absatz aber auch die Bilanz von Harley zusätzlich belastete. Um die Zollschranken zu umgehen, plante Harley die Teilverlagerung der Produktion. Dabei rückte Thailand in den Fokus.
Ende Juli präsentierte Harley-Davidson die Ergebnisse des zweiten Quartals 2020 mit verherenden Zahlen. Die weltweiten Motorradverkäufe sind gegenüber dem Vorjahr um 27 Prozent auf nur noch knapp 52.700 Bikes eingebrochen. Der Umsatz mit Motorrädern und verwandten Produkten ging im Jahresvergleich um 53 Prozent auf 669 Millionen Dollar zurück. Allein während des Corona-Lockdowns von April bis Juni fiel ein operativer Verlust von 121 Millionen Dollar an, verglichen mit einem Gewinn von 181 Millionen Dollar vor einem Jahr. Im zweiten Quartal fiel ein Verlust von 92 Millionen Dollar an. Im Vorjahreszeitraum hatte es noch einen Gewinn von 196 Millionen Dollar gegeben.
Harley-Boss Zeitz kündigte mit "The Hardwire" einen neuen Fünf-Jahres-Plan an, der ab 2021 greifen soll. Die Palette der geplanten neuen Modelle soll um etwa ein Drittel zusammengestrichen werden. Welche Harleys damit nicht kommen werden, sagt Zeitz nicht, bestätigt aber, dass die Großenduro Pan America für 2021 eingeplant ist. Zudem will sich Harley auf seine Bestseller fokusieren, Marktneueinführungen werden aus dem August an den Jahresbeginn vorgezogen. Als neuen Markenbotschafter haben die Amerikaner zudem den Schauspieler Jason Mamoa verpflichtet.
Geprüft wird auch der Rückzug von verschiedenen Märkten. Starke Märkte wie die Nordamerika, Europa und Teile des asiatisch-pazifischen Raums sollen gefördert werden. Ein Marktaustritt aus Lateinamerika liegt damit sehr nahe. Insgesamt will man künftig nicht mehr als 50 Märkte bedienen, wobei einzelne Regionen mehr Autonomie beim Vetrieb und der Vermarktung bekommen sollen. 36 Märkte will Harley direkt bedienen, 17 Märkte sollen mit einem lokalen Verriebspartner beackert werden. Aus etwa 40 Märkten will man sich komplett zurückziehen. Auch will Harley die Produktion verstärkt an den Absatz anpassen, um Lagerbestände zu reduzieren sowie Preisschlachten und Rabattaktionen im Handel zu vermeiden. Potenzial für Wertschöpfung sieht Zeitz auch noch bei Merchandising, Zubehör und Teilen. Harley-Käufer sollen bei Harley rundum bedient werden.
Im Juli 2020 hat Harley-Davidson bekannt gegeben, dass die Restrukturierungmaßnahmen das Unternehmens im zweiten Quartal etwa 42 Millionen US-Dollar gekostet haben. Die sollen allerdings künftig jählich Einsparungen von bis zu 100 Millionen Dollar bringen. Zudem hat Harley bestätigt, dass aufgrund dieser Maßnahmen Hunderte Mitarbeiter entlassen werden müssen. Auch der Chief Financial Officer (CFO) John Olin muss nach 17 Jahren Unternehmensangehörigkeit seinen Hut nehmen. Insgesamt sollen bis zum Ende des Jahres 500 Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausschneiden. Laut Harley-CEO Jochen Zeitz könne das Unternehmen dank der neuen und optimierten Struktur weltweit auf circa 700 Mitarbeiter verzichten.
Bereits im Frühjahr gab es bei Harley einige Entscheidungen um Kosten einzusparen. Mit Jochen Zeitz hatte zuletzt ein neuer CEO die Geschicke des Unternehmens übernommen. Harley hat zudem angekündigt, dass im Laufe des Monats weitere Details über die Restrukturierung des Unternehmens bekannt gegeben werden sollen.
Ende Februar 2020 musste der langjährige Harley-Davidson-Boss Matt Levatich seinen Hut nehmen. Angeblich hatte ein Großaktionär dabei im Hintergrund die Fäden gezogen. Aktuelle Bilanzen zeigen, dass die Amerikaner mittlerweile mehr Geld mit Finanzierungsgeschäft verdienen, als mit dem Verkauf von Motorrädern. Und dann kam die Corona-Krise.
Harley-CEO Jochen Zeitz kündigte Maßnahmen zur Kostensenkung an, um die Auswirkungen der Produktionsstopps abzufedern. Die Ankündigung folgte auf die Entscheidung des Unternehmens, die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr zurückzuziehen. Finanzanalysten erwarten, dass die Harley-Verkäufe in diesem Jahr um 25 Prozent sinken werden. Laut Zeitz sollen bei den Führungskräften die Gehälter um 30 Prozent gekürzt werden (Levatich hatte im Vorjahr angeblich elf Millionen Dollar verdient), alle anderen Verwaltungsmitarbeiter in den USA soltlen angeblich auf zehn bis 20 Prozent ihrer Bezüge verzichten. Die Mehrheit der weltweiten Produktionsmitarbeiter wurde im Frühjahr vorübergehend entlassen, wobei die Kosten für die Gesundheitsversorgung weiter bezahlt wurden. Auch alle Lohnerhöhungen für 2020 wzrden gestrichen. Zudem wollen er als CEO sowie der gesamte Verwaltungsrat von Harley-Davidson im laufenden Jahr auf Bonuszahlungen verzichten. Kritiker halten entgegen, dass dieser Verzicht leicht fallen dürfte, da bei der aktuellen Geschäftsentwicklung sowieso keine Bonuszahlungen zu erwarten seien. Zudem verhängte Harley einen Einstellungsstopp. Auch für alle anderen Standorte außerhalb der USA folgten ähnliche Kostensenkungsmaßnahmen. Zunächst waren alle genannten Maßnahmen bis zum Ende des zweiten Quartals befristet. Nachdem die Lage im Juli dann neu bewertet, entschied sich der Hersteller wie oben beschrieben, Hunderte MItarbeiter zu entlassen.
Kredit über 150 Mio. US-Dollar
Für 2021 will sich Harley-Davidson zudem 150 Millionen US-Dollar leihen. Diese Schritte stünden "im Einklang mit den offengelegten Absichten in Bezug auf die Liquidität", informierte Harley seine Aktionäre. Nüchtern betrachtet ist das ein normaler Vorgang. Unternehmen dieser Größe leihen sich ständig Geld, zahlen es zurück, nehmen wieder Geld auf, und so weiter. Derzeit macht Harley nicht den Eindruck, panisch zu handeln. Es sieht eher so aus, als gehörten diese Schritte zur Strategie des neuen Geschäftsführers.