Ein sehr gutes Beispiel, dass Hersteller auch an Dingen arbeiten, die ganz weit weg von der Realität sind, zeigt ein neues Patent von Harley-Davidson. Hier meldet der Motorradhersteller eine Kompressoraufladung, mehr oder weniger explizit für seine V-Motoren zum Patent an. Der Verdichter soll auf dem Getriebegehäuse platziert und per Riemen angetrieben werden.

Was kann das bringen?
Die gezeigte Anordnung und Bauweise des Kompressors mit zwei Wellen, lässt auf einen Schraubenverdichter schließen. Hier drehen sich zwei Spiralen gegenläufig. Eine Spirale ist dabei konvex, die andere konkav profiliert. In diesem während der Rotation immer kleiner werdendem Volumen zwischen den Spiralen wird die Luft verdichtet. Der Vorteil dieser Bauweise ist, dass die Massen vollständig ausgeglichen sind und von der ersten Umdrehung an ein großes Volumen gefördert werden kann. Das kommt drehmoment-betonten Motoren wie einem langhubig ausgelegten V-2 zu Gute. Somit könnte Harley zum Beispiel die Drehzahlniveaus senken, ohne an Spitzenleistung zu verlieren, bei einem gleichzeitig erhöhten Drehmoment. Win-Win-Win für luftgekühlte Langhubschlegel. In Folge können der Verbrauch und die Emissionen gesenkt werden. Ein Spirallader wie bei der Kawasaki H2 spielt seine Vorteile wie ein Turbo eher bei mittleren und höheren Drehzahlen aus.

Bauweise erscheint absurd
Harley-Davidson platziert den Verdichter hinter dem hinteren Zylinder auf dem Getriebegehäuse. Unter dem Aspekt Bauraum die logische Lösung. Aus thermischen Gesichtspunkten allerdings nicht die optimale Wahl, da bereits der hintere Zylinder im Windschatten des vorderen Pendants konstruktiv mit hohen Temperaturen belastet ist. Zudem ergeben sich daraus sehr lange Luftführungswege. Besonders, wenn man noch die optional in der Patentschrift vorgesehene Ladeluftkühlung berücksichtigt.

Ein weiteres Indiz für eine eher serienferne Entwicklung ist auch, dass Harley-Davidson sich in der Patentschrift nicht festlegt, wie der Verdichter angetrieben wird. Es wird zwar mehrfach ein Riemen mit einem automatischem Spannsystem erwähnt, woher der angetrieben wird bleibt allerdings unklar. Die Zeichnungen deuten auf einen Antrieb über die Getriebeeingangswelle hin, die systembedingt eine niedrigere Drehzahl als die Kurbelwelle hat, dafür aber die Drehungleichmäßsigkeit des Motors ausgleichen würde. Aber auch über ein Zwischenrad wäre der Antrieb über die Kurbelwelle denkbar. Je nach Konfiguration müssten aber entweder Drehzahlunterschiede oder Drehrichtung gegebenenfalls über die Pulley-Paarungen am Lader ausgeglichen werden.
Fazit
Es ist bislang nur ein Patent von Harley und vor dem Hintergrund der Restrukturierung Hardwire bleibt es das vermutlich auch. Klar, Kompressor ist geil, aber ob solch eine teure, schwere Technik eine Firma braucht, die vorwärts-gerichtet agieren möchte, ist fraglich.