Ergonomie. So müsste das Stichwort lauten, wenn es um Lenkerumbauten am Motorrad geht. Erst dann sollten Optik und Haptik folgen. Natürlich schindet ein besonders breiter, dicker oder hoher Lenker enormen Eindruck. Doch die entscheidende Frage vor der Umrüstung hat zu lauten: Passt der Lenker zur Sitzhaltung und sind damit Hunderte schmerzfreier Kilometer am Stück möglich?
Wie breit darf der neue Lenker sein? Stellen Sie sich dazu vor einen Tisch, lassen Sie die Arme locker herunterhängen, spreizen Sie die kleinen Finger ab, legen Sie sie an der Tischkante an und messen Sie den Abstand. Meist bewegen sich die Werte zwischen 60 und 80 Zentimetern. Addieren Sie zu Ihrem Ergebnis noch fünf bis acht Zentimeter - nun haben Sie die exakt für Sie passende Lenkerbreite ermittelt. Alles, was breiter ist, erhöht den Kraftaufwand beim Einlenken unnötigerweise. Besonders schnell ist die Belastung durch zu breite Lenker in den Schultergelenken zu spüren.
Die meisten Fahrertypen werden mit einem 70 bis 85 Zentimeter breiten Lenker zurechtkommen. Natürlich spielt auch der Motorradtyp eine entscheidende Rolle: Eine Yamaha SR 500 braucht einen deutlich schmaleren Lenker als eine Kawasaki Z 1000. Gleiches gilt für Cruiser und Chopper, wo überbreite Lenker aus optischen Gründen besonders angesagt, aber nicht wirklich praxisgerecht sind.

Probieren vorm Montieren
Wie hoch darf der neue Lenker sein? Setzen Sie sich auf Ihre Maschine (Füße in Fahrposition auf die Rasten) und greifen Sie locker nach vorne zum Lenker: Wenn Sie einen Buckel machen müssen und Ihr Gewicht auf den Handgelenken spüren, sind Schmerzen programmiert. Zweiter Test, wenn Sie oft mit einem Tankrucksack unterwegs sind: Schnallen Sie diesen mit üblicher Bepackung auf und prüfen Sie, wie Sie nun den Lenker greifen können.
Sinnvoll wäre es, wenn Sie vor der eigentlichen Montage zwei oder drei verschiedene Lenker beim Händler zur Auswahl erhalten könnten, vielleicht hat er auch gebrauchte Lenker zum Ausprobieren. Bauen Sie die neuen Lenker provisorisch auf Ihre Maschine und probieren Sie die neue Sitzposition in aller Ruhe aus. Achten Sie beim Einschlagen darauf, dass der Lenker nicht an den Tank, die Verkleidung oder den Tankrucksack stößt.
Sollte der Lenker nur in der Höhe justiert werden, reicht es, anstelle eines komplett neuen Lenkers sogenannte Zwischenstücke in die Lenkerklemmböcke einzubauen. Bereits mit 30 oder 40 Millimetern Höhe bringen diese Distanzstücke schon ein großes Plus an Sitz- und Fahrkomfort. Alternativ gibt es auch höhere Klemmböcke, die einfach gegen die alten ausgetauscht werden. Beide Versionen haben jedenfalls den enormen Vorteil, dass die Arbeiten schnell erledigt und wirklich preiswert sind.

Vorbereitungen
Wenn ein neuer Lenker montiert werden muss, wird es aufwendig. Insbesondere dann, wenn als Ersatz für die an den Gabeltauchrohren angeschellten Lenkerstummel eine Lenkstange auf die Gabelbrücke wandert. Vor der eigentlichen Montage sollten folgende Punkte geprüft werden:
- Reicht der Ausschnitt der Verkleidung, um den Lenker in der richtigen Position einzupassen?
- Ist genügend Raum vorhanden, damit der Lenker bei vollem Einschlag nirgends anstößt? Alle Bauteile des Lenkers (vor allem auf Hebel, Ausgleichsbehälter etc. achten) müssen mindestens 15 bis 20 Millimeter Abstand zu den Verkleidungsteilen haben.
- Sind elektrische Kabel (von den Lenkerschaltern zum Kabelbaum) lang genug, damit sie sauber und eng an den neuen Lenker angelegt werden können, ohne beim Lenkeinschlag zu spannen oder eingeklemmt zu werden?
- Sind die Hydraulikleitungen (Bremse, gegebenenfalls Kupplung) lang genug, damit sie sauber und eng an den neuen Lenker passen? Bei vollem Lenkeinschlag dürfen sie weder spannen noch irgendwo eingeklemmt werden. Gleiches gilt für Gaszüge und/oder den mechanischen Kupplungszug.
- Wenn anstelle von Stummeln ein neuer Lenker auf der oberen Gabelbrücke montiert werden soll, muss im Regelfall zum neuen Lenker auch eine neue Gabelbrücke mit Gewindeeinsätzen bestellt werden. Die meisten Anbieter haben passende Sets im Angebot.
- Alternativ können auch Klemmstummel mit höheren Einsätzen montiert werden. So lassen sich die Lenkerrohre bis knapp über die obere Gabelbrücke anheben. Der Freiraum im Verkleidungsausschnitt reicht bei den meisten Motorradtypen für diese Lenkerform aus.
- Wenn die Armaturen mit Stiften auf Stand gesichert sind, muss der Lenker entsprechend angebohrt werden. Am besten geht das mit einer Bohrschablone (siehe Werkzeugtipp unten rechts).
- Neuester Trend bei den durchgehenden Lenkern sind konische Lenker: Diese messen außen an den Lenkerenden, wo Gasgriff und Lenkerarmaturen aufgebaut werden, die üblichen 22 bis 22,2 Millimeter Durchmesser und verdicken sich zur Mitte auf 28,6 Millimeter. Es gibt sie hochfest geschmiedet aus Aluminium, ihre Wandstärke sollte vier Millimeter betragen. Normale Stahllenker haben zwei Millimeter Wandstärke.

Werkzeugausstattung
Besorgen Sie sich vor Beginn der Umbauarbeiten das nötige Werkzeug, um den alten Lenker abzuschrauben und den neuen zu montieren. Dazu gehören exakt passende Schlüssel für die Schraubverbindungen der in die Lenkeraußenseite ein- oder angebauten Gewichte („Vibrationskiller“), der Lenkerklemmung, des Gasgriffgehäuses, der Spiegelschellen und Griffarmaturen. Weiterhin werden benötigt: Allzweckspray zur Reinigung des abgebauten Gasgriffs, leichtes Kfz-Fett für den Anbau, Druckluft zum Abziehen des auf der Kupplungsseite verklebten Lenkergriffgummis und guter Klebstoff (Pattex) zum Aufkleben. Wichtig ist ein kleiner Drehmomentschlüssel, um die Lenkerklemmschrauben mit 22 bis 26 Nm festzuziehen.
Lenkermontage
Wie das Lenkergewicht ausgebaut wird, ist je nach Marke und Modell unterschiedlich. Bei einigen (z. B. BMW) wird es einfach abgeschraubt, bei den meisten Ducatis ist es eingesteckt, bei vielen Japanern hingegen trickreich eingebaut. Generell gilt: Schraube lösen und zwei bis drei Umdrehungen aufdrehen, dann einen kurzen Schlag mit dem Plastikhammer auf den Schraubenkopf geben, damit sich die Klemmung im Lenker löst. Meist lässt sich so das ganze Lenkergewicht herausziehen. Eventuell muss man es aber noch um einen gewissen Wert drehen, bevor man es herausziehen kann. Bei Unklarheiten den Vertragshändler fragen, der muss es wissen.
Die meisten Hersteller haben passende Gewichte für den neuen Lenker im Programm. Beim Einbau einen Tropfen „Loctite mittelfest“ an die Schraube geben.
Sollte der neue Lenker nicht mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE), sondern einem (modellbezogenen) Teilegutachten geliefert werden, steht zum Schluss noch eine Abnahme an. In der Prüfstelle (z. B. TÜV oder Dekra) müssen Sie schließlich begutachten lassen, ob Sie auch wirklich sorgfältig gearbeitet haben.