- Vier Hauptteile der Studie
- Bedrohungen werden besser wahrgenommen
- Einschätzung der Geschwindigkeit
- Fazit
Die Studie führte die britische Universität Bournemouth gemeinsam mit DocBike durch, einer Wohltätigkeitsorganisation aus Ärzten und Notfallsanitätern mit dem Fokus auf Zweiradfahrer. Am 21. Januar 2022 wurde veröffentlicht, dass der aktuelle Stand die These stütze, Unfälle zwischen Auto- und Motorradfahrern seien oft darauf zurückzuführen, dass sie völlig verschiedene Dinge sehen – obwohl sie sich auf derselben Strecke befinden.
Vier Hauptteile der Studie
Die Untersuchungen befassten sich mit Teilnehmern mit unterschiedlichen Erfahrungen und Qualifikationen im Straßenverkehr. Sie bestanden aus vier Hauptteilen:
- Ermittlung von Fahrpraxis, Ausbildung und Jahreskilometerleistung
- Fragebögen zur allgemeinen Risikobereitschaft und zum Bedürfnis nach Aufregung
- Eye-Tracking durch das Betrachten von Videos und Bildern von Straßen mit einer hohen Anzahl von Motorradkollisionen
- optionales halbstrukturiertes Interview für Motorradfahrer
Geleitet wurde die Studie von Shel Silva, einer promovierte Forscherin an der Universität Bournemouth mit einem Abschluss in Neuropsychologie und selbst Motorradfahrerin seit ihrem 4. Lebensjahr.
Bedrohungen werden besser wahrgenommen
Das Ergebnis: Da unser Gehirn sich besonders für bedrohliche Dinge in unserer Umgebung interessiert, werden sie bevorzugt wahrgenommen. Historisch gesehen, waren dies vor allem große Objekte oder Tiere. Heute sind es – übersetzt auf die Straße – für Motorradfahrer fast alle anderen Verkehrsteilnehmer. Für Autofahrer sind es demnach Busse und Lkw sowie andere Pkw: "Folglich kann ein Motorrad innerhalb des Sichtfelds leicht verloren gehen, insbesondere wenn sich unmittelbar hinter dem Motorrad ein größeres Fahrzeug befindet.", so ein Ergebnis der Studie.
Und selbst wenn ein Motorradfahrer von einem Autofahrer gesehen wird, heißt das noch nicht, dass er sich beim Spurwechsel noch an ihn erinnert. Vor allem nach den Wintermonaten sind Autofahrer nicht mehr daran gewöhnt, Motorradfahrer zu sehen. Dadurch, dass ein Autofahrer gar nicht erst erwartet, einen Motorradfahrer zu erblicken, ist die Gefahr, ihn zu übersehen, oder zu vergessen, sehr viel höher als wenn er ihn erwartet.
Einschätzung der Geschwindigkeit
Ein weiterer schwieriger Punkt ist die Einschätzung der Geschwindigkeit. Der Motorradfahrer kann die Geschwindigkeit eines Autos im Verhältnis zu einem Fixpunkt leichter feststellen als der Autofahrer das Tempo des Bikers. Das liegt vor allem daran, dass Motorräder kleiner sind als Autos. Im Rückspiegel ist es bei einem zweispurigen Fahrzeug außerdem Dank der weit auseinanderstehenden Scheinwerfer recht einfach, die Geschwindigkeit einzuschätzen, da sich der Abstand der Scheinwerfer vergrößert, wenn das Fahrzeug näherkommt. Je schneller sich der Abstand also vergrößert, desto schneller das Auto, der Lkw oder der Bus. Bei einem einspurigen Fahrzeug ist das anders.
"seitliche" Bewegungen verbessern Sichtbarkeit
Die Studie ergab auch, dass Motorradfahrer ihre Sichtbarkeit erhöhen können, indem sie sich "seitlich" bewegen, z. B. in Richtung Straßenmitte in die Nähe der weißen Fahrbahnmarkierung. "Denn die Bewegung des Motorrads kann bei anderen Verkehrsteilnehmern eine visuelle Orientierungsreaktion auslösen und so deren Aufmerksamkeit auf den Motorradfahrer lenken.", so ein Ergebnis der Studie.
Vorschlag von uns: Beobachtet an euch selbst, ob und wie eure Wahrnehmung wechselt, wenn ihr auf dem Motorrad/Roller oder im Auto sitzt. Und erinnert ihr euch noch, ob eure Wahrnehmung als Autofahrer sich eventuell sogar verändert hat, seitdem ihr mit dem Zweirad unterwegs seid? Eventuell trifft eine Antwortmöglichkeit unserer Umfrage auf euch zu. Wir machen garantiert keine Studie daraus – versprochen.
Fazit
Der Verdacht, dass Auto- und Motorradfahrer eine unterschiedliche Wahrnehmungen haben, ist nicht neu. Neu ist, dass es nun eine wissenschaftliche Studie gibt, die diese Annahme stützt und präzisiert. So können Erkenntnisse perspektivisch in Schulungen und Trainingseinfließen oder sogar in den Fahrschulunterricht. Und dadurch Unfälle verhindert werden. Uns hätte noch interessiert, wie es sich mit der Wahrnehmung von Autofahrern verhält, die auch Motorradfahrer sind. Aber dazu machen wir jetzt eben eine eigene kleine Umfrage, siehe oben.