Motorwellen: Aufgaben, Schäden und Wartung

Schraubertipps für Kurbelwelle, Nockenwelle & Co.
Wellen am Motorrad – Aufgaben, Schäden und Wartung

ArtikeldatumVeröffentlicht am 13.10.2025
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Wellen am Motorrad verrichten ihren Dienst in unterschiedlichen Bereichen und werden bei vielen drehenden Komponenten verwendet. Die meisten Wellen befinden sich im Motor. Sie sorgen vor allem für eine effiziente Kraftübertragung, die Steuerung wichtiger Motorfunktionen und manchmal auch für eine Vibrationsreduzierung. Im Zusammenspiel mit Lagern und Dichtungen gehören sie zu den wichtigsten Bauteilen der Maschine.

Wichtigste Welle: die Kurbelwelle

Als zentrale Komponente des Motors wandelt die Kurbelwelle die Auf- und Abwärtsbewegung der Kolben in eine Drehbewegung um und leitet die Kraft an Kupplung und Getriebe weiter. Außerdem treibt sie zahlreiche weitere Motorkomponenten wie Nockenwelle, Ölpumpe und Wasserpumpe an.

Um auch starken Belastungen standzuhalten, besteht die Kurbelwelle in der Regel aus gehärtetem Stahl und läuft bei modernen Motoren überwiegend in Gleitlagern.

Hauptursache für Schäden an der Kurbelwelle ist neben seltenen Materialfehlern meist mangelnde Schmierung wegen unzureichenden Öldrucks, die zu erhöhtem Verschleiß und Schäden an den Lagern der Kurbelwelle führt. Auch häufiges Fahren bei zu hohen Drehzahlen bzw. Überdrehzahl kann vorzeitigen Verschleiß verursachen.

Früherkennung von Schäden

Ein Defekt macht sich zwar durch auffallende Geräusche (Klackern/Poltern) bemerkbar, die sind von Laien aber nur schwer einzuordnen. Eine frühzeitige Diagnose kann natürlich größere Folgeschäden verhindern, definitiv sichtbar wird ein Defekt allerdings erst nach dem Zerlegen des Motors.

Eine interessante Möglichkeit der Früherkennung von Motorproblemen ist die Öl-Analyse. Hierbei wird das Motoröl auf Metallpartikel oder Verschmutzungen untersucht, die auf Verschleiß oder Schäden hinweisen können.

Spezielle Öl-Testkits zum akzeptablen Preis

Eine ganze Reihe von Unternehmen, wie z. B. Oiltest 24 bieten mittlerweile spezielle Testkits zu einem akzeptablen Preis an (ab 47,50 Euro, mit Frischöl-Vergleichsprobe 65,30 Euro). Mit dem gut durchdachten Set lässt sich kinderleicht eine Probe des Motoröls entnehmen, die man anschließend mit dem beiliegenden frankierten Versandkarton zur Analyse ins Labor schickt.

Nach der Untersuchung der Probe bekommt man per Mail einen ausführlichen Bericht, dem man präzise Angaben u. a. zum Motorverschleiß (Zylinder, Lager etc.) entnehmen kann, aber auch zu Rückständen im Öl, die auf weitere Probleme hindeuten.

Lagerschalen der Kurbelwelle

Meist ist aber gar nicht die Kurbelwelle, sondern nur die Lagerschalen der Kurbelwelle verschlissen oder beschädigt. Die Lagerschalen und das Motorgehäuse haben Kennzeichnungen in Form von Buchstabenkombinationen oder Farbmarkierungen, die bei einem Wechsel genau beachtet werden müssen.

Zur Kontrolle des Lagerspiels kann man Wachsmessstreifen wie Plastigage verwenden. Das ist aber nur etwas für sehr erfahrene Schrauber. Ist die Kurbelwelle selbst defekt, können Spezialbetriebe auch eine Reparatur der Welle durchführen. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist, muss man im Einzelfall entscheiden.

Ausgleichswelle

Im direkten Zusammenhang mit der Kurbelwelle stehen die bei einigen Maschinen verwendeten Ausgleichswellen. Eine Ausgleichswelle in einem Motorradmotor dient dazu, Vibrationen und unerwünschte Massenkräfte zu reduzieren, die durch die Bewegung der Kolben und Pleuel entstehen.

Deshalb ist sie mit exzentrischen Gewichten (Unwuchten) versehen und wird synchron zur Kurbelwelle angetrieben, meist über Zahnräder. Erfolgt der Antrieb über Ketten, sind häufig deren Spannmechanismen die Schwachstellen. Bei solchen Motoren (wie beispielweise den Honda CB 400 N/T-Modellen) wird oft vergessen, die korrekte Kettenspannung zu überprüfen und einzustellen.

Einfacher prüfbar: die Nockenwelle

Eine weitere wichtige Welle ist die Nockenwelle. Sie betätigt die Ventile und spielt die zentrale Rolle bei der Ventilsteuerung. Nockenwellen bestehen meist aus Gusseisen, Stahl oder speziellen Legierungen. Sie sollen möglichst leicht sein, aber trotzdem Verschleißfestigkeit und Stabilität bieten.

Schäden machen sich auch hier eventuell durch ungewöhnliche Geräusche bemerkbar. Mahlende oder klopfende Geräusche, die aus dem Zylinderkopf kommen, können auf einen Nockenwellenschaden hinweisen. Eine Öldiagnose kann auch hier wieder Hinweise auf mögliche Schäden geben, wenn sich ein erhöhter Abrieb von Metallen, aus denen die Nockenwelle besteht, im Öl nachweisen lässt.

Da die Nockenwelle aber im Vergleich zur Kurbelwelle relativ gut zugänglich ist, lassen sich eventuelle Schäden deutlich einfacher überprüfen. Nach der Demontage des Zylinderkopfdeckels ("Ventildeckel") und gegebenenfalls der Lagerböcke kann man die Welle begutachten. Neben den Lagern, die allenfalls geringe Laufspuren aufweisen sollten, liegt das Augenmerk auf den Nocken.

Ein eingelaufener oder ein überhitzter Nocken?

Von einem eingelaufenen Nocken spricht man, wenn ein allmählicher Verschleiß der Nockenoberfläche durch normale Betriebsbelastungen auftritt. Eine glatte, gleichmäßige Abnutzung des Nockenprofils ist zwar keine Katastrophe, kann aber zu einer leichten Veränderung der Nockenform und damit zu geringfügigen Abweichungen in der Ventilsteuerung führen. Das führt zu allmählichem Leistungsverlust und erhöhtem Kraftstoffverbrauch.

Ein überhitzter Nocken zeigt oft deutliche Verfärbungen oder Anlauffarben auf der Nockenoberfläche, Verformungen oder Risse im Material sowie eine ungleichmäßige Abnutzung oder Beschädigungen des Nockenprofils. Das führt zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Ventilsteuerung und oft zu irreparablen Schäden.

Diese Schäden sind manchmal gut erkennbar oder lassen sich erfühlen, aber ein Nocken kann auch optisch unauffällig erscheinen und dennoch deutlich eingelaufen sein. Eine genaue Diagnose erfordert das exakte Vermessen der Nockenwelle mit einer hochwertigen Mikrometerschraube und den Vergleich mit den Herstellervorgaben.

In beiden Fällen ist eine Reparatur oder ein Austausch der Nockenwelle oft notwendig, um die optimale Motorleistung wiederherzustellen.

Aus-/Wiedereinbau einer Nockenwelle

Der Aus-/Wiedereinbau einer Nockenwelle ist kein Kinderspiel. Beim Zusammenbau müssen die Steuerzeiten unbedingt exakt eingestellt werden. Die Schrauben der Lagerböcke sind oft mit Loctite gesichert. Auch bei den Dichtungen gibt es Unterschiede. Unbedingt alle Vorgaben im Werkstatthandbuch beachten!

Die Königsklasse: Eine Königswelle

Sofern es sich um einen Motor mit Kipphebeln zur Ventilsteuerung handelt, laufen diese ebenfalls auf allerdings relativ einfachen Wellen. Schäden lassen sich nach dem Ausbau manchmal schon mit bloßem Auge erkennen.

Im Zweifel bringt eine exakte Vermessung Klarheit. Defekte am eigentlichen Ventiltrieb sind glücklicherweise selten. Sehr viel häufiger sind Probleme mit Kette/Riemen und den Spannsystemen.

Derartige Probleme können bei der Verwendung einer Königswelle als Nockenwellenantrieb nicht auftreten. Die Königswelle trägt ihren Namen zu Recht. Als optisches Highlight wird sie gern in Retro-Motorrädern eingesetzt (z. B. Kawasaki W 650/800).

Sie ist (neben den deutlich schwereren Zahnradkaskaden) die zuverlässigste mechanische Kraftübertragung, muss weder eingestellt noch gewartet werden und hat eine sehr lange Lebensdauer. Sie ist allerdings teuer und schwer, weswegen sie leider selten verbaut wird.

Das Allerwichtigste: Öl, Öl, Öl ...

Für einen problemlosen Betrieb und eine lange Lebensdauer aller Wellen im Motor sind vor allem eine ausreichende Ölmenge (gemäß Herstellervorgabe) und die richtige Ölspezifikation unverzichtbar.

Überaltertes, verschmutztes Öl und durch Kühlmittel oder Kraftstoff kontaminiertes Öl führt ebenso zu Schäden wie eine Überhitzung oder Mangelschmierung aufgrund von Öldruckproblemen (defekte Ölpumpe, defektes Ölüberdruckventil, fehlerhafte Spritzdüsen, verstopfte Leitungen und Kanäle etc.).

Eine wichtige Rolle spielt dabei natürlich die Ölpumpe, die entweder über eine kettengetriebene Welle oder per Zahnrad von der Kurbelwelle angetrieben wird. Eine regelmäßige Überprüfung der Ölpumpe ist nicht erforderlich, da sie in der Regel eine sehr hohe Lebensdauer hat. Ein Ölpumpen-Wechsel ist je nach Position im Motor unterschiedlich aufwendig.

Damit die Ölpumpe ihre Arbeit korrekt verrichten kann, darf der Ölstand im Motor keinesfalls zu niedrig sein. Im schlimmsten Fall saugt die Pumpe dann nämlich Luft statt Öl an, dadurch kollabiert das komplette Schmiersystem. Optisch wird dieses Problem durch ein Aufflackern der roten Öldrucklampe signalisiert. Ein sofortiges Abstellen des Motors kann mit viel Glück dann gerade noch einen dauerhaften Schaden verhindern.

Interessanterweise kann aber auch ein zu hoher Druck schädlich sein. In diesem Fall zerstört ein zu kräftiger Ölstrahl die empfindlichen Oberflächen von Gleitlagern der Kurbel- bzw. Nockenwelle.

Aus diesem Grund verfügt das System auch über ein sogenanntes Überdruckventil, das bei korrekter Funktion rechtzeitig öffnet, um Schäden zu vermeiden. Bei begründetem Verdacht auf Ölpumpenprobleme sollte man den Öldruck messen (lassen).

Die Welle der Wasserpumpe

Die Welle der Wasserpumpe stellt die Verbindung der Pumpe zum Motor her. Sie kann über eine Kette oder direkt angetrieben werden und ist in der Regel unproblematisch. Bei Undichtigkeiten des Wellendichtrings kann in seltenen Fällen allerdings Kühlwasser ins Motoröl gelangen und dort Schäden verursachen.

Ein Problem mit der Wasserpumpe führt zur Überhitzung und macht sich durch einen schnellen Anstieg der Temperatur bemerkbar. Die Wasserpumpe ist meist gut zu erreichen und daher leicht zu wechseln.

Getriebewellen

Die Getriebewellen übertragen die Kraft vom Motor auf das Hinterrad. Sie tragen die verschiedenen Zahnräder des Getriebes und laufen in kräftig dimensionierten Rollen- oder Nadellagern. Standardmäßig gibt es eine Eingangs- und eine Ausgangswelle, manchmal auch eine Zwischenwelle, die die Übertragung und Anpassung des Drehmoments erlauben.

Die Schaltung der verschiedenen Gänge erfolgt durch Verschieben der Zahnräder per Schaltklauen. Die Getriebewellen sind recht robust, und Schäden treten überwiegend an den Zahnrädern und Schaltklauen auf.

Neben Fehlern beim Schalten können Getriebewellen vor allem wegen mangelnder Schmierung vorzeitig verschleißen. In extremen Fällen kann es zur Verformung und zum Bruch von Teilen der Welle kommen. Die häufigsten Probleme sind aber eine Abnutzung der Schaltklauen und der Verzahnung, Pitting (Oberflächenausbrüche durch Materialermüdung) sowie Lagerverschleiß.

Diese Schäden können sich durch ungewöhnliche Geräusche, Vibrationen oder Schaltprobleme bemerkbar machen. Ebenso sind Schwierigkeiten beim Einlegen der Gänge, hakige Schaltvorgänge oder das Herausspringen von Gängen klare Warnsignale.

Zur Überprüfung muss der Motor fast immer ausgebaut werden. Bei Motoren mit horizontalen Motorgehäusehälften ist eine Teilzerlegung und bei vertikalen Gehäusehälften eine komplette Zerlegung des Motors unumgänglich.

Befindet sich das Getriebe in einem separaten Gehäuse, muss ein Ölwechsel nach Herstellerangaben durchgeführt werden. Das alte Öl sollte man zur Kontrolle durch ein Teesieb gießen. Metallische Rückstände und Späne sind Hinweise auf einen Getriebeschaden.

Äußerst praktisch: eine Kickstarterwelle

Die leider sehr selten gewordene Kickstarterwelle ist ein zentraler Bestandteil des Kickstartmechanismus. Sie dient dazu, die durch den Tritt auf den Kickstarter erzeugte mechanische Energie auf die Kurbelwelle zu übertragen, um den Motor zu starten. Auf der Welle sitzt der Kickstarter, der außen am Motor angebracht ist.

Beim Treten des Hebels wird die Bewegung über die Welle ins Innere des Motors übertragen. Die Welle besitzt ein Zahnrad (Kickstarterrad), das über ein Zwischenrad (Losrad) ein weiteres Zahnrad (Festrad) antreibt, das meist hinter dem Kupplungskorb sitzt.

Ein Freilauf zwischen der Kickstarterwelle und der Kurbelwelle sorgt dafür, dass der Motor nach dem Starten frei laufen kann, ohne den Kickstarter mit anzutreiben. Nach dem Treten des Hebels wird die Kickstarterwelle durch eine Rückholfeder in ihre Ausgangsposition zurückgeführt. Mechanische Schäden wie eine gebrochene Rückholfeder, verschlissene Verzahnung oder ein defekter Freilaufmechanismus sind selten.

Lichtmaschinenwelle

Die Lichtmaschine sitzt bei vielen Motoren direkt auf der Kurbelwelle. Befindet sie sich aber hinter dem Zylinderblock, wird eine Lichtmaschinenwelle benötigt, die meist per Kette angetrieben wird. Die Lichtmaschinenwelle und ihre Lager unterliegen normalem Verschleiß und machen selten Probleme.

Schwachstelle ist der Kettenantrieb, dessen Kettenspanner bei manchen Motorrädern bei hohen Laufleistungen zu Defekten neigt. Der eigentliche Tausch des nur von ein paar Schrauben gehaltenen Spanners ist unproblematisch, und er ist auch nicht übermäßig teuer.

Da er sich aber in der Regel im Motorgehäuse über dem Getriebe befindet, sind der Ausbau und eine Teilzerlegung des Motors unumgänglich. Ob der Aufwand sich lohnt, hängt von der jeweiligen Maschine ab.

Kardanwelle

Bei Motorrädern mit Kardanantrieb überträgt die Kardanwelle das Drehmoment vom Getriebe zum Hinterrad. Die eigentliche Kardanwelle ist ein relativ unspektakuläres Bauteil. Sie läuft bei den meisten Antrieben mit Kardan "trocken" und ist fast wartungsfrei. Sofern sie "nass" in Öl läuft, muss dieses natürlich nach Herstellervorgaben gewechselt werden.

Ein Kardanantrieb ist eigentlich grundsolide. Probleme gibt es – wenn überhaupt – meist mit dem Kreuzgelenk oder dem Endantrieb, bei dem ein Ölwechsel standardmäßig zur Wartung gehört.

Da eine "trockene" Kardanwelle ohne Ausbau nicht zugänglich ist, sollte man sie bei allen Arbeiten, die ohnehin einen Ausbau der Schwinge erfordern, gut reinigen und die Verzahnung mit einem Spezialfett (MoS2) einstreichen.

Wenn das Zerlegen im Prinzip einfach ist, so verlangt der Zusammenbau Geschick und eine ruhige Hand. Läuft Öl aus dem Kardantunnel, dann ist die Ursache oft ein defekter Wellendichtring, meist am Endantrieb.

Die simpelste Welle: Drosselklappenwelle

Eine weitere interessante Welle ist die Drosselklappenwelle. Sie befindet sich entweder im Vergaser oder bei Einspritzern im Drosselklappengehäuse. Die Drosselklappenwelle und ihre Lager können im Laufe der Zeit verschleißen, was ungleichmäßigen Motorlauf, schlechte Beschleunigung und Leistungsverlust verursachen kann.

Drosselklappen sind einfache mechanische Bauteile mit einer auf einer drehbar gelagerten Welle montierten, runden Blechscheibe. Die Ansteuerung erfolgt bei älteren Motoren rein mechanisch über einen Seilzug oder ein Gestänge.

Bei modernen Motoren erfolgt die Drosselklappensteuerung elektromechanisch durch das Motorsteuergerät. Wenn die Drosselklappenwelle oder die Lager eingelaufen sind, muss man die Klappe inklusive Welle und Lager austauschen.

Die Tachowelle ist die simpelste aller Wellen am Motorrad, und in der Regel macht sie auch keine Probleme. Defekte lassen sich meist auf eine falsche Verlegung zurückführen, typischerweise nach dem Anbau eines höheren oder tieferen Lenkers.

Der Antrieb befindet sich entweder am Getriebeausgang oder am Vorderrad. Bei Vorderradantrieben besteht der Mitnehmer des Tachoantriebs häufig aus Plastik. Bei unzureichender Schmierung ist ein Defekt quasi programmiert. Beim Rad-ausbau sollte er deshalb gereinigt und neu gefettet werden. Die Welle selbst kann man mit einem Universalöl wie z. B. mit Ballistol schmieren.