Ratgeber Werkstatt Kupferwurm
Elektroschocker

Plötzlich erlischt das Licht, setzt die Zündung aus oder verabschiedet sich die Benzinpumpe. Dann hat wieder der Kupferwurm zugeschlagen. In dieser Werkstattfolge suchen und verfolgen wir ihn und geben ihm die Keule.

Elektroschocker
Foto: Herder

Statistisch gesehen ist ein Motorrad im Durchschnitt 12,2 Jahre alt. Mechanisch und optisch mag es noch einen guten Eindruck machen, doch wie ist es um die Elektrik der Maschine bestellt? Funktionieren Lichter, Blinker, Hupe, Zündung immer ohne Probleme? Oder haben Sie mit Ihrem gut betagten Bike auch schon mal nachts im Regen am Straßenrand gestanden, weit weg von zu Hause, und sich mit einem hartnäckigen Elektrofips rumärgern müssen? Denn der Kupferwurm liebt den Gilb, und dann ist es aus mit der genussvollen Fahrt.

Deshalb an dieser Stelle die eindringliche Bitte: Bei Schrauberstunden oder Putzaktionen sollte auch ein genauer Blick auf die Bordelektrik geworfen werden. Wo genau lauern aber nun die Gefahren? Und welche Elektroprobleme können durch vorausschauende Pflegearbeiten vermieden werden?

Aufgescheuerte Kabel

Elektrokabel haben einen Gummimantel (Isolierung), der die im Kabelinneren liegenden Drähte (Kupferlitzen) vor Beschädigungen schützen soll.

Problem: Falls ein Kabel eingeklemmt ist oder über längere Zeit an einem Bauteil oder dessen Kante gescheuert hat, ist meist seine Isolierung beschädigt und der blanke Draht zu sehen. Wenn der Draht nicht durchgescheuert ist, lassen sich solche Stellen mit Isolierband abkleben.
Lösung: Isolierband so weit um Scheuerstelle herumkleben, bis es circa zwei Zentimeter davor und dahinter anliegt. Die Kupferlitze ist jetzt geschützt. Es kann kein Wasser mehr eindringen oder bei Kontakt an einem Metallteil (Rahmen, Motor) einen Kurzschluss auslösen.
Wichtig: Ursache der Beschädigung herausfinden und abstellen, denn der Einsatz von Isolierband ist keine Dauerlösung.

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Relais

In stark belasteten elektrischen Stromkreisen und für spezielle Funktionen sind oft Relais eingesetzt, zum Beispiel für Anlasser, Blinker, Scheinwerfer oder Hupe. Ein Relais ist ein elektromagnetisch wirkender Schalter, mit dessen Hilfe ein kleiner Steuerstrom einen wesentlich größeren Arbeitsstrom schaltet. So kann zum Beispiel das Anlasserrelais den Startstrom von rund 100 Ampere mit etwa zwei Ampere Steuerstrom schalten.
Tipp zur Fehlersuche: Falls eine elektrische Baugruppe nicht funktioniert, die zugehörige Sicherung jedoch in Ordnung ist und die Strom zuführenden Kabel ebenfalls, kann das Relais "hängen". Dann hilft meist bereits ein leichtes Klopfen mit dem Finger oder dem Griff eines kleinen Schraubendrehers gegen das Gehäuse. Sollte das nicht helfen, gegen ein funktionstüchtiges Relais tauschen.

Franz Josef Schermer
Bei der Fehlersuche systematisch vorgehen. Der Elekroschock droht, wenn Stecker Spritzwasser ausgesetzt sind.

Beleuchtung

Fehler: schwaches Licht.
Mögliche Gründe: schlechte oder verschmutzte elektrische Kontakte, alte oder zu schwache Lampe mit zu geringer Wattzahl eingebaut, schlechte Massekontakte.
Abhilfe: Elektrische Kontakte prüfen, blank putzen, Glühlampenstärke überprüfen, Lampe erneuern, Massekontakte abschrauben, putzen, fest wieder anschrauben.

Fehler: Lampe in Scheinwerfer oder Rücklicht brennt immer wieder durch.
Mögliche Gründe: alte oder zu schwache Lampe mit zu geringer Voltzahl eingebaut, zu große mechanische Vibrationsbelastung.
Abhilfe 1: Spannungsangabe auf Glühlampe überprüfen, richtige Lampe einbauen.
Abhilfe 2: Vibrationen des Lampengehäuses aufspüren und beseitigen durch Einbau von vibrationsabsorbierenden Befestigungselementen (mechanisch entkoppeln), Gummi-Metall-Verbundgewinde (Silentblock) oder dünne Gummiplatte unterlegen.

Fehler: Lampe in Scheinwerfer oder Rücklicht brennt nur ab und zu, hat also einen echten Wackelkontakt.
Mögliche Gründe: Meistens ist der Glühfaden in der Lampe defekt, gebrochen, gerissen, also klassisch durchgebrannt, denn er hat nur eine bestimmte Lebenszeit. Es kann aber auch sein, dass der Kontakt der Lampe zur Fassung nicht korrekt ist.
Weitere mögliche Gründe: Strom führende Kabel haben Unterbrechung durch Kabelbruch, schlechte oder verschmutzte Steckverbinder. Mangelhafte Massekontakte sieht man nicht
auf den ersten Blick, ebenso wie eine schlecht in ihrer Fassung sitzende Sicherung mit korrodierten Kontaktstellen. Es kann aber auch der Lichtschalter innen gebrochen, stark verschmutzt oder korrodiert sein.
Abhilfe 1: Lampe prüfen. Ausbauen, Glühfaden ansehen, dabei mit Lampe wackeln. Alle Lichtkabel, ihre Steckanschlüsse und Schalter auf Bruch und schlechten Kontakt untersuchen, Sicherung(en) prüfen, exakt einsetzen. Lichtschalter zerlegen, reinigen, genau zusammenbauen. Im Zweifelsfall erneuern.

Fehler: Beleuchtung komplett ausgefallen.
Mögliche Gründe: Zündschloss oder Kabelstrang defekt, Lüsterklemmen- oder Steckverbindung defekt, korrodiert.
Abhilfe: Drähte im Kabelstrang zum Schalter untersuchen, Zündschloss überprüfen.

Kriechströme

Typische Probleme in der Elektrik älterer Maschinen, die zu einer raschen Entladung der Batterie führen, bereiten sogenannte Kriechströme. Das ist Stromverlust, hervorgerufen durch Schmutz und Nässe im Kabelbaum, in schlecht isolierten Leitungen (Drähten), in Steckern von Lichtmaschine, Spannungsregler und anderen elektrischen Bauteilen und Verbrauchern. Zu Kriechströmen
kommt es auch dann, wenn nur die Oberfläche der Batterie oder ihre Pole schmutzig oder feucht sind.

Batterie und Elektrik auf Kriechstrom prüfen
Wenn sich die Batterie selbst bei kurzer Standzeit dauernd entlädt oder bei laufendem Motor nicht richtig geladen wird, kann entweder ein Kriechstrom (Leckstrom) oder eine Störung im Ladesystem vorliegen. Zu den einfachen Überprüfungen von Kriechstrom, Ladespannung und Lichtmaschine genügt ein Multimeter.
1. Zündung aus, Zugang zur Batterie schaffen.
2. Massekabel von Batterie abschrauben.
3. Multimeter auf Amperemessung stellen.
3.1. Schwarzes Kabel  des Multimeters an Minuspol der Batterie anschließen.
3.2. Rotes Kabel  des Multimeters an die von der Batterie abgeschraubte Anschlussöse des Massekabels halten.
4. Messen: Wenn das Multimeter mehr als 3 mA anzeigt, ist Kriechstrom vorhanden.
Wichtig: Weil Kriechstrom sehr stark sein kann, Multimeter auf hohen Bereich einstellen und während der Messung herunterregeln. Zündung während der Prüfung NICHT einschalten.
5. Wenn Kriechstrom festgestellt wird, nach gestörtem Teil suchen: Stecker im Kabelbaum der Reihe nach abtrennen und messen, bis weniger als 3 mA Kriechstrom angezeigt wird.

Franz Josef Schermer
Stecker, die nicht abgeschmirgelt werden können, mit Kontaktspray, Druckluft und Zahnbürste reinigen.

Übergangswiderstand

Korrodierte Anschlussklemmen (zum Beispiel an Batterie oder Anlasser) führen zu einem erhöhten Widerstand, der den Stromfluss massiv behindert (Übergangswiderstand). Hohe Übergangswiderstände an der Verkabelung und durch schmutzige Stecker an Lichtmaschine, Spannungsregler und Gleichrichter stören eine gleichmäßige Ladung der Batterie.

Anderes Beispiel: Beim Anlassen der Maschine behindern zu hohe Übergangswiderstände an den Anschlussleitungen das Startverhalten. Der Motor springt nicht an, weil er zu langsam durchgedreht wird, obwohl die Batterie korrekt geladen ist.
Wichtig: Elektrische Stellen mit zu hohem Übergangswiderstand können so heiß werden, dass ein Kabelbrand droht - das kann sogar während der Fahrt passieren!

Fazit:

Alle elektrischen Kontaktstellen eines Motorrads müssen sauber und korrosionsfrei sein. Dies gilt ganz besonders für elektrische Stecker, weil diese ab einem bestimmten Alter den Gilb geradezu magisch anziehen. Wenn Sie ab und zu der Elektrik Ihrer Maschine einen prüfenden Blick schenken und auch dann, wenn Sie daran arbeiten (z. B. Batterie aus- und einbauen, laden), beugen Sie vor: Reinigen Sie Steckkontakte mit Kontaktspray und einer harten Zahnbürste, kontrollieren Sie alle Stecker auf festen Sitz und auch, ob sie ganz zusammengeschoben sind.

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023