Na los, küssen Sie endlich Ihr Schätzchen wach! Die neue Saison ruft, und nach ein paar gezielten Handgriffen kanns endlich losgehen. Und für den Fall, dass die Alte wider Erwarten rumzickt, haben wir auch noch ein paar Aufweck-Tipps.
Na los, küssen Sie endlich Ihr Schätzchen wach! Die neue Saison ruft, und nach ein paar gezielten Handgriffen kanns endlich losgehen. Und für den Fall, dass die Alte wider Erwarten rumzickt, haben wir auch noch ein paar Aufweck-Tipps.
Auf eines war über Jahrzehnte Verlass: So sicher wie das Amen in der Kirche gabs zum Ende einer Motorradsaison in der einschlägigen Fachpresse Einmott-Tipps für die Winterpause. Und so träufelten Generationen von Motorradfahrern Öl ins Kerzenloch, stopften ölgetränkte Lappen in den Auspuff, entleerten Vergaser, füllten den Benzintank randvoll und sorgten akribisch dafür, dass die mit leicht erhöhtem Fülldruck versehenen Reifen keinen Bodenkontakt hatten. Die Batteriepflege bekam fast schon rituelle Züge, und ein zarter Film Konservierungsspray legte sich über alles, was nicht rechtzeitig Reißaus nehmen konnte.
Eine kleine Minderheit Unbelehrbarer sparte sich den ganzen Aufwand und konnte im Frühjahr feststellen, dass ihre Bequemlichkeit von Jahr zu Jahr weniger bestraft wurde. Schlimmstenfalls war eine neue Batterie fällig und etwas Fummelarbeit an der Schwimmerkammer erforderlich. Dann noch etwas Starthilfespray in den Vergaser gejaucht – und zack, die Fuhre lief wieder. Alu-Tanks, Edelstahlauspuffanlagen, Einspritztechnik, schlauchlose Reifen, wartungsarme Batterien – der technische Fortschritt machte es den Nicht-Pflegern und Nur-Fahrern in den letzten 20 Jahren immer einfacher, den Saisonbeginn auch ohne umfangreiches Serviceprogramm halbwegs stressfrei zu absolvieren.
Ist eine Saisonvorbereitungsgeschichte daher mittlerweile überflüssig? Gegenfrage: Sind intensive Körperpflege und Kosmetik für das Überleben eines Menschen zwingend erforderlich? Wenn es also nur um das "irgendwie Fahren" geht, kann man sich einen Großteil der hier geschilderten Arbeiten tatsächlich sparen. Der TÜV oder – wenn gar nichts mehr geht – ADAC und Werkstatt werden einem schon irgendwann erzählen, wenn etwas gemacht werden muss. Wer aber Spaß daran hat, Technik im stets optimalen Zustand zu halten, wer auf absolute Zuverlässigkeit Wert legt und sich für Werterhalt interessiert, für den ist eine etwas gewissenhafte Saisonvorbereitung Lust statt Last und fördert sogar die Vorfreude.
Damit sich bei der ersten Tour überhaupt etwas bewegt, sollten zwei zentrale Punkte sichergestellt sein: Strom- und Spritversorgung. Der Akku ist vollgeladen und korrekt angeschlossen, und trotzdem rührt sich beim Druck aufs Knöpfchen nichts? Ein klarer Fall für den absoluten Saisonstart-Klassiker – bitte nicht lachen: Killschalter! Fast schon zu dämlich, um wahr zu sein. Und natürlich passiert das nur anderen, doch wer sich mal etwas genauer umhört, erfährt erstaunlich oft, dass sich schon so mancher im März einen Wolf gesucht und zigmal die Batterie aus- und eingebaut hat, ohne das Startproblem damit zu lösen. Dabei ist die kleine, aber fatale Schalterfehlstellung durchaus erklärlich: Plane rauf und runter, rangieren in der zugeparkten Garage, Anbau von Zubehör – irgendwann gabs einen ungewollten und unbemerkten Wechsel von "Run" auf "Off". Also bitte zuerst den Blick auf die rechte Lenkerarmatur werfen.
Nicht ganz so oft, aber auch noch gern genommen, ist eine zerschossene Hauptsicherung. Natürlich brennt die während der Winterpause nicht von allein durch, doch schon so mancher Hobbyschrauber sorgte beim Herumfrickeln während der letzten Monate aus Bequemlichkeit oder Unachtsamkeit (Stichwort "Masse") dafür, dass besagtes Kleinteil zunächst unbemerkt seiner Schutzaufgabe nachkam.
Strom ist da, der Anlasser orgelt, aber trotzdem will die Fuhre partout nicht anspringen? Meist ein klarer Fall von "kein Benzin". Zu seligen Vergaserzeiten konnte man davon ausgehen, dass vor der Winterpause vergessen wurde, den Sprit aus der Schwimmerkammer abzulassen. Der dort verbliebene Kraftstoff hatte einen Großteil seiner Zündfähigkeit eingebüßt und/oder sich in seine Bestandteile zerlegt und damit die Vergaserdüsen verstopft. Im schlimms-ten Fall musste der Vergaser ausgebaut und gereinigt werden, meist halfen aber schon das Leeren der Schwimmerkammer und gegebenenfalls ein satter Strahl Starthilfespray. Ein großer Teil moderner Motorräder wird mittlerweile aber von Einspritzanlagen mit Sprit versorgt, das Schwimmerkammer-Gefummel gehört damit der Vergangenheit an, und meist springt der Motor auch nach längerer Standzeit sofort an.
Doch keine Regel ohne Ausnahme: Heutiger Sprit hat die fatale Eigenschaft, längst nicht mehr so lange "frisch" zu bleiben wie früher. In Kombination mit (sehr) langen Standzeiten kann das auch Einspritzmotoren Startprobleme bereiten. Zum einen dadurch, dass die Einspritzventile verkleben und ihren Job nicht mehr erledigen können. Dann hilft nur der Ausbau und eventuell schon das direkte Anlegen von zwölf Volt. Vielleicht ist aber auch eine Reinigung fällig. Zum anderen zieht Sprit Wasser an, und das setzt sich dummerweise am Tankboden ab. Also genau dort, wo Sprit gezapft wird. Wenn der Motor nur noch rotzt und sprotzt, muss gegebenenfalls der ganze Tankinhalt raus und frischer Sprit mit Kraftstoffsystemreiniger rein. Doch diese Szenarien sind gottlob eher die Ausnahme, eine sechsmonatige Pause stecken Einspritzanlagen normalerweise völlig problemlos weg.
Wer vorm Saisonstart die Batterie abgeklemmt hatte, sollte als Besitzer eines Motorrads mit Einspritzmotor bei der Wiederinbetriebnahme aber noch eine Besonderheit beachten: Wenn der Akku angeklemmt wird, muss sich das Motorsteuergerät neu einjustieren. Das erleichtert man ihm, indem man bei eingeschalteter Zündung, aber noch vorm Betätigen des Starterknopfs zwei- bis dreimal Gas gibt. Dadurch erfasst das Steuergerät Signale vom Drosselklappen-Potentiometer und stellt sich ein. Trotzdem wird so mancher Einspritzmotor nach dem Neustart nicht sofort rund laufen und ein paar Sekunden benötigen, bis er seinen Rhythmus gefunden hat. Kein Grund zur Sorge, das ist völlig normal.
Strom und Sprit gelangen also wieder dorthin, wo sie hingehören. Der Motor brabbelt kerngesund, Luft und Licht sind in Ordnung. Bremse und Kupplung erledigen ihren Job zur vollen Zufriedenheit – dann kanns ja losgehen, oder? Prinzipiell schon, vorausgesetzt, der Fahrer ist halbwegs so fit wie sein Motorrad und erinnert sich daran, wann es gefährlich wird. Nicht auf der ersten Tour, auf der ist praktisch jeder hoch konzentriert und eher vorsichtig unterwegs. Gefährlich wird es dann, wenn man meint, es wieder zu können. Die meisten Unfälle passieren nicht am ersten oder zweiten Saisonwochenende, sondern drei, vier Wochen später. Passen Sie auf sich und Ihren Liebling auf!