Suzuki Gladius in der Gebrauchtberatung
Lohnt sich das Naked Bike als Gebrauchte?

"Das verlässliche Entlein" titelte die Bilanz des MOTORRAD-Dauertests. Die Optik war nicht jedermanns Geschmack, dafür stimmten die inneren Werte. Die Suzuki Gladius in der Gebrauchtberatung.

Lohnt sich das Naked Bike als Gebrauchte?
Foto: jkuenstle.de

Die Fußstapfen, in die die Suzuki Gladius bei ihrem Erscheinen treten musste, waren ziemlich groß. Immerhin hatte sich ihre Vorgängerin SV 650 bis zur Ablösung 2009 blendend verkauft und haufenweise Meriten gesammelt. Da sollte das Anknüpfen an die Erfolge der SV doch ein Selbstläufer sein. Wurde es dann aber doch nicht. Da war zum einen das rundliche, verspielte Design, das verstärkt auf jüngere und die weibliche Kundschaft zielte, aber nicht jedermanns Sache war. Zum anderen ließ die bis 2015 gebaute Gladius in vielen Details die Wertigkeit der SV vermissen.

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Bravourös im MOTORRAD-Dauertest

Statt des schönen Alu-Rahmens gab es nun ein Stahl-Chassis mit Plastikblenden, der eigenwillige Auspuff bestand nicht mehr aus Edelstahl, sondern nur noch aus schwarz lackiertem Stahl, und die Federelemente gehörten eher zur schlichten Sorte. Auf der Habenseite stand allerdings nach wie vor der grandiose V2, der in der Suzuki Gladius durch reichhaltige Modifikationen noch umgänglicher und angenehmer gemacht wurde. Eine echte Bank. Nach wie vor darf man das Gladius-Triebwerk zu den besten seiner Klasse zählen. Und zuverlässig ist es obendrein auch noch. Im MOTORRAD-Dauertest präsentierte sich der Antrieb von seiner besten Seite, genügsam, drehfreudig, durchzugsstark. So schlug sie sich absolut bravourös (zum Dauertest).

Fahrwerksabstimmung oft kritisiert

Weniger gefallen konnte der Sitzkomfort. Speziell die spärlich gepolsterte Sitzbank steht häufiger in der Kritik. Sie ist vielleicht auch mit ein Grund, weshalb die Suzuki Gladius trotz ihrer Umgänglichkeit nicht unbedingt als Begleiter für ausgedehnte Reisen und zum Kilometerfressen genutzt wird. Allerdings: Besser macht es die Komfortsitzbank aus eigenem Hause auch nicht. Oft kritisiert wird auch die Fahrwerksabstimmung, besonders das lasch gedämpfte Federbein. Wobei hier der Zubehörmarkt reichhaltige Alternativen bietet. So lässt sich dem schwammigen Fahrverhalten mit geringem Aufwand deutlich auf die Sprünge helfen. Was sich auch empfiehlt, denn so kann der famose Motor noch besser zur Geltung kommen.

Die Marktsituation

Die Auswahl ist üppig, gepflegte Maschinen mit niedriger bis mittlerer Laufleistung sind an der Tagesordnung. Mit geringem Suchaufwand finden sich Schnäppchen.

Suzuki Gladius ab 3.500 Euro

Niedriges Preisniveau:
Genaues Hinschauen lohnt, hier tauchen noch Maschinen ohne ABS auf. Ansonsten sind Laufleistungen bis 20.000 Kilometer die Regel. Bei geringen Laufleistungen auf ABS und Sturzschäden achten!

Beispielanzeige:
12.320 km, EZ 08/2009, HU 10/2017, 2. Hand, 72 PS, scheckheftgepflegtes Motorrad in Topzustand, mit ABS, Sturzpads, Scottoiler, Navi-Halter, Reifen neuwertig, Umfaller, VB 3.600 Euro, Privatangebot aus Rheinland-Pfalz

Suzuki Gladius ab 4.300 Euro

Mittleres Preisniveau:
Vereinzelt sind hier noch ABS-lose Maschinen unterwegs. Ansonsten üppiges Angebot, besonders von Händlern, mit zum Teil sehr geringen Laufleistungen. Häufig wird noch Zubehör für die Suzuki Gladius mit angeboten.

Beispielanzeige:
2.300 km, EZ 03/2011, HU neu, 1. Hand, Umrüstung auf 48 PS möglich, scheckheftgepflegtes Motorrad in Top-Zustand, mit ABS, Scheibe, Sportauspuff mit EG-BE, ein Jahr Gewährleistung, 4.590 Euro, Händlerangebot aus Rheinland-Pfalz

Suzuki Gladius ab 5.000 Euro

Hohes Preisniveau: In diesem Preissegment trifft man fast ausschließlich auf top gepflegte, gerade einmal gut eingefahrene junge Gebrauchte oder Vorführmaschinen. Hier finden sich Maschinen in Bestzustand, zum Teil noch mit Garantie.

Beispielanzeige: 698 km, EZ 02/2016, HU 02/2018, 1. Hand, 72 PS, Garantie bis 02/2018, scheckheftgepflegtes Motorrad in Top-Zustand, mit ABS, Umrüstung auf 35 kW/48 PS möglich, ebenso Garantieverlängerung, 4.999 Euro, Händlerangebot aus Nordrhein-Westfalen

Modellpflege Suzuki Gladius

  • 2008: Vorstellung der Suzuki Gladius auf der INTERMOT im Herbst, Zulassungen in D: 1.
  • 2009: Markteinführung der Suzuki Gladius, zunächst noch ohne ABS (Modell SFV650K9). Farben: Schwarz, Weiß/Rot, Weiß/Blau, Schwarz/Grün; Preis: 5.890 Euro. Im Herbst folgt das ABS-Modell (SFV650AK9) für 6.590 Euro, Farben unverändert. Anlassermotor, Lenkschlossaufnahme im Rahmen und Instrumente (Anordnung der Kontrolllampen) geringfügig geändert. ­Zulassungen in D: 1.238.
  • 2010: Modell SFV650AL0; keine technischen Änderungen. Farben: Schwarz, Grau/Silber, Schwarz/Rot, Blau/Weiß; Preis: 6.990 Euro. ­Zulassungen in D: 1.426.
  • 2011: Modell SFV650AL1; technische Änderungen: Kupplungsdeckel-Dichtung, Verbindungsschlauch des Kühlflüssigkeits-Ausgleichsbehälters, Tacho, Sitzbank und Reserve-Zündschlüssel geringfügig modifiziert. Farben: Schwarz, Blau/Weiß, Silber/Schwarz; Preis: 7.190 Euro. Zulassungen in D: 1.256.
  • 2012: Modell SFV650AL2; technische ­Änderungen: neue Rückspiegel. Farben: Schwarz, Blau/Weiß, Weiß/Schwarz; Preis: 7.290 Euro. Zulassungen in D: 1.084.
  • 2013: Modell SFV650AL3; technische Änderungen: leistungsreduzierte Variante mit 35 kW. Farben: Schwarz, Weiß/Blau, Grau/Schwarz; Preis: 7.290 Euro.
  • Rückruf: Bei den Baujahren 2009 und 2010 für die Regler-/Gleichrichtereinheit.

Technische Daten

Suzuki Gladius (Modelljahr 2009)

Motor
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette. Bohrung x Hub 81,0 x 62,6 mm, Hubraum 645 cm³, Nennleistung 53 kW (72 PS) bei 8.400/min, Max. Drehmoment 64 Nm bei 6.400/min

Fahrwerk
Gitterrohrrahmen aus Stahl, Telegabel, Zweiarmschwinge aus Stahl, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, ABS. Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5,00 x 17, Reifen 120 / 70 ZR 17; 160 / 60 ZR 17

Maße + Gewichte
Radstand 1.445 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 104 mm, Federweg v/h 125/130 mm, Sitzhöhe* 790 mm, Gewicht vollgetankt* 201 kg, Tankinhalt 14,5 Liter.

Messungen
(MOTORRAD 7/2009)
Höchstgeschwindigkeit**: 200 km/h
Beschleunigung 0–100 km/h: 3,9 sek
Durchzug 60–100 km/h: 4,5 sek
Verbrauch: 4,0 l/100 km (Landstraße)

*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangaben

Händler-Interview mit Thomas Völkl

Thomas Völkl (49). Der Geschäftsführer von Moto-Völkl in Feldkirchen (www.moto-voelkl.de) hat ständig mindestens 20 bis 30 Gebrauchte im Bestand.

MOTORRAD: Wie muss man sich den typischen Suzuki Gladius-Kunden vorstellen?

Thomas Völkl: Als die Suzuki Gladius noch im Programm war, war sie ein beliebtes Motorrad für Fahrschulen. Jetzt ist sie begehrt bei Einsteigern und speziell der weiblichen Kundschaft. Der Frauenanteil ist sehr hoch, ich würde ihn so auf etwa 50 Prozent schätzen.

MOTORRAD: Wie erklärt sich der hohe Frauenanteil?

Thomas Völkl: Zum einen kommt bei ihnen das Design richtig gut an. Zum anderen ist die Suzuki Gladius niedrig und schmal, hat einen guten Knieschluss und ist auch einfach tieferzulegen. Eine Tieferlegung ist etwa bei gut 20 Prozent der Fahrzeuge anzutreffen.

MOTORRAD: Hohe Laufleistungen sind bei der Suzuki Gladius eher die Ausnahme?

Thomas Völkl: Ja, als typisches (Wieder-)Einsteigerfahrzeug ist sie nicht das Fahrzeug für ausgedehnte Reisen. Eine Suzuki Gladius mit 40.000 km ist schon ein Ausreißer, was aber technisch null Problem ist.

MOTORRAD: Beim Kauf einer Suzuki Gladius kommt es vor allem an auf …?

Thomas Völkl: … das ABS. Im ersten Jahr wurden noch Modelle ohne verkauft. Oder es handelt sich um Importmodelle aus Frankreich oder Italien, wo ABS noch kein so großes Thema war, die beim Wiederverkauf aber ein Problem sind, weil hier oft auch Wartungsnachweise fehlen. Und die wenigen Umrüstungen, die es gab, sollten vorgenommen sein. Das betraf den Regler, bei einigen wenigen Modellen den Bereich der Tassenstößel und noch der Tankbelüftungsschlauch, der überprüft bzw. getauscht wurde.

MOTORRAD: Ist eine Suzuki Gladius häufig ein außerplanmäßiger Gast in der Werkstatt?

Thomas Völkl: Nein. Eine Suzuki Gladius ist absolut zuverlässig, die Technik funktioniert klaglos und ohne Stress. Normale Wartungsarbeiten sollten einmal jährlich bzw. alle 6.000 km durchgeführt werden. Ein Tipp vom Fachmann: Generell Wartungen immer vor dem Einwintern durchführen. Dann ist das alte, verbrauchte Öl mitsamt allem Dreck, Ruß und Kondenswasser aus dem Motor raus. Neues, frisches Öl bietet optimalen Korrosionsschutz. Und zum Saisonstart ist alles fit. Nur Batterie einbauen, Luft prüfen und los.

MOTORRAD: Wie viel sollte ein Interessent für eine ordentliche Gebrauchte wenigstens einplanen?

Thomas Völkl: Maschinen um 3.000 Euro sind oft Versionen ohne ABS, Finger weg! Oder sie wurden viel oder auch bei Salz gefahren, was man ihnen dann auch ansieht. Ab 3.500 Euro wird es interessant.

Weitere Infos zur Suzuki Gladius

Tests in MOTORRAD:
7/2009 (TT), 10/2009 (VT), 19/2009 (FB), 24/2009 (VT), 4/2010 (DT), 4/2011 (DT), 26/2001 (Zubehör-Bestseller), 4/2012 (VT), 11/2014 (VT)
T = Test, TT = Top-Test, VT = Vergleichstest; DT = Dauertest

Literatur:

Die Gladius teilt das gleiche Schicksal wie ihre sehr erfolgreiche Vorgängerin SV 650: Obwohl beliebt, zuverlässig und nicht nur in Vergleichstests erfolgreich, wird sie in der Literatur sträflich vernachlässigt, Nachschlagewerke zu den Suzukis sucht man vergebens. Immerhin hält der Bucheli-Verlag eine 194-seitige, sehr praxisorientierte Reparaturanleitung von Franz Josef Schermer bereit (34,90 Euro, Band 5289, ISBN 978-3-7168-2144-2)

Die Konkurrenz

Kawasaki ER-6n:

Durchzugsstärke, Handlichkeit und gute Bremsen auf der einen, wenig Komfort dagegen auf der anderen Seite. Technische Daten: Zweizylinder-Reihenmotor, 72 PS, Gewicht 205 kg, 0–100 km/h 3,9 sek, Vmax: 200 km/h, Verbrauch 4,1 Liter, ABS, ab 3.500 Euro (Mj. 2009).

Honda CBF 600:

Mit überragenden Alltagsqualitäten gesegnet, leistet sich die Honda CBF 600 in praktisch keinem Kapitel echte Schwächen. Technische Daten: Vierzylinder-Reihenmotor, 78 PS, Gewicht 223 kg, 0–100 km/h 4,2 sek, Vmax: 210 km/h, Verbrauch 4,0 Liter, ABS, ab 3.300 Euro (Mj. 2009).

Yamaha XJ6:

Federleichtes Handling und komfortable Fahrwerksauslegung treffen auf ausgesprochen angenehmen, harmonischen Motor. Technische Daten: Vierzylinder-Reihenmotor, 78 PS, Gewicht 215 kg, 0–100 km/h 3,9 sek, Vmax 200 km/h, Verbrauch 4,5 Liter, ABS, ab 3.300 Euro (Mj. 2009).

Ducati 696:

Punktet weniger mit Allround-, dafür umso mehr mit sportlichen Talenten wie direktem Lenkverhalten und guten Bremsen. Technische Daten: Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-V-Motor, 75 PS, Gewicht 185 kg, 0–100 km/h 4,2 sek, Vmax 210 km/h, Verbrauch 3,7 Liter, ABS, ab 5.000 Euro (Mj. 2009).

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023