Umbau-Tipps Auspuffanlagen
Optik, Sound, Leistung

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Auspuffanlagen sind ein großes Thema und ein großes Geschäft. Bessere Optik, fetter Sound und gesteigerte Leistung wecken Begehrlichkeiten. PS erklärt, was es zu beachten gilt.

Optik, Sound, Leistung
Foto: Hanselmann

Wer heute an Motorräder aus der Kiste Hand anlegt, begibt sich tief in den Paragraphen-Dschungel. Und kommt leicht darin um, wenn er allzu blauäugig hineinspaziert. Für wohl kein Bauteil am Motorrad gilt das heute mehr als für den Auspuff – der rangiert nach einer PS-Umfrage auf unserer Facebook-Seite ganz oben auf der Umbau-Wunschliste unserer Leser.

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Das letzte Stück Motorrad, welches das verbrannte Gemisch überwinden muss, steht bei Ordnungshütern unter scharfer Beobachtung, weil hier die Musik gemacht wird, und die gefällt bekanntlich nicht jedem. Dazu kommen Emissionswerte – also wie viel „Dreck“ hinten rauskommt. Solche Daumenschrauben haben auf Auspuffanlagen an Serienbikes zumindest ästhetisch nicht gerade beflügelnden ­Einfluss und machen große technische Lösungen mit aufwendiger Technik wie Klappensystemen und riesige Vorschalldämpfer nötig. Der Kostendruck bei der Großserien-Herstellung tut das Übrige.

Kompromisse ab Werk

In den letzten Jahren waren deshalb verschiedene Trends bei den Serienanlagen erkennbar, die massiv durch die verschärften Bedingungen beeinflusst wurden. Die jahrzehntelang üblichen Auspuff-Konstruktionen auf der rechten Seite wuchsen zu gigantischen Rohren oder abenteuerlich eckigen Kästen an. Die Hersteller entwickelten daher zunächst Doppelendtöpfe, die vor allem bei den Sportlern unter die Sitzbank wanderten. Bis auch diese unansehnlich groß wurden. Die Yamaha-R1 ist dafür ein Paradebeispiel. Gegenwärtig geht die Reise vor allem bei Sportlern hin zum Stummelendtopf aus einem großen Vorschalldämpfer mit Kat und Klappensystemen wie an der S 1000 RR, Fireblade oder auch der Panigale. Gemeinsam ist ihnen allen das Streben nach möglichst großem Volumen für gute Leistung und niedrigen Geräuschwerten für die Homologation bei optischer Verträglichkeit.

Was vor allem optisch trotzdem nicht immer gelingt. Genau deshalb wollen die meisten sportlich orientierten Motorradfahrer die oft grobschlächtig oder merkwürdig geformte „Serien-Tüte“ gegen besser aussehende, klingende und – wenn möglich – auch leistungssteigernde Zubehörteile tauschen. Vor Punkten in Flensburg ist zunächst nur gefeit, wer damit entweder exklusiv auf der Rennstrecke unterwegs ist oder zugelassene Teile kauft.

Komplett-Anlage oder Slip-on Lösung?

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, wenn der Auspuff getauscht werden soll. Neben einer komplett neuen Anlage, die von den Auslässen am Zylinderkopf bis zur Schalldämpfer-Endkappe reicht, gibt es sogenannte Slip-on-Lösungen. Dabei bekommt der Kunde eine Alternative für den immer besonders ins Auge stechenden Endschalldämpfer. Das Serien-Pendant wird dabei abgebaut und das Zubehörteil einfach über das offene Rohr geschoben (engl. slip on). „Geht es um Optik und Klang, sind Slip-ons die praktikabelste Lösung“, erklärt Dieter Wolter von Bodis. „Die Zubehör-Hersteller bewegen sich beim Klang innerhalb der gesetzmäßig gewährten Toleranz von fünf Prozent zum eingetragenen Geräusch der Serienanlage.“ Und das ist eine Menge, wenn man weiß, dass die Lautstärke, in dB (Dezibel) gemessen, progressiv zum Wert ansteigt. Eine Serienanlage mit 95 dB homologiert, kann folglich mit einem Slip-on-Endschalldämpfer ausgestattet werden, bis fast 100 dB erreicht sind.

Toleranzen muss der Gesetzgeber wegen etwaiger Messungenauigkeiten gewähren, wie das auch bei Radaranlagen gemacht wird. So ist etwa der Zeitpunkt der Messung nicht unerheblich, weiß Wolter: „Wird nach einem Regenguss gemessen, wenn viel Sauerstoff in der Luft ist und das Gemisch folglich härter verbrennt, ist ein Dezibel mehr gut möglich.“

Slip-ons sollten über ausreichendes Volumen verfügen

Um jegliche Probleme von vornherein zu vermeiden, lassen Hersteller zusätzlich ein paar Prozent Puffer. „Wir bei Bodis halten uns mit unseren Endtöpfen an etwa 40 Prozent des Erlaubten“, erklärt Dieter Wolter. „Obwohl die Anlagen heute mit dem Alter eigentlich nicht mehr lauter werden, da hitzebeständigere Keramik-Fasern als Isoliermaterial verwendet werden und der Schalldämpfer auch nicht mehr wie früher wegen ungenauer Vergaser-Einstellungen verrußt.“

Slip-on sind natürlich auch deutlich günstiger als eine Komplettanlage. Allzu große Hoffnungen hinsichtlich einer Leistungssteigerung sind jedoch nicht angebracht. PS hat 2012 alle gängigen Slip-ons für die BMW S 1000 RR getestet und gemessen. Bei keinem Nachrüst-Schalldämpfer erreichte das Superbike dabei die Leistung mit Serienanlage. Mit zwei PS weniger schaffte die BOS Superbike noch das beste Ergebnis.

„Bei älteren Motorrädern mit Serienkrümmern ohne Kat funktionieren Slip-on auch unter dem Aspekt der Spitzenleistung noch recht gut“, sagt Armand Mottier von Micron Systems in Fürth. „Natürlich sollten die Slip-on-Endtöpfe über ausreichendes Volumen verfügen. Mit dB-Killer sind zierliche Endtöpfe deshalb echte Leistungskiller. Im preisgünstigen Segment wird oft gnadenlos zugestopft, um die erforderlichen Geräuschwerte zu erreichen.“

Ein kleiner, kurzer Endtopf ist sicher das Schönheitsideal schlechthin, aber leider nur mit ausgefeilter Technik homologierbar leise zu bekommen. Da für Nachrüst-Slip-ons  physikalisch nun mal das gleiche gilt wie für Serienanlagen, steht man beim Kauf oft vor der Entscheidung: Leistung oder coole Optik mit geilem Sound? Ganz besonders gilt das für Anlagen (mit oder ohne Kat), bei denen es am Krümmer nur den Endschalldämpfer gibt.

Archiv
Der zierliche Slip-on hat eine Straßenzulassung und funktioniert dank des großen Vorschalldämpfers der aktuellen Triple auch leistungsmäßig gut.

Für neue Anlagen mit Vorschalldämpfern unter dem Motor gilt das so pauschal jedoch nicht. Da bei diesen Anlagen der Vorschalldämpfer einiges an Geräuschvernichtung übernimmt, kann alles, was danach kommt, auch vom Volumen kleiner sein, ohne dass Leistung bedeutend verloren ginge. Grundsätzlich ist die Außenform des Dämpfers oder seine Größe für die Leistung nicht entscheidend. Solange nichts im Gasstrom sitzt (dB-Killer), funktioniert das. Nur dann eben nicht legal auf der Straße.

Anders sieht das bei Komplettanlagen mit Krümmer aus – nicht nur, was den Preis angeht. Bezüglich einer Komplettanlage sollte man bei den meisten Motorradmodellen mit Erstzulassung ab 2006 auf einen Kat in der Krümmeranlage achten, wenn das Bike legal auf die Straße soll. Dabei ist es völlig egal, ob die Anlage auch ohne Kat die Abgasnorm schaffen würde. „Komplettanlagen sind für die Straße schon ­allein wegen der hohen Kosten eher unüblich“, schränkt Wolter deren Sinn ein, „denn letztendlich geht es hier dann um echtes Leistungsplus.“

Grundsätzlich gilt: Dämpfervolumen ist durch nichts zu ersetzen. Das Volumen garantiert gute Leistungsentfaltung bei moderatem Geräusch. Ein extrem kleiner Endtopf kostet schnell mal ein paar PS, da der Abgasgegendruck unter Umständen relativ groß wird. Das bedeutet, dass bei der heutigen Ventilüberschneidung der Viertakter unter dem Abgasgegendruck nicht nur unverbranntes, sondern auch verbranntes Gemisch wieder in den Zylinderkopf zurückgedrückt wird und entsprechend negative Auswirkungen auf Gasannahme und Leistungsabgabe hat.

Hier kann der Tuner helfen. „Durch entsprechendes Abstimmen der Gemischzusammensetzung kann man das ein oder andere verloren gegangene PS wieder holen“, erklärt Mottier, schränkt aber ein:  „Soweit der Gasdurchsatz dies zulässt.“ Wird der Dämpfer offen gefahren, treten solche Probleme weniger auf, doch eine gute Einspritzoptimierung ist grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung. Aber Achtung: Offene Anlagen sind auf normalen Straßen eben illegal.

Straße, Straße und Rennstrecke, nur Rennstrecke?

Bei der Verarbeitung sollte man auf möglichst wenige Verbindungen mit Schellen achten. Gedrehte Flansche stellen dichte Steckverbindungen auch bei häufiger Demontage sicher. Eine Schweißmuffe für den Einsatz einer Lambdasonde sollte auf jeden Fall vorhanden sein. Am besten mit M 18 x 1,5- Gewinde, bei kleineren Sonden kann ein Adapter verwendet werden. Gerade bei Zweizylinderanlagen ist ein solcher Anschluss in jedem Krümmer sinnvoll, um eventuell jeden einzelnen Zylinder abstimmen zu können.

Eine wichtige Frage für die Kaufentscheidung ist natürlich die Nutzung. Soll das Motorrad auf der Straße, auf Straße und Rennstrecke oder exklusiv auf der Rennstrecke bewegt werden? Das beeinflusst nicht nur das Problem mit dem homologierten Geräusch, obwohl auch Rennstrecken – besonders in Deutschland – immer schärfere Lärmbestimmungen haben. Noch mehr fallen an erster Stelle Leistungssteigerung und dann eingesparte Kilos ins Gewicht. „Für den Sporteinsatz gehört ein guter, offener Schalldämpfer zum Basistuning“, meint Mottier. Zusammen mit einer vernünftigen Abstimmung ist das der erste Schritt zu Mehrleistung. Da aber auf immer mehr Rennstrecken das Geräusch zum Problem wird, sollte man sich an den Strecken orientieren, die man häufig fahren möchte. Leider sind die Messmethoden recht unterschiedlich, weil verschiedenste Auflagen bestehen und unterschiedlich streng gemessen wird. So wird die Sache leider oft zum Glücksspiel.

Bei Komplettanlagen kann man mit der Krümmeranlage die Leistungscharakteristik am besten beeinflussen. Krümmeranlagen für den Sporteinsatz sind meist auf extreme Spitzenleistung ausgelegt. Die Faustregel „Großer Rohrdurchmesser fördert die Leistung, moderater Durchmesser eher das Drehmoment“ greift etwas zu kurz. „Damit operiert man hinter dem Krümmer“, erläutert Wolter. „Direkt am Zylinderkopf versucht man einen engen Durchmesser beim Krümmer hinzubekommen, weil so das verbrannte Gemisch schnell abtransportiert wird – wie bei einem Gartenschlauch: Ist der schmaler, fließt das Wasser auch schneller.“ Ebenso entscheidet die Gesamtlänge der Anlage über Leistung und Drehmoment, weshalb es teils beeindruckend gewundene Abgasanlagen gibt.

Luftfilter und Airbox fallen auch ins Gewicht

Nur wenigen Herstellern gelingt es, durch aufwendige Entwicklungsarbeit beide Parameter perfekt zu kombinieren. Ein erfahrener Tuner kann über eine entsprechende Abstimmung einen guten Kompromiss finden, der auch eine saubere Gasannahme bei deutlich gestiegener Spitzenleistung ermöglicht. Das eigentliche Potenzial einer Auspuffanlage kommt immer erst zum Tragen, wenn auch das Gemisch stimmt. Nicht zuletzt fallen hier auch der Luftfilter und die Airbox ins Gewicht. Wo viel raus kommt, muss auch viel rein!

Deutliche Gewichtsvorteile besonders bei den Krümmeranlagen bringt natürlich Titan gegenüber dem sonst verwendeten Edelstahl – das ist aber um ein Vielfaches teurer. Deutlich günstiger lässt sich anderswo am ­Motorrad Gewicht sparen. Es sei denn, man hat schon alles andere wie an ­einer Ducati Superleggera radikal reduziert. Aber da spielt Geld ja auch keine so große Rolle, wie meist auch an Rennmotorrädern für den großen ­Wettbewerb etwa in der Superbike-WM. Für Normalsterbliche ist das schließlich ein eher zu vernachlässigendes Feld.

Rechtliches

Lohse
Die E-Nummer muss unbedingt mit dem Fahrzeugtyp übereinstimmen, sonst ist der Auspuff auch mit Nummer illegal.

Nummer ist nicht gleich Nummer

Zugelassene Auspuffanlagen haben eine entsprechende eingestanzte Kennzeichnung, die sogenannte E-Nummer. Aber Achtung: Nicht jeder Auspuff mit dieser Nummer ist auch zugelassen. Homologiert werden Auspuffe auf bestimmten Motorrädern. Dem wird die gezeigte Nummer zugeordnet. Wird also ein Auspuff X beispielsweise für eine Kawasaki ZX-10R homologiert, ist er auch nur für dieses Motorrad zugelassen. Wer diesen Auspuff aber an eine Suzuki GSX-R 1000 schraubt, verstößt trotz E-Nummer auf dem Auspuff gegen die Zulassungsbestimmungen. Zwar können Polizisten bei Kontrollen nicht so ohne Weiteres auf die riesige Datenbank dieser E-Nummern zugreifen und der entsprechende Nachweis  ist nach den Buchstaben des Gesetzes nicht zwingend erforderlich, hilft aber im Falle einer Kontrolle und bei der HU ungemein. Beim Kauf entsprechender Marken-Zubehördämpfer liegt er meist bei.

Ebenso ist darauf zu achten, dass ein im Serienschalldämpfer vorhandener Kat auch im Nachrüstdämpfer zu finden ist und in der Betriebserlaubnis mit erfasst wurde. Im öffentlichen Verkehr müssen dB-Killer montiert sein. Wer ohne erwischt wird, kommt im besten Fall mit 20 Euro wegen nicht vorschriftsmäßigem Geräuschverhalten davon, meist droht aber eine Anzeige wegen Fahrens ohne Betriebserlaubnis, da der dB-Eater in der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung aufgeführt ist.

Entwicklungsarbeit

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Der Bodis-Krümmer der Triple ohne Kat ist rein für die Rennstrecke.

Rennsport-Krümmer für T-Cup-Streety

Vier Monate hat das Bodis-Team um Dieter Wolter an der Auspuffanlage für die Rennversion der Triumph Street Triple entwickelt. „Normalerweise beginnt man bei einer Anlage mit einem weißen Blatt und fängt vorn am Krümmer an. Zum Schluss kommt dann der Dämpfer, denn dessen Position, Länge und so weiter beeinflussen das Ergebnis erheblich“, erklärt Wolter. Das Problem diesmal: Den Slip-on-Krümmer gab es schon im Zubehör, womit dessen Länge und Position festgelegt war. „Da man den idealen Moment für den perfekten Abgasrückstau nicht einfach errechnen kann, mussten wir viel auf dem Prüfstand probieren, mit Rohrdurchmesser und anderen Parametern experimentieren“, erzählt Wolter weiter.

Wer da nicht genug Erfahrung und unschätzbar wertvolles Wissen hat, schafft es selbst in vier Monaten nicht. Am Ende konnten die Jungs der Street Triple im Renntrimm fast sechs PS Spitzenleistung mehr entlocken. Für die Straße ist der Krümmer nicht zugelassen. „Das hätte sich mit Kat und der aufwendigen Zulassung noch weniger gerechnet, als wir ohnehin die Entwicklungskosten bei so einem Teil nicht wieder reinholen können. Dafür fahren dann doch zu wenige Rennen mit der Street Triple“, sagt Wolter. Vertrieben wird der Krümmer über den Triumph-Spezialisten SBF (www.triumph-sbf.de), der auch den Bodis-Slip-on im Programm hat.

Die aktuelle Ausgabe
PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023