Motorradtour in Süddalmatien, Kroatien: Bezaubernde Halbinseln, bergiges Hinterland

Motorradtour Süddalmatien, Kroatien
Bergiges Hinterland, bezaubernde Halbinseln

Veröffentlicht am 17.02.2025

Willkommen in Omiš. Die Mittagssonne spiegelt sich auf dem Fluss, als die Kawasaki das ehemalige Seeräubernest an der Mündung der Cetina entert. Am Ende der Brücke steht kein Pirat, aber jemand, der ihn spielen könnte: Stipe Curlin. Der junge Mann ist der sprachgewandte Sohn des Besitzers der "Villa Dvor", des vielleicht spannendsten Hotels von Omiš. Nach kurzer Vorstellung erzählt der Junior unaufgefordert, warum im Sozialismus Jugoslawiens nichts funktioniert habe: Wenn allen alles gehöre, fühle sich niemand wirklich verantwortlich. Deswegen sei er froh, dass diese Zeiten Geschichte sind und man echte Verantwortung übernehmen könne. Für die "Villa Dvor" beispielsweise.

Villa Dvor: Übernachtung mit sensationellem Ausblick

Sie liegt direkt am Fluss, halb in einem gigantischen Felsen. Durch diesen wurde ein Tunnel gebohrt, den die Gäste durchqueren müssen, bevor sie an einen Fahrstuhl gelangen, der seinesgleichen sucht: Für Thyssen Krupp war der Bau des Liftes im und durch den Felsen anno 2002 eine echte Herausforderung. Auch heute noch könnte der Aufzug locker in einem James-Bond-Streifen vorkommen. Stolz zeigt uns Stipe das aus dicken Steinen gemauerte Hotel. Die Ausblicke aus den Zimmern und von der Terrasse? Sensationell. Auf die Stadt, den Fluss, die dramatische Landschaft. Beim Mittagessen weitet sich Stipes Exkurs auf die Bedeutung der katholischen Kirche in Kroatien aus. Sie sei phänomenal, habe der Bevölkerung insbesondere während des Krieges großen Halt gegeben. Das dürfe man nie unterschätzen. Und Kroatisch sei eine anspruchsvolle Sprache: Es existierten keine Doppelbuchstaben und jeder Akzent auf den Lettern ergäbe feine, aber wichtige Bedeutungsunterschiede der Wörter.

Felsige Piratenschlucht der Cetina

Gestärkt von lokalen Spezialitäten und landeskundlichem Unterricht lenken wir die Kawasaki nachmittags noch hinein in die steilen Karstfelsen. Aber natürlich erst, nachdem uns Stipe auf die Reize der tollen Strände Mala Luka und Brzet sowie die aussichtsreichen Festungen über dem Ort hingewiesen hatte: "Müsst ihr besuchen, lauft ruhig mal ein bisschen", grinst er. Die Schlucht der Cetina, in der sich im 14. Jahrhundert die an der ganzen Adria gefürchteten Piraten samt ihrer Beute immer wieder versteckten, führt durch wilde Landschaften und ist aktuell nicht nur per Motorrad, sondern auch per Boot eine lohnende Erfahrung!

Auf dem Wasser ist mehr los als an Land. Da die Ninja nicht schwimmen kann, folgen wir einer kleinen Straße durch die Schlucht. Was das für eine Arbeit gewesen sein muss, diese Schneise in die Wildnis zu stanzen. Zunächst mäandert sie mit dem Fluss, an dessen Ufern man Rafting- Stationen passiert, dann schraubt sie sich steil in frechen Serpentinen hoch in die Felsen. Fast immer ist man im Wald, hin und wieder durchquert man ein Dorf, das aus der Zeit gefallen scheint. Bei Pavica most fahren wir links über die Brücke und auf der Alfonsa Pavica rein nach Podgrade. Auf der Poljicka Cesta werden wir nach Kostanje gespült und surfen schließlich hoch auf die 70, die uns weit nach Westen und über Gata in wilden Serpentinen schließlich wieder runter nach Omiš bringt. Bevor man sich in diese Kurven legt, sollte man für die Panoramen von hier oben stoppen. Die Sicht über die Einschnitte in die Berge, von der Cetina in Jahrtausenden hineingemeißelt, ist atemberaubend schön. Was für eine epische Tagesabschlussrunde!

Halbinsel Pelješac: vielfältige Fauna und wilde Schakale

Das erzählen wir auch Stipe, der nur anfügt, es gäbe ja noch so viel mehr. Schon klar, aber dafür müssen wir noch mal gesondert wiederkommen, denn tags darauf lockt der Süden und wir zischen nach Makarska, wo es wirklich schöne Küstenabschnitte und sogar einen spektakulär aussichtsreichen Skywalk gibt. Dazu ein Sträßchen, das sich hoch in die Berge schraubt und uns unerbittlich anzieht. Auch wenn es eine Sackgasse ist. Die Rede ist von der einspurigen Asphaltschlange nach Sveti Jure, der kleinen Kirche des heiligen Georg, die wirklich fast im Himmel angesiedelt ist. Die Fahrt durch diese raue Natur, in der die Macchia immer weiter zurückweicht und wilden Felslandschaften Platz macht, hat alpinen Charakter und sorgt nicht nur infolge drastisch gefallener Temperaturen für Gänsehaut.

Der himmlische Abstecher hält die Laune auf der Ninja-Sitzbank lange im euphorischen Bereich. Nicht dass die Umgebung bis zur Pelješki-Brücke auf die Halbinsel Pelješac zu verachten wäre, aber das war jetzt doch was Besonderes. Auf Pelješac driften wir zügig mit dem Wind nach Westen. Diese Landzunge fühlt sich anders an als das Festland: Hier existiert bei Ston eine der ältesten Salinen des Mittelmeerraumes und die längste Wehrmauer Europas. Auf den Hügeln werden unterschiedliche, gut beleumundete Rotweine angebaut. Weingüter, Verkostungen und frische Muscheln oder Austern gibt es an jeder Ecke. Die Ninja bremst hart für eine wagemutige kleine Landschildkröte, die sich mitten auf der Straße bewegt. Wir retten das Tier vor einem herannahenden Transporter und taufen es… Ninjaturtle. Von den Einheimischen ist zu hören, dass ihre Fast-Insel eine äußerst vielfältige Fauna beherbergt, unter anderem wild lebende Schakale, deren Geheul die Nächte würzt. Was noch? Natürlich wunderschöne kleine Badebuchten, deren Besuch nicht jedem Fahrzeug vergönnt ist, und charmante Örtchen wie zum Beispiel Žuljana, das malerisch eingebettet zwischen grünen Hügeln wartet.

Korcula: Historische Altstadt mit Flair

Weit geschwungene Landstraßen führen ins hübsche Orebic auf der Südseite von Pelješac. Die einstige Seefahrerstadt liegt gut geschützt im Schatten des Berges Sveti Ilija, ist Austragungsort von Surfmeisterschaften und bedeutenden Kirchenfesten. Ach, man könnte jetzt einfach ein paar Tage bleiben, aber uns läuft die Zeit davon. Also ab auf die nächste Fähre nach Korcula. Eine lächerlich kurze Überfahrt von 20 Minuten, doch wir genießen die Aussicht an Deck. Fünf Minuten vor dem Einlaufen in den Hafen von Korcula steigen wir die Treppe hinunter zur Kawa, wo zahlreiche Wohnmobile mit laufenden Dieseln auf die Ausfahrt warten. Warum können diese Ignoranten ihre Motoren nicht erst dann nageln lassen, wenn die Luke aufgeht? Du kannst hier nicht atmen, solltest dein Motorrad erst besteigen, wenn die Luftverpester das Schiff verlassen haben.

Die Insel Korcula ist wieder eine neue Welt. Der namensgebende Ort Korcula gilt als eine der schönsten Städte Dalmatiens. Die Altstadt mit engen Gassen, geschichtsträchtigen Kirchen und der alten Stadtmauer verleiht Korcula ein spezielles Flair, dem auch wir erliegen. Nicht nur die Stadtmauer, auch vier Türme haben die Stadt beschützt, die von vielen auch als "Klein-Dubrovnik" bezeichnet wird. Im Hafen liegen unfassbar riesige Jachten, doch die Aufmerksamkeit vieler Flaneure gilt tatsächlich unserer Ninja, die sich im Sonnenuntergang an der Promenade rekelt. Angeblich ist hier auch der berühmte venezianische Reisende Marco Polo geboren. Eine alternative Wahrheit, die der offiziellen Geburtsstadt Venedig nicht gefällt und vielleicht eher den Tourismus unterstützen sollte?

Zahlreiche Weingute, wunderschöne Olivenhaine

Fakt ist, dass wir uns auf dieser Insel verlieren. Man könnte alle paar Kilometer anhalten, ein Weingut besichtigen, wunderschöne Olivenhaine erwandern, ein kleines Dorf besuchen oder eine der zahlreichen Buchten zum Baden frequentieren. Auf der Suche nach einer solchen verlassen wir die 118 kurz vor Pupnat nach links und folgen einer kleinen Straße, die so steil wird und mit derart engen Kehren aufwartet, dass die 1000er-H2 mal wieder eine Nummer zu groß scheint für solche Exkursionen. Der Lohn schweißtreibender Lenkmanöver ist eine fjordartige Bucht, an deren Strand eine kleine Bar, die "Konoba Bacva", leckeren Käse feilbietet. Nur wenige Touristen verirren sich hierher, man kann prima schwimmen. Wir klettern nur deshalb aus dem Wasser, weil die Sonne schon tief steht. Mein Gott, die Straße ist ja auf dem Rückweg noch steiler! Gegenverkehr wäre jetzt schlecht, doch wir schaffen den Aufstieg ohne peinliche Momente und bleiben der Südküste noch etwas treu.

Bucht Cavica Luka: dramatische Felsformationen

Von Cava aus lohnt sich ein Abstecher nach Zavalatica oder in die Bucht Cavica Luka. Typisch für viele Buchten sind dramatische Felsformationen, die sich wie erstarrte Lavaströme ins Wasser wälzen und Augen wie Kameralinsen feinste Motive bieten. Auch die Nordküste darf die Kawa kurz beschnuppern: Von Placa Blaca nach Prigradica lässt es sich szenisch am Meer entlang flanieren. Abends landen wir im Hafenstädtchen Vela Luka und wagen noch einen Sundowner-Abstecher in den äußersten Westen der Insel. Der nächste Morgen findet uns auf der Fähre nach Split. Während auf Deck gesungen wird, passieren wir zahlreiche Inseln, darunter Hvar, Brac und Šolta. Was wir auf denen noch alles hätten erleben können? Antworten gibt es das nächste Mal, diesmal reicht es nur noch für die Altstadt von Split. Äußerst eindrucksvoll. Wir müssen unbedingt Stipe von den letzten Tagen erzählen. Der würde sicher nur müde lächeln und uns verraten, was wir alles verpasst haben.