Reisen mit Kindern

Reisen mit Kindern Drei sind keiner zu viel

Auf einmal dreht sich alles nur noch um diesen Zwerg – Kinderwagen und Kombi statt auf dem Hobel die Welt entdecken. Doch so ganz wollte Redakteur Michael Schröder im Urlaub nicht aufs Motorrad verzichten.

Drei sind keiner zu viel Buzza

Verkaufe Motorrad wegen Familienplanung.« Hab’s oft im Anzeigenteil gelesen. Und im Freundeskreis erlebt. Später, wenn die Brut aus dem Gröbsten raus ist, wird natürlich wieder gefahren. Ehrensache. Okay, einiges hat sich schon geändert, seitdem Franca und ich einen Sohn haben. Jede freie Minute fahren kommt tatsächlich nicht mehr in Frage – die Stunden sind rarer geworden. Und außerdem will ich seltener aus dem Haus als früher. Aber ein Leben gänzlich ohne Motorrad? Kaum vorstellbar. Dennoch: Fast wäre ich kürzlich tatsäch-lich zum ersten Mal seit zig Jahren ohne Motorrad in den Urlaub gefahren. Dreieinhalb Wochen nach Sizilien. Im Kombi mit einem Sack voll Spielsachen zwischen Kinderwagen, Windeln und elektrisch betriebener Kühlbox – eine Reise mit einem knapp ein Jahr alten Zwerg stellt einen wahrlich vor neue Herausforderungen. Doch dreieinhalb Wochen ohne meine GS auf einer Insel wie Sizilien? Unmöglich. Fand Franca auch. Sie hätte mein Gejammere beim Anblick anderer Motorradfahrer nicht ertragen.Zwei Fragen ließen mir von nun an keine Ruhe mehr: Muss es den unbedingt der eigene Bock sein? Und wenn ja – wie kommt das gute Stück ans Urlaubsziel? Nach einer Weile war mir klar, dass Mietmotorräder diesmal keine Alternative sind. Erstens Mangelware auf Sizilien, und zweitens hab’ ich keine Lust, die »schönsten Tage im Jahr« im Sattel irgendeiner herunter gerittenen Karre zu verbringen, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Ein Anhänger erschien mir plötzlich das kleinere Übel. Aber lohnt sich dieser Nerv überhaupt? Ist mir der zweirädige Fahrspaß an ein paar Tagen wirklich die höheren Spritkosten, Autobahngebühren und Fährtarife wert? Und dann der schier unerträgliche Gedanke, einen Hänger gesetzteskonform mit Tempo 80 über die Bahn bis nach Genua zu ziehen. Die H(änger)-Frage blieb bis kurz vor Abreise unbeantwortet. In der Zwischenzeit schaute ich mich unverbindlich nach diversen Modellen um. Kaufen schied schließlich mangels Stellplatz aus. Also leihen, was kein Problem ist, da fast jeder Vermieter spezielle Motorradhänger im Programm führt. Angesichts der Tarife und des zusätzlichen Gewichts, das es zu bewegen galt, genügte mir die einfachste und leichteste Variante, bei der ein Motorrad auf einer mittig angebrachten Standschiene die Reise antritt, während die Auffahrschiene in der Regel unterm Gefährt verschwindet. 300 Euro für vier Wochen schmerzten ein wenig, doch damit konnte ich leben.Dann die ersten gefahrenen Meter. Wirklich kein Spaß. Ständig der Blick in den Rückspiegel, weil der Anhang ziemlich hin und her wackelt. Nach knapp einem Kilometer der erste Halt. Aber die mit vier breiten Spannriemen tief in die Federn gezogene GS sitzt unverrückbar. Mein Vertrauen wächst, gleichermaßen steigt die Reisegeschwindigkeit – in Italien gehört unsere Fuhre mit Tempo 100 noch zu den langsamsten, die unterwegs sind. Knapp vier Wochen später. Rund 1500 Motorradkilometer sind zwischen Brötchen holen und einer Hand voll Ausfahrten auf Sizilien zusammengekommen. Rein rechnerisch ein finanzielles Desaster. Aber ich hab’s genossen, als ob ich die dreifache Strecke gefahren wäre. Vermutlich werde ich in einer der nächsten Ausgaben eine Anzeige aufgeben: »Suche Motorradhänger wegen Nachwuchs.“

Kinder: Info zum Reisen mit dem Nachwuchs, Motorradtransport und Camping

DMotorradtransportMit Kind, Kegel und Motorrad in den Urlaub? Unbedingt empfehlenswert! Wer über einen entsprechend großen Transporter verfügt, ist fein raus. Allerdings sollten der Nachwuchs und das Motorrad nicht in einer unabgetrennten Kabine die Reise antreten (Benzinausdünstungen). Ansonsten sollte man sich überlegen, beim Autokauf gleich ein Fahrzeug mit Anhängerkupplung anzuschaffen oder den vorhandenen Wagen nachzurüsten. Ein einfacher Motorradanhänger kostet ab etwa 600 Euro. Wer keinen Stellplatz hat und nur eine Reise pro Jahr mit dem Motorrad im Schlepptau plant, sollte lieber auf einen Miethänger (Gelbe Seiten) zurückgreifen. Gibt«s ab etwa 90 Euro pro Woche.Bei Anhängern unterscheidet man zwischen »ungebremst« (Leergwicht plus Motorrad bis maximal 750 Kilogramm) und »gebremst« (Auflaufbremse, ab 750 Kilogramm). Da ein einfacher ungebremster Hänger etwa 250 Kilogramm wiegt, bleiben 500 Kilo Zuladung. Vorher aber unbedingt die erlaubten Anhängelasten des Zugfahrzeugs in Erfahrung bringen (Fahreugschein). Für »Neulinge« in Sachen Motorradtransport hat Peter Patzelt vom Anhängerverleich Berger aus Stuttgart (www.anhaenger.berger.de) folgende Tipps: »Unbedingt von einem Fachmann die richtige Verzurrung des Motorrads zeigen lassen, keine Billiggurte verwenden und scharfe Kanten, die mit den Gurten in Berührung kommen, mit einem Tuch oder Gummischutz abdecken.«DCampingZelten mit einem Kleinkind? Überhaupt kein Problem. Ein herkömmliches Drei-Personen-Zelt, das mit einer Breite ab etwa 1,80 Meter genügend Raum für drei Isomatten bietet, reicht zum Schlafen bereits aus und lässt sich dank des noch vertretbaren Packmaßes auch bei der nächsten Motorradreise verwenden. Ausprobiert und für sehr gut befunden: das hochwertige »XP 33« vom neuen Zelt- und Ausrüstungshersteller »outclassXP«, das dank der geodätischen Konstruktion (selbsttragendes Kuppelzelt mit vier sich mehrfach kreuzenden Stangen) extrem windstabil ist. Die Innenfläche von 200 x 220 Zentimeter (Innenhöhe 1,15 Meter) reicht locker für drei, und in die große Eingansapsis passt sogar ein Kinderwagen. Das 299 Euro teure Zelt ist derzeit nur online erhältlich: www.outclassXP. »Luxuriöser« und für Regentage besser geeignet sind die großen Familienzelte wie das geräumige »Big Bear« von Exped (www.exped.ch) für rund 700 Euro. Ein großer Test von weiteren Familienzelten ist in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift Outdoor erschienen, Nachbestellung unter Telefon 0711/182-2313 und unter www.outdoor-magazin.com.

Kinder: Info zum Reisen mit dem Nachwuchs, Motorradtransport und Camping

DAnreiseDem Nachwuchs zuliebe sollte man so wenig Zeit wie möglich im Auto verbringen. Bei einer Reise mit Kleinkind im Fahrzeug nach Sizilien empfiehlt es sich deshalb, die Fährverbindungen ab Norditalien in Anspruch zu nehmen – auch wenn man erst mal darüber fluchen wird, wie viel mehr für einen Pkw mit Hänger im Vergleich zur letzten Motorradreise fällig sind. Für die einfache Passage mit zwei Personen (Kinder bis zu zwei Jahren reisen umsonst) in einer Kabine müssen etwa 450 Euro gerechnet werden. Die gut ausgestatteten Schiffe (Kindergarten!) der Grandi Navi Veloci nehmen täglich ab Genua Kurs auf Palermo (zirka 20 Stunden). Infos und Buchung bei der Agentur Reinecke, Telefon 04532/205516, im Internet unter www.jareinecke.de. DUnterkunftZelten mit Kindern ist ein Riesenspaß – die Kleinen krabbeln gerne in der »Höhle« herum und sind ansonsten den ganzen Tag lang draußen an der Luft. Campingfans sollten unbedingt die beiden folgenden Plätze anfahren: »Camping La Palma«, der östlich von Porto Palo gelegen und ausgeschildert ist, und den großzügig angelegten Platz unterhalb des antiken Eraclea Minoa kurz vor Agrigent, der schlicht der Hammer ist. Man zeltet unter Pinien direkt an einem kilometerlangen, weißen Sandstrand. Pro Nacht müssen überall ab etwa 17 Euro gerechnet werden.DStreckentippsDie liebsten Strecken des Autoren: die »Mafia-Runde« von Menfi über Sambuca und Prizzi nach Corleone – Landschaft vom Feinsten und tolle Dörfer; dann die Strecke von St. Stefano an der Nordküste über einen 1107 Meter hohen Pass ins Inland nach Nicosia – 48 Kilometer Kurven; schließlich die Kehren hinauf zum Ätna – extrem aussichtsreich. Wer dann noch die Strecken in den Bergen der Madonie südlich von Cefalú unter die Räder nimmt, wird gar nicht mehr aufhören wollen zu fahren.

Zur Startseite