25000 Kilometer mit dem Piaggio Beverly 250 GT
Roller im Dauertest

Roller im Dauertest
Foto: Piaggio

Bei der Entscheidung für ein italienisches Fahrzeug spielen oft viel emozione und passione mit, also Begeisterung und Leidenschaft. Das gilt bei einer Ducati, Benelli oder Guzzi. Aber bei einem Roller? Um herauszufinden, ob ein braves Transportmittel in Form eines Rollers im harten Alltag über einen längeren Zeitraum ebenfalls diese Attribute vermitteln kann, trat der Piaggio Beverly 250 GT die 25000-Kilometer-Testdistanz an.

Mit seinen 16-Zoll-Rädern und der stattlichen Erscheinung schließt er die Lücke zwischen Roller und Motorrad. Dank serienmäßiger Koffer und Topcase sowie flachem, aber langem Fach unter der Sitzbank und verschließbarem Handschuhfach im Beinschild ist er nicht nur Meister aller Klappen, sondern auch beim Gepäcktransport weit vorn mit dabei. Die großen Räder lassen den Beverly stoisch geradeaus und stabil ums Eck laufen, fürs Großstadtgewusel gibt es allerdings agilere Fahrzeuge. Dafür macht der Beverly außerorts und auf langen Strecken eine gute Figur. Das Fahrwerk ist straff gefedert, gut gedämpft und bietet neben einer guten Rückmeldung auch leidlich Komfort.

Unsere Highlights

Der kräftige, laufruhige Einzylinder mit 22 PS Spitzenleistung meistert selbst längere Autobahnetappen oder Gebirgspassagen flott. Über die gesamte Distanz gab er sich mit rund 4,5 Liter Super zufrieden, mit Abweichungen von bis zu 0,9 Litern nach oben und unten, je nachdem, ob genüssliches Cruisen oder flotte Fahrt angesagt war. So oder so ist die Besatzung, abgesehen vom etwas knappen Fußraum, kommod untergebracht, wobei die Fahrer umso lauter über die lenkerfeste Verkleidungsscheibe jammerten, je größer sie waren. Das Kürzen der Scheibe brachte nicht viel, also verschwand sie kurzerhand ganz.

Für weiteres Ungemach sorgte der Killschalter, der in unregelmäßigen Abständen das Starten des Rollers erfolgreich verhinderte und mittels Büroklammer ausgetrickst werden musste. Die half aber auch nicht weiter, als das Steuergerät seinen Dienst quittierte, worauf der Motor stumm blieb – im Gegensatz zum betroffenen Fahrer. Die Blackbox wurde auf Garantie getauscht, ebenso der klemmende Blinkerschalter und das bereits nach 13000 Kilometern verschlissene Lenkkopflager. Letzteres scheint eine Schwachstelle des Beverly zu sein, denn zu Testende rastet es schon wieder in der Mittelstellung ein.

Von diesen recht teuren Schwächen abgesehen, gab sich der Beverly genügsam. Ein Reifensatz hält locker 10000 Kilometer, die Bremsbeläge sind, wohl aufgrund des hohen Autobahn-Anteils während des Langstreckentests, noch die ersten. Die ermittelten Fahrleistungen nach 26000 Kilometern lassen auf ein gesundes Triebwerk schließen. Nicht spurlos am Beverly vorübergegangen sind dagegen die zwei durchfahrenen Winter. Neben diversen Schraubenköpfen hat besonders der Auspufftopf unter Streusalz gelitten. Allein die üppige Materialstärke
hat Löcher in der Außenhülle bislang verhindert. Der Dämpfer ist zwar noch dicht und leise, sieht aber furchtbar aus.

Keinerlei Rost zeigt hingegen der Rahmen. Das Kunststoffkleid glänzt nach gründlicher Reinigung wie neu, jedoch springt die Tankklappe mitunter nur nach mehrmaliger Aufforderung auf. Mit emozione also kann der Beverly dienen, die passione allerdings wird durch die Mängel auf eine harte Probe gestellt. Da helfen auch die vielen praktischen Klappen nichts.

Kosten - Piaggio Beverly 250 GT

Betriebskosten auf 25000 km

Inspektionen und
Verschleißteile 847,80 Euro
Reifen (inklusive Montage
und Entsorgung) 280,00 Euro
Kraftstoff und Öl 1244,01 Euro
Preis Testfahrzeug
(inklusive Nebenkosten) 4529 Euro
Restwert 1900 Euro
Kosten pro Kilometer
(ohne Wertverlust) 9,9 Cent/km
Kosten pro Kilometer
(mit Wertverlust) 20,7 Cent/km

Testverlauf - Piaggio Beverly 250 GT

Defekte und Vorkommnisse km-Stand

Dauertestbeginn 2037
Eingangsmessung 3627
Schaltereinheit rechts lose 4208
Inspektion, Kosten 131,98 Euro 6314
Killschalter hat Wackelkontakt,
Roller startet nur noch sporadisch 8572
Scheibe gekürzt, Tankklappe klemmt 10740
Reifen vorn/hinten erneuert,
Heidenau K 72, Kosten 130 Euro 11405
Inspektion, Kosten 243,04 Euro,
Lenkkopflager erneuert (Garantie) 13454
Tachowelle defekt (Garantie),
Abblendlampe getauscht (8,00 Euro) 15033
Blinker geht bei ausgeklapptem
Seitenständer nicht 15490
Blinkerschalter rastet nicht richtig 16960
Inspektion, Kosten 235,20 Euro, Blink-
und Killschalter erneuert (Garantie) 18480
Reifen vorn/hinten erneuert, Michelin
Goldstar, Kosten 150 Euro 21940
Steuergerät defekt, Roller startet nicht
mehr (Garantie, regulär zirka 100 Euro) 22464
Inspektion, Kosten 229,58 Euro 24567
Abschlussmessung 26075

Technische Daten - Piaggio Beverly 250 GT

Motor
Wassergekühlter Einzylinder-Viertakt-Motor, Bohrung x Hub 72,0 x 60,0 mm, Hubraum 244 cm3, Verdichtungsverhältnis 11,0:1, vier Ventile, Vergaser, Ø 33 mm, E-Starter, Lichtmaschine 235 Watt, Batterie 12 V/12 Ah, U-Kat, Sekundärluftsystem, Euro 2, Fliehkraftkupplung und Variomatik.

Nennleistung
16 kW (22 PS) bei 8500/min
Max. Drehmoment
20,2 Nm bei 6750/min

Fahrwerk
Stahlrohrrahmen, Telegabel, Ø 35 mm,
Federweg 104 mm, Triebsatzschwinge mit zwei Federbeinen, Federbasis in vier Stufen verstellbar, Federweg 90 mm, Scheibenbremse vorn, Ø 260 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel, Scheibenbremse hinten, Ø 260 mm, Doppelkolben-Schwimmsattel, Reifengröße vorn 110/70-16 52P, hinten 140/70 16 65P.

Maße und Gewichte
Radstand 1470 mm, Sitzhöhe 785 mm, Gewicht vollgetankt 180 kg, Zuladung 170 kg, Wendekreis 4,70 m, Länge/Breite/Höhe 2110/760/1150 mm.

Garantie zwei Jahre

Farben Blau, Schwarz, Silber

Service-Intervalle 6000 km

Preis inkl. Nebenkosten 4840 Euro

MOTORRAD-Messungen - Piaggio Beverly 250 GT

bei Tachostand 3627 km 26075 km
Höchstgeschwindigkeit
Ebene km/h 124 121
Steigung 8 % km/h 99 94
Beschleunigung Ebene
0–30 km/h sek 2,2 2,1
0–50 km/h sek 3,7 3,6
0–70 km/h sek 6,0 6,2
0–100 km/h sek 12,6 14,0
Beschleunigung Steigung 8 %
0–30 km/h sek 2,5 2,2
0–50 km/h sek 4,2 4,1
0–70 km/h sek 7,3 7,6

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023