Derzeit ist der Begriff „Me-too“ aus einem wenig rühmlichen Anlass permanent in den Medien präsent. Doch in einer anderen Bedeutung meint er schlicht und einfach Nachahmer-Produkte. Trittbrettfahrer also, die hohen Entwicklungsaufwand lieber anderen überlassen und sich erst aus der Deckung wagen, wenn mutige Pioniere den Boden bereitet haben. Nun, ausgetretene Pfade nahm Hondas unkonventionelles Fahrzeugkonzept X-ADV noch nie unter die stilbildenden Speichenräder. Im Gegenteil: Knapp 240 Kilo Kampfgewicht, befeuert von „nur“ 55 PS oder der angedeutete Durchstieg sind Eckpunkte, die den Honda X-ADV in die Roller-Ecke stellen.
Enduro geht eben doch anders
Honda seinerseits sieht im kantigen X-ADV, der übrigens ÄXX-ÄJ-DII-WII ausgesprochen wird und nicht etwa Cross-Adventure, wie oft behauptet, nicht etwa einen Roller. Sondern das ersten Zweirad-SUV, ein „Adventure Bike“. Als solches muss der (oder doch die?) 750er zumindest so tun, als ob er auch im Gelände was reißen kann. Angesichts der oben erwähnten Eckpunkte sollte man die diesbezüglichen Erwartungen nicht allzu hoch schrauben. Enduro geht eben doch anders. Dessen ungeachtet hat der Honda X-ADV des 2018er-Jahrgangs neben der zweistufigen und komplett abschaltbaren Traktionskontrolle nun einen „G-Modus“ für das Doppelkupplungsgetriebe DCT. Laut Pressetext soll dies mehr Traktion im Offroad-Betrieb bringen. Was genau passiert und ob es etwas bringt, war beim ersten Fahrtermin im von Olivenhainen dominierten Hinterland von Málaga nicht zu ermitteln.

Zu ermitteln war aber, dass der Honda X-ADV jenseits aller „Was-ist-das-und-was-soll-das?“-Diskussionen als Fahrzeug durchaus seine Berechtigung hat. Das fängt bei der komfortablen Sitzposition an, geht über den ohne Werkzeug in fünf Stufen verstellbare Windschild weiter und hört bei den langen Trittbrettern für die (auch bei Regen trockenen) Füße nicht auf. Bei der gemeinsamen Ausfahrt mit der etwa gleich schweren, aber fast doppelt so starken Africa-Twin fuhr diese dem X-ADV nicht ernsthaft davon. Klar, beschleunigt die 1000er aus den Ecken raus besser, Punkt. Doch mit gut dosierbaren Bremsen hält der X-ADV tapfer dagegen. Lange, satt gedämpfte Federwege bedingen satte Schräglagenfreiheit und stabile Straßenlage. Agiler als bisher geht der Reihentwin zu Werke: Die um 900 auf 7.500/min erhöhte Maximaldrehzahl wirkt belebend.
X-ADV kann auch gemütlich
In Summe ergibt sich ein zügiger Fahrstil mit Tempi, die durchweg locker über den gestatteten liegen. Tipp für flotte Fahrt: DCT in den Sportmodus, vor Kurven per linkem Daumendruck herunterschalten und so den Twin auf Drehzahl halten. Da geht was. Natürlich wird selbst so aus dem Honda X-ADV kein Sportler. Dafür kann er aber auch gemütlich. Im D-Modus ohne spürbare Schaltvorgänge sanft durch die Gegend cruisen, die Landschaft genießen, das hat was.

Und sofern der oder die Liebste nicht allzu groß ist, gerne auch zu zweit. Löblich: Gepäckhaken am Sozius-Haltegriff. Im Grunde ist der Scooter ein ebenso funktionales wie emotionales und unverkennbares Alltagsfahrzeug für solvente Querdenker: 11.385 Euro (wobei für die Farben Weiß und CRF-Rot noch 300 Euro hinzukommen) sind kein Pappenstiel. Trotzdem sagten 2017 über 7.500 Käufer vor allem in Südeuropa „Ja!“ zum Honda X-ADV.
Modelljahr 2018 - was ist neu?
- Maximaldrehzahl von 6.600/min auf 7.500/min erhöht
- Auch als 35-kW-(48 PS)-Version erhältlich
- Neue Farbe Candy Chromosphere Red
- Traktionskontrolle zweistufig und abschaltbar
- G-Modus für DCT-Getriebe Schaltverhalten des Getriebes nun auf Offroad-Bedürfnisse abgestimmt
Technische Daten - Honda X-ADV (Modelljahr 2018)
Motor:
Wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei Ausgleichswellen, eine obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 36 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 420 W, Batterie 12 V/11,2 Ah, Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub: 77,0 x 80,0 mm
Hubraum: 745 cm³
Verdichtungsverhältnis: 10,7:1
Nennleistung: 40,3 kW (55 PS) bei 6.250/min
Max. Drehmoment: 68 Nm bei 4.750/min
Fahrwerk:
Brückenrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 41 mm, einstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, einstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 296 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Speichenräder it Alu-Felgen: 3.50 x 17; 4.50 x 15
Reifen: 120/70 R 17; 160/60 R 15
Maße und Gewichte:
Radstand 1.590 mm, Lenkkopfwinkel 63,0 Grad, Nachlauf 104 mm, Federweg vorn/hinten 154/150 mm, Sitzhöhe 820 mm, Leergewicht 238 kg, zulässiges Gesamtgewicht 415 kg, Tankinhalt 13,1 Liter.
Gewährleistung: zwei Jahre
Farben: Silber, Silbergrau, Weiß, Rot
Preis: ab 11.385 Euro
Nebenkosten: 305 Euro