Vergleichstest: Billige 125er

Vergleichstest: Billige 125er 125er-Zwitterbikes

Konzipiert als Lastesel für die Dritte Welt, finden 125er-Zwitter-bikes – eine Mischung aus Motorrad und Roller – hierzulande immer mehr Fans. Was taugt die Billigware aus Thailand?

125er-Zwitterbikes Künstle

Würde man die Hersteller-Logos entfernen – die Identifikation fiele schwer. Auf den ersten Blick sind sie Zwillinge, Geburtsort: Thailand. Und auch technisch warten Honda Innova und Suzuki Address mit nahezu identischen Features auf: In beiden werkelt ein luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor mit nach vorn geneigtem Zylinder, was einen niedrigen Durchstieg ermöglicht. Die Kraftübertragung erfolgt über eine Halbautomatik – schalten, ohne zu kuppeln – mit jeweils vier Gängen und eine im geschlossenen Kasten laufenden Kette. Die Gänge müssen über ein umgekehrtes Schaltschema – alle vier nach unten – reingeklopft werden. Gewöhnungsbedürftig, aber es funktioniert tadellos. Wobei die Suzuki sich geringfügig besser schalten lässt, die Honda-Kupplung einen stabileren, präziseren Eindruck hinterließ. Warum nicht gleich Vollautomatik? Nun, die ist konstruktiv aufwendiger, anfälliger, verschleißfreudiger und teurer – Kriterien, die im krassen Gegensatz zur Ausrichtung beider Maschinen stehen. Denn die ist glasklar definiert: günstig, zuverlässig, haltbar, sparsam, einfach. Puristische, anspruchslose Fortbewegungsmittel sollen sie sein.

Anspruchslos muss auch der Fahrer sein, wenn er von einem ausgewachsenen Motorrad auf diese 125er steigt. Beide wiegen nur knapp über zwei Zentner, bieten in puncto Fahrwerk absolut Lowtech und sind mit Reifen bestückt, die kaum breiter sind als die gängiger Mountainbikes. Die gute Nachricht: Federleichtes Einlenken, einparken, schieben und wenden sind garantiert. Sogar die Bremsen sind standfest, gut dosierbar und trotz Trommelbremse hinten sehr effektiv. Alles funktioniert so narrensicher, dass man kaum Fahrerfahrung braucht. Wobei die Honda stets eine Nuance erwachsener wirkt: Ihre Sitzbank ist etwas breiter und straffer gepolstert, die Lenkerenden liegen eine Spur höher, die Fußrasten einen Hauch weiter vorn. Auch lässt sie sich spürbar genauer lenken und bleibt in Kurven stabiler als die Suzuki. Zwar wartet die Address mit größeren Federwegen auf, doch ihr 26er-Gäbelchen arbeitet, als hätte man das Öl für die Dämpfung vergessen. Da bietet die Innova mit ihren 31er-Standrohren etwas mehr Reserven. Dasselbe gilt für die Stereofederbeine am Heck und die Bereifung. Die auf der Honda montierten Dunlops sind sowohl bei Nässe als auch auf Bitumenflicken griffiger als die IRC der Suzuki.

Spaß-Gesellschaft

Künstle
Diese beiden Einzylinder sind für jeden Spaß zu haben.

Ein Vergleich der Beschleunigungswerte und Leistungskurven fällt zugunsten der Suzuki aus. Der Address-Motor ist kurzhubiger ausgelegt und kürzer übersetzt als der der Honda, rechnerisch erreicht die Innova 130 km/h. In der Praxis zeigt sich, dass beide Maschinen relativ zügig auf 80 km/h beschleunigen, sich dann aber sehr relaxed gen 100 km/h bewegen. Nur wer das Triebwerk extrem auspresst, wird den Übersetzungsvorteil der Suzuki in Vorsprung umsetzen können. Beim normalen Fahren schenken sich die beiden 125er absolut nichts. Die Honda lässt sich sogar schaltfauler bewegen, weil sie ihr maximales Drehmoment von 10,6 Nm schon bei 2500 Touren zur Verfügung stellt (Suzuki: 10,1 Nm bei 5600/min). Der extrem lang übersetzte vierte Gang wirkt als Overdrive, was sich letztlich auch im Spritverbrauch niederschlägt: Mit lediglich 1,8 Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer begnügt sich die Innova. Bei der Address sind es 2,4 Liter.

Bei Regen oder auf Citytour bieten echte Roller sicherlich mehr Vorteile als diese Zwitter. Denn es passt weder ein Helm in die spartanischen Staufächer unter den Sitzbänken, noch schützen die schmalen Beinschilder effektiv vor Nässe. Doch das wiegt der Fahrspaß wieder auf. Beide Maschinen sind durch ihre geringen Anschaffungs- und Unterhaltskosten eine ernst zu nehmende Alternative zum Fahrrad, zur Bahn und zum Auto. Und vielleicht sogar zum Motorrad. Warum? Selten war Zweiradeln so vergnüglich, leichtherzig und sorglos. Selten gab es so viel Spaß für so wenig Geld.

Fazti

Wirklich etwas falsch machen kann man mit keiner der beiden. Die Honda wirkt gediegener, ist fahrstabiler, verbraucht weniger und ist technisch absolut ausgereift (60 Millionen verkaufte Exemplare seit 1958). Dafür hat die Suzuki geringfügig mehr Power, optisch mehr Pepp und einige pfiffigere Detaillösungen. Welcher Händler ist Ihnen näher?

Daten Honda Innova

Einzylinder-Viertaktmotor, Fliehkraftkupplung, 9 PS bei 7500/min, 10 Nm bei 3000/min, Stahlrohrrahmen, Radstand 1240 mm, Sitzhöhe* 770 mm, Federweg v/h 81/82 mm, Gewicht vollgetankt* 106 kg, Tankinhalt 3,7 Liter, Preis: 1850 Euro ohne Nebenkosten.

Daten Suzuki Adress

Einzylinder-Viertaktmotor, Fliehkraftkupplung, 10 PS bei 8000/min, 9 Nm bei 6500/min, Stahlrohrrahmen, Radstand 1220 mm, Sitzhöhe* 780 mm, Federweg v/h 90/77 mm, Gewicht vollgetankt* 113 kg, Tankinhalt 4,3 Liter, Preis: 1990 Euro ohne Nebenkosten.

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