Gute 50 PS, die reißen heutzutage niemanden mehr vom Hocker. Soviel hat mittlerweile fast jede Serienenduro drauf. Doch vor 50 Jahren war diese Leistung das Maß der Dinge in der 500er Königsklasse. Und es ist zu vermuten, daß die Stars jener Tage trotz der relativ bescheidenen Power ihrer Viertakter einen ähnlichen Kick beim Fahren bekamen wie heute Doohan, Biaggi oder Crivillé auf ihren 200-PS-Raketen. Denn die Fahrwerke der Maschinen waren meilenweit von heutigen Standards entfernt, und die Fahrer mußten ihre Bikes über Straßenkurse prügeln, auf denen Sicherheit ein absolutes Fremdwort war: Straßengräben am Rand statt Kiesbetten, Bäume, Hecken oder gar Mauern anstelle moderner Airfences.
Der erste Lauf der Motorrad-Straßen-WM wurde am 17. Juni 1949 auf der Isle of Man gestartet. Der siegreiche Norton-Pilot Harold Daniell war drei Stunden im Sattel und schaffte auf dem berüchtigten Mountain-Kurs einen Schnitt von knapp 140 km/h. Bern-Bremgarten, Assen, Spa-Francorchamps und Ulster hießen die weiteren Stationen der Saison. In Monza wurde schließlich der erste 500er Straßen-Weltmeister der Motorrad-Geschichte gekürt: Leslie Graham (England) auf AJS.
Ein halbes Jahrhundert später kam es auf der traditionellen Monza-Bahn vor den Toren Mailands zu einem ganz besonderen Meeting. MOTORRAD hatte dort aus Anlaß des WM-Jubiläums knapp ein Dutzend historische 500er Maschinen aus verschiedenen Jahrzehnten sowie einige Fahrer und Techniker versammelt. Moto Guzzi brachte eine Einzylinder-Maschine und den spektakulären Achtzylinder-Renner aus den 50ern mit. Willi Marewski, ein leidenschaftlicher Motorrad-Sammler aus Frankfurt, steuerte eine BMW RS 54, eine Norton Manx sowie eine MV Agusta von 1962 und 1974 bei. Die legendäre Dreizylinder-MV, mit der Giacomo Agostini einst Siege und WM-Titel am Fließband produziert hatte, war ebenso präsent wie Yamaha- und Suzuki-Bikes aus den 80ern oder eine Gilera von 1954.
Gilera hatte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich Rennsport betrieben. 1939 gewann Dario Serafini die Europameisterschaft auf der Rondine mit wassergekühltem Reihenvierzylinder und Kompressor-Aufladung. Für die Weltmeisterschaft entwickelte Konstrukteur Piero Remor ein ähnliches Konzept: einen Reihenvierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen, diesmal aber luftgekühlt und laut Reglement ohne Kompressor. 1949 mußte sich Gilera noch knapp der britischen Konkurrenz von AJS beugen, aber im Jahr darauf bescherte Umberto Masetti dem Werk aus Arcore bei Monza den ersten Triumph. Ein weiterer Titel für Masetti folgte 1952. Zwischen 1953 und 1955 war die Kombination Gilera und Geoff Duke in der Halbliterklasse unschlagbar.
Moto Guzzi setzte in jener Zeit auf einen Einzylindermotor. Doch in der 500er WM machte der Single keinen Stich, ganz im Gegensatz zur 350er Klasse, die Guzzi geradezu dominierte. 1956 tauchte das Werk dann mit einer technischen Sensation auf: einer 500er Maschine mit V8-Motor. Während der spektakuläre Multizylinder in freien Rennen durchaus Erfolge feiern konnte, schlug in der WM meist der Defektteufel zu. Ende 1957 zog sich Moto Guzzi schließlich aus dem Sport zurück.
Im selben Jahr machte auch Gilera die Rennabteilung dicht. Doch das von Piero Remor erdachte Konzept war weiter erfolgreich, nur in anderer Verpackung. Der italienische Graf Agusta hatte den erfolgreichen Konstrukteur Anfang der 50er Jahre für seinen neuen Rennstall abgeworben, und so war es nicht verwunderlich, daß die MV Agusta -Vierzylinder den Gilera-Motoren verblüffend ähnlich sahen. 1956 hatte der junge Brite John Surtees erstmals für MV zugeschlagen, und nach dem Rückzug von Gilera war der Weg für die roten Renner endgültig frei. John Surtees, Gary Hocking und Mike Hailwood düsten mit dem Vierzylinder-Zweiventiler bis 1965 zu neun 500er Weltmeisterschaften - kein Motor war in der Königsklasse je erfolgreicher.
MOTORRAD-Tester und Ex-Rennfahrer Siggi Güttner konnte sich die Überlegenheit der MV nach ein paar Proberunden in Monza gut erklären. »Die ist so handlich wie ein Fahrrad«, schwärmte er von den Qualitäten der 1962er MV, die weder beim Fahrverhalten noch in der Leistungsentfaltung etwas mit einem kapriziösen, schwierig zu beherrschenden Rennmotorrad gemein hat.
Auch ein deutscher Fahrer machte in der Ära Surtees von sich reden: Walter Zeller. Er holte mit einer werksunterstützten BMW die 500er Vize-Weltmeisterschaft 1956. Für Privatfahrer war der Münchner Boxer ebenfalls attraktiv. Schon 1954 hatte BMW 24 Exemplare der RS, eine exakte Kopie der Werksmaschine, gebaut und an handverlesene Kunden verkauft. 6500 Mark kostete das Stück - damals in etwa der Gegenwert von zwei VW-Käfern.
Ernst Hiller hatte so eine. In Monza feierte er nun ein Wiedersehen mit einem jener Production Racer, den er zwischen 1956 und 1962 erfolgreich bewegt hatte, obwohl ihm mit der BMW rund 20 Pferdchen auf die 75 PS starken MV fehlten. Stolz präsentiert er ein Fotoalbum, das ihn 1958 beim Grand Prix in Assen auf der BMW in der ersten Startreihe neben John Surtees zeigt. Im Ziel war er immerhin Vierter. Siege bei internationalen Straßenrennen und drei deutsche Meisterschaften errang Ernst Hiller mit der Boxermaschine, deren Fahrwerk als störrisch galt. »Viele kamen mit der BMW nicht zurecht, aber ich habe gleich mein erstes Rennen damit gewonnen«, erinnert sich der heute 70jährige aus der Nähe von Bielefeld. »Man durfte den Lenker nicht zu hart anfassen, bei diesem Motorrad war ein feinfühliger Fahrer gefragt.«
Ebenfalls sehr beliebt bei den Privatiers jener Epoche war die Norton Manx. Die käufliche Version jener Werksmaschine, mit der Geoff Duke 1951 seinen ersten WM-Titel gewonnen hatte, gab`s in den 50ern ebenfalls für 6500 Mark. Ihr Plus war die hervorragende Straßenlage - dank des von Rex McCandless konstruierten, sogenannten Federbettrahmens. Der Renner mit dem Doppelnocken-Eintopf war der Dauerbrenner schlechthin: Noch bis 1964 gelang es privaten Norton-Fahrern immer wieder, sich in der Endabrechnung unter die ersten Drei der 500er WM zu schieben.
Dominant zu jenem Zeitpunkt war aber nach wie vor jene Marke, die bis heute der Inbegriff für italienische Grand Prix-Motorräder geblieben ist: MV Agusta. Allerdings hatten die Italiener Mitte der 60er Jahre starken Gegenwind von Honda bekommen, was Firmenchef Agusta dazu bewog, ein neues Triebwerk bauen zu lassen. Der damalige MV-Rennleiter Arturo Magni, heute 73, erinnert sich an die Entstehungsgeschichte der Dreizylinder-Maschine, die 1964 zunächst für die 350er Klasse begann, weil Honda dort inzwischen das Kommando übernommen hatte. »Der Conte Agusta gab schlicht die Order, einen Dreizylinder-Motor zu entwickeln«, erzählt Magni. »Wir waren bereits nach wenigen Monaten fertig und brachten das Motorrad auf die Lido-Insel von Venedig, wo der Graf gerade Urlaub machte. Er war zufrieden mit unserer Konstruktion, machte jedoch zur Bedingung, daß die Maschine von einem Italiener zu fahren sei.«
Giacomo Agostini hieß der Auserwählte. Die Kombination Ago und MV-Dreizylinder gewann zwischen 1966 und 1972 sieben 500er Titel in Folge - kein Fahrer konnte diese Rekordserie bislang überbieten. Die Dreizylinder-MV, fast so schlank und handlich wie eine 250er, ist bis heute Arturo Magnis Lieblingsmotorrad geblieben - und stolz ist er auf sie nach wie vor: »Wir haben aus 85 PS bis zu 298 km/h Spitze herausgeholt, das ist verbürgt.«
Die letzte Entwicklungsstufe wurde dann für die Saison 1973 gezündet. Anfang der 70er Jahre war MV in der 350er Klasse durch die wassergekühlten Zweizylinder-Zweitakter von Yamaha und Aermacchi unter Fahrern wie Phil Read, Jarno Saarinen und Renzo Pasolini erneut unter Druck geraten. Grund genug, wieder ein neues Triebwerk zu entwickeln. Bereits 1971 entstand ein filigraner Reihenvierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen und vier Ventilen pro Zylinder, der bis zu 16 000 Touren drehte. 1973 waren schließlich beide Hubraumvarianten einsatzbereit und gewannen auf Anhieb beide Titel. Die 500er Krone ging dabei an MV-Neuzugang Phil Read, der den bisherigen Platzhirsch Giacomo Agostini respektlos abserviert hatte.
Agos Liason mit MV ging daraufhin erst einmal zu Ende, aber auch für das Werk war der Zug im Grand Prix-Sport nach Reads zweitem 500er Titel abgefahren. Die Zweitakter übernahmen nun auch in der Königsklasse das Kommando (siehe auch Kasten »WM-Chronik«).
Und ausgerechnet Ago war es, der sich als erster Champion mit einem Zweitakter in der Chronik der 500er WM verewigte: 1975 truimphierte er auf einer Vierzylinder-Yamaha. Am Ende dieses Jahrzehnts hieß Yamahas Überflieger Kenny Roberts, eine Replica seiner Weltmeistermaschine mit dem Reihenvierzylinder gab es für 45000 Mark zu kaufen. Dieses Motorrad ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung der Fahrwerke. Bei ihm stützt sich die Hinterradschwinge nicht mehr nach dem klassischen Prinzip mit zwei Federbeinen am Rahmen ab, sondern Yamaha verwendete das sogenannte Cantilever-System. Hierbei wird eine Dreiecksschwinge über ein einziges, längs unter dem Tank liegendes Federbein vorn am Steuerkopf angelenkt.
Suzuki war Anfang der 80er Jahre mit seinem Full Floater-System schon einen Schritt weiter. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die inzwischen längst zum Standard gewordene Monoshock-Federung mit zentralem Federbein und Umlenkhebeln. Auch in Sachen Motorlayout hatte Suzuki damals eine interessante Lösung zu bieten: Beim sogenannten Square Four-Aggregat waren die vier Zylinder mit Drehschiebereinlaß im Quadrat angeordnet.
Die Zeitreise durch die 500er Renngeschichte zeigt, daß sich auch um die extrem erstarkten Motoren herum (siehe Grafik Seite 86) vieles verändert hat. So wurden die gewaltigen Trommelbremsen Anfang der 70er Jahre durch moderne Scheibenbremsen ersetzt. In der zweiten Hälfte der 70er verdrängten profillose Slicks die profilierten Dachreifen mit extrem spitzer Kontur und großer Auflagefläche in Schräglage, aber kippeligem Fahrverhalten und miserablem Geradeauslauf. Seit 1981 sind Stahlrahmen out und Alu-Fahrwerke mit immer dickeren Profilen in. Verkleidungen, Fahrerkombis und Helme bekamen immer mehr Farbe.
Doch eines haben die Viertakt-Renner von einst den modernen Zweitaktern klar voraus: ihren unvergleichlichen Sound. Wenn eine Norton Manx loshämmert oder eine MV hochdreht, dann bebt der Asphalt. Dafür sind 50 PS allemal genug.
Grand Prix-Rennmaschinen der 500er-Klasse: Chronik - WM-Chronik
1949 - 1955 Die erste 500er Weltmeisterschaft gewann Leslie Graham auf AJS. Doch der stärkste Fahrer in der Anfangsphase der 500er WM war sicherlich Geoff Duke. Vier Titel - einen auf Norton, drei auf Gilera - gewann der Brite zwischen 1951 und 1955. 1956 - 1960 Wieder dominierte ein Engländer die WM. John Surtees gewann für MV Agusta viermal die 500er Krone und holte zudem drei Titel bei den 350ern, bevor er in den Autosport wechselte und 1964 im Ferrari Formel 1-Weltmeister wurde. Deutsches Highlight in jener Epoche: Walter Zellers 500er Vize-Weltmeisterschaft 1956 auf der Werks-BMW. 1961 Der Rhodesier Gary Hocking setzte die Erfolgsserie des MV Agusta-Vierzylinders fort.1962 - 1965 Mit Mike Hailwood war erneut ein Brite für MV Agusta am Drücker. Nach vier Titeln in Folge ging er zu Honda, wo er in den kleineren Klassen noch mehrmals Champion wurde. Später wechselte Hailwood auf vier Räder, gewann für den Surtees-Rennstall 1972 die Formel 2-Europameisterschaft und stieg bis in die Formel 1 auf.1966 - 1972 MV Agusta setzte jetzt auf die handlichere Dreizylindermaschine und einen jungen Italiener als Nummer eins-Piloten: Giacomo Agostini. Diese Kombination raste zu sieben 500er WM-Titeln am Stück - eine bislang einmalige Siegesserie in der Grand Prix-Geschichte. Honda blieb die 500er Krone weiterhin verwehrt, die Japaner zogen sich erst einmal zurück.1973 - 1974 Die Zweitakter wurden immer stärker. Vor allem Jarno Saarinen auf der Werks-Yamaha setzte MV Agusta Anfang 1973 mit zwei Siegen zu. Doch in Monza verunglückte der finnische Überflieger im 250er Rennen tödlich. Phil Read war der neue Star bei MV und verlängerte die Siegesserie des italienischen Werks um weitere zwei Jahre. 1975 Der von Phil Read bei MV gedemütigte Giacomi Agostini schlug zurück und gewann die WM auf einer Yamaha - damit war er der erste Weltmeister der Königsklasse auf einer Zweitaktmaschine.1976 -1977 Agostini kehrte zu MV zurück und schrieb noch einmal Renngeschichte. Sein Sieg beim WM-Finale am Nürburgring war der letzte Triumph eines Viertakters. In der WM hatten aber längst die Zweitakter das Kommando übernommen. Der Titel ging in beiden Jahren an Barry Sheene auf der Werks-Suzuki.1978 - 1980 Aus den USA war ein neuer Star in die WM gekommen: Kenny Roberts. Auf der Werks-Yamaha mit dem Reihen-Vierzylinder düste er der Konkurrenz drei Jahre lang vornweg. Barry Sheene, Virginio Ferrari und Randy Mamola blieben in der WM-Tabelle jeweils nur die Ehrenplätze. Honda startete sein Comeback mit dem spektakulären Ovalkolben-Viertakter, allerdings ohne Erfolg.1981 - 1982 Suzuki fuhr mit dem Square Four-Motor und zwei jungen Italienern in der Erfolgsspur. 1981 ging der Titel an Marco Lucchinelli, im Jahr darauf war Franco Uncini an der Reihe. Honda kam mit einem handlichen Dreizylinder-Zweitakter und dem jungen US-Boy Freddie Spencer langsam wieder in Fahrt.1983 Das mitreißende Duell Kenny Roberts gegen Freddie Spencer prägte die Saison. Am Ende hatte Spencer mit zwei Punkten Vorsprung die Nase knapp vorn - Honda war in der Königsklasse endlich am Ziel.1984 Roberts-Nachfolger Eddie Lawson gewann auf der Yamaha, inzwischen mit einem V4-Motor ausgerüstet, vor der Honda-Armada.1985 Die Saison von Freddie Spencer. Mit der V4-Honda holte er einen weiteren 500er Titel und räumte nebenbei auch noch in der 250er WM ab. Nur bei Regen zeigte der amerikanische Überflieger Schwächen: In Hockenheim ließen ihn die Sieger Christian Sarron (500) und Martin Wimmer (250) ziemlich alt aussehen.1986 - 1989 Drei weitere Titel für Eddie Lawson, einer für den Australier Wayne Gardner. Freddie Spencer war bereits wieder in der Versenkung verschwunden.1990 - 1992 Wayne Rainey gewann die WM auf der Yamaha dreimal in Folge. Ein Sturz mit daraus resultierender Querschnittslähmung stoppte seine Karriere beim Misano-Grand Prix 1993 allerdings jäh.1993 Kevin Schwantz, bei den Fans wegen seines wilden Fahrstils überaus beliebt, gewann die WM für Suzuki. Viele Verletzungen verhinderten in der Folge jedoch einen weiteren Triumph des blonden Texaners.1994 - 1998 Mick Doohan war die 500er Lichtgestalt der letzten fünf Jahre. Doch der Traum vom sechsten Titel in Folge platzte beim Training zum diesjährigen Jerez-Grand Prix, als der Australier schwer stürzte und nun mehrere Wochen pausieren muß.
Die Leistungskurven der GP-Klassen
Mit Ausnahme der 500er Klasse explodierten die Motorleistungen Mitte der 60er Jahre, was von der Aufrüstung der japanischen Hersteller zeugt. Konstruktionen wie die 125er Fünfzylinder-Honda mit Drehzahlen bis 22 000/min, wassergekühlte Vierzylinder-Zweitakter von Yamaha (125/250 cm³) oder die legendären Sechzylinder-Honda (250/350 cm³) waren die Speerspitzen dieser Entwicklung. Der Rückzug der japanischen Werke hatte logischerweise einen drastischen Leistungsrückgang zur Folge. Die Reduzierung der 50er auf einen Zylinder und der 125er und 250er auf deren zwei ließ die Leistung ebenso einbrechen wie die spätere Beschränkung der 125er auf einen Topf 1988. Die 500er legten Mitte der 70er Jahre dank der Zweitakter kräftig zu.
Die Bikes der 90er
Die Technik der Königsklasse ist inzwischen sehr übersichtlich geworden. V4-Zweitakter mit Membransteuerung sind heute der Schlüssel zum Erfolg. Bis zu 200 PS mobilisieren diese Triebwerke mittlerweile, doch die pure Leistung ist schon lange nicht mehr das Thema der Konstrukteure in den Rennabteilungen. Es geht viel mehr darum, die brachiale Power auch auf den Boden zu bringen. Fahrwerksingenieure und Reifentechniker sind deshalb besonders gefragt.Um die Reifen zu schonen, entwickelte Honda Anfang der 90er Jahre den sogenannten Big Bang-Motor. Er zündet nicht mehr regelmäßig nach jeweils einer viertel Umdrehung der Kurbelwelle, sondern Honda reduzierte den Zündversatz auf rund 25 Grad. Die vier Kerzen zünden also kurz hintereinander in einem Bereich, der etwa einem Viertel einer Kurbelwellenumdrehung entspricht. Da der Motor seine Leistung nun in einem komprimierten Bereich abgibt, kann der Reifen in den Phasen dazwischen geschont werden und baut im Rennen nicht so schnell ab. Die Konkurrenz hatte das neue Prinzip der sanfteren Kraftentfaltung bald übernommen, doch inzwischen heißt es bei Honda: Kommando zurück. Auf Wunsch von Michael Doohan, der wieder einen aggressiveren Motor wollte, feierte die herkömmliche Zündtechnik ihr Comeback.Drei Marken prägten die 500er WM in den 90ern. Zunächst war Yamaha mit Wayne Rainey am Drücker, dann holte Kevin Schwantz einen Titel für Suzuki, und seit 1994 heißt der Champion Michael Doohan auf Honda. Das wird sich in diesem Jahr ändern, denn der noch amtierende Weltmeister ist nach seinem Jerez-Trainingssturz ein paar Wochen außer Gefecht und hat keine Chance mehr, seinen Titel zu verteidigen.