Aprilia RSV4 RF (2015) im Fahrbericht
Das Beste zum Schluss?

Mit der Aprilia RSV4 RF schickt Aprilia als letzter Hersteller sein käufliches Superbike für die Saison 2015 ins Rennen. Allein schon wegen des WM-Titels gibt man sich in Noale dafür sehr selbstbewusst. Ob zu Recht, das musste sich auf der Rennstrecke in Misano zeigen.

Das Beste zum Schluss?
Foto: Aprilia

Die Aprilia RSV4 RF ist das beste Superbike überhaupt„, stellt die Aprilia-Marketingabteilung bei der Pressevorstellung gleich einmal klar. Dieses Selbstbewusstsein rührt daher, dass die kleine Bike-Schmiede aus Noale zwar nicht unbedingt die meisten Supersportler verkauft, aber mit dem aktuellen Titel in der Superbike-WM sowie der erstarkten Serienmaschine RSV4 mit BMW, Ducati und den Japanern auf Augenhöhe spielt.

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Der neu überarbeitete 65-Grad-V4 soll jetzt sage und schreibe 201 PS bei 13.000/min leisten, das sind fast 20 PS und 500 Umdrehungen mehr als die Vorgängerin. Klar, dass dafür einiges am Antrieb getan werden musste. Da sind zum einen die größere strömungsoptimierte Airbox der Aprilia RSV4 RF und die neue obere Einspritzung. Die variablen Ansaugtrichter wurden neu gestaltet. Gleiches gilt für die Zylinderköpfe, deren Ein- und Auslasskanäle strömungsoptimiert bearbeitet sind. Die Ventile sind jetzt aus Titan, die Federn neu. Auch die Brennräume sind feiner bearbeitet. Das Verdichtungsverhältnis beträgt nun 13,6:1 (vorher 13,0:1).

Kurbelwellengehäuse in seiner Grundform nicht verändert

Außerdem wurden die bewegten Massen in Zylinderkopf und Kurbelgehäuse deutlich reduziert. Allein bei den Nockenwellen mit neuen Nockenprofilen ging die Masse um 600 Gramm runter. Während das Kurbelwellengehäuse der Aprilia RSV4 RF in seiner Grundform nicht geändert wurde, knapsten die Techniker dem oberen Motorgehäuse durch ein neues Gussverfahren bei höherer Steifigkeit 1,3 Kilogramm ab. Der ganze Ölkreislauf ist neu, im Motor entstand mehr Volumen für optimale Ölverteilung, und das Öl schwappt nun deutlich tiefer im Motor, weshalb das bisherige Schauglas gegen einen Ölstab getauscht werden musste.

Eine lange Liste an Maßnahmen also, die jedoch nicht beim Antrieb endet. Im Chassis sitzt der Motor einige Millimeter tiefer, um den Schwerpunkt der Aprilia RSV4 RF nach unten zu drücken. Wie bei einem waschechten Rennmotorrad sind die Motorposition sowie der Lenkkopfwinkel und die Position der Schwingenachse einstellbar. Die Schwinge wuchs in der Länge um vier Millimeter, der Gabel-Offset um zwei. Die RF als limitierte Serie bietet natürlich die Öhlins-Gabel und das Federbein, das der RR-Kunde in einem Race Pack dazuordern kann, wie auch die Schmiederäder der RF.

Gierig stürzt sich die Aprilia RSV4 RF in den Kampf

Dass man sich auf ein Rennmotorrad geschwungen hat, wird von der ersten Kurve an klar. Gierig, fast ein bisschen nervös stürzt sich die Aprilia RSV4 RF in den Kampf und unterstreicht nach den ersten Runden, dass sie über ein traumhaftes Handling verfügt, das fast alles zulässt. Das aber auch Arbeit am Fahrwerk nötig macht, denn im Grund-Setup schwänzelte die Aprilia mächtig auf der Bremse dem Einlenkpunkt entgegen. Auch pumpte die RSV4 anfangs heftig aus den Kurven heraus. Letzteres mag mit am mächtig erstarkten Motor liegen, der in allen drei Modi die volle Leistung abgibt, aber selbst im Race-Modus nun ganz sanft ans Gas geht und sehr homogen durch die Drehzahlen ballert. 

Das Pumpen ließ sich schließlich mit Korrekturen am Fahrwerk weitestgehend abstellen. Dabei zeigte sich, dass einerseits ein breiter Einstellbereich geboten wird, andererseits schon kleinste Änderungen Wirkung zeigen. Der erste Eindruck: absolutes Profi-Material, das entsprechendes Know-how für die ganz schnellen Runden erfordert. Das Feedback war in jedem Fall ein Traum, die Aprilia RSV4 RF ließ einen sofort spüren, was unter dem Piloten vor sich geht.

Bosch-ABS sehr sportlich abgestimmt

Prima dosieren lässt sich die Bremse der Aprilia RSV4 RF. Das Bosch-ABS ist dabei sehr sportlich abgestimmt und lässt gerade im Race-Modus heftige Stoppies zu. Trotzdem ist das weiter optimierte Elektronik-Paket der Aprilia auf der Rennstrecke eine Wucht. Die während der Fahrt einstellbare Traktionskontrolle funktioniert so formidabel, dass selbst ein pumpendes Heck den Fahrer nicht davon abhält, sehr früh am Kurvenausgang das Gas aufzureißen.

Wer das erweiterte Race Pack dazuordert, kann über eine App und das Smartphone sogar bei 15 Strecken in Europa mit den Daten aus der Superbike-WM eine Corner-to-Corner-Abstimmung genießen. Das funktionierte in Misano so gut, dass damit auf Anhieb fast zwei Sekunden gefunden wurden.  Die neue Aprilia RSV4 RF ist in jedem Fall ein waschechter Racer, der schon in der nächsten Ausgabe im großen Track-Test auf dem Lausitzring seine Qualitäten gegen die aktuellen Superbikes unter Beweis stellen darf. Zu den Besten dürfte sie zweifelsfrei gehören.

Technische Daten Aprilia RSV4 RF

Aprilia
Beim erweiterten Race-Pack lässt sich über eine App eine Corner-to-corner-Abstimmung für 15 europäische Strecken genießen.
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