Bimota DB5 S, Ducati Monster 1100
Wer überzeugt auf der Landstraße?

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Üppige Maße, wohlgeformt, betörend und doppelt präsent: Ducatis 1100 DS-Motor treibt außer der großen Monster auch Bimotas DB5 S an, einen waschechten Supersportler. Wie setzen die Bikes die Qualitäten des Zweiventilers um?

Wer überzeugt auf der Landstraße?
Foto: K

Dumpfes Grollen tönt über die Schwäbische Alb. Ducati Monster 1100 und Bimota DB5 S räubern im Tiefflug durch die verwinkelten Kurven; sie fahren aus, welche besser fürs gepflegte Landstraßenheizen taugt. Das auf den ersten Blick ungleiche Paar verbindet eine Gemeinsamkeit: sein Antrieb. Ein gleichermaßen lebendiger wie sanfter Mittelklasse-V2 aus Bologna mit 1079 cm³ Hubraum, 90 PS Nennleistung und etwas über 100 Nm Drehmoment. Der 1100er-Zweiventiler debütierte Anfang 2007 in der Ducati Multistrada, etwas später implantierte Ducati ihn leicht abgeändert in die Hypermotard; diese Ausbaustufe befeuert auch die Bimota DB5 S. Abermals modifiziert treibt der 1100 DS ("DS" steht für Dual Spark = Doppelzündung) seit diesem Jahr die große Monster an.

Hauptunterschiede: neue Einspritzanlage von Siemens - vorher kam sie von Magneti Marelli - sowie ein geändertes Gussverfahren des Motorgehäuses. Beim sogenannten Vacural-Druckguss wird der Werkstoff unter Vakuum gegossen; das verhindert Lufteinschlüsse und erlaubt teils geringere Wandstärken. Außerdem regelt der aktuelle 1100er in der Monster die Gemischzufuhr zylinderselektiv. Das bedeutet, in beiden Auspuffkrümmern steckt jeweils eine Lambdasonde. Sie misst den Restsauerstoff im Abgas, das Steuergerät errechnet unter anderem daraus die optimale Einspritzdauer für jeden Zylinder einzeln.

Unsere Highlights

Trotz nahezu identischer Triebwerke nimmt der Fahrer sie sehr unterschiedlich wahr. Grund: die Klangkulisse. Geräuschvoll-grimmig zieht die Bimota Frischluft durch die Airbox, das Getöse übertönt bei Volllast und niedrigen Drehzahlen sogar den Auspuffsound und suggeriert mehr Leistung, als der Twin liefert. 94 PS attestiert ihm der Prüfstand, dem Ansauggeräusch zufolge könnten es locker 130 sein. Diese Besonderheit passt bestens zur DB5 S, sie liebt und lebt den kompromisslosen Auftritt. Geräuschärmer verläuft die Sauerstoffzufuhr bei der Monster: Das 97 PS starke Bologna-Bike schnorchelt wesentlich dezenter durch die Nüstern an seinen Tankflanken. Beiden gemein ist das typische V2-Bollern, das hier wie dort begeistert.

Bei kaltem Motor nimmt die Testmonster nur unwillig Gas an; sie sprotzt und stottert, stirbt bisweilen ab. Nach zirka einer Minute ist der gröbste Spuk vorüber, und bei Betriebstemperatur verwandelt die Duc jeden Dreh am Griff sauber in Vortrieb. PS kannte diese Eigenart des Antriebs nicht, wahrscheinlich ein Einzelfall. Die Bimota greift zu einem altbewährten Trick, der schon frühere Einspritzanlagen im Kaltzustand auf Touren hielt: Mit einem Mechanismus kann der Pilot die Leerlaufdrehzahl manuell anpassen.

Fahreindrücke

K
Kraftvoll und geschmeidig arbeitet der 1100-cm³-V2 in beiden Motorrädern.

Unwiderstehlich, wie der luft-/ölgekühlte V2 seine Leistung in den Bikes entfaltet. Bereits knapp über 2000/min spurten die Italienerinnen kraftvoll los und geben ihre Leistung bis 7500/min sehr gleichmäßig ab. Bis zu dieser Marke arbeitet der Zweizylinder überaus kultiviert, Lastwechselreaktionen und Vibrationen sind ihm fremd; darüber wirkt der 90-Grad-Twin deutlich träger. Sein Reiz liegt im unteren und mittleren Drehzahlbereich, hier gestattet er sowohl beschauliches Motorradwandern als auch forciertes Ballern.

Wie alle Bimotas schmücken auch die DB5 S aus dem Vollen gefräste Kunstwerke aus Leichtmetall, die nur Rimini so formvollendet komponiert und die diese Maschinen so einzigartig machen: Die prächtige Gabelbrücke, die Verbindung von Hauptrahmen zur Schwingenaufnahme sowie die herrliche Hybridschwinge aus Gitterrohr und Frästeilen - die DB5 S ist ein Augenschmaus. Zurück zu den weltlichen Dingen. Vollverkleidung, aggressive Konturen, Lenkstummel - die Bimota setzt auf Sport. Das brettharte Polster und der enge Kniewinkel unterstreichen die Ambitionen; bei besagtem Lenker schossen die Riminesen allerdings etwas übers Ziel hinaus: Die Stummel klemmen tief, weit vorn und sind nach außen gedreht.

Ganz anders die Ducati. Bis auf die Beine, die der breite Tank weit spreizt, thront der Fahrer auf der Monster äußerst komfortabel. Ein behagliches Sitzpolster, der angenehme Kniewinkel, und die hoch montierte, breite Lenkstange bringen auf Landstraßen den entscheidenden Vorteil. Der Ducatista hat die Fuhre fest im Griff, zirkelt sie leichtfüßig und zielgenau um die Bögen, dirigiert mit dem Lenker beliebig die Linie. Selbst Kehren und trickreiche, enge Wechselkurven nimmt die Duc im Sturm. Herrlich.

Die etwas störrische DB5 verlangt in diesem Gefilde einen kräftigen Lenkimpuls und Gewichtsverlagerung, um abzuwinkeln. Das gestaltet sich schwierig, denn die gestreckte, Front-orientierte Sitzposition macht den Fahrer in engen Kurven eher zum Passagier als zum Steuermann. Ihr Potenzial entfaltet die Bimota in weitem Geläuf. Hier pfeilt sie lasergenau und willig um die Bögen und bleibt in Schräglage so stabil, wie man es vor allem von Ducati 916 und MV Agusta F4 kennt.

Das straffe Grundsetup der Bimota-Federelemente begünstigt diese satte Straßenlage. Trotz ihrer Härte neutralisiert die feine Marzocchi-Gabel auch üble Asphaltnarben; das weniger edel wirkende Federbein überzeugt nicht so sehr, insbesondere auf harte Kanten reagiert es unsensibel. Die komfortabler abgestimmte Monster bügelt anstandslos alle Runzeln glatt; in schnellen Kurven liegt sie indes nicht so ultrastabil.

Bei aller Faszination für die exklusive DB5 S, im Alltag bietet sie Anlass zur Kritik, in erster Linie die Spiegel: In den starren Teilen sieht man so gut wie nichts, lediglich in Rennhaltung berichten sie begrenzt über das Geschehen hinter dem Bike. Die Nadel des Drehzahlmessers pendelt zeitweise und präsentiert oft Fantasiewerte; die elektrischen Steckverbindungen im Cockpit sind dem Regen hilflos ausgeliefert, und die Kupplung benötigt sehr hohe Handkräfte. Die hohe, stark gewölbte Verkleidungsscheibe sieht zwar gewöhnungsbedürftig aus und verzerrt teils den Blick, schützt aber hervorragendend vor heranstürmenden Windmassen.

Fazit: Die Ducati Monster 1100 gewinnt dieses Duell, bietet beim Landstraßen-Halali das stimmigere Paket. In ultraschnellen Kurven und beim Windschutz verbucht die Bimota DB5 S Vorteile, ihre kunsthandwerklichen Features faszinieren. Solche Exklusivität verzaubert Fans - und das ist mitunter mehr, als Punkte ausdrücken können.

PS-Bewertung

Technische Daten

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Bimota DB5 S.

Bimota DB5 S

Antrieb: Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, 2 Ventile/Zylinder, 66 kW (90 PS) bei 7500/min*, 103 Nm bei 6000/min*, 1079 cm³, Bohrung/Hub: 98/71,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 10,7:1, Zünd-/Einspritzanlage, 45-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat

Fahrwerk: Verbundrahmen aus Gitterrohr und Alufrästeilen, Lenkkopfwinkel: 66 Grad, Nachlauf: 101 mm, Radstand: 1440 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 50 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe, direkt angelenktes Zentralfederbein, einstellbar in Federbasis Zug- und Druckstufe, Federweg v./h.: 120/120 mm

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.5 x 17"/5.5 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17. Erstbereifung: Conti Sport Attack. 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 220-mm-Einscheibenbremse mit Zweikolben-Festsattel hinten

Maße und Gewicht: Länge/Breite/Höhe: 2010/745/1185 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 820/850 mm, Lenkerbreite: 700 mm, 195,5 kg vollgetankt, v./h.: 50,6/49,4 %

Hinterradleistung im letzten Gang: 64,8 kW (88 PS) bei 202 km/h

Fahrleistungen: Beschleunigung 0-100/150/200 km/h: 3,4/6,7/13,4 s, Durchzug 50-100/100-150 km/h: 5,4/5,1 s

Höchstgeschwindigkeit: 228 km/h*

Verbrauch: Super, Durchschnittstestverbrauch: 6,5 Liter/100 km, Tankinhalt/davon Reserve: 16/5 Liter, Reichweite: 246 km

Grundpreis: 19516 Euro (zzgl. Nebenkosten)

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Ducati Monster 1100.

Ducati Monster 1100

Antrieb: Zweizylinder-90-Grad-V-Motor, 2 Ventile/Zylinder, 66 kW (90 PS) bei 7500/min*, 103 Nm bei 6000/min*, 1079 cm³, Bohrung/Hub: 98/71,5 mm, Verdichtungsverhältnis: 10,7:1, Zünd-/Einspritzanlage, 45-mm-Drosselklappen, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, G-Kat

Fahrwerk: Verbundrahmen aus Gitterrohr und Alugussteilen, Lenkkopfwinkel: 66 Grad, Nachlauf: 94 mm, Radstand: 1450 mm, Upside-down-Gabel, Ø Gabelinnenrohr: 43 mm, einstellbar in Federbasis, Zug- und Druckstufe, direkt angelenktes Zentralfederbein, einstellbar in Federbasis und Zugstufe, Federweg v./h.: 130/148 mm

Räder und Bremsen: Leichtmetall-Gussräder, 3.5 x 17"/5.5 x 17", Reifen vorn: 120/70 ZR 17, hinten: 180/55 ZR 17. Erstbereifung: Bridgestone BT 016. 320-mm-Doppelscheibenbremse mit Vierkolben-Festsätteln vorn, 245-mm-Einscheibenbremse mit Zweikolben-Festsattel hinten

Maße und Gewicht: Länge/Breite/Höhe: 2090/ 950/1130 mm, Sitz-/Lenkerhöhe: 800/970 mm, Lenkerbreite: 750 mm, 187 kg vollgetankt, v./h.: 49,3/50,7 %

Hinterradleistung im letzten Gang: 65,4 kW (89 PS) bei 208 km/h

Fahrleistungen: Beschleunigung 0-100/150/200 km/h: 3,4/6,8/14,5 s, Durchzug 50-100/100-150 km/h: 5/5,5 s

Höchstgeschwindigkeit: 220 km/h* Verbrauch: Super, Durchschnittstestverbrauch: 6,2 Liter/100 km, Tankinhalt/davon Reserve: 15/k. A. Liter, Reichweite: 242 km

Grundpreis: 11000 Euro (zzgl. Nebenkosten)

*Werksangabe

Die aktuelle Ausgabe
PS 6 / 2023

Erscheinungsdatum 10.05.2023