Ducati Supersport im Top-Test
Die Basis der Fahrfreude

Basismodelle mit teureren S-, R-, RS- oder RR-Varianten als Schwestermodelle sind schwer in Mode. Die Ducati Supersport S hat bereits viele Meriten gesammelt. Aber was leistet die 1600 Euro billigere Basisversion?

Die Basis der Fahrfreude
Foto: Arturo Rivas

Die Ducati Supersport S wurde auf der EICMA 2016 in Mailand zum schönsten Motorrad der Messe gewählt. Wo immer sie auftaucht, fliegen ihr die Sympathien zu und in Tests schlug sie sich bisher ausgezeichnet. Andererseits sind mindestens 14600 Euro für ein 110 PS starkes Motorrad eine deftige Ansage.

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Und was ist mit dem Basismodell, der Ducati Supersport ohne "S"? Sie kostet 13000 Euro und ist damit zwar auch kein echtes Schnäppchen, aber wer auf gülden glänzende Öhlins-Federelemente, Schaltautomat und Soziusabdeckung verzichten kann, spart immerhin 1600 Euro. Bedeutet dieser Verzicht Abstriche beim Fahrspaß? Oder entpuppt sich der Griff zur Standardversion gar als Geheimtipp?

Sitzposition

Die technische Basis teilt sich die Ducati Supersport mit der S-Version: Derselbe 110 PS starke 937-cm³-V2 steckt im selben Gitterrohrfahrwerk, das mit derselben Einarmschwinge bestückt ist. Bei den Rädern herrscht ebenso Gleichstand wie beim Sitzplatzarrangement: bequemes Polster und ein sportlicher, aber nicht zu enger Kniewinkel. Die Lenkerstummel kommen dem Fahrer dank hoher Ausleger dem Fahrer und einer aufrecht entspannten Sitzposition sehr entgegen.

Los geht's! Spontan nimmt die Ducati Supersport die Arbeit auf. Hoppla, in kaltem Zustand neigt die Kupplung zu sehr spitzem Einrücken, was dem ersten Anfahren etwas die Eleganz nimmt. Die scheint eine Eigenheit des 937er-Motors zu sein, wie unsere Dauertest-Multistrada 950 und auch die Supersport S zeigen. Sind Lamellen und Öl angewärmt, lässt sich die leichtgängige Anti-Hopping-Kupplung aber ordentlich dosieren.

Motor und Getriebe

Mit dem 937er-Twin hat Ducati einen wunderbaren Antrieb für den Landstraßensport zwischen die Räder gehängt. Bereits im Stadtgewühl gibt sich der V2 dank ausreichend Schwungmasse und guter Laufkultur unter 3000/min in den unteren Gängen manierlich.

Sein wahrer Unterhaltungswert aber eröffnet sich dem Piloten beim zügigen Ritt über verschlungene Sträßchen. Wacker zieht die Ducati Supersport aus dem Drehzahlkeller voran. Ihre Motorcharakteristik ist wie gemacht für entspannt-flottes Landstraßenräubern: Bei 4000/min packt sie richtig zu, schuftet sich souverän schuftet sich durch die mit einer properen Drehmomentkurve gesegnete Drehzahlmitte.

Munter dreht sie in die Höhe und schiebt aus Kurven so kräftig voran, dass sich selbst Fahrer stärkerer Maschinen strecken müssen, um den Anschluss zu halten. Ohne hektische Drehorgien bietet die Ducati Supersport massig Vortrieb für kernige Zwischenspurts.

Das Getriebe allerdings zählt nicht zu den geschliffensten Vertretern seiner Gattung. Speziell bei niedriger Geschwindigkeit rasten die Gänge hart, mitunter reibt und hakt es auch vom zweiten in den ersten kräftig. Aber auch das ist grundsätzlich von anderen Modellen mit diesem Antrieb bereits bekannt.

Der V2 hängt sauber am Gas und nervt beim Gasanlegen nicht mit zu harschem Leistungseinsatz. Er tönt selbstbewusst aus seinem Doppelrohr, und im Schiebebetrieb prasselt und bratzelt er bei 2500/min nach Herzenslust vor sich hin. Wenn es mal schnell gehen muss, lässt er sich gern bis zum Begrenzer auspressen. Selbst bei 130 km/h im letzten Gang beschleunigt die Ducati Supersport noch mit Nachdruck.

Dank des ordentlichen Windschutzes muss sich der Fahrer auch bei Tempo 200 noch nicht hinter die Verkleidung falten. Für etwas mehr Komfort lässt sich die Scheibe von Hand noch in eine rund 40 Millimeter höhere Position bringen. So macht die Ducati Supersport auch auf schnellen Autobahnetappen eine gute Figur. Erst bei 253 km/h (laut Tacho) fängt der Begrenzer sie sanft ab.

Fahrwerk

Rivas
Federbein der Ducati Supersport

Entspanntes Kurvenräubern ist der Ducati Supersport auch in puncto Fahrwerk wie auf den Leib geschneidert. Ihr Handling besitzt zwar nicht die aggressive Schärfe reinrassiger Sportfeilen, arbeitet aber präzise, verlässlich und berechenbar. Sie trifft abgeklärt die gewünschte Linie, frei von Nervosität, das macht auf entspannte Weise schnell. Obwohl sie „nur“ mit einer Marzocchi-Gabel und einem Sachs-Federbein bestückt ist, leistet sich die Ducati Supersport beim Parforceritt selbst auf zweitklassigem Belag keine Unpässlichkeit. Fahrbahnabsätze in schnellen Autobahnkurven pariert sie ebenso souverän wie welligen Landstraßenasphalt.

Die Abstimmung liegt, vor allem an der Gabel, tendenziell auf der komfortablen Seite. So kommt die Duc auch bei strammem Tempo und hurtigen Schräglagenwechseln nicht ins Straucheln, glänzt mit toller Stabilität in Schräglage und muss sich damit fahrdynamisch nicht hinter der S-Version mit Öhlins-Fahrwerk verstecken. Dazu haben wir allerdings die Federvorspannung am Heck etwas erhöht und die straffe Zugstufe deutlich geöffnet. Ein Lob gebührt Ducati dafür, dass man auch der Basis-Supersport mit dem Pirelli Diablo Rosso III erstklassige Pellen gegönnt hat.

Was sich auf der Landstraße zeigt, untermauert der Top-Test-Parcours: Die Zeiten, welche Ducati Supersport und Ducati Supersport S im schnellen und im langsamem Slalom erreichen, decken sich bis auf wenige Zehntel. Leichte Vorteile erarbeitet sich die S lediglich in der Kreisbahn beim Überfahren einer Kante. Da agieren die Öhlins-Dämpfer dank besserem Ansprechen etwas souveräner und verleihen dem Motorrad in tiefen Schräglagen noch satteren Fahrbahnkontakt.

Die Federelemente der Basis-Supersport haben ein höheres Losbrechmoment und tasten die Fahrbahnoberfläche nicht so feinfühlig ab. Sie arbeiten nicht ruppig, aber eben auf kleinen Unebenheiten eine Nummer weniger geschmeidig. Die Unterschiede sind speziell bei kräftigeren Schlägen spürbar, aber es sind keine Welten, welche die beiden trennen.

Bremsen

Rivas
Bremspumpe der Ducati Supersport

Die Ducati Supersport verzögert mit Radialbremspumpe und Monoblock-Sätteln von Brembo tadellos, sofern man beim abschaltbaren ABS den richtigen der drei Modi ausgewählt hat. Im defensiven Modus 3 nämlich bleibt die Duc zwar erzstabil, aber mit 8,5 m/s² auch deutlich unter ihren Möglichkeiten. Für eine Vollbremsung aus 100 km/h benötigt sie dann 45,3 Meter. Der empfehlenswerte Modus 2 bringt die Duc sicher und mit 9,0 m/s² knapp 2,5 Meter früher zum Stillstand.

Der scharfe Modus 1 deaktiviert am Hinterrad das ABS, ist also der Tipp für die Rennstrecke. Denn er packt am Anfang der Bremsung mächtig zu und erlaubt gegen Ende im Extremfall kräftige Stoppies. Dabei ist für maximale Verzögerung das Fingerspitzengefühl des Fahrers gefordert. Nicht nur im Grenzbereich hilft die ausgezeichnete Dosierbarkeit der Stopper. Mit bis zu 9,7 m/s² verzögert die Ducati Supersport im Modus 1 kernig und steht nochmals 3 Meter früher als im Modus 2.

Ausstattung und Handhabung

Rivas
Cockpit der Ducati Supersport

Das Wenden weckt Erinnerungen an die Ducati Supersport aus den 1990er-Jahren: Der Lenkeinschlag ist gering, der Wendekreis mit 8,6 Metern recht groß, was auf engen Straßen schon mal mehrere Rangierzüge erfordert. Greift man dabei die Lenker nicht weitmöglichst innen, wird zudem der Platz zwischen Daumen und Tank eng.

Das Display der Ducati Supersport hält alle wichtigen Informationen bereit, allerdings sind beispielsweise Zeit, Tages- und Gesamtkilometerstand im selben Anzeigefeld hinterlegt, angezeigt werden kann aber nur eine dieser Informationen. Zum Ändern kann man sich nur in einer Richtung durchs Menü zappen, was mindestens so unpraktisch ist, wie das Ändern der Riding Modes oder der Einstellungen der achtstufigen Traktionskontrolle sowie des ABS.

In puncto Elektronik-Ausstattung ist die Ducati Supersport auf der Höhe der Zeit, zumal auch drei frei konfigurierbare Fahrmodi mit an Bord sind. Dazu hat der Fahrer die Wahl zwischen drei Leistungsstufen: Sport und Touring geben mit unterschiedlichem Ansprechverhalten die volle Leistung frei, der eher entbehrliche Rain-Modus beschränkt die Leistung auf 75 PS und bietet ein sehr defensives Ansprechverhalten. Testers Liebling war der direkt ansprechende Sport-Modus.

Auch an der Zapfsäule punktet die Ducati Supersport meit einer großen Tanköffnung und einem moderarten Verbrauch von 4,7 l/100 km. Man sollte die Ducati Supersport allerdings nicht randvoll tanken, wenn man sie danach mit heißem Motor abstellen will, denn sonst rinnt rasch etwas vom sich ausdehnenden Sprit aus dem Überlauf.

Lieber gleich wieder auf die Reise machen, dazu taugt die Ducati Supersport nämlich auch - nicht nur wegen der optionalen Gepäckkoffer. Dank der gelungenen Ergonomie hält man es nämlich locker länger als eine Tankfüllung im Sattel aus. Der Soziusplatz ist mehr als ein Notbrötchen, der vielleicht nicht für die große Reise, aber doch für eine längere Etappe taugt. 193 kg Zuladung lassen Spielraum für Urlaubsgepäck.

Der Ducati Supersport gelingt es, sportliche Qualitäten und Alltagstauglichkeit zu vereinen, reizvoll zu verpacken und - im Fall der Basisversion - sogar zu einem halbwegs erschwinglichen Preis anzubieten.

MOTORRAD-Fazit

Basismodell gleich Magerkost? Nicht im Fall der Ducati Supersport. Motor, Bremsen, Räder und Reifen, die Elektronik, all das teilt sie mit der edleren S-Version. Die bietet zwar etwas feineren Federungskomfort. Welten liegen aber zwischen den beiden nicht. Die Basis-Supersport geizt beim Preis, aber nicht mit Fahrspaß.

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