Der Ducati-V4 läuft bereits auf dem Prüfstand. Er ist kein billiger Abklatsch des MotoGP-Triebwerks, sondern eine nur leicht gezähmte Version des Rennmotors. MOTORRAD war bei den ersten Tests dabei.
Der Ducati-V4 läuft bereits auf dem Prüfstand. Er ist kein billiger Abklatsch des MotoGP-Triebwerks, sondern eine nur leicht gezähmte Version des Rennmotors. MOTORRAD war bei den ersten Tests dabei.
Prüfstandsarbeit ist Fleißarbeit. Unzählige Lastzustände
müssen mit unzähligen Drehzahlen kombiniert werden. Es gilt, den Motor erst mal zu verstehen: Wie viel Sprit muss man wann einspritzen? Wie viel Frühzündung an welcher Stelle der Kennfelder geben? Wie hoch kann verdichtet werden, ohne dass es knallt? Und wie weit kann man überhaupt drehen?
Erst wenn die Mechanik einigermaßen schmerzfrei funktioniert, setzt die gezielte Suche nach Leistung ein. Und genau da stecken die Ducati-Ingenieure momentan mit ihrem V4-Zylinder. »Wir brauchen so viele Pferde wie möglich«, ist die simple An-sage von Motorenchef Gigi Mengoli. Als erste Serienmaschine der Welt soll die Desmosedici die 200-PS-Latte reißen. Zur Unterstreichung der Worte seines Chefs lässt der Mann am Prüfstand den Motor so richtig loslegen: 10000, 11000, 12000/min, schon jetzt liefert der V4 viel mehr Leistung als jede andere Duc. Trotz Panzerglasscheibe bekommt man eine schaurig-schöne Ahnung seiner Bärenkräfte. Dabei dringen aus den zwei kleinen Endröhrchen eher verhaltene Töne, kein Vergleich zum erdbebenden Renner. Straßenzulassung heißt die Herausforderung der Ingenieure, die Abgaswerte haben sie dank der desmodromischen Ventilsteuerung bereits im Griff.
Mengoli ist glücklich, denn der V4 funktioniert auf
Anhieb. Insgesamt geriet er nur zehn Millimeter breiter als
der Rennmotor und ist eigentlich eine Neukonstruktion,
da die Zylinderabstände anders gewählt wurden. Eine
gemeinsame Welle treibt Öl- und Wasserpumpe an, der Kühlkreislauf unterscheidet sich ebenfalls von dem des Renners. »Manches würde man beim GP-Motor heute ebenso machen wie hier«, freut sich der Maestro und zeigt stolz auf
die geschickte Wahl der Kühlwasseranschlüsse, die vermeidet, dass beim Ventileinstellen Wasser in den Zylinderkopf läuft. Alle Details verrät Mengoli freilich nicht.
Fest steht, dass die riesigen, 86 Millimeter dicken Spezialkolben über Titanpleuel mit der 360-Grad-Kurbelwelle verbunden sind und die beiden Hubzapfen in
einer Ebene liegen. Den genauen Hubraum erfahren
wir auch: 989 cm3. Daraus ergibt sich ein Hub von
42,6 Millimetern. Die vier Nockenwellen werden zur
Geräuschminderung über verspannte Zahnradsätze angetrieben. In den Brennräumen sitzen je vier
üppig dimensionierte Titanventile, die über Öffner- und Schließerhebel zwangsgesteuert sind. Ein Aufwand, der für steile Ventilerhebungskurven und hohe Drehzahlfestigkeit bürgt. Der Rennmotor erreicht inzwischen 17400/min, und das ohne pneumatische Ventilfedern. Im Serientrimm wird man unter 16000/min bleiben. Aktuelle 1000er machen bei 13700/min Schluss.
In der Airbox arbeiten vier über 50 Millimeter messende
Drosselklappen, die Leerlaufregulierung erfolgt über einen Schrittmotor. Das Kassettengetriebe liegt sehr hoch im Motorblock,
die Wellen übereinander. So ergibt sich ein äußerst kurzes Motorgehäuse, was den Einsatz einer langen Hinterradschwinge erlaubt – ohne dass der Radstand zu üppig ausfiele. Wie beim MotoGP-Bike ist das Triebwerk voll tragend in die Struktur der Maschine
integriert. Schwinge und Federbein lagern im Motor, der Hauptrahmen wird an den Zylinderköpfen montiert.
»Das wird eine echte MotoGP-Replika, kein Blender«, erklärt Mengoli. »Drum können wir auch nur eine am Tag bauen.« Für eine Großserie wären die Investitionen in Gussformen viel zu hoch. Aber das hat Ducati schon mal behauptet. Vor 17 Jahren, als der Ur-Vierventil-Desmo 851 vorgestellt wurde.