Fahrbericht Bimota 500 Vdue

Fahrbericht Bimota 500 Vdue Due infernale

Noch steckt der Prototyp der 500er Vdue in der Entwicklungsphase, aber- er rennt. Erste Impressionen des sensationellen Bimota-Feuerzeugs.

Wie abgemacht. Punkt zehn Uhr rollt die Vdue ins Hockenheimer Fahrerlager. Dieter Könemann, Bimota-Importeur aus Schneverdingen bei Hamburg lehnt den rot-weiß-grünen Renner auf den Seitenständer. Uff - geschafft. Nach monatelangem Warten auf die erste 500er Vdue können sich die ungeduldigen Zweitakt-Experten von MOTORRAD endlich in den Sattel schwingen. Doch Dieter Könemann dämpft die Erwartungen: »Die Einspritzelektronik ist an den Prototypen nur provisorisch abgestimmt, langsames Dahinrollen im unteren Drehzahlbereich ist damit nicht so einfach.« Der Grund: Bimota-Cheftechniker Pierluigi Marconi wechselt derzeit von der italienischen TDD-Hardware auf präzisere Einspritzdüsen vom deutschen Hersteller Siemens. Deshalb sind die Versuchsmotoren mit den ausgemusterten Baugruppen lediglich für den oberen Leistungsbereich ordentlich abgestimmt, um die Standfestigkeit des komplett von Bimota entwickelten Zweitaktmotors unter Vollast zu erproben. (siehe MOTORRAD 26/1996)
Im Standgas noch rhythmisch und rund, wird das Anfahrritual durch die ruckeligen Aussetzer, begleitet von einer völligen Gemischabmagerung ohne jegliche Reaktion auf die Gasgriffstellung tatsächlich zum Kunststück. Über Schrittempo findet der Twin seine Rhytmus und kraxelt, korrekte Motortemperatur vorausgesetzt, ohne Unregelmäßigkeiten die Drehzahlleiter empor. Na also, geht doch. Und wie das geht. Bis 7000/min mit Zurückhaltung, danach zieht´s stramm an, um tausend Umdrehungen später mit einem beeindruckenden Leistungsanfall die Power ungeniert auszuspielen. Bei 10500/min ist Schluß, klack, der nächste Gang, und mit sonor dumpfem Zweitaktsägen schiebt die Bimota unvermindert weiter. Gefühlsmäßig reißen bereits am Prototyp rund 100 der für die Serienversion anvisierten 110 PS an der Kette, und die haben wenig Mühe die vollgetankt exakt 181 Kilogramm schwere Bimota in Schwung zu bringen.
Gezügeltem Kennenlernen folgen die ersten flotten Runden auf dem kleinen Kurs in Hockenheim, und die sorgen für einige Überraschungen. Trotz der extrem auf Handlichkeit getrimmten Fahrwerksgeometrie bleibt die Bimota 500 von Stabilitätsproblemen verschont. In schnellen Passagen, etwa ab 160 km/h, stellt sich, bedingt durch die Kreiselkräfte der sechsspeichigen Gußräder im gängigen 17 Zoll-Format, eine zusätzliche Stabilisierung ein, die zwar an der Handlichkeit knabbert, dafür bleibt die Bimota selbst auf Bodenwellen und Längsfugen in Schräglage über alle Zweifel erhaben.
Trotz der souveränen Stabilität wirkt die Vdue weitaus leichtfüßiger als die aktuellen 600er Supersport-Bikes, schwenkt lockerlässig durchs Motodrom und findet ohne Korrekturen ihren Strich. Beim Beschleunigen aus Schräglage bleibt man aus reiner Vorsicht ein paar Umdrehungen unter dem absoluten Leistungsbereich, zumal der Übergang von Teillast in Vollast noch nicht so glatt und kontrollierbar verläuft, wie man sich das für ein solches Kraftpaket wünscht.
Sanft hebt sich auf den Geraden in den beiden unteren Gängen die Front, ohne daß die Vdue dabei zum wildgewordenen Mustang mutiert. Der Grund: Wie bei allen gut ausbalancierten Sport- und Rennmaschinen lasten auch bei der Bimota weit über 50 Prozent des Gewichts auf dem Vorderrad.
Durch das Motorenprinzip mit zwei gegenläufig rotierenden Kurbelwellen und gleichzeitig zündenden Zylindern halten sich die Vibrationen des starr im filigranen Brückenrahmen verschraubten Kraftwerks in akzeptablen Grenzen.
Obwohl in der Grundabstimmung relativ weich und komfortabel, vermittelt die neue Bimota ausreichend klare Rückmeldungen ohne teigiges Geschaukel. Schließlich ist die Neukonstruktion in erster Linie für die Straße konzipiert und kann deshalb auf ein knochenhartes Rennstrecken-Set up getrost verzichten.
Beim derben Zusammenbremsen, taucht die Frontpartie der Vdue heftig ab, bleibt jedoch trotz des kurzen Radstandes von nur 1340 Millimetern sauber in der Spur und lenkt ohne Widerstand ein.
Noch ein erfreuliche Meldung: Das ergonomisch ausschlaggebende Dreieck von Lenker, Sitz und Rasten wurde an der Vdue hervorragend arrangiert und paßt für Straße wie Rennstrecke vorzüglich.
Unter dem Kohlefaserheck der Sitzbank versteckt, sitzen die beiden Vorschalldämpfer der verschlungenen Auspuffanlage. Doch keine Sorge, anders als bei der BB1 mit BMW-Einzylindermotor, heizt sich das Rohrgewürm bei weitem nicht so extrem auf, daß es dem Dompteur den Hintern verbrennt. So, und über die ungewöhnliche Verlegung der Endschalldämpfer urteilen Sie bitte selbst. Ich enthalte mich der Stimme ... Apropos Geschmack: Die bläuliche Zweitaktfahne mit dem oft beißenden Geruch gehört beim Bimota-Twin tatsächlich eher zur Ausnahme und läßt die Wirksamkeit der neuen Einspritztechnologie erahnen. Laut Ingenieur Marconi soll die Vdue nicht nur die gesetzlichen Abgasgrenzwerte, sondern auch vergleichbare Viertaktmotoren in Sachen Verbrauch unterbieten.
Der erste Kontakt mit der Bimota 500 macht ungeheuer neugierig darauf, was sich mit dieses Feuerzeug anstellen läßt, wenn dem leistungsstarken Motor noch eine homogene und alltagstaugliche Leistungsentfaltung anerzogen wird.
Frühestens Ende August, so rechnet Dieter Könemann, werden die ersten 500er Vdue in Deutschland zu haben sein, vorausgesetzt Qualität und Finish entsprechen den Anforderungen des deutschen Importeurs.

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