Schon ist sie schnell, noch ist sie silberfarben, bald wird sie – freilich in völlig anderem Dekor – beim Händler stehen. Erste Impressionen beim Prototypen-Fahrtermin der neuen SB 8 R
Schon ist sie schnell, noch ist sie silberfarben, bald wird sie – freilich in völlig anderem Dekor – beim Händler stehen. Erste Impressionen beim Prototypen-Fahrtermin der neuen SB 8 R
Es sind die italienischen Momente, die das Leben heiter machen. Espresso und Parmaschinken zählen ebenso dazu wie dieser Schuß Lässigkeit, der in Italien auch ernsteren Angelegenheiten anhaftet. Zum Beispiel der Präsentation eines wichtigen Zweizylinder-Sportlers wie der avantgardistischen Bimota SB 8 R. Die präsentierte sich der deutschen Presseherrlichkeit im spanischen Albacete denn auch nicht in der erwarteten Serienform, sondern in Gestalt zweier seriennaher, aber ungeschminkter Prototypen. Schuld daran sind aber weder die Italiener noch der deutsche Importeur Dieter Könemann. Schuld daran sind die Lieferengpässe des nagelneuen TL 1000 R-Motors von Suzuki.
Der 59 Kilogramm leichte Abkömmling des bekannten TL 1000 S- V2-Motors leidet nämlich unter Kinderkrankheiten. Wie zur Bestätigung brach an einem Prototyp, bestückt mit einem TL 1000 R-Motor der allerersten Generation, eine Ventilführung. Vorangegangen waren bereits Brüche der Einlaßnockenwellen. Die Schwierigkeiten verzögern neben der Markteinführung der Suzuki auch die der Bimota.
Diese zeigt einen nicht gerade alltäglichen Look. Das wuchtige Verkleidungsoberteil und der bauchige Tank kontrastieren, unterstützt durch die extrem schlanke Taille, mit dem komplett selbsttragenden Sitzbankhöcker. Das Arrangement aus Lenker-, Fußrasten- und Sitzposition geriet sehr sportlich, aber nicht unbequem. Kleine wie große Tester fühlten sich immer wohl. Die Sitzbank bietet die nötige Bewegungsfreiheit für Turnübungen und beruhigenden Halt beim vehementen Beschleunigen. Taille und Tankform ermöglichen perfekten, aerodynamikfördernd engen Knieschluß. Der Tank, ein kleines Kunstwerk aus Nylon, faßt immerhin 24 Liter Kraftstoff und fügt sich perfekt in die Hohlräume des Motorraums. Nebenher bildet er auch noch den oberen Abschluß der Airbox mit Ram-Air-Kanälen, die im Verkleidungsoberteil ihren Anfang nehmen.
Die Riminesen installieren eine eigene Saugrohreinspritzungen, zu der Siemens Know-How und Bauteile (zum Beispiel die Einspritzdüsen) beisteuert. Dabei setzen sie auf eine einzelne, gegen den Ansaugstrom einspritzende Düse (Suzuki: zwei versetzt angeordnete Einspritzdüsen in Strömungsrichtung). Diese Anordnung soll zusammen mit höherem Einspritzdruck (5 gegenüber 3,5 bar) ein homogeneres Kraftstoff-Luft-Gemisch erzeugen. Übrigens atmet die SB 8 R durch gewaltige Ansaugschlünde von 59 Millimetern Durchmesser (Suzuki: 52 Millimeter) ein. Ein wälzgelagertes Gasgestänge – mit Gewindestangen zur Drosselklappen-Synchronisation – hält die Betätigungskräfte in Grenzen. Vielleicht sind die leichten Vibrationen der Prototypen auf nicht ganz perfekten Gleichlauf der Drosselorgane zurückzuführen. Auch den messerscharfen Leistungseinsatz im Teillastbereich sollte man für den Alltagsbetrieb noch etwas entschärfen. Im Rennstreckenbetrieb dagegen erfreut die fast schon digitale Umsetzung von Gasbefehlen: Exakt nach Fahrerwunsch gelangt Leistung aufs Hinterrad. Ob die Einspritzung ein Leistungsplus verursacht – Bimota spricht von etwa 140 PS – ,bleibt abzuwarten.
Ein potenter Antrieb verlangt natürlich nach einem angemessenen Fahrwerk. Die Bimotisti strebten eine deutlich frontlastige Gewichtsverteilung an. Dabei hilft – neben dem selbsttragenden Höcker – die Verbundbauweise des Rahmens: Vorderteil mit Steuerkopf wie gewohnt aus Aluminium, hinterer Teil mit Schwingenaufnahme aus angeschraubten und verklebten Kohlefaserplatten. Ferrari-Zulieferer SNC stellt die Kohlefaserteile mit eingebackenen Alu-Formstücken (zur schadlosen Einleitung von Druckkräften) her. Der ganze Rahmen wiegt nur 7,9 Kilogramm, die extrem stabile, in der Formel 1 bewährte Verbund-Bauweise spart etwa 900 Gramm ein. Eine Quertraverse versteift den vorderen Aluteil. An ihr stützt sich auch das voll einstellbare Öhlins-Federbein ab. Das längenverstellbare, extrem sensibel ansprechende Bauteil liegt im Interesse konzentrierter Massen rechts zwischen Motor und Rahmen. In dem ruht der Suzuki-Twin – rechts und links von zwei hauseigenen Kühlern flankiert – um sechs Grad nach vorne geneigt. Ergebnis der Mühen? Eine recht frontlastige Gewichtsverteilung von 54 zu 46 Prozent.
Bleiben fahrwerksseitig noch die massive Schwinge mit direkter Bremsmomentabstützung und die Paioli-Upside-Down-Gabel mit Titan-Nitrit-beschichteten Gleitrohren von 46 Millimetern Durchmesser zu nennen. Letztere erinnert in Form und Aufbau an die Öhlins-Superbike-Gabel, die im zweiten Prototyp verbaut war. Beide Gabeln repräsentieren einen hohen Standard und sprechen sehr feinfühlig an. Die Öhlins-Variante reagiert noch einen Tick sensibler und scheint leichter abstimmbar zu sein – mal sehen, wie sich die Serie verhält. Die beiden Gabelholme werden von gefrästen Magnesiumbrücken eindrucksvoller Dimensionierung geführt.
Kompromißlose Sportlichkeit auch bei der Fahrwerksgeometrie: 1395 Millimeter Radstand, Lenkkopfwinkel und Nachlauf einstellbar (durch verschiedene Steuerkopf-Inlets entweder 67,1 Grad/87 Millimeter oder 66,1 Grad/93 Millimeter). Bimota bemüht sich, diese Einstellmöglichkeiten für die Serie zu homologieren.
Auch bei den Rädern geht man eigene Wege. Die vordere 3,5 x 17 Zoll-Felge trägt einen brandneuen 120/65-Reifen von Michelin. Dieser soll die Vorteile aus 60er und 70er Querschnitt kombinieren. Auf der SB 8 R spielte der Vorderreifen harmonisch mit dem offenbar gut ausbalancierten Chassis zusammen. Die Bimota lenkt extrem zielgenau und bleibt auch beim Einbremsen in Kurven bei minimalem Aufstellmoment handlich. Im Kurvenscheitel – die Bodenfreiheit ist grenzenlos – hält sie brav die Spur, von der sie sich auch bei vehementem Herausbeschleunigen nicht abbringen läßt. Die neuen Brembo-Inox-Bremsen verzögern fadingfrei und punktgenau, erst bei starker Verzögerung wird die Bimota einen Tick unruhig. Hinten möchte Bimota übrigens alternativ eine 5,5 x 17 oder 6 x 17-Zoll-Felge anbieten, entweder mit 180/55 oder – wieder ein Novum – 190/55 bereift.
Ende Mai sollen die ersten SB 8 R zu einem Preis um die 40000 Mark bei Importeur Dieter Könemann stehen. Man darf gespannt sein: die Basis verspricht viel.