Unter der Regie des deutschen Teamchefs Hermann Kurz und mit bewährten Grand Prix-Technikern im Rücken sucht Yamaha in der 125er Straßen-WM den Windschatten der Weltelite.
Unter der Regie des deutschen Teamchefs Hermann Kurz und mit bewährten Grand Prix-Technikern im Rücken sucht Yamaha in der 125er Straßen-WM den Windschatten der Weltelite.
Yamaha tat sich schwer mit dem Comeback in der 125er Klasse. 20 Jahre nach dem letzten WM-Titel des Schweden Kent Andersson kam die japanische Marke 1994 wieder mit Production Racern und Werksmaschinen in die kleinste Kategorie des Straßensports zurück. Beeindruckenden ersten Probefahrten der deutschen Achtelliter-Prominenz mit der TZ 125 in Assen folgten zwar beste Plazierungen in der B-Lizenz-Amateurliga, aber nur mittelmäßige Rennerfolge in den gehobenen DM- und WM-Veranstaltungen. Einziger Lichtblick: Jorge Martinez übertünchte mit seiner fahrerischen Klasse die Schwächen des Motors und gewann mit der Werks-Yamaha den Argentinien-Grand Prix 1994. Dann wurde es still um die TZ 125. Das Stammwerk kümmerte sich nur noch halbherzig um die Kinderkrankheiten ihres Grand Prix-Flohs, im Team von Martinez, das für die Werkseinsätze verantwortlich war, herrschte heilloses Durcheinander. Ein Problem der Achtelliter-Yamaha war in der Auslegung des Motors zu suchen. Mit 50,5 Millimeter Hub bei 56 Millimeter Bohrung hielt Yamaha im Gegensatz zur Konkurrenz in allen drei Hubraumklassen am Kurzhubprinzip fest. Eine Dimensionierung, die der österreichische Motoren-Tuner Harald Bartol schon beim Martinez-Motorrad als ersten Schritt in Richtung Leistung und Drehmoment änderte. Mittlerweile hat Yamaha umgedacht und setzt bei allen Maschinen auf das von Bartol und den anderen Marken bevorzugte nahezu quadratische Bohrung-/Hubverhältnis von 54,5 x 54 Millimeter. Außerdem legte Yamaha das 125er Projekt in solide Hände. Seit dieser Saison ist der schwäbische Teamchef Hermann Kurz, in der Rennszene vor allem durch seine Erfolge im Moto Cross bekannt, für die Achtelliter-Grand Prix-Einsätze verantwortlich. Als Fahrer gab das Werk die Japaner Yoshiaki Katoh und Youishi Ui vor. Harald Bartol tüftelt auch für die Kurz-Truppe, was vor allem Feinarbeiten am Zylinder betrifft. Das Motorengehäuse der TZ 125, das auch bei den Werksmaschinen direkt vom Production Racer abstammt, blieb dagegen weitgehend unangetastet. Kühlwasserumspült, mit vibrationshemmender Ausgleichswelle, Trockenkupplung und obligatorischem Schnellwechselgetriebe ausgerüstet, ist der TZ 125-Motor auf der Höhe der Zeit. Er hat aber ein dünnwandiges Motorengehäuse, das der immer höher werdenden Leistung nicht mehr gewachsen scheint. Nichts auszusetzen gibt es hingegen am stabilen Aluminium-Chassis, das sich nur in Details vom Serien-Modell unterscheidet. Denn in puncto Handling und Stabilität war die TZ 125 schon immer eine Klasse für sich. Und das ist auch bei den aerodynamisch optimierten Werksmaschinen nicht anders, wie MOTORRAD bei einem exklusiven Proberitt mit der Kurz-Yamaha in Hockenheim feststellen konnte. Draufsitzen und wohlfühlen, heißt die Devise. Selbst ein 75 Kilogramm schwerer Testfahrer findet auf dem schlanken Tank/Sitzbank-Gebilde genügend Platz. Wer den fließenden Übergang von Vollbremsung auf Vollgas beherrscht, ist mit der TZ 125 der King im Motodrom. Erst ab 11 000/min brennt der Einzylinder-Motor richtig los und stürzt eine Nadelbreite nach 13 000/min ins endgültige Leistungsloch. Da bleibt auf wirklich schnellen Runden nicht viel Luft für Drehzahlbummeleien. Schalten, was das Zeug hält, und die Gasschnur immer schön gespannt halten - nur so geht´s vorwärts. Die Finger der Kupplungshand liegen dabei angespannt auf der Lauer. Es ist schließlich kein Geheimnis, daß die Werks-TZ 125 ihre Piloten immer wieder mit ominösen Kolbenklemmern aus dem Sattel kippt. »Mit Vollgas in die Kurve einzubiegen ist für mich längst zur Mutprobe geworden«, sagt Yoshiaki Katoh. Die genaue Ursache ließ sich nach den Schäden nur schwer nachvollziehen. Waren es die kaum erfaßbaren Druckverhältnisse in der Airbox? Die zig verschiedenen Zündkurven der aus Japan angelieferten Elektronikbauteile? Oder einfach nur Spritmangel aufgrund einer zu mageren Bedüsung? Mal rauschten die Kurz-Yamaha in der durch eine enorme Leistungsdichte geprägten 125er WM ganz vorn mit - wie beim GP Frankreich, wo Yoshiaki Katoh Fünfter wurde, oder in Donington, wo er als Siebter noch vor WM-Leader und Titelverteidiger Haruchika Aoki ins Ziel kam. Dann zuckelten sie wieder chancenlos im Mittelfeld umher. Selbst die wuseligen japanischen Techniker hockten ratlos und zerknirscht in der Box. Eine zeitlang fuhr das Team ohne leistungsfördernde Airbox auf Nummer Sicher, baute dann ein neues Airboxsystem mit zusätzlicher Benzinpumpe ein, um die ständigen Klemmer zu verhindern. Auch bei der Zündelektronik wurden zu große Toleranzen als Mitverursacher der Schäden ausfindig gemacht. Ganz aus der Welt ist das Problem dennoch nicht: in Österreich ging Uis Motor wieder brachial fest. Wenigstens schaffte er mit gezogener Kupplung noch Platz sieben und einen Achtungserfolg, der beweist, daß die Weichen trotz aller Rückschläge auf Erfolg gestellt sind. Im WM-Endspurt kann Hermann Kurz und seinen beiden japanischen Jockeys doch noch der Sprung aufs Treppchen gelingen.
MotorWassergekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor, Einlaß über Membransteuerung, keine Auslaßsteuerung, ein Mikuni-Flachschieber-Vergaser mit Powerjet-System, 0 39 mm, kontaktlose Digital- Magnetzündanlage. Hubraum 124 cm³, Bohrung x Hub 54 x 54,5 mm, Verdichtung 8,3:1, Nennleistung über 47 PS. KraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, Mehrscheibentrockenkupplung, Sechsgang-Kassettengetriebe, Sekundärübersetzung über Kette.FahrwerkBrückenrahmen aus Aluminium-Profilen, Motor mittragend, Öhlins-Upside-down-Gabel, mit verstellbarer Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium-Profilen, Zentralfederbein, über Umlenkhebel angelenkt, mit verstellbarer Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Scheibenbremse vorn, mit Brembo- Vierkolbenzangen oder PVM -Sechskolbenzangen, 0 300 mm, Dunlop-Bereifung vorn 95/65 R 17, hinten 120/65 R 17. Maße und Gewicht Radstand 1220 mm, Lenkkopfwinkel 68 Grad, Nachlauf k. A., Gewicht ohne Kraftstoff 72,5 kg.