Gebrauchtkauf Suzuki GSX 750 F
Aus heiterem Himmel

Meistens ist die Welt für den GSX 750 F-Fahrer in Ordnung. Doch handfeste Motorschäden können ihm urplötzlich die Laune verderben.

Die Idee, parallel zu dem Extremsportler GSX-R 750 eine kostengünstigere Variante für tourensportliche Ambitionen anzubieten, realisierte Suzuki mit dem F-Modell erst 1989, vier Jahre nach dem Debüt der R. Statt des extravaganten leichten Aluminium- Rahmens fand ein ordinärer aus Stahl Verwendung. Als Herz packten die Suzuki-Techniker die Kurzhub-Version der GSX-R 750 von 1988 in das Fahrwerk, installierten eine kürzere Sekundärübersetzung für das Fahren zu zweit mit Gepäck und erleichterten mit einem geänderten Übersetzungsverhältnis des ersten Gangs das Anfahrmanöver des rund 25 Kilogramm schwereren F-Modells.

Um dem Ultrakurzhuber für seinen nicht mehr ganz so sportlichen Einsatzzweck den Antritt im unteren Drehzahlbereich zu erleichtern, koppelte Suzuki je zwei Auspuffkrümmer unter dem Motorengehäuse mit einem Verbindungsrohr. Diesem Unternehmen gab Suzuki den vielversprechenden Namen SPES (Suzuki Power-Up Exaust System), was auch lateinisch ist und Hoffnung heißt. Doch auf mehr Durchzug von unten hoffen die F-Fahrer bis heute vergeblich. Der Motor hat zwischen 4000 und 5000/min einen regelrechten Durchhänger. So richtig brachial voran zieht das heute auf 98 PS limitierte Triebwerk erst ab 7000/min. Obenraus dreht es dafür locker bis über 11 000/min.

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Die Modellpflege hielt sich in Grenzen: Lediglich die Vierkant-Stahlrohrschwinge erhielt zur Abstützung ab 1991 ein Gasdruck-Federbein mit variablerer Einstellung von Zug- und Druckstufendämpfung. Doch trotz mehr Einstellungsmöglichkeiten bemängeln komfortbewußte Fahrer mehr Härte gegenüber der ersten Version. Dennoch löst das Fahrwerk auch beladen mit Gepäck und zwei Personen große Zufriedenheit aus. Lediglich sportliche Fahrer, die von üppigeren Reifendimensionen als den schlanken 110 und 150 Millimetern vorn und hinten träumen, vermissen die bessere Zielgenauigkeit der R-Modelle.

Zu einer durch den höheren Lenker und weiter vorn positionierte Fußrasten entspanntere Sitzposition für den Fahrer gesellt sich auf der bequemen langen Bank noch eine Sitzgelegenheit für den Sozius, die den Namen auch verdient hat. Nur für größere Beifahrer mit längeren Beinen wird’s auf Dauer schon mal unbequem. Außerdem bekommt der Sozius, durch die stufige Sitzbank höher positioniert, über 160 km/h mächtig Winddruck auf den Helm. Wie ist es um die Solidität und Haltbarkeit der Suzuki GSX 750 F bestellt? Ein Ärgernis ist das diffizile Kaltstart-Verhalten, bedingt durch die schlechte Dosierungsmöglichkeit des Chokes: Der Motor dreht entweder zu hoch, oder er stirbt ab. Um das Triebwerk in dieser Phase am Laufen zu halten, läßt der Startende notgedrungen mit stark gezogenem Choke das Triebwerk etwas zu fett laufen. Die nicht verbrannten Benzinteile können im ungünstigsten Fall den Ölfilm von den Kolben waschen, was wie beim MOTORRAD-Langstreckentest (12/1990) mit ein Grund für leichte Freßspuren an Kolben und Laufbuchsen sein kann.

Wenn der Motor überhaupt schlecht anspringt, müssen die Schwimmerkammern des Vergasers entfernt und alte Benzinreste oder schlicht Staub- oder auch mal Rostpartikel aus dem Tank entfernt werden. Außerdem sollte auch für die Leichtgängigkeit der Kaltstart-Kolben in der Mikuni-Vergaser-Batterie gesorgt werden.

Ungefähr 20 Prozent der Lesererfahrungen berichten von Nockenenwellschäden im luftgekühlten Vierzylinder-Kopf. Die 16 Ventile werden ein- und auslaßseitig über je vier Gabelschlepphebel betätigt. Bei unterschiedlich großem Ventilspiel pro Paar kann es passieren, daß der Schlepphebel nicht mehr plan, sondern verkantet auf der Nocke aufliegt und der Ölfilm abreißt. Doch überhaupt scheint die Werkstoffpaarung zwischen Nockenwellen und Schlepphebeln nicht ganz unproblematisch zu sein. Denn bei diesen Schäden gab sich Suzuki auch außerhalb der Garantiezeit ausgesprochen kulant. Generell sollten sich 750 F-Fahrer daran gewöhnen, auf Reisen mit schnellen Autobahnpassagen penibel auf den Ölstand zu achten. Maschinen mit höherem Kilometerstand verbrauchen auf 1000 Kilometer bis zu einem Liter Schmierstoff.

Die Spiegelausleger sind zu kurz, denn sie erlauben nur mit Verlängerungselementen eine ausreichende Rücksicht auf den nachfolgenden Verkehr. Deutlich harschere Kritik muß sich die GSX 750 F aber wegen der hartnäckigen Rostbildung an den schwarzen Krümmerpaaren der Doppelauspuffanlage gefallen lassen. Wer dann allerdings erfährt, daß die vier Krümmer mit den beiden fest verbundenen Auspuffendrohr 1860 Mark kosten, läßt die alte Anlage für ganze 250 Mark vielleicht doch lieber flammspritzen und hat so erst mal für eine Zeit Ruhe.

Korrodierte Lenkkopflager treten relativ häufig auf, weil Feuchtigkeit an der nach unten völlig dichten Lenkkopfpartie nicht wieder ins Freie gelangen kann. Hier ist im Winter also ebenfalls penible Pflege angesagt. Häufigere Kontrolle sollten auch die Bremsbeläge erfahren, weil bei heruntergefahrenen Stoppern die Scheiben schnell in Mitleidenschaft gezogen werden. Für gut erhaltene Exemplare aus der ersten Generation mit Kilometerständen über 50 000 werden noch 5500 Mark oder mehr verlangt. Ab Jahrgang 1991 kostet die GSX zirka 7000 Mark. Alle jüngeren Maschinen gibt’s nicht unter 9000 Mark, dann ist Verhandlungsgeschick angesagt. Der Neupreis heute beträgt nämlich mittlerweile 14 200 Mark. Das ist ja nicht gerade wenig für einen in die Jahre gekommenen Tourensportler.

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Erscheinungsdatum 15.09.2023