Gesucht: das beste Supersport-Konzept für Profi- und Hobby-Racer
Elektrische Reiter

Ist die schiere Kraft einer Yamaha YZF-R1 zu toppen, spielt die Ducati 999 R die erste Geige, oder stehlen Honda CBR 600 RR und Aprilia RS 250 den Dicken die Show? Dem Datarecording sei Dank, hier die Antworten.

Elektrische Reiter
Foto: Gargolov

Eines gleich vorneweg: Auf den nächsten zwölf Seiten werden Sie garantiert kein Wörtchen über Windschutz und Soziustauglichkeit lesen. Wir pfeifen ausnahmsweise auch auf Inspektions-
kosten und Verbrauch und beschränken uns auf die Eigenschaften, denen sich die Konstrukteure der vier Probanden mit Leib und Seele verschrieben haben: Ready to race, aus der Kiste für die Piste. Alles Weitere sind Zugeständnisse an strenge Zulassungsbestimmungen und ein Stück Benutzerfreundlichkeit für den täglichen Umgang. Mit von der Partie:
O Aprilia RS 250, der letzte knackige Zweitakter als Vertreter der untersten Leistungsklasse
O Honda CBR 600 RR, das optisch raffinierte Plagiat der MotoGP-Werksmaschinen RC 211 V
O Ducati 999 R, das Top-Modell aus Bologna, Basis für die Superbike-Renner
O Yamaha YZF-R1, das Synonym für radi-
kalen Leichtbau im Powerbiker-Segment.
Dass die Rechnung mit den rassigen Motorrädern für die Hersteller aufgeht, zeigt sich an jeder Straßenecke: Power
to the people. Die Sache hat nur einen Haken: Wer hat diese Granaten noch im Griff? Wir wollten’s wissen und haben für die wilde Jagd auf dem kleinen Hockenheimer Kurs den Hobby-Sportfahrer von der Straße gezogen: Dietmar »Diddi« Scholz, 48 Jahre, mit einer technisch aufgemöbelten Ducati 916 und einer Triumph Speed Triple rund 16000 Kilometer im Jahr unterwegs. Von der Kreidler RS über eine Rau-Kawaski bis zur NCR-Pantah 750 stand bei Diddi schon alles im Stall, was als Sportbike durchgeht. In der Freizeit zieht sich der Fernmeldemechaniker jede Sekunde Grand-Prix-Übertragung in Eurosport rein oder wetzt mit der Motorrad-Clique durch den Schwarzwald, während sein letzter Ritt auf der Rennpiste bereits ein paar Jahre zurückliegt. Der Auftrag an ihn: mit Herz und Bauch der viel gepriesenen Fahrbarkeit und der Frage, wie viel Power braucht der Mensch, auf den Zahn zu fühlen. Keine Rekordrunden, kein Harakiri – und zack, schon hebt Diddi mitsamt seiner schicken 916 im vorgezogenen Warm-up mit solidem Highsider ab ins Kiesbett. Kopf hoch
Diddi, den Job auf der letzten Rille er-
ledigt Markus Barth, 1999 Deutscher Supersport-Meister und bei MOTORRAD der Mann fürs ganz Knifflige.
Beide Piloten rücken mit jedem Bike zweimal zwanzig Minuten aus, dabei werden die Daten von Geschwindigkeit, Gasgriffstellung, Drehzahl und Rundenzeit von den Karlsruher 2D-datarecording-Profis (www.2d-datarecording.com) aufs letzte Quäntchen ausspioniert. Gleichzeitig tickert am Handgelenk ein Polar-Pulsmesser, der den Herzschlag aufzeichnet. Stress ist messbar, und ein Parameter für die Anspannung ist die Herzfrequenz. Damit der Stress nicht allzu groß wird, rollen alle Bikes auf Metzeler-Rennsport-Gummis, bekannt für satten Grip und einen freundlich breiten Grenzbereich.
Es riecht nach Rizinus und Racing, Markus brennt mit der Aprilia aus der
Boxengasse. Die Show beginnt.

Der letzte Auftritt? Aprilia RS 250
Vor Jahren von trägen Big Bikes gefürchtet, hat’s die kleine RS 250 heute nicht leicht. Keine Weiterentwicklung, kein Fortschritt, sondern sanftes Einschläfern eines genialen Konzepts mit wenig Gewicht und spritzigem Motor. Auch wenn Herr Barth entnervt den Kopf schüttelt, zaubert er mit 1.17,6 Minuten eine fabelhafte Zeit aus dem Hut, ähhh Helm. Und das, obwohl das zu weiche Fahrwerk mit mangelnder Rückmeldung bei riskanten Manövern enttäuscht. Was die RS 250 laut Data-
recording nicht davon abhält, mit dem-
selben Kurvenspeed wie die R1 durchs Motodrom zu kacheln. In der lang gezogenen Sachs- und Südkurve verzeichnet die RS sogar leichte Vorteile durch ein maximal schwungvolles Kurvenwetzen (siehe Diagramme Seite 201). Doch schon beim kleinsten Sprint hinkt der gemes-
sen 59 PS starke Zweitakter hoffnungslos hinterher. Allein auf der Querspange des kleinen Kurses verliert die Aprilia über 2,1 Sekunden auf die YZF-R1.
Vermutungen, die 167 Kilogramm leichte RS 250 könnte auf der Bremse Boden gut machen, entpuppen sich als Trugschluss. Mit einer maximalen Ver-
zögerung von 9,6 m/s2 markiert sie das Schlusslicht im Quartett. Was damit zusammenhängt, dass die Aprilia bei weitem nicht den Topspeed der schnellen Viertakter erreicht, die durch den somit höheren Luftwiderstand die Verzögerung im oberen Geschwindigkeitsbereich deutlich auf über elf m/s2 steigern.
Einfach ätzend, die viel zu großen Sprünge der ersten drei Gangstufen des Aprilia-Getriebes, die in der Schikane jedweden Handlingvorteil im Keim ersticken. Mit schleifender Kupplung und hektischem Gewürge beim Gangwechsel rettet Markus Barth, was zu retten ist.
Schulterzucken auch bei Diddi Scholz, der sich mit dem giftigen Keifen des Zweitakters, dem schmalen Leistungsband und dem knatschigen Fahrwerk nicht wirklich anfreunden kann. Außerdem macht ihm die Gewohnheit einen Strich durch die Rechnung. Wer mit dem Bums dicker Motoren aufgewachsen ist, ist auf der zappeligen Rätsche verraten und verkauft. Was den Hobby-Sportler jedoch nicht davon abhält, die RS in 1.25,8 Minuten um den Kurs zu treiben.

Rossis Ross?
Honda CBR 600 RR
Fassungslosigkeit in der Boxengasse. Markus schüttelt ungläubig den Kopf, inspiziert die glühend heißen Reifen, prüft wippend Gabel und Federbein. »So muss das sein, ein Hammer. Stabil, transparent und so easy – damit kannst du fast nicht abfliegen.« Der Profi ist vom schwarzen Überflieger mit dem kecken Schalldämpfer im Heck schwer beeindruckt. »Nur beim Motor darf man kein Erbarmen haben, den musst du dreschen, bis er glüht. Ist halt für die Rauferei ums letzte Zehntel viel zu lang übersetzt«, bringt Markus
mit der eindeutigen Geste des voll aufge-
rissenen Gasgriffs die Charakteristik der Honda auf den Punkt.
Unterm Strich demonstriert die neue CBR 600 mit 1.11,1 Minuten, dass das Kürzel RR, was immer sich die Japaner dabei gedacht haben, den Begriff der Race-Replika im Serienbau neu definiert. Nimmt man die ruppigen Lastwechselschläge der digital einsetzenden Motor-
leistung beim zarten Gasanlegen als nega-
tiven Punkt vorweg, verteilen die Test-
fahrer Bestnoten in inflationärer Menge. Super Bremsen ohne Fading, megastabiles Chassis, das selbst beim Flug über die Curbs nicht zuckt, und eine Lenk-
präzision, mit der sich die Ideallinie auf den Punkt genau bestimmen lässt. »Eine Hand breit Asphalt stehen lassen, den Rest kannst du abgraben, und ich fahr
immer noch 1.11er-Zeiten«, beschwört der rasende Schwabe die Qualität der CBR 600 RR, die zweifelsfrei an die formidablen Ducati-Fahrwerke erinnert.
Neben dem brillanten Chassis ist da noch die Sitzposition mit ultrakurzem Tank, relaxtem Kniewinkel und sauber ausgerichteten Lenkerstummeln sowie straffem, großflächigem Sitzpolster. Ein Paket, das in dieser Perfektion nicht an jeder Straßenecke lehnt.
Die Analyse der 2D-Spezialisten macht klar, wo’s noch klemmt. Auf der Zielgeraden gehen der Honda drei Zehntelsekunden auf die Yamaha flöten, das gleiche Spiel in der Querspange und auf dem Weg zur Sachskurve. Ist Handling gefragt, pirscht sich die CBR 600 in der Schikane und dem Infield des Moto-
droms von der Sachskurve bis Zieleingang Meter für Meter wieder in den Windschatten der gemessen 149 PS starken R1.
Und wie sieht’s Hobby-Racer Diddi? »Allererste Sahne, was die Japaner da zusammenbauen und für denjenigen, der auf wilde Drehzahlen steht, ein echter Knaller.« Doch selbst Drehmoment-Fetischisten kommen flott um den Kurs: 1.21,5 Minute werden auf Dietmars Zeitenliste vermerkt.

Pole Position?
Ducati 999 R
Schon ein wenig unfair, die 999 R. 30000 Euro teuer, 205 Kilogramm leicht, 138 PS stark und in dieser Variante die Krönung unter den Superbikes. Allein der sonore Schlag aus dem ovalen Endrohr des Schalldämpfers, das feine Klickern und Klappern der Desmodromik – ein Genuss. Und eine schwere Bürde, denn
unter solchen Vorzeichen ist die Bestzeit gerade gut genug. Fette schwarze Striche aus jeder Kurve, Schräglagen, dass die Ohrlappen bluten, und ein zufriedener Markus Barth: »Ducati pur.« Womit nicht nur der drehfreudige V2-Motor mit seinem agilen Antritt aus allen Drehzahlregionen gemeint ist, sondern auch das exzellent ausbalancierte Fahrwerk. Was die Ducati 999 R an Handlichkeit verwehrt, macht sie durch die verwindungsfreie Front-
partie wett. »Bevor die Duc unhaltbar ins Rutschen kommt, gibt sie dir Bescheid, da kannst du dich drauf verlassen.« Mit ein Grund, weshalb Markus Barth mit
der 999 R beim Einlenken in die Süd-
kurve bei gewaltiger Schräglage mit 8,5 m/s2, verzögert. Quasi eine Vollbremsung mit Knie am Boden.
Wie beim Reinbrettern macht die Ducati auch beim Drift am Kurvenausgang keine Zicken. »Der Motor setzt den Gasbefehl eins zu eins um, so direkt hängt keine andere an der Gasschnur, da kann
man’s bequem rutschen lassen«, grinst Markus und freut sich über die 1.10,7
Minuten.
Das Heimspiel für Diddi bringt logischerweise keine Neuigkeiten, aber mit 1.21,1 Minuten seine Bestzeit. Für einen Landstraßenheizer kein schlechter Einstand. »Was soll ich sagen? Geht wie verrückt und liegt, wie eine Ducati eben liegt. Nur die Sitzposition passt mir bei der 916 besser, an der 999 ist der satte Kontakt zwischen Mensch und Maschine etwas verloren gegangen, schade.« Dass Diddi mit der Duc im gewohnten Element war, bestätigt das Datarecording: Mit zwölf Schaltvorgängen packt er bei der Italie-
nerin wesentlich engagierter zu als beispielsweise bei der Honda, bei der er nur acht Mal pro Runde den Gang wechselt.

Zu viel Power?
Yamaha YZF-R1
Die armen Reifen. Hatten auf der Ducati schon nichts zu lachen, doch jetzt brennt der ungestüme Herr Barth die Gummis her, dass man es eine halbe Runde später noch riecht. Im Vollgas-Linksbogen nach der Ameisenkurve qualmen bei der R1 die Socken. Da kennt Markus keine Verwandtschaft mehr und drischt selbst die 149-PS-Rakete mit Vollgas und höchs-
ten Drehzahlen um die Strecke. »Nicht
so lenkpräzise und stabil wie Ducati, ein
bisschen mehr Rückmeldung könnt’ auch nicht schaden, aber sonst: ein super Krad, die Ypse. Power genug, und wenn man die Kiste auf dem kürzesten Weg ums Eck biegt, damit man das Gas früh aufreißen kann, bist du bei der Musik.« Jau, Markus, stimmt. 1.10,3 Minuten, damit bist du der Dirigent höchstpersönlich. Glückwunsch. Und sonst? Ein strafferes Sitzpolster hätte der Profi gerne, von wegen Rückmeldung und so. Außerdem einen Satz bissige Bremsbeläge als Ersatz für die stumpfen Serienteile, damit man sich auf Dauer keinen Tennisarm holt.
Und was sagt der Spion von 2D? Aha, Vorsprung durch Leistung. Wenn’s auch nur ein paar Zehntel sind, auf der Ge-
raden ist die R1 der Boss. Leichtes Untersteuern im Scheitelpunkt von Ameisen- und Südkurve, wenn’s darum geht, die ganz enge Linie zu halten. Dafür klappt es beim Links-Rechts-Nadelöhr nach der Sachskurve brillant, fast so brillant wie mit der Honda.
Wo ist Diddi? Fährt und fährt und fährt... »Jetzt, wo meine 916 von oben bis unten mit Kies gefüllt ist, muss ich
mir’s schwer überlegen«, grinst der überzeugte Ducatisto. Bislang mit den Japanern nicht auf einer Linie, überzeugt ihn die Yamaha in allen Lagen. »Ein super-
gutes Gefühl, folgt brav jedem Lenkbefehl und schiebt aus dem tiefsten Drehzahlkeller wie von der Tarantel gestochen und ohne hinterhältige Bissigkeit. Kaum zu glauben, dass sich 149 PS so handzahm am Zügel führen lassen.« Aber warum fehlen dem Amateur 1,2 Sekunden zur Ducati? Notebook aufgeklappt – alles klar. »Dietmar gibt mit der R1 am Kurvenausgang zaghafter Gas und sperrt, wie mit der Ducati und der Honda übrigens ebenfalls, die Drosselklappen nie hundertprozentig auf«, erkennen die Mess-Techniker auf den ersten Blick. Was’n los Diddi? Hosen voll, oder was? Nee, ganz einfach. Selbst routinierte Fahrer schaffen beim Gasgeben fast nie den erforderlichen Verdrehwinkel am Gasgriff und hängen, völlig unbewusst, bei 80 bis 90 Prozent fest.
»Kenn’ ich,« stimmt Markus Barth zu, der erst durch das Datarecording er-
kannte, dass auch er in manchen »Vollgaspassagen« nicht wirklich Vollgas drauf hatte. »Nur wenn du konsequent am
Anschlag von Gas und Drehzahl fährst, geht’s richtig vorwärts – oder aufwärts.« Was Diddi mit seiner zerknitterten Ducati 916 bestens nachvollziehen kann.

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Datarecording

Der Weg zu meisterlichen Rundenzeiten ist hart und mühselig. Weshalb sich immer mehr Racer auf die Analyse des Datarecording verlassen, das nicht nur hilft, Probleme in der Abstimmung schnell und gründlich auszusortieren, sondern auch Fahrfehler aufzeigt. »So wird das nix«, meckerte einst der Teamchef von Markus Barth nach der Datarecording-Analyse beim Superbike-WM-Lauf in Misano. »Zu früh und nicht hart genug auf der Bremse.« Worauf der ehrgeizige Schwabe nach dem intensiven Studium seiner Schwächen mit vollem Einsatz an den relevanten Streckenpassagen das Yamaha-Superbike zur Super-Pole jagte. »Wer ohne Aufzeichnungen fährt, verpasst die Chance, schnell und zuverlässig seine Rundenzeiten zu verbessern, ohne das Sturzrisiko übermäßig zu steigern«, ist sich Markus Barth heute sicher. Weshalb die Karlsruher Firma 2D seit dieser Saison das ausbaufähige Micro-Can-Paket für 2590 Euro anbietet, das die wichtigsten Parameter zur gründlichen Rundenanalyse aufzeichnet.

Technische Daten: Aprilia RS 250

Motor: wassergekühlter Zweizylinder-Zweitakt-V-Motor, Hubraum 249 cm3, Nenn-leistung 40 kW (55 PS) bei 11000/min, max. Drehmoment 35 Nm (3,6 kpm) bei 10750/min. Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluprofilen, Telegabel und Federbein voll einstellbar, Bereifung v/h 120/60 ZR 17/150/60 ZR 17, Felgen v/h 3.50/4.50 x 17, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf 102 mm, Radstand 1360 mm, Gewicht voll-getankt 167 kg, Gewichtsverteilung 51/49%, mit 75-kg-Fahrer 48/52%. Fahr-leistungen: Höchstgeschwindigkeit 190 km/h, Beschleunigung auf 100/140/200 km/h 4,7/9,0/– sek, Durchzug von 60 auf 140 km/h 29,4 sek. Spezifische Werte*: Leistung 234 PS/Liter, Drehmoment 148 Nm/Liter, Leistungsgewicht mit 75-kg-Fahrer 4,4 kg/PS.

Technische Daten: Honda CBR 600 RR

Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, Hubraum 599 cm3, Nennleistung 84 kW (114 PS) bei 13000/min, max. Drehmoment 64 Nm (6,5 kpm) bei 11000/min. Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluguss, Telegabel und Federbein voll einstellbar, Bereifung v/h 120/70 ZR 17/180/55 ZR 17, Felgen v/h 3.50/5.50 x 17, Lenkkopfwinkel 66 Grad, Nachlauf 95 mm, Radstand 1390 mm, Gewicht vollgetankt 202 kg. Gewichtsverteilung 51/49%, mit 75-kg-Fahrer 49/51%. Fahr-leistungen: Höchstgeschwindigkeit 261 km/h, Beschleunigung auf 100/140/200 km/h 3,4/5,6/11,0 sek, Durchzug von 60 auf 140 km/h 10,6 sek. Spezifische Werte*: Leistung 189 PS/Liter, Drehmoment 105 Nm/Liter, Leistungsgewicht mit 75-kg-Fahrer 2,4 kg/PS.

Technische Daten: Ducati 999 R

Motor: wassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-V-Motor, Hubraum 999 cm3, Nennleistung 102 kW (139 PS) bei 10000/min, max. Drehmoment 108 Nm (11,0 kpm) bei 8000/min. Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Telegabel und Federbein voll einstellbar, Bereifung v/h 120/70 ZR 17/180/55 ZR 17, Felgen v/h 3.50/5.50 x 17, Lenkkopfwinkel 66,5 Grad, Nachlauf 97 mm, Radstand 1420 mm, Gewicht voll-getankt 205 kg. Gewichtsverteilung 50/50%, mit 75-kg-Fahrer 48/52%. Fahrleis-tungen: Höchstgeschwindigkeit 270 km/h, Beschleunigung auf 100/140/200 km/h 3,2/4,8/8,8 sek, Durchzug von 60 auf 140 km/h 9,2 sek. Spezifische Werte*: Leistung 138 PS/Liter, Drehmoment 103 Nm/Liter, Leistungsgewicht mit 75-kg-Fahrer 2,0 kg/PS.

Technische Daten: Yamaha YZF-R1

Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, Hubraum 998 cm3, Nennleistung 112 kW (152 PS) bei 10500/min, max. Drehmoment 105 Nm (10,7 kpm) bei 8500/min. Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluprofilen, Telegabel und Federbein voll einstellbar, Bereifung v/h 120/70 ZR 17/190/50 ZR 17, Felgen v/h 3.50/6.00 x 17, Lenkkopfwinkel 66 Grad, Nachlauf 103 mm, Radstand 1395 mm, Gewicht vollgetankt 199 kg. Gewichtsverteilung 51/49%, mit 75-kg-Fahrer 48/52%. Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit 271 km/h, Beschleunigung auf 100/140/200 km/h 3,2/4,7/7,9 sek, Durchzug von 60 bis 140 km/h 6,7 sek. Spezifische Werte*: Leistung 149 PS/Liter, Drehmoment 107 Nm/Liter Leistungsgewicht mit 75-kg-Fahrer 1,8 kg/PS.

Leistung

Die Aprilia RS 250 verschwindet mit 59 PS in den Tiefen der Leistungsgesellschaft. Ducati und Yamaha erreichen bereits bei 7500/min die Höchstleistung der drehfreudigen CBR 600, die erst über 10000/min zur Sache geht. Das Leistungs-Diagramm macht Schluss mit dem Märchen der Zweizylinder-Über-legenheit in Sachen Drehmoment und Durchzug. Im Bereich unter 7500 und über 8000/min überflügelt der R1-Motor das Ducati-Aggregat. Der nur schwer umsetzbare Leistungsüberschuss der Yamaha YZF-R1 bringt gegenüber der 600er-Honda bei den Rundenzeiten des Profi-Rennfahrers lediglich einen Vorsprung von 0,8 Sekunden.

Spezifissche Leistung

Mit steigenden Einzelhubräumen sinken die maximal möglichen Drehzahlen durch die höheren oszillierenden Massen und steigenden Reibungsverluste. Womit sich die spezifische Leistung verschlechtert (vergleiche 600er- zu 1000er-Vierzylinder). Konstruktiv bedingt ist der Zweitakter – er gibt bei jeder Kurbelwellenumdrehung Leistung ab – den Viertaktern in Power und Drehmoment klar überlegen. Das zeigt sich auch in der MotoGP-Klasse, in der 500er-Zweitakter mit zirka 200 PS nur rund 30 PS weniger auf die Straße bringen als die besten 990 cm3 großen Viertakter. Allerdings sind diese in Sachen Fahrbarkeit den aggressiven Zweitaktern überlegen.

Hobby - Sportfahrer

Deutlich zu erkennen ist, dass der Hobbyfahrer in den schwierigen Kurvenpassagen mit jedem Motorrad unterschiedliche Geschwindigkeiten fährt, was die Linie beeinflusst. In der übersichtlichen Sachskurve dagegen ergeben sich nur minimale Unterschiede bei den vier Maschinen. Auffallend: Beim Beschleunigen aus den Kurven kann die leistungsschwache Aprilia im Motodrom mithalten. Markus Barth wetzt mit allen Sportlern nahezu gleich schnell um die Ecken, die Aprilia verliert jedoch schon bei den kurzen Sprints an Boden, während die Honda, die er mit Höchstdrehzahlen durchs Motodrom drischt, lediglich auf den langen Geraden leicht verliert. Bei Topspeed und auf der Bremse schenken sich Ducati und Yamaha nur wenige Zehntel.

Die Ideallinie

Entscheidend auf dem kleinen Kurs in Hockenheim sind die Passagen in der Ameisenkurve und der Schikane, an denen extrem spät eingelenkt wird, um in der folgenden Links-kurve mit Vollgas Zeit gutzumachen beziehungsweise über die Curbs zu räubern. Ähnlich die Sachskurve – spät einlenken, um in der Ausfahrt bei geringer Schräglage möglichst hart ans Gas zu gehen.

Gasgriffstellung

Die großen Unterschiede beim Beschleunigen rühren daher, dass der Profi das Gas früh und auch bei kurzen Geraden komplett aufreißt, während der Hobbyfahrer mit viel weniger Drehzahl und Gas das Motorrad zügig rollen lässt, wie auch die Tabelle zeigt. Am Ende der Zielgeraden bremst der Profi zirka 60 Meter später als der Amateur (11,8 zu 7,9 m/s2 Verzögerung). Bei der Durchzugsprüfung (eine Profi-Runde im höchsten verwendeten Gang) kommt die 250er-Aprilia nicht mehr mit, während die CBR 600 RR nur knapp eine Sekunde auf die Ducati und Yamaha einbüßt.

Streß und Hektik - Pulsfrequenz

Kondition gleich Konzentration, ein alter Spruch, der ganz speziell bei der Rennstreckenjagd seine Gültigkeit hat. Ein Musterbeispiel dafür ist der durchtrainierte Profi Markus Barth, dessen Puls und somit Stress sofort nach Beendigung der Testrunden auf unter 95 Schläge pro Minute absinkt. Anders bei Diddi Scholz, dem die Anspannung bereits vor dem Start zusetzt und den Puls auf über 125 treibt. Logisch, was für den Profi Routine ist, ist für den Hobbyfahrer, der kaum Sport treibt, der pure Stress. Er kennt weder die einzelnen Maschinen noch die Reifen und ist somit in höchster Anspannung. Auffallend: Bei der kräftigen R1 registrierte der Pulsmesser, Typ S 610i, beim Hobbyfahrer 15 Schläge mehr als auf der CBR 600.

Fazit: Aprilia RS 250

Aprilia RS 250: die letzte Vertreterin einer ehemals populären Klasse. Das ist gut zehn Jahre her, und seither hat sich bei der RS 250 nicht viel bewegt. Der betagte Motor reißt niemanden mehr vom Hocker, und das Fahrwerk ist ebenso renovierungsbedürftig. Nein, so schwer es fällt, 250er-Zweitakter waren gestern, heute sind die 600er-Supersportler an der Reihe, die in der viel beschworenen Handlichkeit kaum schlechter sind.

Fazit: Honda CBR 600 RR

Honda CBR 600 RR: Kringeldreher aufgepasst, diese RR hat alles, was man für den Ritt auf der letzten Rille zusammenpacken kann. Wie hin-zementiert brettert sie durchs Motodrom, und der Motor schreit nach mehr, bis der Drehzahlmesser glüht. Hier gibt’s nicht viel zum Rumschrauben. Ein kurze Übersetzung, klebrige Pneus – fertig. Dabei macht die Honda dem Profi genauso Laune wie dem Rennstrecken-Einsteiger.

Fazit: Ducati 999 R

Ducati 999 R: zum Kippen zu schade. Der 30000 Euro teure Edel-Racer zeigt auf, wozu die Italiener fähig sind. Ein Motorrad, das in jedem Detail die Leidenschaft der Ducati-Crew widerspiegelt, ohne dass es diese bei Äußerlichkeiten belässt. Der zweizylindrigste aller Zweizylinder, gepaart mit einem der besten Serienfahrwerke, das ist und bleibt ein echtes Erlebnis. Wer sich’s leisten kann: herzlichen Glückwunsch.

Fazit: Yamaha YZF-R1

Yamaha YZF-R1: der Beweis, dass man schiere Kraft auch sehr geschmeidig servieren kann. Yamaha hat den Kompromiss aus Power und Fahrbarkeit äußerst elegant gelöst. Mit einem prima Fahrwerk und hochwertiger Verarbeitung. Ein Sportpaket für alle Einsätze und fast jeden Fahrertyp. Doch bei aller Perfektion sollte man nicht vergessen: 149 PS sind und bleiben 149 PS – und die wollen erst einmal beherrscht sein.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023